Das Problem kann man nur lösen, indem man die entsprechenden Gebiete endlich vollständig als EU-Vogelschutzgebiete meldet. Nicht gemeldete Gebiete sind nämlich strenger geschützt als gemeldete. In nicht gemeldeten Gebieten gilt ein absolutes Veränderungsverbot, während man in gemeldeten Vogelschutzgebieten unter bestimmten Umständen eingreifen kann.
Bei der mit Gründen versehenen Stellungnahme der EU-Kommission an Deutschland wegen der Defizite bei den Vogelschutzgebietsmeldungen kann man das sehr schön und rein quantitativ nachvollziehen. Auf sieben Seiten werden die niedersächsischen Defizite dieser Gebietsmeldungen aufgelistet; für alle anderen Bundesländer reicht in dieser Mahnung jeweils eine halbe oder eine Seite.
Und bei den FFH-Gebieten sieht es nicht einen Deut besser aus. Auch da ist Niedersachsen mindestens deutsches, wenn nicht sogar europäisches Schlusslicht.
Meine Damen und Herren, die anderen Bundesländer haben ihre Hausaufgaben bis auf Kleinigkeiten hier und da im Wesentlichen gemacht; nur Niedersachsen hinkt hinterher. Und Herr Sander zieht übers Land, z. B. bei der Vorstellung seines Weißbuches für den Vogelschutz - oder seiner weißen Liste, wie auch immer das hieß -, und verkündet, die FFH- und Vogelschutzrichtlinien müssten geändert werden. Na, denn mal los, Herr Minister! Wenn Sie das meinen, dann starten Sie doch eine entsprechende Bundesratsinitiative!
Das ist doch wohl die Grundvoraussetzung, wenn Sie eine EU-Richtlinie ändern wollen. Sie müssen doch mindestens die Mehrheit der deutschen Bundesländer mit ins Boot bekommen. Sie gehen diesen Schritt aber nicht, weil es Ihnen selbst auf Bundesebene zu peinlich ist, Probleme anzusprechen, die Ihre 15 Amtskollegen längst mehr oder weniger gelöst haben.
Meine Damen und Herren, Sie werden nicht darum herum kommen, die von der EU-Kommission geforderten zusätzlichen Vogelschutzgebiete zu melden. Wenn Sie ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof vermeiden wollen, haben Sie dafür noch bis zum 10. Juni dieses Jahres Zeit. Ich kann Sie nur dringend auffordern, jetzt Ihre Hausaufgaben zu machen. Sie nützen damit im Übrigen auch nicht in erster Linie dem Naturschutz; denn etwas Besseres als ein faktisches Vogelschutzgebiet, bei dem eine absolute Veränderungssperre herrscht, kann dem Naturschutz überhaupt nicht passieren.
Herr Minister, Ihre Absicht ist zwar eine völlig andere, aber derzeit hat kein anderes Bundesland so viele so streng geschützte Gebiete wie Niedersachsen.
Herr Minister, Sie können sich jetzt hier zwar hinstellen und Ihre üblichen Sprüche machen - das werden Sie wahrscheinlich gleich auch tun -, aber denjenigen, die in Wilhelmshaven, im Landkreis Friesland, in Braunschweig oder anderswo Maßnahmen planen, von denen auch faktische Vogelschutzgebiete berührt sein könnten, nutzt das überhaupt nichts. Die können mit Ihrem Gerede von der 1:1-Umsetzung europäischer Richtlinien und dem, was Sie sonst noch von dieser Stelle aus vortragen, nichts anfangen; die brauchen nämlich wirklich Planungssicherheit.
Meine Damen und Herren, Wirtschaft und Kommunen wollen endlich wissen, woran sie sind. Als die Stellungnahme der EU-Kommission zum Vogelschutz bekannt wurde, haben Kommunen bei uns nachgefragt, welche Flächen in ihrem Gebiet möglicherweise betroffen sind und welche Konsequenzen das hat. Die erkundigen sich gar nicht erst beim Umweltministerium, weil sie ja wissen, dass Ihre Aussagen zu diesem Thema im Zweifelsfall keinen Pfifferling wert sind.
- Ja, dann erklären Sie doch mal, warum Sie das Mahnschreiben der EU in Niedersachsen nicht sofort weitergegeben, sondern als geheime Verschlusssache in Ihrem Ministerium behandelt haben! Da lag es nämlich so lange herum, bis wir den Fall öffentlich gemacht haben.
Bei Ihnen ist das alles eben eine Verschlusssache. Andere Bundesländer gehen damit offener um; denn irgendwoher haben wir es ja auch.
Meine Damen und Herren, dieser Umweltminister ist ein Standortrisiko für Niedersachsen. Ich kann die Koalitionsfraktionen nur auffordern: Werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht! Lassen Sie Herrn Sander nicht weiter wursteln wie bisher, sondern sorgen Sie durch Ihre Zustimmung für diesen Antrag dafür, dass er in diesem Bereich endlich seine Arbeit macht! - Vielen Dank.
Herr Kollege Janßen, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass es nicht zu den Gepflogenheiten hier im Hause gehört, einen Minister als „Planungshindernis“ zu bezeichnen. Ich erteile Ihnen keinen Ordnungsruf, aber ich bitte Sie, einmal darüber nachzudenken, ob das der richtige Umgang ist.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! EU-Vogelschutz und FFH-Richtlinie, das ist - einige Kolleginnen und Kollegen werden mir da sicherlich Recht geben - eine wahrlich unendliche Geschichte. Nachdem die Landesregierung nach mehr als zähem Ringen und intensiver Überzeugungsarbeit durch die Oppositionsfraktionen
endlich Anfang dieses Jahres die FFH-Nachmeldungen nach Brüssel auf den Weg gebracht hat, droht unserem Land nach dem EuGH-Urteil vom 10. Januar nun erneut möglicherweise sehr teures Ungemach.
Da nicht alle Kolleginnen und Kollegen die zum Teil intensiven Diskussionen über die EU-Vogelschutzrichtlinie oder die FFH-Richtlinie in den vergangenen Jahren miterlebt bzw. miterlitten haben, erlauben Sie mir einige Anmerkungen zu ihrer Historie.
- ja, ein CDU-Kanzler hat das damals unterschrieben - über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, die so genannte Vogelschutzrichtlinie, haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, für bestimmte Vogelarten Schutzgebiete auszuweisen und hierüber die Europäische Kommission zu unterrichten. In Deutschland liegt diese Verpflichtung bekanntermaßen bei den Bundesländern.
und hat 48 Gebiete gemeldet. 1988 wurde der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer nachgereicht. 1993 kam mit der Eingliederung des Amtes Neuhaus ein Teil des Naturparks Elbetal aus dem ehemals zu Mecklenburg-Vorpommern gehörenden Gebiet hinzu. Damit waren Anfang der 90er-Jahre 50 EU-Vogelschutzgebiete mit einer Fläche von ca. 130 000 ha ohne Wattflächen gemeldet und gesichert.
Im Juli 2000 wurde dann das Kabinett über die Notwendigkeit der Aktualisierung, sprich Ergänzung der EU-Vogelschutzgebiete und über das geplante umfängliche Beteiligungsverfahren informiert. Im Rahmen dieses Verfahrens wurden zu den vom MU vorgeschlagenen 55 Gebieten über 100 detaillierte und naturschutzfachlich begründete Neu- und Erweiterungsvorschläge abgegeben.
Nach Abwägung und intensiver Prüfung wurden im Sommer 2001 dann 59 weitere Vogelschutzgebiete nach Brüssel gemeldet und mit geeigneten Maßnahmen gesichert. Dafür wurden Haushaltsmittel in Höhe von damals rund 6 Millionen DM aufgebracht. Außerdem entstanden dauerhafte Kosten für das vorgeschriebene Vogelmonitoring in Höhe von knapp 700 000 DM im Jahr.
Die 59 gemeldeten Gebietsvorschläge repräsentierten nach damaligem Wissensstand die gemäß Artikel 4 Abs. 1 der EU-Vogelschutzrichtlinie geforderten zahlen- und flächenmäßig am besten geeigneten Gebiete. Ich muss sagen - Frau Zachow, Sie erinnern sich vielleicht -, diese 59 Gebiete sind zum Teil gegen erbitterten Widerstand der CDU gemeldet worden. Für die Gebiete des Voslapper Grodens und Moore bei Buxtehude waren die Prüfungen noch nicht abgeschlossen bzw. wurden - für die Moore bei Buxtehude - neu aufgenommen. Nach Abschluss der Prüfung sollte dann dem Kabinett ein Entscheidungsvorschlag vorgelegt werden. Diese Meldungen aus dem Jahre 2001 wurden jedoch von der EU als nicht ausreichend eingestuft, ein Mahnschreiben wurde in Richtung Deutschland und dann weiter an Niedersachsen auf den Weg gebracht.
Im März 2003 kam der Regierungswechsel. Die jetzige Landesregierung hatte nach dem ergänzenden Mahnschreiben vom April 2003 drei Jahre lang Zeit tätig zu werden und kann sich, denke ich, jetzt wirklich nicht mehr damit herausreden, es sei
Es hat - der Kollege Janßen hat es gesagt - in der Zwischenzeit ein weiteres Schreiben der EU gegeben. Diese Problematik haben die Grünen jetzt in ihrem Entschließungsantrag aufgegriffen. Als ihre Hauptforderung steht dort, dass umfassend und zeitnah die geeigneten Gebiete an die EUKommission zu melden sind, damit die niedersächsischen Kommunen und auch unsere Betriebe Planungssicherheit bekommen; denn - das ist uns ja bekannt - für die faktischen Vogelschutzgebiete, also die Gebiete, die nicht ordnungsgemäß gemeldet sind, gibt es keine Ausnahmemöglichkeit für Vorhaben. Deshalb ist es so wichtig, dass die Schutzgebiete ordnungsgemäß gemeldet sind; denn dann gelten die Vorschriften der FFHRichtlinie über die Verträglichkeitsprüfung. In ausgewiesenen Vogelschutzgebieten sind nämlich auch Ausnahmen möglich.
Ich hoffe sehr, dass die Landesregierung aus den Erfahrungen bei den FFH-Nachmeldungen gelernt hat und nun zügig im Hinblick auf die EUVogelschutzlinie nach Brüssel nachmeldet, um Schaden vom Land abzuwenden. - Schönen Dank.