Meine Damen und Herren, jetzt behaupten Sie, nachdem dieses Verfahren so abgelaufen ist, dass das Atomgesetz die Rechte von Kommunen und Bürgern verkürzt.
Herr Meihsies, ich hoffe Sie wissen es zumindest: Es hat 287 000 Einwendungen gegen Schacht Konrad gegeben. Die mussten die Mitarbeiter des Umweltministeriums abarbeiten. Die Gerichte haben dann überprüft, ob das nach rechtsstaatlichen Grundsätzen auch in Ordnung war. Da, Herr Meihsies, fehlt mir dann das Verständnis, wenn gesagt wird, die Bürger hätten keine Chance gehabt, ihre Bedenken vorzubringen. Das Gericht hat auch nicht dem Anwohner Traube das Recht zu klagen abgesprochen, sondern es hat lediglich gesagt, dass die Kommunen dort nach unseren rechtsstaatlichen Grundsätzen keine Möglichkeit hatten zu reagieren.
Meine Damen und Herren, nun kommt noch etwas hinzu: Rot-Grün hat in der vergangenen Legislaturperiode das Atomgesetz geändert. Wenn Sie der Meinung waren, das Atomgesetz in der jetzigen Fassung gebe zu wenig Bürgerbeteiligung, hätten Sie alle Möglichkeiten gehabt, das dementsprechend mit zu beantragen. Aber auch das haben Sie nicht getan.
Übrigens - auch das nur zur Klärung -: Diesem Atomgesetz haben die damaligen CDU- und FDPFraktionen nicht zugestimmt. Das ist für die weitere Behandlung manchmal von erheblicher Bedeutung, wie dieses Verfahren weiterläuft.
Deshalb stellt sich einfach die Frage, Herr Kollege Haase, warum man dieses Atomgesetz nicht gleich zu einem Bürgerbeteiligungsgesetz in Sachen Endlagerung gemacht hat. Aber Sie hatten als
Regierung keine Chance oder Sie konnten sich nicht durchsetzen. Vielleicht ist auch das Letzte das Richtige. Da Sie es versäumt haben, fangen Sie jetzt an zu lamentieren.
Meine Damen und Herren, wir müssen bei der Frage der Endlagerung von schwach- und mittelradioaktiven und hochradioaktiven Abfällen Verantwortung übernehmen. Es gehört auch dazu, dass man Verantwortung übernimmt, nämlich die jetzige Generation, die die Chancen hatte zu forschen, die aber auch die Chance hatte, relativ günstige Energiepreise zu bekommen. Auch die Vorzüge der Medizin hat die jetzige Generation für sich in Anspruch genommen. Jetzt will sie aber, um mit diesem Thema politisch Kapital zu schlagen, das der jüngeren, nächsten Generation vor die Füße kippen. Das wird diese Landesregierung nicht zulassen.
Sie steht zu der Verantwortung und ist der Meinung, es ist besser, diese Abfälle von der Biosphäre abzuschließen, als sie in Zwischenlagern - schon der Begriff „Zwischenlager“ beschreibt das ja - weiter zu lagern.
Meine Damen und Herren, nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts gibt es beim Schacht Konrad kein Zurück mehr. Da können Sie noch so viele Anfragen und Entschließungsanträge stellen. Der Bund muss seinen gesetzlichen Verpflichtungen zur Einrichtung dieses Endlagers nachkommen - schon allein deshalb, weil der Bund - und nicht irgendwelche Unternehmen - auf dem großen Berg von zehntausenden Kubikmetern öffentlichen Abfalls sitzt, wie Sie auch der Antwort auf die Frage 4 b entnehmen können. Das können Sie doch wohl auf keinen Fall bestreiten.
Meine Damen und Herren, ich würde Ihnen auch mal empfehlen: Gehen Sie nach Karlsruhe zum Forschungszentrum! Das ist eines unserer größten. Dort werden Sie eine riesige Lagerhalle vorfinden, die bis unters Dach mit Containern gefüllt ist, die alle für Schacht Konrad bestimmt sind. Das heißt, es gibt auch einen Druck, diese Abfälle sicher endzulagern.
Meine Damen und Herren, diese Abfälle gehören dem Bund. Herr Meihsies, wir sind doch alle Bundesbürger. Das sind doch unsere Abfälle und nicht die Abfälle irgendeines Gremiums, das sie produziert hat. Der Steuerzahler muss mit handeln bzw.
Meine Damen und Herren, ich muss Ihnen allerdings auch sagen: Wenn man die Interviews des neuen Umweltministers Gabriel in den letzten zwei, drei Monaten sichtet, wird eines immer klarer - ich vertraue ihm auch, dass er jetzt in der Verantwortung als Bundesumweltminister genau das Gleiche tut, was er auch als Ministerpräsident getan hat -: dass nach Abhandlung aller Gerichtsverfahren Schacht Konrad eingerichtet und dort abgelagert wird. Ich stelle auch fest, dass Herr Gabriel in den letzten Monaten diesbezüglich im Prinzip keine andere Position eingenommen hat.
Wahlen sind ja immer ein besonderes Merkmal, auf das Politiker immer schauen und überlegen, ob sie es nicht dahinter schieben können.
- Sie nicht, Herr Jüttner; das weiß ich. - Selbst wenn Herr Gabriel in diesem Wahlkreis wohnt - das will ich klar und deutlich sagen -, weiß ich, dass er diese Frage verantwortungsvoll abarbeiten wird und das auch unabhängig von einem Kommunalwahltermin tun wird.
Meine Damen und Herren, mit dem Gerichtsurteil ist auch noch ein anderer Traum bei Ihnen zerborsten.
Herr Minister, Sie haben eben sehr ausführlich und auch anschaulich die Frage geschildert: Wohin mit dem Atommüll? Sie haben eben davon gesprochen, dass die Zwischenlager bis unters Dach voll seien und dass es da wirklich ein Problem gebe, dass wir zu lösen hätten. Da sind wir mit Ihnen einig. Ich bitte Sie aber, in diesem Zusammenhang auch zu erklären, weshalb Sie für die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken sind,
wenn wir nicht wissen, wohin mit dem Atommüll. Diese Frage müssen Sie in diesem Kontext mit beantworten.
Herr Kollege Meinhold, ich bin Ihnen für diese Frage sehr dankbar. Ich werde das auch gerne tun. Aber das passt jetzt nicht so sehr zur Beantwortung dieser Anfrage.
Ich werde das mit Freude heute Nachmittag tun, weil wir ja noch einen Entschließungsantrag zu diesem Thema behandeln werden. Dann werden wir die Frage des hochradioaktiven Abfalls ebenfalls mitbehandeln.
Herr Meinhold, das ist wieder typisch von einigen, die mit Ängsten hausieren gehen: Sie lassen einfach nicht zu, dass wir das Thema schwach- und mittelradioaktiver Abfälle anders behandeln müssen als das Thema der hochradioaktiven Abfälle. Darum geht es jetzt. Lassen Sie uns das eine sachlich und vernünftig abarbeiten!
- Ich versuche doch gerade, die Position Ihres früheren Ministerpräsidenten und jetzigen Bundesumweltministers zu loben, weil ich davon überzeugt bin und erwarte, dass er verantwortungsvoll damit umgeht.
Meine Damen und Herren, wenn wir die Frage der hochradioaktiven Abfälle nehmen, dann müssen wir auch für Gorleben daran gehen, ergebnisoffen weiter zu erkunden. Wir müssen allerdings auch zur Kenntnis nehmen, dass es in dieser Bundesregierung unterschiedliche Positionen gibt. Trotzdem müssen wir, gerade weil wir Niedersachsen sind,
Auch Herr Gabriel hat das am 21. Juni in einem Interview der Nordwest-Zeitung gesagt. Er sagt, wir müssten zwar transparent daran gehen, wir würden auch nach Kriterien sehen, aber wenn alles andere nicht geeignet sei, dann müsse Gorleben dementsprechend weitererkundet werden. Das ist doch der Unterschied, Herr Kollege Haase. Es ist die Frage, wie weit Sie das weiter durchhalten können. Man kann sich doch vielleicht verständigen. Wir sehen uns die Kriterien noch einmal an. Diese Diskussion wird allerdings ganz schön, Herr Haase. Sehen Sie sich mal die Standorte an - sowohl im Ton als auch im Salzgestein -, wo die alle liegen werden. Ich bin gerne bereit, Ihnen die Liste zu geben. Sie stellen dann einen Antrag und sagen: Der und der Ort hat die Kriterien erfüllt; nach unserer Meinung muss der jetzt untersucht werden. - Es macht doch im Grunde genommen keinen Sinn, dass wir bis zu 90 % einen Standort erkunden, aber - weil es politisch nicht passt - nicht den Mut haben, ihn zu 100 % zu erkunden.
Wenn Gorleben nicht geeignet ist, dann können wir doch schnellstens nach einem neuen Endlager suchen. Aber umgekehrt macht es meines Erachtens keinen Sinn. Meine Damen und Herren, wir haben allerdings als Landes- und Kommunalpolitiker, gleichgültig welcher politischen Couleur, für die Bevölkerung in der Region Salzgitter eine besondere Verantwortung. Es gab auch immer einen Konsens zwischen allen Fraktionen und allen Parteien darüber, dass wir einen gerechten Lastenausgleich für diese Region zu fordern haben. Diesen Lastenausgleich müssen sowohl der Bund als auch die anderen Abfallverursacher leisten. Daher ist es dringend notwendig, diese Frage schnellstmöglich anzugehen. Wahrscheinlich muss das durch ein Bundesgesetz geregelt werden. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass das Land Niedersachsen in Verhandlungen mit anderen Abfallverursachern tritt, um sie dementsprechend in die Pflicht zu nehmen.
(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Die Leute dort in der Region lassen sich nicht kaufen, Herr Sander! Meine Damen und Herren, vielleicht können wir auch die Opposition - nicht die Grünen, Herr Wen- zel, das ist ja auch nicht notwendig - dazu bewe- gen, diese Frage verantwortungsvoll auch im Sin- ne sozialdemokratischer Kommunalpolitiker, Ober- bürgermeister und Landräte in der Region zu lö- sen. (Hermann Eppers [CDU]: Die sind doch schon auf dem Weg!)
- Ich vermute sogar, Herr Kollege Eppers, dass sie auf dem Weg sind. - Dieses Thema ist es doch wert, wieder mehr Sachlichkeit walten zu lassen.
Meine Damen und Herren, wir brauchen tragfähige Lösungen. Das sollte unser gemeinsames Ziel sein und auch als Signal von uns ausgehen. - Herzlichen Dank.
Bevor Frau Kollegin Tinius das Wort erhält, möchte ich noch mitteilen, dass die Fraktionen übereingekommen sind, durchzutagen und keine Mittagspause zu machen. Dann können sich alle darauf einstellen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn durch einen Artikel in der Braunschweiger Zeitung in den letzten Tagen der Eindruck entstehen könnte, das Thema „Schacht Konrad“ sei es nicht mehr wert, im Landtag behandelt zu werden, weil scheinbar alles entschieden ist - so wie es ja eben auch der Umweltminister hier versuchte darzustellen -, sage ich Ihnen: Wir können hier im Landtag nicht oft genug über die Entwicklung der Endlagerproblematik atomarer Abfälle diskutieren. Das sind wir den Menschen in der betroffenen Region schuldig, gerade nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg, das große Betroffenheit nicht nur bei den Klägern, sondern auch in der Bevölkerung ausgelöst hat.