Rosemarie Tinius
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Frau Ministerin, ich frage Sie: Machen Sie diese Art Qualifizierung zur Pflicht, oder wird sie freiwillig sein?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute ist ein wichtiger Tag für Europa. In der portugiesischen Hauptstadt kommen die
Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedsstaaten zur Unterzeichnung des EU-Reformvertrages zusammen. Er konnte nach schwieriger Kompromisssuche auf der Grundlage eines unter deutscher Präsidentschaft erarbeiteten Mandats ausgearbeitet werden. Mit dem Vertrag von Lissabon wird die Europäische Union bis zu den nächsten Europawahlen 2009 auf eine neue rechtliche
Grundlage gestellt.
Die SPD-Fraktion begrüßt den europäischen Reformvertrag und wünscht sich, dass er sich im europäischen Alltag zu einer lebendigen europäischen Verfassung entwickelt.
Ich bin optimistisch, dass der Reformvertrag dazu beiträgt, Europa von einem Europa der Spezialisten zu einem Europa der Bürgerinnen und Bürger zu machen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass der Vertrag nicht nur von den Staats- und Regierungschefs unterschrieben, sondern möglichst
rasch von allen Staaten ratifiziert wird, damit er mit Beginn der neuen Wahlperiode des EU-Parlamentes 2009 in Kraft treten kann. Hier könnte Deutschland durchaus eine Vorreiterrolle übernehmen.
Meine Damen und Herren, dieser Reformvertrag, soll er mit Leben erfüllt werden, muss auch innerstaatliche Konsequenzen haben. Dies gilt für die Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Dies gilt aber auch für die Europapolitik eines jeden Bundeslandes.
Alle Jahre wieder diskutieren wir zu dieser späten Stunde den Haushalt der Staatskanzlei, die für die Europapolitik des Landes verantwortlich ist.
Meine Damen und Herren, der Haushalt der
Staatskanzlei ist enttäuschend. Er wiederholt eigentlich nur das, was wir seit Jahren von CDU und FDP kennen: von Innovation und Weiterentwicklung keine Spur.
Er spiegelt die Ideenlosigkeit der Landesregierung in der Europapolitik wider. Der Haushalt schließt sich insofern nahtlos an das zu Jahresbeginn vorgelegte europapolitische Konzept der Landesregierung an, ein Konzept, das, kurz zusammengefasst, rückwärtsgewandt, mutlos und bürokratisch ist. Dabei liegen doch die Alternativen auf der Hand. Ich will nur einige Beispiele nennen: Niedersachsen muss deutlich stärker seine Kompetenz und Erfahrung im Umwelt- und Energiebereich in den EU-Gesetzgebungsprozess einfließen lassen.
Das gilt für die Förderung regenerativer Energien, das gilt für den Bodenschutz, das gilt aber auch für die Weiterentwicklung der europäischen Automobilindustrie, die Zukunft des maritimen Sektors, die Förderung ressourceneffizienten Wirtschaftens
sowie die Stärkung der Umwelttechnik.
Niedersachsen müsste mithelfen, die Entsenderichtlinien weiterzuentwickeln und die Einhaltung bei uns stärker zu kontrollieren.
Ein neues umfassendes niedersächsisches Tariftreuegesetz zur Vergabe öffentlicher Aufträge ist die notwendige Ergänzung. Doch das, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, scheuen Sie ja wie der Teufel das Weihwasser.
Europa wird nur als soziales Europa gelingen. Die Europäische Union braucht deshalb eine glaubwürdige Antwort auch für die Unionsbürgerinnen und -bürger, die sich von Jobverlust und sozialem Abstieg bedroht sehen. Auch in Niedersachsen finden sich gerade bei Arbeitern und Angestellten zunehmend Ängste vor dem Binnenmarkt und der Globalisierung.
Auf all das geben CDU und FDP keine Antwort. Die Landesregierung verneint schlichtweg die soziale Dimension Europas. Ihre schlichte Vorstellung von Europa ist die eines großen gemeinsamen Marktes. Die Landesregierung fällt damit sogar hinter das EU-Sozialmodell zurück. Es kann doch nicht sein, dass die Landesregierung die Strukturfondsgelder als Erfolg für sich reklamiert, aber ansonsten niedersächsische Interessen in Brüssel vernachlässigt werden.
Meine Damen und Herren, Niedersachsen verträgt keinen europapolitischen Stillstand. Immer mehr Entscheidungen, die das Land betreffen, werden in Brüssel vorbereitet und durchgesetzt. Aber was tut diese Landesregierung? - Sie ignoriert es. Wie anders ist es zu erklären, dass nach wie vor unsere Landesvertretung in Brüssel strukturell nicht so um- und ausgebaut wird, dass sie die niedersächsischen Interessen vernünftig und erfolgreich ver
treten kann? - Andere Bundesländer machen es uns vor. Zu tun gibt es genug.
Meine Damen und Herren, immer wieder verweist die Landesregierung darauf, dass Niedersachsen im globalen Wettbewerb steht. Globales Wirtschaften darf keine Einbahnstraße sein. Deshalb muss sich das Land offensiver als bisher zu internationalen Aktivitäten bekennen.
Echten Wettbewerb kann es doch nur zwischen gleichwertigen und gleichberechtigten Partnern
geben. Da bleibt, was die entwicklungspolitische Zusammenarbeit betrifft, noch viel zu tun. Konkret heißt das: eine SPD-Landesregierung wird Entwicklungspolitik als Querschnittsaufgabe der Landesministerien etablieren. Sicherlich kann Niedersachsen keine Entwicklungshilfe in großem Stil leisten. Aber die bestehenden Möglichkeiten sollten doch ausgeschöpft werden. Warum muss der exzellente Verband der entwicklungspolitischen
Initiativen Niedersachsens jährlich um seine Zuschüsse bangen, nachdem CDU und FDP sie schon 2005 massiv zusammengestrichen haben? Wir werden diesen Zuschuss wieder auf den Stand von 2004, nämlich auf 70 000 Euro, erhöhen.
Für die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern wollen wir vor dem Hintergrund des UN-Milleniumsziels „Armutsbekämpfung“ eine Aufstockung der Mittel um 100 000 Euro. Entwicklungspolitik ist Friedenspolitik; das sollten wir nicht vergessen.
Meine Damen und Herren, wir haben im Ausschuss intensiv über Medienkompetenz diskutiert. Fraktionsübergreifend sind wir uns darin einig, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Gerade im Zusammenhang mit den Amokläufen in Erfurt und Emsdetten wurde viel von Medienverwahrlosung gesprochen. Der gilt es entgegenzuwirken und Medienkompetenz als Schlüsselqualifikation zu vermitteln. Die SPD-Fraktion hat bereits im Sommer ein umfangreiches Programm zur Stärkung der Medienkompetenz in den Schulen vorgelegt. Es ist nachhaltig, enthält ein ganzes Bündel an Maßnahmen und ist finanziert. Darum haben wir für 2008 1 Million Euro und weitere 1,5 Millionen Euro an Verpflichtungsermächtigungen in den Haushalt aufgenommen.
Diese Aufgabe darf keinen Aufschub erleiden. Hier müssen wir schnellstmöglich initiativ werden, um unseren Kindern, Eltern und Lehrern entsprechende Hilfestellung zukommen zu lassen. Wie sieht es mit den Aktivitäten der Staatskanzlei aus? - Sie erschöpfen sich demgegenüber in Pressemitteilungen und Hinweisen auf Internetlinks.
Meine Damen und Herren, dies ist nun der letzte Haushalt der Staatskanzlei in der zu Ende gehenden Legislaturperiode. Er steht in der schlechten Tradition seiner Vorgänger seit 2003.
Er ist einfallslos, beharrend und ohne Blick, geschweige denn eine Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft. Das war sicherlich auch der letzte Haushalt einer CDU/FDP-Landesregierung.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mehr Transparenz, demokratische Kontrollverfahren und Einbeziehung der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis in EU-Angelegenheiten sind eine immer wieder erhobene For
derung. Darum ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass sich der Ausschuss der Regionen mit dem Netzwerk zur Subsidiaritätskontrolle dieser Problematik angenommen hat, um ein geeignetes Beteiligungsverfahren zu entwickeln. Der Nieder
sächsische Landtag beteiligt sich an diesem Netzwerk des Ausschusses der Regionen von Anfang an.
Beim ersten Testlauf war die Frist zur Stellungnahme so kurz, dass der Landtag damals kein Votum abgab. Bei Treffen auf administrativer Ebene in Brüssel brachte sich jedoch unser Gesetzgebungs- und Beratungsdienst in die Diskussion ein. Für den heutigen zweiten Prüflauf wurde die Frist zur Stellungnahme auf acht Wochen verlängert ein kleiner Fortschritt, um zumindest eine Stellungnahme zum formalen Vorgehen bei der Subsidiaritätskontrolle abzugeben. Es ist erfreulich, dass darüber alle Fraktionen Einigkeit erzielten. Nur darauf bezieht sich der heutige gemeinsame Änderungsantrag der SPD-Fraktion und der Regierungsfraktionen.
Meine Damen und Herren, gleichzeitig wird aber deutlich, dass die Umsetzung und Kontrolle des Subsidiaritätsgrundsatzes verstärktes parlamentarisches Engagement erfordern, z. B. einen flexibleren Tagungsrhythmus des Ausschusses, Fortbildung des Landtagspersonals und gegebenenfalls Aufstockung, um die Arbeit des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten noch intensiver zu begleiten.
Ferner geht es nicht nur darum, in allen EUAngelegenheiten die drei Kernfragen zu klären, nämlich: Verliert das Land an Gesetzgebungskompetenz? Wird in die Gesetzgebungskompetenz des Landes eingegriffen? Ist das Budgetrecht des
Landtages betroffen? - Vielmehr muss auch die Möglichkeit gegeben sein, dass der Landtag zu den Dokumenten inhaltlich Stellung nimmt.
Energie ist ein wesentlicher Pfeiler des modernen Lebens, wie wir bereits im ersten Absatz unseres Antrages deutlich machen. Diesem Thema gebühren besondere Aufmerksamkeit und ausgiebige Beratung mit differenzierter Stellungnahme. Dazu bedarf es jedoch einer breiteren Zeitschiene als im vorliegenden Fall. Darum hat meine Fraktion gerade bei den in Rede stehenden Dokumenten zur Energiepolitik - ein außerordentlich komplexes
Thema - von einer Stellungnahme inhaltlicher Art abgesehen. In der Kürze der Zeit war eine geordnete parlamentarische Beratung, die zu einer ge
meinsamen Bewertung der EU-Dokumente durch alle Fraktionen geführt hätte, nicht möglich. Ich meine, ein gemeinsames Auftreten gegenüber der EU sollten wir als Parlament uns durchaus zum Ziel setzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die europäische Gesetzgebung wird immer wichtiger. Darum muss es uns allen ein dringendes Anliegen sein, rechtzeitig in diese Verfahren eingebunden zu werden, damit auch wir als gesetzgebendes Regionalparlament die Möglichkeit haben, Europa aktiv mitzugestalten.
Ich beantrage sofortige Abstimmung. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Althusmann, Herr Eppers, ich bin schon einigermaßen erstaunt, wie Sie hier einfach versuchen, Vergangenheit zu klittern.
- Nein, Sie irren sich. - Ich zitiere aus einem Landtagsprotokoll von 1987 - als es um genau diese Frage, um die Menschenrechtsfrage, ging - Gerhard Schröder:
„Wir sollten uns miteinander darüber im Klaren sein, dass es hier nicht darum geht, ob der eine gegen Menschenrechtsverletzungen und der andere dafür ist. Wohin sind wir, wenn wir das einander unterstellen, gekommen?
Es geht ausschließlich darum, welche Politikinstrumente die richtigen sind, um Menschenrechtsverletzungen abzubauen und zum Verschwinden zu bringen, in der DDR und anderswo. Der Unterschied zwischen Ihnen und uns besteht darin, dass wir die Erfassungsstelle in Salzgitter - ich sage es noch einmal, damit Sie es mitkriegen: deswegen sind wir für ihr Verschwinden - nicht für ein geeignetes Instrument halten, um Menschenrechtspolitik zu machen,“
- hören Sie doch bitte zu Ende zu!
„sondern dass sie im Gegenteil Menschenrechtspolitik, verstanden als die Verbesserung der Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten,“
„um über Menschrechte nicht nur zu reden, sondern etwas für deren Realisierung zu tun, eher behindert als ihr nützt.“
Wir wollen doch bitte, meine Damen und Herren - Sie haben es erwähnt, Herr Althusmann -, nicht vergessen, dass es ein SPD-Kanzler war, der die Entspannungspolitik eingeleitet hat.
- Ich habe es zur Kenntnis genommen und habe es auch erwähnt.
Meine Damen und Herren, politische Vergangenheitsbewältigung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Man kann diese Aufgabe nicht delegieren, weder an Politik oder Wissenschaft noch an Medien oder Justiz.
Auch die Schulen können mit diesem Thema nicht alleingelassen werden. Wir alle zusammen sind gefordert, uns mit der jüngsten deutschen Geschichte, mit dem totalitären Regime der DDR, genauso wie mit der Zeit der NS-Gewaltherrschaft, auseinanderzusetzen. Ein Verharmlosen oder Vergessen darf es nicht geben.
Wir Deutschen sind in vielen Dingen Weltmeister. Ob im Sport oder im Export - wir leisten etwas. Aber bei der Aufarbeitung der Verbrechen des SED-Unrechtsregimes scheint es nur schleppend voranzugehen, trotz mehrerer Enquete-Kommissionen und vieler politischer Foren. Vor gut einer Woche ist nach nunmehr 17 Jahren deutscher Einheit das dritte SED-Unrechtsbereinigungsgesetz in Kraft getreten. Damit haben die ca. 40 000 SEDOpfer, die besonders unter der staatlichen SEDWillkür gelitten haben, z. B. durch Inhaftierung aus politischen Gründen, und oft bis heute darunter leiden, Anspruch auf eine dauerhafte finanzielle Leistung.
- Genau das. - Auch wenn wir genau wissen, dass das Unrecht, das diese Menschen erfahren haben, nicht wiedergutzumachen ist, trägt dieses Gesetz doch zur Verbesserung der Lebensumstände der einzelnen Betroffenen bei. Aber war es das? Kann jetzt der berühmt-berüchtigte Schlussstrich gezogen und alles vergessen werden? - Nein, meine Damen und Herren. Wir alle sind uns darüber einig, dass es in unserem Land nie wieder zu einem Unrechtsregime kommen darf.
Darum darf die Geschichte nicht in Vergessenheit geraten, verharmlost oder verklärt werden. Hierbei kommt den Schulen eine besondere Verantwortung zu. Darin sind wir mit Ihnen einig. Für einen entsprechenden Unterricht müssen auch die nötigen Voraussetzungen in der Lehrerfortbildung wie beim Unterrichtsmaterial geschaffen werden. Aber auch alle anderen gesellschaftlichen Gruppen sind gefordert und dürfen sich nicht aus der Verantwortung stehlen.
Sie, meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, beklagen in Ihrem Antrag den allgemeinen Mangel an Geschichtsbewusstsein zum DDRRegime. Sie waren es aber, die die Landeszentrale für politische Bildung abgeschafft haben.
Diese Einrichtung hat jahrzehntelang ausgezeichnete Arbeit zur Bewältigung der jüngeren deutschen Geschichte geleistet. Jetzt ist ein Vakuum entstanden, das bis heute nicht ausgefüllt wurde.
Ich bin in Berlin aufgewachsen. Ich erlebte als Kind die Blockade. Ich erlebte den 17. Juni 1953 und als Jugendliche den Mauerbau. Ich erfuhr so Angst vor Krieg. Diese Erfahrungen sind aber absolut nichts verglichen mit dem Leid und den Ängsten der Menschen, die der Willkür des SED-Regimes in den unterschiedlichsten Formen ausgeliefert waren.
In der Verantwortung für diese Menschen hält auch meine Fraktion eine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung der Akten der ehemaligen Zentralen Erfassungsstelle in Salzgitter für geboten
- und das nicht nur in Hinsicht auf die Historie. Die nach dem Mauerbau 1961 von den Länderjustizministern gegründete Zentrale Erfassungsstelle hatte die Aufgabe, Vorermittlungsverfahren zum Zwecke der Beweissicherung über Gewaltakte an der innerdeutschen Grenze, in DDR-Strafanstalten, über den Missbrauch der Justiz zu politischen Zwecken und über Fälle politisch motivierter Denunziation einzuleiten. Nach der Wende gab die Erfassungsstelle Salzgitter ihre Vorermittlungsverfahren an die zuständigen Staatsanwaltschaften zur Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren ab. Darum muss bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung dieser Akten auch herausgearbeitet werden, wo die Dokumente aus Salzgitter juristische Bedeutung erlangt und wo sie zu Verurteilungen geführt haben.
Die wissenschaftliche Aufarbeitung der Dokumente ist nicht Selbstzweck, sondern es geht um die Würdigung der Schicksale der Opfer staatlicher Willkürmaßnahmen. Deshalb unterstützt die SPDFraktion die wesentlichen Forderungen des vorliegenden Entschließungsantrages. Ich gehe davon aus, dass wir die Ausschussberatungen zügig durchführen können. Der Niedersächsische Landtag sollte möglichst mit einer Stimme deutlich machen, dass die Verbrechen des SED-Regimes unvergessen sind und dass Erinnerung, Aufklärung und die weitere wissenschaftliche Erforschung dieser Verbrechen ein wichtiger Beitrag zur Vorbeugung gegen neue totalitäre Strömungen sind. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Niedersachsen ist ein durch und durch europäisches Land. Es profitiert von der europäischen Einigung - nicht nur wirtschaftlich und finanziell, sondern auch kulturell. Aber niedersächsische Interessen finden in Europa nur dann Gehör, wenn das Land mit einer Stimme spricht. Das gilt insbesondere nach der Osterweiterung der EU, durch die das relative Gewicht Niedersachsens im größer gewordenen Europa geringer geworden ist. Wenn es um die Durchsetzung niedersächsischer Interessen in Brüssel geht, ziehen alle demokratischen Parteien des Landes an einem Strang. Erst diese Gemeinsamkeit gibt der Stimme Niedersachsens in Brüssel Gewicht. Diese gute Tradition muss im niedersächsischen Interesse fortgeführt werden und aus dem beginnenden Wahlkampf ausgeklammert bleiben. Umso mehr befremdet es, meine Damen und Herren, dass CDU und FDP mit dem vorliegenden Entschließungsantrag versuchen, die unzweifelhaft erzielten europapolitischen Fortschritte in der jüngeren Vergangenheit auf das angebliche Genie des Herrn Ministerpräsidenten zurückzuführen. Diese übertriebene Lobhudelei, die wir soeben von Herrn Hogrefe wieder vernehmen konnten, muss doch eigentlich den Akteuren peinlich sein;
denn wir gehen sicherlich alle davon aus, meine Damen und Herren: Wer hier in Niedersachsen in der Regierungsverantwortung steht, soll alles im Interesse des Landes tun und das als seine Arbeit betrachten.
Meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, Sie sollten bei diesem wichtigen Thema wirklich die Kirche im Dorf lassen. Die schlichte Wahrheit ist z. B.: Die EU-Chemikalien-Richtlinie, der erfolgreiche Widerstand gegen die Privatisierung der Hafendienstleistungen oder die Nachbesserungen bei der EU-Dienstleistungsrichtlinie sind auch deshalb ein Erfolg, weil in diesen Punkten
alle niedersächsischen Parteien mit einer Stimme sprachen. So hat das Europäische Parlament erst vor wenigen Tagen den anerkannten niedersächsischen Fachmann und ehemaligen SPD-EuropaAbgeordneten Bernd Lange als einen seiner beiden Vertreter in den Verwaltungsrat der neuen Europäischen Agentur für chemische Stoffe in Helsinki berufen. Die Agentur ist zukünftig für die Umsetzung der EU-Chemikalienverordnung REACH verantwortlich, die seit dem 1. Juni dieses Jahres in Kraft ist. Ich bin davon überzeugt, dass diese Personalentscheidung in vitalem niedersächsischen Interesse ist. Für meine Fraktion gratuliere ich deshalb auch auf diesem Wege Bernd Lange ganz herzlich zu dieser Berufung
und hoffe, dass Sie sich dem anschließen.
Meine Damen und Herren, die deutsche Ratspräsidentschaft hat in der Tat in vielen Punkten Fortschritte gebracht. Der Verfassungsprozess ist wieder in Gang gekommen. Die Beschlüsse der 27 Staats- und Regierungschefs vom vorigen Monat ermöglichen die Verabschiedung eines neuen Grundlagenvertrages noch in diesem Jahr. Es ist uns aber allen klar - Frau Kuhlo, Sie haben es in Ihrer Rede auch sehr deutlich angesprochen -, dass mit diesen Beschlüssen nur der kleinste gemeinsame Nenner gefunden wurde. Romano Prodi spricht zu Recht von einem „verlorenen europäischen Geist“ und nennt dabei ausdrücklich Großbritannien, Polen, Tschechien und die Niederlande. 2009 werden die nächsten Europawahlen stattfinden. Bis dahin muss der Ratifizierungsprozess abgeschlossen sein. Dabei gilt es noch einige Hürden zu nehmen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, die Forderungen sind beim ersten Querlesen Ihres Antrags nett formuliert, haben aber bei genauerem Hinsehen kaum Substanz. Ihr Antrag schließt insofern nahtlos an das zu Jahresbeginn vorgelegte europapolitische Konzept der Landesregierung an, das, kurz zusammengefasst, rückwärts gewandt, mutlos und bürokratisch ist.
Ich nenne nur einige Beispiele aus den Bereichen Klimaschutz und Energiepolitik. Die Landesregierung hat noch immer kein Klimaschutzprogramm vorgelegt, sondern will jetzt eine Kommission einrichten, um die möglichen Auswirkungen des Klimawandels zu prüfen. Damit retten Sie sich viel
leicht bis zum Wahltag, aber bestimmt nicht das Klima, meine Damen und Herren.
Was Sie unter verantwortlicher Energiepolitik verstehen, konnten wir in den letzten Tagen vom Ministerpräsidenten hören. Ihr Umweltminister sagte z. B. frei heraus, dass er neue Atomkraftwerke in Niedersachsen will, und hat mit der Stadt Lingen auch gleich seinen Wunschstandort genannt. Herr Wulff hat sich nicht ausdrücklich von Herrn Sander distanziert. Klar ist deshalb: Für die Landesregierung ist Europa nicht mehr als ein Umweg, den man geht, um gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung eine Renaissance der Atomenergie zu erreichen. Wer das will, der handelt unverantwortlich und schadet Niedersachsen.
Meine Damen und Herren, mit dem Beginn der neuen Strukturförderperiode erhält Niedersachsen eine Entwicklungschance, die nicht leichtfertig vertan werden darf. Zwischen 2007 und 2013 werden rund 2,5 Milliarden Euro aus Brüssel in die niedersächsischen Regionen fließen. Damit gilt es, wichtige Entwicklungspotenziale auszuschöpfen; als Stichworte nenne ich nur Innovation, Qualifizierung, Bildung und nachhaltige Infrastrukturentwicklung. Allein 1 Milliarde Euro fließen in das Ziel1-Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Lüneburg: eine unwiederbringliche Chance für die Region. Die Tatsache, dass die Region Lüneburg zu den ärmsten Regionen Europas zählt und deshalb dieser außerordentlichen Unterstützung bedarf, ist allerdings kein Grund zum Jubel.
Meine Damen und Herren, CDU und FDP stellen in ihrem Antrag die wachsende Bedeutung der maritimen Wirtschaft und der Küstenregionen fest. Das ist richtig. Europas Küstenregionen boomen; dies soll sich Prognosen zufolge in den nächsten Jahren fortsetzen. Die neueste Verkehrsstudie der Universität Hannover prognostiziert gravierende Engpässe beim Gütertransport auf der Schiene. Dadurch droht eine massive Schwächung der norddeutschen Häfen und des gesamten Wirtschaftsraumes. Darum ist die Hinterlandanbindung unserer Häfen mit guter Verkehrsinfrastruktur - hier besonders auf der Schiene - unerlässlich.
Doch was tut die Landesregierung? - Sie verstolpert gerade den JadeWeserPort, das mit Abstand bedeutendste Investitionsprojekt des Landes,
und hat kein integriertes Küstenkonzept und keine Vorstellung von der Zukunft der maritimen Wirtschaft. Selbst die EU sieht dies mittlerweile kritisch: Seit 2005 arbeitet in Brüssel eine Task Force Meerespolitik. Diese Task Force bemerkt inzwischen mit wachsender Sorge die Abstinenz der Niedersächsischen Landesregierung in dieser Frage.
Meine Damen und Herren, Europa wird nur als soziales Europa gelingen. Die Europäische Union braucht deshalb eine glaubwürdige Antwort auch für die Unionsbürgerinnen und -bürger, die sich von Jobverlust und sozialem Abstieg bedroht sehen. Auch in Niedersachsen sind gerade bei Arbeitern und Angestellten zunehmend Ängste vor dem Binnenmarkt und der Globalisierung festzustellen.
Zu alledem findet sich kein Wort in Ihrem Antrag, geschweige denn in dem europapolitischen Konzept der Landesregierung. Die Landesregierung negiert schlichtweg die sozialen Dimensionen Europas. Ihre Vorstellung von Europa ist die eines großen gemeinsamen Marktes. Alle anderen Lebensbereiche sollen vor Ort geregelt und damit dem Wettbewerb überlassen werden.
Die Landesregierung fällt damit sogar hinter das EU-Sozialmodell zurück. - Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Frau Ministerin sowie der Herr Minister haben mehrmals darauf hingewiesen, dass der geänderte § 131 des Strafgesetzbuches nicht ausreiche, um gegen diese Art Spiele vorzugehen. Wie wir eben hörten, zählen zu den eingeleiteten Maßnahmen runde Tische, Gutachten und dergleichen. Ich frage die Landesregierung: Was hat die Landesregierung bisher konkret unternommen, um gegen Gewalt verherrlichende Computerspiele vorzugehen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt zwar den mit Abstand kleinsten Haushalt aller Einzelhaushalte des Landes, aber das ist der Haushalt der Staatskanzlei. Das heißt, es geht hier um den Haushalt, der in direkter Verantwortung des Herrn Ministerpräsidenten steht. Ich freue mich, dass der Herr Ministerpräsident mit zahlreichen Mitgliedern seines Kabinetts anwesend ist.
Das haben wir bei Europathemen auch hier im Plenum sonst nicht immer. Bei dieser Bemerkung schaue ich nach allen Seiten, meine Damen und Herren.
In der Staatskanzlei ressortieren zentrale Politikbereiche, die für die Zukunft des Landes Niedersachsen entscheidend sind. Es sind dies die Europapolitik des Landes, die Politik der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit, die Formulierung der Politik des Landes gegenüber dem Bund und die Medienpolitik. Ich muss diese Selbstverständlichkeit in Erinnerung rufen, weil im vergangenen Jahr, als wir an dieser Stelle den Haushalt der Staatskanzlei diskutiert haben, der Kollege Hogrefe von der CDU-Fraktion - so will ich einmal sagen - eine Bierzeltrede hielt, die zwar unfreiwillig komisch war,
aber im Wesentlichen nur eines dokumentierte, nämlich das ausgeprägte Desinteresse der Regierungsfraktionen und der Landesregierung an einer seriösen und durchdachten Europa-, Entwicklungshilfe- und Medienpolitik des Landes.
Meine Damen und Herren, nach einem weiteren Jahr müssen wir heute feststellen: In der Europaund Entwicklungshilfepolitik hat sich das Desinteresse zu hartnäckiger Ignoranz verfestigt, und in der Medienpolitik hat sich der Herr Ministerpräsident eine blutige Nase geholt.
Lassen Sie mich in der kurzen Zeit, die mir zur Verfügung steht, zu den wichtigsten Punkten Stellung nehmen.
Zunächst zur Europapolitik oder - besser gesagt zur nicht vorhandenen Europapolitik des Landes: Wenige Wochen vor Beginn der deutschen EURatspräsidentschaft müssen wir feststellen, dass es keine Vorstellungen des Landes darüber gibt, wie sich Niedersachsen im Europa der Zukunft positionieren will.
Was wir im vergangenen Jahr an europapolitischen Erklärungen der Landesregierung und der sie tragenden Regierungsfraktionen erhalten haben, ist ein Sammelsurium an Aktivitäten ohne schlüssiges, nachhaltiges Konzept. Ausgenommen davon ist - das möchte ich hier besonders betonen - das EIZ.
Noch Anfang dieses Jahres kündigte die Landesregierung auf SPD-Nachfrage an, bis Mitte März 2006, also bis vor ca. einem Dreivierteljahr, ein entsprechendes Programm vorzulegen. Bis heute liegt es nicht vor. Diese Ideenlosigkeit spiegelt sich auch in dem Entwurf des Haushaltsplans 2007 wider.
Er weicht, wie selbst der Herr Staatssekretär bei der Einbringung im Europaausschuss einräumte, nicht vom Haushaltsplan dieses Jahres ab. Selbst Umschichtungen hat es nicht gegeben. Europapolitisch stand die Welt für die Landesregierung im vergangenen Jahr offenbar still.
Meine Damen und Herren, wiederholt hat Herr Ministerpräsident Wulff angekündigt, er wolle sich künftig mehr mit Baden-Württemberg abstimmen. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, BadenWürttemberg macht vor, wie gute Lobby- und Netzwerkarbeit die Landesinteressen in Brüssel voranbringen kann.
Wir haben in unserer niedersächsischen Landesvertretung hervorragend qualifiziertes und engagiertes Personal. Aber was nutzen all dieses Engagement und alle Qualifikationen, wenn es nicht den entsprechenden Rückenwind durch die Landesregierung verspürt. Wir fordern deshalb den Ausbau der Aktivitäten des Landes Niedersachsen in Brüssel, weil inzwischen die Mehrzahl aller für
Niedersachsen wichtigen Entscheidungen in Brüssel getroffen wird.
Das muss sich auch im Haushalt des Landes niederschlagen.
Meine Damen und Herren, mit der am 1. September in Kraft getretenen Föderalismusreform eröffnen sich für die Länder neue Möglichkeiten, eigene Schwerpunkte zu setzen. Ich will heute nicht die Diskussion wiederholen, die wir in den vergangenen Monaten über Sinn und Zweck von einzelnen Regelungen der Föderalismusreform auch hier im Plenum geführt haben. Morgen werden CDU und FDP bei der Abstimmung über das Haushaltsbegleitgesetz 2007 dokumentieren, wie sie diese Möglichkeiten zu nutzen gedenken. Die Föderalismusreform ist für Schwarz-Gelb das Instrument, das Landesjugendamt aufzulösen, den Landesjugendhilfeausschuss zu zerschlagen und sich auf Biegen und Brechen ihrer Verantwortung einer aktiven Kinder- und Jugendhilfepolitik des Landes zu entziehen.
Meine Damen und Herren, Niedersachsen hat bis September 2007 den Vorsitz in der Ministerpräsidentenkonferenz. Ein wichtiges Thema in dieser Zeit wird die zweite Stufe der Föderalismusreform, d. h. die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern, sein. Bislang hat Herr Ministerpräsident Wulff immer das Prinzip des Wettbewerbsföderalismus betont. Dieser Wettbewerb unter den Ländern verschärft sich noch. Wir als Opposition werden ganz genau darauf achten, dass sich die Landesregierung in dieser zweiten Stufe endlich einmal für die Interessen Niedersachsens als eher finanzschwaches Land einsetzt.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch eine deutliche Kritik anzumelden, was die Projekte im Bereich der internationalen Beziehungen anbelangt. Bis heute war die Landesregierung nicht in der Lage, uns aufzuschlüsseln, wie und wo sie die Mittel im Jahr 2006 eingesetzt hat.
Das zeigt ganz deutlich: Sie haben nicht nur keinen Überblick darüber, was die Ressorts jeweils mit den Mitteln durchführen, sondern sie haben auch kein Konzept. Das kreiden wir Ihnen an.
Dafür reist Minister Busemann aber nach Syrien,
ohne dass nur im Ansatz deutlich wird, wieso, weshalb, warum und in welches Konzept der internationalen Beziehungen diese Reise eingebettet ist.
Meine Damen und Herren, wenn ein Schwerpunkt im Haushalt der Staatskanzlei erkennbar ist, dann der, dass die Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit des Herrn Ministerpräsidenten aufgestockt werden sollen.
Nein, ich möchte gerne zu Ende ausführen. - Das ist ein durchsichtiger Versuch, um mehr Geld für den Landtagswahlkampf zur Verfügung zu haben.
Aber offenbar ist es auch eine Reaktion darauf, dass es Herr Wulff in diesem Jahr nicht geschafft hat, den NDR auf schwarzen Kurs zu bringen.
Seine Versuche, den NDR-Rundfunkrat nach seinem Gusto zu besetzen, sind gescheitert - und das ist gut so.
Meine Damen und Herren, inzwischen ist es ein offenes Geheimnis: Die Staatskanzlei, die ja eigentlich steuern und führen soll, war noch nie so schwach wie unter diesem Ministerpräsidenten.
Eine ordnende Hand des Herrn Wulff ist nirgends zu erkennen, es sei denn, seine persönlichen Karriereinteressen stehen auf dem Spiel.
Die Europa-, Entwicklungshilfe- und Medienpolitik sieht genau danach aus. Sie hangelt sich von Tag zu Tag, ist aktionistisch und ohne erkennbares Konzept. Eine abgestimmte Außenwirtschaftspolitik des Landes gibt es überhaupt nicht.
Das hat Niedersachsen nicht verdient. Das schadet Niedersachsen. Das wirft Niedersachsen zurück.
Meine Damen und Herren, es wird höchste Zeit, das zu ändern, spätestens am 27. Januar 2008. Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kuhlo, Sie haben sicherlich recht. Auch ich bedaure es insgesamt, dass europapolitische Themen selbst in den eigenen Reihen immer so wenig auf Interesse stoßen.
Herr Hogrefe, auch Ihnen stimme ich zu. Aber wenn wir gut sind, hindert uns das nicht daran, noch besser zu werden.
Bislang hatten wir im Landtag eine fraktionsübergreifende, gemeinsame Haltung zur niedersächsischen Europapolitik. Diese gemeinsame Haltung über Parteigrenzen hinweg tat dem Land gut. Heute müssen wir feststellen: Diesen Weg haben Sie als CDU und FDP verlassen.
Offenbar ist es den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen wichtiger, sich kurzfristig parteipolitisch zu profilieren, als die niedersächsischen Interessen in Europa möglichst wirksam zu vertreten.
Denn nicht anders ist es zu erklären, dass sich CDU und FDP im Ausschuss nicht die geringste Mühe machten, um eine gemeinsame Position aller Fraktionen zur besseren Vermittlung zentraler europäischer Themen zu formulieren.
Für die SPD-Fraktion kann ich sagen, dass wir eine solche gemeinsame und inhaltsreiche Position angestrebt haben. Das ist gescheitert, sodass nun dem Landtag der Antrag der Regierungskoalition vorliegt, der nichtssagend und oberflächlich ist und den wir deshalb ablehnen werden.
Meine Damen und Herren, um Europa bürgernah zu gestalten und die Akzeptanz für Europa zu erhöhen, muss es zu einer besseren Kommunikation aller Ebenen in Europa mit den Bürgerinnen und Bürgern kommen. Mit dem von der Kommission vorgelegten Weißbuch über eine europäische Kommunikationspolitik werden Vorschläge - zum Teil vage Vorschläge - unterbreitet, um die Kluft zwischen der Europäischen Union und ihren Bürgerinnen und Bürgern zu beseitigen. Dabei kann es nicht nur darum gehen, eine Europäische Charta oder einen allgemeingültigen europäischen Verhaltenskodex zur Kommunikation zu entwickeln. Es kann auch nicht allein darum gehen, alle Beteiligten auf freiwilliger Basis auf die Einhaltung allgemeiner Kommunikationsgrundsätze einzuschwören.
Es kann schon gar nicht allein darum gehen, die von der Kommission gemachte Politik bei den Bürgerinnen und Bürgern möglichst geschickt zu verkaufen. Nein: Im Kern muss es darum gehen, die Ängste und Sorgen vieler Menschen gegen ein für viele undurchschaubares und übermächtiges Europa ernst zu nehmen und abzubauen. Dies geht nur, indem der Einfluss der Bürgerinnen und Bürger auf die Politik der Europäischen Union gestärkt wird. Davon ist aber in Ihrem Antrag nichts zu spüren, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen.
Unbestritten ist, dass der im Weißbuch geforderte partnerschaftliche Ansatz in der Kommunikationspolitik auch in Niedersachsen mit Leben erfüllt werden muss. So muss sichergestellt werden, dass auch die regionalen Partner frühzeitig bei eu
ropäischen Vorhaben und bei der Öffentlichkeitsarbeit in Europafragen eingebunden werden - so, wie es der Landtag für seine eigene Arbeit in der Beschlussempfehlung zum zweiten Testlauf eines Netzwerkes des Ausschusses der Regionen für die Subsidiaritätskontrolle fordert. Sie haben es vorhin ausgeführt.
Für die Menschen muss europäische Politik transparenter werden. Dies ist kein Selbstzweck, sondern eine zentrale Herausforderung, um Europa mehr als Chance und weniger als Bedrohung zu sehen.
Meine Damen und Herren, alle Absichtserklärungen wirken hohl, wenn für konkrete Projekte kaum oder zu wenig Geld bereitsteht. Falsch ist deshalb die Entscheidung der Europäischen Kommission, die Mittel zu kürzen, mit denen die Regionen Öffentlichkeitsarbeit für Europa betreiben können.
Wir erwarten deshalb, dass diese Entscheidung revidiert wird und die Landesregierung ihren Einfluss entsprechend geltend macht. Ferner sollte der Verwaltungsaufwand für die Betriebskostenzuschüsse für Öffentlichkeitsarbeit der Infopoints auf ein notwendiges Maß reduziert werden. Es kann nicht hingenommen werden, dass europäische Institutionen und Einrichtungen einen wesentlichen Teil ihrer Arbeit für reine Verwaltung verwenden und dabei die Förderung des europäischen Gedankens bei den Menschen in den Regionen zu kurz kommt.
Meine Damen und Herren, wir fordern die Landesregierung auf, zusammen mit den Städten und Gemeinden, mit Verbänden und Nichtregierungsorganisationen einen Prozess zu organisieren, um einerseits europäische Politik für die Menschen in Niedersachsen besser erfahrbar und nachvollziehbarer zu machen und andererseits niedersächsische Interessen in Europa stärker zu betonen. Denn europäische Politik kann nur dann erfolgreich sein, wenn im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern ihren konkreten Bedürfnissen und Anforderungen an Europa eine kraftvolle Stimme verliehen wird. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn durch einen Artikel in der Braunschweiger Zeitung in den letzten Tagen der Eindruck entstehen könnte, das Thema „Schacht Konrad“ sei es nicht mehr wert, im Landtag behandelt zu werden, weil scheinbar alles entschieden ist - so wie es ja eben auch der Umweltminister hier versuchte darzustellen -, sage ich Ihnen: Wir können hier im Landtag nicht oft genug über die Entwicklung der Endlagerproblematik atomarer Abfälle diskutieren. Das sind wir den Menschen in der betroffenen Region schuldig, gerade nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg, das große Betroffenheit nicht nur bei den Klägern, sondern auch in der Bevölkerung ausgelöst hat.
Das Gericht hat in wichtigen Klagepunkten - mein Kollege von Bündnis 90/Die Grünen hat es schon eingehend ausgeführt -, nämlich in der Frage, ob
das Endlager Schacht Konrad überhaupt gebraucht wird und auch in Bezug auf Standortalternativen, Langzeitsicherheit, Strahlenschutz und Sicherung gegen terroristische Angriffe, entschieden, dass der Planfeststellungsbeschluss den gesetzlichen Anforderungen genügt. Das wird aber in der Region bezweifelt. Die Kläger werden eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einreichen. Bis zu dieser Entscheidung hat das Lüneburger Urteil keine Rechtskraft, Herr Minister.
Wenn wir immer von Gesetzen reden: Gesetze sind für die Menschen gemacht, und man kann Gesetze ändern, Herr Minister. Sie haben gerade darauf verwiesen, dass es Ihre Fraktion war, die der Änderung des Atomgesetzes nicht zugestimmt hat. Lassen Sie uns doch gemeinsam eine Änderung des Atomgesetzes in Angriff nehmen, sodass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger stärker mit einbezogen werden und wir zu einer transparenten Endlagersuche kommen!
In diesem Moment bereits von Lastenausgleich zu reden, halte ich für sehr eigenartig, Herr Minister. Der Bundesumweltminister Sigmar Gabriel versicherte der Bevölkerung vor Ort in Salzgitter, dass vor einem rechtskräftigen Urteil das Bundesamt für Strahlenschutz keine vorbereitenden Maßnahmen zur Einlagerung beginnen wird. Der Respekt vor den Klägern gebietet es, keine Fakten zu schaffen, solange das Urteil keine Rechtskraft hat. Zudem bedeutet der Ausbau der Grube Schacht Konrad zu einem Endlager eine Investition von mindestens 800 bis 900 Millionen Euro, die nur dann zu verantworten ist, wenn der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden ist.
Meine Damen und Herren, es muss doch endlich einmal zur Kenntnis genommen werden, dass sich die Situation im Bereich der atomaren Abfälle seit Beginn des Verfahrens zur Schachtanlage Konrad vor über 20 Jahren dramatisch geändert hat. Weder heute noch in Zukunft gibt es atomare Abfälle aus Wiederaufarbeitungsanlagen, noch ergeben die tatsächlich anfallenden Abfallmengen das prognostizierte Volumen. Das ist auch auf den Konsens zum Atomausstieg zurückzuführen. Der ist im Koalitionsvertrag der großen Koalition in Berlin festgeschrieben.
Durch den gesetzlich geregelten Ausstieg aus der Kernenergie sind die Mengen endzulagernder Abfälle begrenzt. Das geringere Volumen einzulagernder atomarer Abfälle wird in der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ja bestätigt. Schacht Konrad ist für eine maximale Abfallmenge von mehr als 600 000 m³ ausgelegt, aber die tatsächlich anfallenden Abfallmengen liegen vermutlich nur bei ca. 150 000 bis 200 000 m³.
Vor diesem Hintergrund steigen die Kosten dramatisch. Daher müssen die bisherigen Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu Schacht Konrad überprüft werden. Das wird auch ein großes Interesse der EVUs sein, meine Damen und Herren.
Wir dürfen auf keinen Fall unnötige Kapazitäten schaffen, die dazu führen, dass Niedersachsen zum Atomklo für Europa wird und dass die Region Salzgitter/Peine/Braunschweig in Unsicherheit leben muss.
Das verbietet allein schon die Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Kindeskindern.
Ferner ist zu bedenken, dass dieses Endlager wahrscheinlich gar nicht mehr in Betrieb gehen wird, wenn die Wirtschaftlichkeit von Schacht Konrad nicht mehr gegeben ist. Natürlich - Herr Minister, da stimme ich mit Ihnen vollkommen überein muss jeglicher in Deutschland anfallender Atommüll bestmöglich und sicher gelagert werden. Da sind wir alle, die heute die Atomkraft auch nutzen, in der Verantwortung. Daher fordern wir endlich Sicherheit in dieser Frage.
Wir brauchen eine generelle Endlagerkonzeption für Deutschland, ohne damit eine Vorfestlegung für Gorleben oder Schacht Konrad zu treffen.
Wir wollen eine ergebnisoffene Prüfung. Das setzt voraus, dass alle potenziellen Standorte nach internationalen Kriterien geprüft werden. Erst dann kann es zur Festlegung eines Endlagers für alle atomaren Abfälle in Deutschland kommen. Ich wünsche mir, Herr Minister, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, dass Sie dieser Vorgehensweise, nämlich ergebnisoffene Untersuchungen, zustimmen werden. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Einzelplan 02 ist, wie bereits in der Ausschusssitzung von der Frau Staatssekretärin und von allen Fraktionen einmütig festgestellt wurde, unspektakulär. Die Staatskanzlei - für mich eigentlich die Drehscheibe niedersächsischer Politik - hat in den letzten Jahren die Aufgaben im Sinne einer Repräsentation des Landes nach außen und die damit für mich verbundene Lobbyarbeit kontinuierlich zurückgefahren.
Meine Damen und Herren, bevor Sie sich ereifern und Ihr Unverständnis über meine Aussage äußern, will ich sie Ihnen belegen.
Bei seinem Besuch in Brüssel - wer dabei war, erinnert sich; ich habe es mir berichten lassen - hat der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien mit Herrn Erik Dufeil von der Generaldirektion Regionalpolitik der EUKommission die noch offenen Fragen der Verteilung der Strukturfondsmittel diskutiert. Dabei wurde deutlich, dass Niedersachsen ein Einbruch bzw. ein teilweiser Wegfall von Mitteln droht, wenn regionalpolitische Überlegungen keine konkreten Formen annehmen.
Herr Dufeil bedauerte, dass Niedersachsen ihn im Gegensatz zu anderen Bundesländern bisher noch nicht zu Gesprächen vor Ort eingeladen habe, und bemängelte das Fehlen eines regionalen Entwicklungskonzeptes für Niedersachsen. Dies wurde seitens unserer Fraktion auch dem Herrn Ministerpräsidenten mitgeteilt. In den letzten Tagen habe ich die Antwort des Herrn Ministerpräsidenten auf den Tisch bekommen. Ich muss sagen: Sie überzeugt mich nicht; denn es fehlt nach wie vor ein Gesamtkonzept.
Wir wissen, wie wichtig es ist, insbesondere auch in der Europapolitik von Niedersachsen aus Einfluss zu nehmen. Darum wird es für unsere Politik von großer Bedeutung sein, wie wir uns gegenüber den anderen Entscheidungsträgern, die auf die niedersächsische Politik einwirken können, präsentieren und positionieren. Unsere Vertretung in Brüssel ist personell weitgehend qualifiziert und sehr engagiert aufgestellt. Aber das Engagement
des Landes lässt im Vergleich zum Engagement in Berlin zu wünschen übrig.
Durch eine Umschichtung von Haushaltsmitteln, wie von uns in unserem Antrag vorgeschlagen, könnten die Aktivitäten in Brüssel verstärkt werden.
Meine Damen und Herren, Einigkeit besteht hier im Hause über die hervorragende Arbeit des EIZ. Trotz der gekürzten und eingefrorenen Zuschüsse gelingt es ihm, mit Kreativität und Engagement den Bürgerinnen und Bürger Europa näher zu bringen.
Dieses große Engagement erleben wir auch beim VEN. Aber ganz ohne Zuschüsse geht es auch hier nicht.
Wir halten es für erforderlich, die Zuschüsse für den VEN auf den Ansatz von 2004 und damit um 30 000 Euro aufzustocken, um seine vorzügliche Arbeit nicht zu gefährden.
Denn wie wir vom VEN im Ausschuss und bei Besuchen der Initiativen erfahren haben, konnten in letzter Zeit viele Projekte nicht durchgeführt werden, weil die Gegenfinanzierung fehlte. Es liegt nicht an fehlenden EU-Mitteln. Wenn nach Aussage der Frau Staatssekretärin nicht mehr als 40 000 Euro bereitgestellt werden können, muss sichergestellt werden, dass die Zuwendungen von potenziellen Geldgebern von außerhalb nicht durch das Stimmverhalten von Vertretern des Landes beim Bingo-Lotto blockiert werden.
Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass die Frau Staatssekretärin diesbezüglich eine Überprüfung zugesichert hat.
Meine Damen und Herren, es ist zu begrüßen, dass die Ergebnisse der Koalitionsarbeitsgruppe zur Föderalismusreform mit dem Koalitionsvertrag angenommen wurden. Damit ist ein erster wichtiger Schritt in Richtung Aufgabenentflechtung und mehr Transparenz zwischen Bund und Ländern getan. Mit den vorliegenden Verhandlungsergebnissen wird es zu mehr Wettbewerb unter den Ländern kommen. Das kann sehr positiv sein, birgt aber sicherlich auch Gefahren. Stichworte in die
sem Zusammenhang sind z. B. die Beamtenbesoldung und die Grunderwerbsteuer. Darum muss Niedersachsen seine Möglichkeiten nutzen, um als finanzschwaches Land in diesem Wettbewerb der Länder nicht als Verlierer dazustehen.
Hierin sehe ich die Aufgabe des Herrn Ministerpräsidenten, Niedersachsens Interessen zu vertreten, und nicht darin, wie ich heute in der Braunschweiger Zeitung lesen konnte, in Parteigremien das Große und Ganze im Auge zu haben. Herr Wulff, Sie haben in erster Linie die Verantwortung für unser Land wahrzunehmen. Sie haben sich nicht als stellvertretender Parteivorsitzender eventuell zu Lasten des Landes zu profilieren und nach Beliebtheitswerten zu schielen.
Meine Damen und Herren, nach diesen ersten Ergebnissen der Föderalismusreform müssen noch weitere Schritte folgen. Die Koalitionsparteien verständigten sich darauf, im Frühjahr nächsten Jahres Verhandlungen über die Finanzverfassung aufzunehmen. Erst wenn auch die Finanzbeziehungen untereinander neu geregelt und die Neuordnung der Länder angepackt würde, hätten wir eine große Föderalismusreform. Aber bis dahin ist es noch ein sehr steiniger Weg.
Meine Damen und Herren, wenn wir in der EU nicht nur im wirtschaftlichen Bereich, sondern auch im administrativen Bereich wettbewerbsfähig bleiben wollen, wird es zu Veränderungen kommen müssen. Bereits jetzt bilden sich auf der kommunalen Ebene regionale Zusammenschlüsse, um im Wettbewerb mit anderen Regionen in Europa bestehen zu können. Herr Ministerpräsident, ich stimme Ihnen zu: Ländergrenzen werden unwichtig. Es geht um zukunftsfähige Konzepte, mit denen wir unser Land fit für Europa machen, und es geht darum, diese Konzepte den Entscheidungsträgern in Brüssel frühzeitig vorzustellen.
Wir müssen dafür Sorge tragen, dass Niedersachsen mit seinen Interessen in Brüssel wahrgenommen wird. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit den bisher erzielten Ergebnissen bei den Verhandlungen zur Föderalismusreform kommt es endlich zu der längst überfälligen Entflechtung von Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern. Das haben bereits alle Vorredner betont. Das kann aber wirklich nur ein erster Meilenstein auf dem Weg zu schnelleren und klareren Entscheidungen sein.
Ziel jeder Entflechtung muss die unmissverständliche Zuordnung von Verantwortung sein; denn das, meine Damen und Herren, wirkt der Politikverdrossenheit entgegen und gibt den Menschen mehr Vertrauen in unseren Staat und in die Gesellschaft.
Meine Damen und Herren, bisher gibt es eine wachsende Grauzone bei Bund-LänderEntscheidungen. In weiten Teilen der Bevölkerung besteht der nicht unberechtigte Eindruck, beim Föderalismus handele es sich praktisch um ein System organisierter Verantwortungslosigkeit. Auch das ist ein Beispiel, um Politikverdrossenheit - so will ich es einmal nennen - zu schüren.
Ein abschreckendes Beispiel dafür, wie falsch es derzeit im Verhältnis von Bund und Ländern läuft, ist das Verhalten der Niedersächsischen Landesregierung im Bundesrat. Ministerpräsident Wulff blockiert in der Länderkammer aus rein taktischen Gründen wichtige Entscheidungen und schadet damit dem Land Niedersachsen.
Wir verlieren im Zeitraum 2003 bis 2006 1 Milliarde Euro, weil die Landesregierung durch ihre Blockadepolitik im Bundesrat jede Form von Subventionsabbau verhindert hat.
Meine Damen und Herren, klar ist: Die Reform wird zu einem verschärften Wettbewerb zwischen den
Ländern führen. Nun wird es darauf ankommen, diesen Wettbewerb so zu gestalten, dass auch finanzschwache Bundesländer eine faire Chance erhalten, in diesem Wettbewerb zu bestehen. Der Teufel steckt - wie immer - im Detail; denn der Konflikt geht auch quer durch die Länderreihen.
Ich möchte dazu ein Beispiel bringen: die Öffnungsklauseln im Beamtenrecht. Zu vermuten ist, dass die reichen Bundesländer künftig bessere Bezahlung und größere Aufstiegschancen für besonders qualifizierte und motivierte Beamte aus anderen Bundesländern anbieten und sie damit abziehen werden. Niedersachsen wird in diesem Wettbewerb nicht mithalten können, während die reichen süddeutschen Länder die Gewinner sein werden. Welche Folgen das für Niedersachsen hätte, kann sich wohl jeder vorstellen.
An diesem Beispiel wird deutlich, dass es nicht allein um Entflechtung und Transparenz des Gesetzgebungsverfahrens zwischen Bund und Ländern geht. Vielmehr müssen die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern auf eine neue Basis gestellt werden - und das so schnell wie möglich. Dabei gebe ich meinen Vorrednern voll und ganz Recht.
Die Undurchschaubarkeit der Finanzströme führt häufig dazu, dass nicht mehr erkennbar ist, wer wofür zu bezahlen hat.
Meine Damen und Herren, ich möchte ein Wort an die SPD-Fraktion verlieren.
- Entschuldigung, ich meinte die FDP-Fraktion -; denn Sie haben ja den Antrag zu dieser Aktuellen Stunde eingebracht. Ich habe den Eindruck, Sie wollen offenbar an diesem Punkt auf die leichte Tour Ihre vermeintliche Eigenständigkeit betonen. Doch wie sieht diese aus? - Vor mehr als eineinhalb Jahren wurde von Minister Hirche die Initiative zum Bürokratieabbau groß angekündigt. Es sollten Schneisen in den Paragrafendschungel geschlagen werden. - Geschehen ist nichts.
Im Schulbereich - daran möchte ich erinnern - ist es mit der Bürokratie noch schlimmer geworden.
- Fragen Sie bei den Schulen nach.
Noch ein Beispiel gefällig? - Herr Rösler, wo war Ihr Reformprofil, als hier im Landtag die Verschärfung des Polizeigesetzes mit Ihren Stimmen verabschiedet wurde, welches später in Teilen vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft wurde?
- Sie sprachen von Reformen auch in Niedersachsen.
Meine Damen und Herren, die FDP erklärt, sie wolle der Föderalismusreform nicht zustimmen, wenn nicht bis Ende der Legislaturperiode des Bundes auch die Bund-Länder-Finanzbeziehungen entflochten würden. Das ist ein richtiges und wichtiges Anliegen.
Herr Rösler, Sie sprachen eben von mutiger Politik. Wo ist denn Ihr Mut? - Hier in Niedersachsen könnten Sie ihn schon jetzt beweisen, nämlich im Prinzip nach dem Motto: Wer bestellt, bezahlt auch die Musik. - Das Konnexitätsprinzip müsste nur endlich realisiert werden.
Auch hier hat sich seit dem Regierungsantritt kaum etwas bewegt. Dabei war angekündigt, das Konnexitätsprinzip bereits in den ersten 100 Amtstagen der Landesregierung gesetzlich zu verankern.
Die Kluft zwischen reden und handeln schürt die Politikverdrossenheit.
Meine Damen und Herren, die Föderalismusreform ist noch nicht unter Dach und Fach. Sie wird aber gelingen müssen; denn an ihr entscheidet sich wesentlich, ob Politik noch die Kraft und den Mut zu strukturellen Veränderungen hat, ohne die Menschen dabei aus den Augen zu verlieren. Sie ist Grundlage für alle weiteren Reformschritte. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Fraktion hat diese Große Anfrage
gestellt, um eine ehrliche Auswertung in Bezug auf die Umsetzung der Lissabon-Strategie in Niedersachsen zu erhalten. Ein ehrliche Auswertung bedeutet auch, auf die Schwierigkeiten, die die Umsetzung mit sich bringt, hinzuweisen. Dass es welche gibt, ist doch keine Frage. Was Sie uns aber vorgelegt haben, heißt, mit Nebelkerzen zu werfen. Dabei müssen wir doch Perspektiven für Niedersachsen entwickeln.
Als ich die Antworten durchlas, musste ich feststellen: Hier fand keine Reflexion des Gewesenen statt.
Ja.
Ich vermisse sehr wohl jemanden seitens der Landesregierung, der für diesen Themenkomplex zuständig ist.
Als ich die Antworten durchlas, musste ich feststellen: Hier fand keine Reflexion des Gewesenen statt. Hier wurden keine Ideen entwickelt, hier wurde nach dem alten Dreisatz des Neoliberalismus gehandelt: Deregulierung, Flexibilisierung und Privatisierung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, am 18. September erhielten die Parteien bei der Bundestagswahl etwas ins Stammbuch geschrieben, und das lautet: Wir wollen keine neoliberalen Ideologen.
In diesem Sinne gehe ich jetzt auf ausgewählte Fragen und deren Beantwortung ein. Bitte sehen Sie es mir nach, wenn dabei aufgrund der eingeschränkten Redezeit andere Fragen zurückstehen müssen.
Zum Themenblock Wissenschaft und Forschung: Das, was wir im Bereich Wissenschaft und Forschung lesen konnten, ist mehr als das Werfen von Nebelkerzen. Sie versuchen, den Niedersächsischen Landtag - wie sagt man hier? - hinter die Fichte zu führen. Aber das schaffen Sie nicht. Ihr Zahlenwirrwarr kann über die Wirklichkeit nicht hinwegtäuschen.
Die Antwort auf unsere Anfrage ist für Ihre Hochschulpolitik ein Bankrotterklärung.
Die Entscheidung dieser Landesregierung, bei den Hochschulen zu streichen, ist falsch, da können Sie noch so viele Zahlen zitieren. Ihre Hochschulpolitik ist falsch, weil Hochschulen erstens kein Ballast für unser Land sind. Hochschulen sind Stätten für Innovationen und Lebensadern in den Regionen. Jeder Standort ist ein Wirtschaftsfaktor für Niedersachsen.
Die Kürzungen sind zweitens falsch. Die niedersächsischen Hochschulen sind schon jetzt viel schlechter ausgestattet als ihre Konkurrenz in Bayern und Baden-Württemberg. Allein die beiden
Universitäten in München können ein Budget inklusive Drittmitteln von 1,6 Milliarden Euro im Jahr ausgeben. Unsere niedersächsischen Hochschulen dagegen haben zusammen einen Etat von knapp 1,8 Milliarden Euro. Wie unsere Hochschulen im Ranking wieder nach oben klettern sollen, mit noch weniger Geld und schlechterer Ausstattung, bleibt ihr Geheimnis. Statt die Hochschulen für die Aufholjagd auszurüsten, werfen Sie ihnen Knüppel zwischen die Beine.
Die Kürzungen sind aber auch deshalb falsch, weil ein tragfähiges Konzept nicht erkennbar ist. Es sind gerade unsere forschungsstärksten Hochschulen und somit unsere Leistungsträger, die das meiste Geld abliefern müssen. Dieses so genannte Hochschuloptimierungskonzept hat dem Ansehen Niedersachsens als Forschungsland schon jetzt geschadet. Von all diesen Kürzungen ist in Ihrer Antwort gar nichts zu finden.
Ihre Antwort für das Parlament ist ein Hohn. Ich möchte das an Beispielen belegen.
Erstens. Um die Hochschulen für den anstehenden Generationswechsel zu wappnen, hatte Thomas Oppermann in nur drei Jahren die Mittel für Berufungen mehr als verdoppelt. Und Sie? Da rühmen Sie sich auf Seite 24 - ich zitiere -:
„Aus der Titelgruppe 06 08 - 74 (For- schungs- und Berufungspool) wurden 71 Berufungen in einem Gesamtumfang von 3,9 Millionen Euro gefördert.“
Wow! Hört sich ja gewaltig an! Aber, meine Damen und Herren, was ist Wirklichkeit? - Sie kürzen den Forschungsund Berufungspool um rund 2,8 Millionen Euro.
Zweitens. Die Landesregierung wird in dieser Legislaturperiode rund 360 Millionen Euro bei den Hochschulen kürzen. Davon entfallen 260 Millionen Euro auf das Hochschuloptimierungskonzept und rund 100 Millionen Euro auf Kürzungen im Rahmen des Zukunftsvertrages. Nie zuvor mussten die niedersächsischen Hochschulen so massive Einsparungen hinnehmen. Fast genauso schlimm wie der Mangel an Geld ist aber auch der eklatante Mangel an Ideen und Konzepten. Das zeigt Ihre Antwort erneut.
Es gibt ja eine Menge Zahlen in Ihrer Antwort. Aber die realen Zahlen und Ihre eigenen Kürzungen verschweigen Sie.
Drittens. Der Anteil an Forschungs- und Entwicklungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt soll insgesamt auf 3 % gesteigert werden. Wie sieht es aber aus? - Baden-Württemberg gibt 3,9 % aus, Niedersachsen 2,4 %. Diese Zahlen sagen eigentlich schon alles über Ihren Umgang mit der Lissabon-Strategie.
Nun einige Anmerkungen zu dem Themenblock Finanzen. Eine wichtige europäische Aufgabe besteht in der Harmonisierung der Steuersätze. Die gegenwärtige breite Streuung der einkommensabhängigen Steuern wird auf Dauer nicht haltbar sein. Es ist bezeichnend, dass die Landesregierung die Frage, welche Steuern konkret harmonisiert werden sollen, nicht beantwortet. Sie verliert sich erneut in allgemeinen Schuldzuweisungen an die Bundesregierung und fordert wörtlich: „Wünschenswert wäre eine Angleichung der Steuersätze auf einem möglichst niedrigen Niveau.“ Ja bitte, welches Niveau meinen Sie denn? Das von Lettland oder das von Tschechien?
Auch diese Landesregierung sollte endlich begreifen, dass wir einen Steuersenkungswettbewerb nicht gewinnen können. Es ist unfinanzierbar, die niedrigen osteuropäischen Steuersätze auf Deutschland übertragen zu wollen. Auch der Hinweis auf einheitliche Bemessungsgrundlagen hilft da nicht weiter.
Ernüchternd ist auch Ihre Bilanz für den Themenbereich Arbeitsmarkt. Erstaunlich ist, dass die Frauenerwerbstätigkeit in Niedersachsen 2004 erstmals wieder rückläufig ist. Anders als im Bundesdurchschnitt ist die Quote von 63,1 % auf 62,7 % zurückgegangen. Damit hat sich der seit 1998 ausgewiesene Positivtrend umgekehrt. Das Land liegt hier unter dem Schnitt der westdeutschen Länder und unter dem Bundesschnitt. Ich kann nicht erkennen, wie die Politik der Landesregierung oder die Forderungen der sie tragenden Parteien das Ziel einer weitergehenden Frauenerwerbstätigkeit befördern sollen. Ihre auf Bundesebene geplanten Anschläge auf das Teilzeit- und Befristungsgesetz werden eher den gegenteiligen Erfolg haben.
Ich möchte noch einmal kurz auf die Antwort der Landesregierung zum Problem der Frührente ein
gehen. Sie haben bestätigt, dass Sie das faktische Renteneintrittsalter erhöhen wollen. Ich frage mich, wie das im Verhältnis zu der Personalpolitik im Rahmen der Verwaltungsreform steht, bei der Sie bis zum 1. Juli dieses Jahres 423 Beamte in den vorzeitigen Ruhestand versetzt haben.