Protokoll der Sitzung vom 13.09.2006

(Bernd Althusmann [CDU]: Ich habe den Redebeitrag vom letzten Mal ge- lesen, Frau Helmhold!)

und erzählen uns die falschen Dinge, die Sie hier andauernd erzählen. Ich hätte sehr gerne eine Kurzintervention auf Ihren Beitrag von eben gemacht, aber ich habe ja jetzt sowieso Redezeit.

Meine Damen und Herren, ich möchte vorab klarstellen, worüber wir hier eigentlich reden: Es gab bislang überhaupt keine Kurzintervention bei Dringlichen Anfragen oder bei Aktuellen Stunden. Dass Sie nun den Antrag stellen, sie wieder abzuschaffen, ist absolut überflüssig.

(Beifall bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Es ist eine Klar- stellung der Geschäftsordnung, die vom GBD vorgeschlagen wurde!)

Aber Sie machen das natürlich nur, um Ihre eigentliche Intention zu verwirklichen. Was Sie wirklich wollen, ist: Bei strittigen Eingaben wollen Sie die Kurzintervention nicht mehr haben.

Die Kurzinterventionen waren Ihnen ohnehin nie geheuer. Der Landtagspräsident hat von Anfang an gewarnt und gemahnt. Ich zitiere aus der Sitzung vom 23. Juni:

„Präsident Jürgen Gansauer:“

(Widerspruch bei der CDU - Zuruf von der CDU: Toll!)

- Gansäuer; mein Gott.

(Unruhe bei der CDU - Zuruf von der FDP: Strom abdrehen! - Glocke des Präsidenten)

„Präsident Jürgen Gansäuer: Jetzt ist genau das eingetreten, was ich den Protagonisten immer schon gesagt habe. Das hat das Plenum zu entscheiden; das habe nicht ich zu entscheiden. Aber bei Kurzinterventionen zu Petitionen können wir in eine heillose Situation kommen. Die ist jetzt eingetreten.

(Bernd Althusmann [CDU]: Herr Gan- säuer ist schuld! Der Präsident ist schuld!)

Frau Kollegin Steiner hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Ich kann nach Maßgabe der Geschäftsordnung nicht verhindern, dass sie diese nutzt,

um auf einen anderen Redebeitrag einzugehen.“

Ja, meine Damen und Herren, es ist wirklich seltsam, wenn sich der amtierende Präsident dieses Landtags darüber beschwert, dass er nicht verhindern kann, dass ein Mitglied des Landtags auf einen Beitrag einer Vorrednerin eingeht. Genau dazu haben wir doch die Kurzintervention eingeführt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Und ausgerechnet das soll bei Petitionen zu heillosen Situationen führen? Das stimmt nicht. Kurzinterventionen sind bei Petitionen nichts anderes - -

Aufgrund der Geschäftsordnung muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass die Redezeit abgelaufen ist, Frau Kollegin.

Ein letztes Wort.

Das ist eine ganz alte Regelung.

(Bernd Althusmann [CDU]: Und den Präsidenten darf man im Übrigen auch nicht beleidigen!)

Wenn seine eigenen Worte eine Beleidigung darstellen sollen, dann weiß ich nicht, was ich dazu getan haben soll. Ich habe nur zitiert.

(Beifall bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Sie stehen aber kurz davor!)

Ich sage gleich etwas dazu.

Meine Damen und Herren, Sie haben Angst vor der Öffentlichkeit, insbesondere in Bezug auf die Abschiebungsproblematik, und deswegen schaffen Sie ein Instrument, ein Recht dieses Parlaments ab. Diese Angst wird auf Sie zurückfallen. Denn so bekommen Sie Ihr Imageproblem nicht gelöst.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Frau Kollegin, es ist sehr ungewöhnlich, dass Sie die Beiträge eines Präsidenten in eine Diskussion einführen. Ich bin jetzt 32 Jahre in diesem Hohen Haus und habe das noch nicht erlebt. Man kann das ja auch mal ganz anders machen. Ich will nur darauf hinweisen, Frau Kollegin - damit will ich es bewenden lassen; denn es lohnt sich auch nicht, denke ich -: Ich habe mich über diese Bestimmung in der Geschäftsordnung nicht beschwert; ich habe sie nur erklärt. Wenn Sie das als Beschwerde auffassen, dann ist das nicht mein Problem.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt fahren wir in der Tagesordnung fort. Herr Kollege Bode, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der mahnenden Worte zur Wahlbeteiligung bedauere ich sehr, dass wir unseren Sitzungstag mit einem Streit über Geschäftsordnungsfragen beginnen, weil das, denke ich, für die Außendarstellung des Parlaments und der Politik insgesamt nicht förderlich ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU - Bernd Althusmann [CDU]: Wir hätten sofort abstimmen können!)

Herr Kollege Möhrmann, ich habe bei Ihrem Redebeitrag nur gedacht, dass Sie die Frage der Geschäftsordnung und der Rechte der Abgeordneten vielleicht falsch sehen. Denn wir als Parlament haben einen gemeinsamen Auftrag, und deshalb ist die Kurzintervention auch kein Recht der Opposition. Die Kurzintervention ist das Recht eines jeden Abgeordneten, und sie wird auch von allen Abgeordneten genutzt.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Wir haben uns als Niedersächsischer Landtag meines Erachtens federführend und vorbildlich für eine Modernisierung des Parlamentsgeschehens eingesetzt und viele Instrumente in die neue Geschäftsordnung eingebaut. Die Kurzintervention mit dem Ziel, eine lebhafte Diskussion zu ermöglichen, war ein gelungenes Instrument; die Themen

schwerpunktsetzung - dass man die aktuellen Dinge eben nicht erst zu vorgerückter Stunde berät, sondern zu interessanteren Zeiten - hat ebenfalls zur Lebendigkeit im Parlament beigetragen. Der wichtigste und auch der gelungenste Bestandteil der neuen Geschäftsordnung ist allerdings das Redezeitenmanagement. Wir haben jetzt tatsächlich die Möglichkeit zu sagen, bei welchen Punkten wir intensiv diskutieren wollen, weil sie für die Öffentlichkeit von Interesse sind. Deshalb wird von den Fraktionen dieses Instrument der Verteilung der Redezeiten bei allen Tagesordnungspunkten intensiv genutzt.

Bei der jetzt anstehenden Änderung geht es allerdings nicht um die Frage, wie wir miteinander umgehen, ob wir eine Debatte scheuen oder nicht scheuen. Vielmehr geht es lediglich um die Frage, ob bei allen Punkten die Kurzintervention das angemessene Mittel für den zu beratenden Gegenstand ist. Im Zusammenhang mit Petitionen werden ja in der Regel menschliche Schicksale diskutiert, und da sollte man wirklich überlegen, ob man das Instrument der Kurzintervention als angemessen bezeichnen kann. Ich sage es ganz ehrlich, weil auch ich bei solchen Gelegenheiten schon mit Kurzinterventionen gearbeitet habe: Das war ein Fehler. Es wäre richtig gewesen, für diesen Tagesordnungspunkt mehr Redezeit vorzusehen

(Zuruf von der FDP: Sehr richtig!)

und in ausgewogenen und den Gegenstand abschließend behandelnden Redebeiträgen die Sachlage intensiv darzustellen, und zwar durchaus so kontrovers, wie das manchmal der Fall ist. Das wäre im Sinne der Außendarstellung und auch im Interesse der betroffenen Menschen besser. Denn wir haben es doch schon erlebt, dass eine Redezeit von anderthalb Minuten gerade bei den von Ihnen beschriebenen Sachverhalten zu kurz ist, dass dann das Mikrofon abgestellt worden ist und dass wir bei diesem sensiblen Punkt keine sehr schöne Debatte hatten.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb möchte ich zum Schluss eines feststellen, dass nämlich alle Argumente, in Sonderheit alle emotional und laut von Ihnen, Herr Möhrmann, und von Ihnen, Frau Helmhold, vorgetragenen Argumente, nicht das belegen, was Sie eigentlich wollen. Denn wenn es Ihnen wirklich um das geht, was Sie gesagt haben, nämlich um die Diskussion der einzelnen Petitionen, dann hätten Sie das ge

macht, was ich eben erklärt habe. Wenn Ihnen das so wichtig ist, dann hätten Sie Redezeit für diesen Tagesordnungspunkt vorgesehen. Deshalb möchte ich Ihnen sagen: Die FDP-Fraktion hat für Freitag, wenn strittige Petitionen behandelt werden, die Redezeit um über 30 % erhöht. Die SPD hat keine Erhöhung ihrer Redezeit vorgenommen;

(Zuruf von der SPD: Wie viel Redezeit haben Sie jetzt?)

die Grünen habe ihre Redezeit um über 30 % reduziert. So viel zu Ihrer Ehrlichkeit, Frau Helmhold! Es ist nicht in Ordnung, was Sie hier machen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt bekommt der Kollege Hagenah das Wort zu einer Kurzintervention. Bevor ich es ihm erteile, muss er mir bitte sagen, an wen sie sich richtet.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Herr Althusmann! Dazu habe ich mich ge- meldet!)

- Das müssen wir ja wissen, weil die Fraktion, die betroffen ist, anschließend antworten darf. Deshalb frage ich. - Bitte schön!

(David McAllister [CDU]: Die letzte Kurzintervention!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich, als Herr Althusmann geredet hat, gemeldet, weil es mich wirklich empört hat, wie er die Situation beschrieben hat. Wir Grüne im Parlament bemühen uns, die Enquete-Vorschläge aus der letzten Wahlperiode zur Reform des Parlaments, die die CDU mit beschlossen hat, umzusetzen. Wir haben in den vergangenen Jahren mit mehreren Anträgen versucht, das wirklich Praxis werden zu lassen. Das haben Sie selber, Herr Althusmann, solange Sie in der Opposition waren, auch für richtig befunden. Ich habe es als außerordentlich scheinheilig empfunden, hier dann zu sagen, die Grünen würden mit Geschäftsordnungsdiskussionen das Parlament und die Öffentlichkeit langweilen. Dann haben Sie sogar noch behauptet, das sei eine Ursache für die Politikmüdigkeit in der Öffentlichkeit. Wir ringen darum und versuchen, die Regierungsfraktionen davon zu überzeu

gen, für mehr Lebendigkeit im Parlament einzustehen, auch dann, wenn Ihnen die Themen unangenehm sind. Ihr heutiges Verhalten, a) dass Sie diese Debatte ohne Aussprache durch eine schlichte Abstimmung beenden wollten und b) dass Sie bestimmte Punkte aus den Kurzinterventionen herausnehmen wollen, macht deutlich, dass Ihr alleiniges Ziel ist, politisch Unangenehmes auszublenden. - Vielen Dank.