Protokoll der Sitzung vom 13.09.2006

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Wir schließen damit die Beratung und kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Ausschussempfehlung ist gefolgt. Damit haben wir Tagesordnungspunkt 1 erledigt.

Ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde

Hierzu liegen vier Beratungsgegenstände vor.

Ich rufe auf

a) Nach jedem Fleischskandal die gleichen Schaufensterreden - Wann folgen Taten? Gammelfleisch macht nicht an Landesgrenzen halt! - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 15/3152

Das Wort dazu hat Frau Stief-Kreihe. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fleischskandale in München, in Lastrup, Passau, Gelsenkirchen, Frankfurt und Dillingen. Gammelfleisch macht nicht an Landesgrenzen halt. Den Verbrauchern aber ist es schlichtweg egal, wo der Händler sitzt. Sie verlangen nur eines: Qualitätsmäßig einwandfreie Ware auf ihrem Teller.

(Beifall bei der SPD)

Auch der jüngste Fall in München läuft nach bekanntem Drehbuch ab: Erst der große politische Aufschrei, Aktionspläne und Sofortprogramme, als hätte jemand auf die Wiederholungstaste gedrückt, sowie starke Forderungen nach Verstärkung von Sanktionen. Schon einen Tag später aber wird das Ganze in „Ausschöpfung des Rechtsrahmens” umgewandelt. Der Fall Bünnemeyer aus Lastrup lässt grüßen. Die heutige Berichterstattung spricht Bände.

Die Länderminister haben einen 13-PunkteKatalog verabschiedet. Vor einem Jahr hieß das noch „Zehn-Punkte-Sofortprogramm”. Die Inhalte sind wiederum fast identisch. Umgesetzt wurde bis heute kaum etwas.

Nun soll es irgendwann einmal bundeseinheitliche Standards für die Lebensmittelkontrolle geben. Das Ganze nennt sich „länderübergreifende Qualitätssicherung mit Auditierung”. Darüber, wer die Auditierung, also die Kontrolle der Kontrolle durchführen soll, schweigt man allerdings; denn darüber kann man sich nicht einigen. Genauso unklar ist, wie die Umsetzung bundeseinheitlich auf Kreisebene erfolgen soll.

Dem weich gespülten Verbraucherinformationsgesetz will man nun endlich nach jahrelangem Gerangel im Bundesrat zustimmen, wohl wissend, dass eine Verschärfung angesagt wäre, um die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen. Das aber sieht Herr Minister Ehlen natürlich nicht so; denn man will die Lebensmittelbranche nicht verärgern, auch wenn man es den schwarzen Schafen damit einfacher macht. Im Juni wurde in Niedersachsen die Einrichtung eines gemeinsamen Verbraucherinformationssystems - Land und Kommunen - bekannt gegeben. Wir begrüßen diesen Schritt, aber wiederum handelt es sich um ein isoliertes Projekt. Niedersachsen allerdings ist keine Insel.

Nach einer Untersuchung des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen liegt die Qualität der Lebensmittelkontrolle in Niedersachsen im Mittelfeld auf Platz 8, und das im Agrarland Nummer eins. Bleiben wir in Niedersachsen. Wo bleibt der Einsatz für ein besseres Verbraucherinformationsgesetz? Wo bleibt der Einsatz für ein Informantenschutzgesetz? - Davon spricht heute niemand mehr. Wann stellen Sie, Herr Minister Ehlen, die Untersuchungsergebnisse der landesweiten bzw. bundesweiten Kühlhausüberprüfungen vor? Wie reagieren Sie, wenn aus Cloppenburg in der HAZ vom 6. September 2006 berichtet wird, dass

dort meist angemeldete Kontrollen durchgeführt werden? Lebensmittelkontrolleure sagen: Angemeldete Kontrollen sind so gut wie gar keine Kontrollen.

Wurde nun endlich mit den angekündigten Schulungs- und Fortbildungsprogrammen begonnen? Was erfolgt aus der Einteilung in Risikokategorien an personellen Konsequenzen? Wurden die Anzahl der Kontrolleure erhöht und die Kontrolldichte verstärkt? Auch die freiwillige Meldepflicht, mit der sich Niedersachsen ja so rühmt, ist nur halbherzig, da sie nur mit dem Verband der Niedersächsischen Fleischwarenfabriken, nicht aber mit dem Fleischerverband Niedersachsen/Bremen abgeschlossen wurde. Nehmen Sie die vorgesehenen drastischen Kürzungen bei den Verbraucherzentralen zurück. Und letztendlich: Warum übertragen Sie die Fachaufsicht nicht auf das LAVES; denn Sie verfügen im Ministerium überhaupt nicht über ausreichende Kapazitäten?

Alles altbekannte notwendige Maßnahmen und Forderungen aus Fachkreisen, denen Sie sich bis heute widersetzt haben. Heute ist München dran. Morgen kann es wieder irgendwo in Niedersachsen sein. Wir wollen keine weiteren markigen Sprüche mehr hören, sondern wir wollen die bestmögliche Lebensmittelsicherheit. Außerdem wollen wir, dass den schwarzen Schafen endlich das Handwerk gelegt wird.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Der Herr Landwirtschaftsminister hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kollegin Stief-Kreihe hat soeben Zweifel an der sorgfältigen Durchführung der Lebensmittelüberwachung in Niedersachsen geübt. Liebe Kollegin, ich werde Ihnen jetzt anhand einiger Details darlegen, dass wir aufgrund der in der letzten Zeit ergriffenen Maßnahmen und auch aufgrund des von Ihnen angeführten 13-Punkte-Programms durchaus schon auf dem richtigen Wege sind.

Tag für Tag werden in Niedersachsen die Lebensmittelkontrolle und -überwachung von etwa

1 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landkreise und von etwa 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesamtes für Verbraucherschutz gewährleistet. Die Fachaufsicht führt unser Haus. Meine Damen und Herren, im Einzelnen - auch in Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden - funktioniert das gut. Ich will Ihnen anhand einiger markanter Punkte deutlich machen, dass der illegale Fleischhandel eine Sache ist, mit der wir umzugehen wissen.

Unter Punkt 4 des Beschlusses der Verbraucherschutzministerkonferenz der letzten Woche wird die Notwendigkeit der Einrichtung einer Schwerpunktermittlungsbehörde für Straftaten auf dem Gebiet des Lebensmittelrechts in allen Ländern angesprochen. In Niedersachsen existiert eine solche Schwerpunktstaatsanwaltschaft bereits seit Jahren beim Landgericht in Oldenburg. Dass diese Staatsanwaltschaft konsequent handelt, beweist die gestern erfolgte Inhaftnahme des Fleischhändlers Bünnemeyer. Niedersachsen, meine Damen und Herren - ich glaube, das hier ganz klar sagen zu können -, geht ganz konsequent gegen Kriminelle vor.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Unter Punkt 6 des betreffenden Beschlusses der Verbraucherschutzministerkonferenz wird die Verbesserung der Zusammenarbeit der Lebensmittelüberwachung und auch der Strafverfolgungsbehörden als dringend notwendig angesehen. Ein solcher Erfahrungsaustausch sowie Regelungen zur gegenseitigen Unterrichtung und gemeinsamen Fortbildung sind in Niedersachsen in einem gemeinsamen Runderlass des ML, des MI und des MJ geregelt. In den Jahren 2003 und 2004 sind diese Regelungen nochmals aktualisiert worden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun ein kleiner Fahrplan, wie es abläuft, wenn eine Meldung eingeht. Meine Damen und Herren, nach der Zuleitung der Lieferlisten durch die bayerische oberste Landesbehörde am Freitag, dem 1. September, kurz vor 23 Uhr - man beachte die Uhrzeit -, sind die Landkreise Grafschaft Bentheim und Verden sowie die Region Hannover, in deren Zuständigkeitsbereichen jeweils ein Betrieb beliefert worden sein soll, sofort noch in der gleichen Nacht per E-mail und am frühen Morgen des 2. September wohl auch noch einmal telefonisch über diese Tatsache unterrichtet worden.

Die genannten Betriebe wurden unverzüglich überprüft. Vorhandene Ware wurde sichergestellt und beprobt sowie im Landesamt untersucht. In gleicher Weise wurde am 5. September nach Eingang einer entsprechenden Meldung aus Thüringen verfahren, wonach ein Betrieb 5 t Hähnchenfleisch im Landkreis Osterode eingelagert hatte. Bereits am 8. September konnte diese aktuelle Phase mit der klaren Meldung abgeschlossen werden, dass kein zum Verzehr ungeeignetes Fleisch in Niedersachsen in den Verkehr gelangt ist.

Meine Damen und Herren, 2005 wurden erstmals die Mechanismen des illegalen Fleischhandels offenbar, dass also gefrorenes Fleisch zu Handelszwecken gelagert wird. Wir hatten Probleme damit, die Kontrollen genauer aufzubauen. Die Maßnahmen, die wir damals ergriffen haben, sind aktuell. Vorher bestand der Vorteil durch die EU-rechtliche Kennzeichnungsverpflichtung, dass auf gefrorenem Fleisch das Einfrierdatum wegfallen konnte. Wir haben dies zur Sicherstellung und zur Rückverfolgbarkeit ergänzt. Wir arbeiten in diesen Fällen nicht nur konsequent, meine Damen und Herren, sondern, wie Sie hier gesehen haben, passen wir die Maßnahmen unseres Überwachungssystems den Maschen der Betrüger stetig an.

Das erwähnte Fachinformationssystem FIS-VL ist übergreifende Kommunikation der Länder. Hier arbeiten wir sehr konsequent. Niedersachsen und Thüringen sind vom Bundesministerium als vorbildlich hingestellt worden, weil wir die Ergebnisse unserer Untersuchungen regelmäßig einstellen.

Im Gefolge der negativen Vorgänge im Fleischhandel im Jahre 2005

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

haben wir den Aktionsplan „Sichere Lebensmittel in Niedersachsen“ vorgestellt. Liebe Kollegin StiefKreihe, ich meine, dass das erst der Anfang ist und dass wir den Schulterschluss mit anderen auch noch finden werden.

Meine Damen und Herren, sowohl die Risikoorientierung als auch das Qualitätsmanagement, das wir auch bei der Beprobung an den Tag legen, zeigen, dass wir, wenn wir anlassbezogene Kontrollen durchführen, dann die Kontrolle nicht anmelden, sondern konsequent durchgreifen.

Herr Minister, Ihre Redezeit ist überschritten.

Danke. - Meine Damen und Herren, die Aktion „Sichere Lebensmittel in Niedersachsen“, die wir gestartet haben, ist vorbildlich. Bei uns sorgen wir für ein hohes Niveau des Verbraucherschutzes. Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Das Wort hat jetzt der Kollege Biestmann. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist natürlich schwer, nach dem Minister zu sprechen.

(Zurufe von der SPD: Was?)

Es ist notwendig, dass wir uns die Ernsthaftigkeit dieser Debatte vor Augen führen. Es gehört wohl zum politischen Geschäft, wenn eine Opposition, in diesem Falle die SPD, wiederholt versucht, das Thema „Gammelfleisch“ von Bayern nach Niedersachsen zu verlagern und einen Sachzusammenhang mit niedersächsischem Regierungshandeln herzustellen.

(Widerspruch bei der SPD - Zuruf von Karin Stief-Kreihe [SPD])

- Frau Kollegin Stief-Kreihe, das ist Ihnen bereits vor Monaten nicht gelungen, das wird Ihnen auch heute nicht gelingen. Wir brauchen weder platte Schuldzuweisungen noch Verharmlosungen, sondern eine wirkliche Stärkung des Verbraucherschutzes. Schuldzuweisungen und Verharmlosungen helfen da nicht. Das waren die Worte Ihrer Kollegin Stief-Kreihe in der letzten Debatte.

Wir werden das Thema mit unserer Dringlichen Anfrage morgen sachlich und ergebnisorientiert mit etwas mehr Zeit, als wir jetzt in der Aktuellen Stunde haben, aufarbeiten können. Das Thema ist für uns alle, meine Damen und Herren, sehr wichtig. Wir brauchen eine offene länderübergreifende Bestandsaufnahme bisheriger und künftig notwendi

ger Handlungsschritte. Tabus darf es dabei nicht geben. Lebensmittelsicherheit ist oberste Priorität politischen Handelns.

(Zurufe von der SPD: Ja, ja!)

Der Bürger muss sich darauf verlassen können, dass er bedenkenlos marktfähige Lebensmittel verzehren kann.

Meine Damen und Herren, zu den Einzelheiten im Falle dieser Gammelfleischbefunde und zu den genauen Abläufen hat der Minister Ausführungen gemacht. Doch eines können wir an dieser Stelle bereits festhalten: Die Landesregierung hat hervorragende Arbeit geleistet.