Protokoll der Sitzung vom 16.03.2011

(Zustimmung von Victor Perli [LINKE])

Deshalb gilt es jetzt, Farbe zu bekennen, meine Damen und Herren aus dem atomfossilen Lager. Wollen Sie nun wie Ihre Schwesterregierung in Schleswig-Holstein ein klares Vetorecht für die Länder fordern oder lediglich ein schwaches Mitspracherecht, damit Sie die Hintertür für ein Pilotvorhaben geräuschlos öffnen können?

(Christian Dürr [FDP]: Sehr langweilig und peinlich, was Sie da erzählen!)

Die Befürchtungen, dass sich die Energiekonzerne die CO2-Endlager bei so schwammigen Formulierungen vor Gericht einklagen könnten, ist höchst real.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Ihr heutiger Antrag ist der längste, an dieser Stelle aber auch ungenaueste. Geben Sie sich einen Ruck! Lassen Sie den Landtag mit einer Stimme sprechen und einen gemeinsamen Beschluss fassen, der eine verbindliche Länderklausel enthält.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN)

Die SPD-Fraktion hat noch eine Restredezeit von 4:32 Minuten. Die möchte Herr Tanke nutzen. Bitte schön, Herr Tanke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Körtner, Herr Jüttner hat Ihnen das Einfallstor gezeigt, das Ihre Formulierungen eröffnen. Sie schließen all das mit Ihren Formulierungen eben nicht sicher aus. Immer, wenn es für Sie sachlich

schwierig wird, wollen nicht nur Herr Hogrefe, sondern auch viele andere von diesem Sachthema mit einer unangemessenen Huldigung des Ministerpräsidenten ablenken, liebe Frau Körtner. Dafür mögen Sie hier im Plenum von der rechten Seite des Hauses vielleicht noch Beifall kriegen. Das hört aber schon am nördlichen Rand Niedersachsens auf.

Ich will Ihnen einmal vorlesen, wie die ach so kluge Verhandlungsführung Ihres Ministerpräsidenten von Ihrem CDU-Bundestagskollegen Ingbert Liebing eingeschätzt wird. Er hat am 22. Februar in einer Pressemitteilung über ein Gespräch zwischen Herrn Röttgen, Herrn Carstensen und ihm geschrieben, dass man sich darin einig war, dass das Ziel des Ausschlusses von Kohlendioxidspeicherung mit den bisherigen Formulierungen nicht erreicht wird. Wissen Sie, woher diese Formulierung kam? - Aus dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium! So schwach verhandelt diese Regierung in Berlin, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Der Kollege Liebing schätzt Ihre Strategie so ein, dass die Kohlendioxidverpressung mit der Flächenkonkurrenz letztlich nicht sicher vermieden werden könne. - Genau wie wir es Ihnen erklärt haben: Wenn Sie Gebiete ausschließen, werden Sie auch Gebiete zulassen müssen. Bei den salinen Aquiferen werden Sie es nicht schaffen, meine Damen und Herren.

Herr Liebing sagt weiter - Herr McAllister kann sich die Ohrfeige ja auch noch einmal von Herrn Carstensen abholen -: Auch für Niedersachsen ist dies nur eine Teillösung und erfüllt nicht das politische Ziel der Landesregierung und der dortigen CDU, die CCS-Technologie für das gesamte Land auszuschließen. - Das ist eine Ohrfeige Ihres Parteikollegen, nicht eine von uns. Nehmen Sie sich das einmal zu Herzen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Jens Nacke [CDU]: Üben Sie diese Gesten eigentlich vor dem Spiegel, Herr Tanke?)

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Minister Bode. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Tanke, ich fand es gut, dass Sie gleich zu Beginn Ihrer Ausführungen festgestellt haben, dass wir uns bei diesem Thema eigentlich alle einig sind und jetzt aufpassen müssten, dass wir uns im Landtag nicht trotzdem darüber zerstreiten; denn das würde hinterher niemand mehr verstehen. Das ähnliche Phänomen haben wir vorhin auch schon beim Thema Tiefengeothermie gehabt. Allerdings sind Ihre Beiträge dann doch in einen Streit über Nuancen abgeglitten.

Gut fand ich es, wie es Herr Jüttner dargestellt hat. Er hat es auf den Punkt gebracht: Man muss sehen, wie man eine vernünftige Ausschlusslösung hinbekommt. In einem Punkt, Herr Jüttner, waren Sie aber nicht mehr auf dem aktuellen Stand; denn die unterschiedlichen Positionen, die Niedersachsen und Schleswig-Holstein vertreten, beziehen sich nur noch auf sprachliche Nuancen. Auch Schleswig-Holstein hält nicht mehr an der ursprünglich in Aussicht genommenen Formulierung fest, weil diese - schließlich gibt es keine Legaldefinition für „Opt-out-Klausel“ - verfassungsrechtlich schlicht und ergreifend nicht tragen würde, sodass damit eben auch kein Schutz vor einer derartigen Speicherung gegeben wäre. - Das heißt: Uns trennen hier nur noch Nuancen. Unsere Juristen könnten Ihnen dies sicherlich noch intensiver auseinanderdiskutieren.

Dass man in Schleswig-Holstein andere Sorgen hat als Niedersachsen, liegt daran, dass die geologischen Situationen dort zum Teil andere sind. Deshalb glaubt Schleswig-Holstein, nicht 100-prozentig geschützt zu sein. In Niedersachsen gibt es diese besonderen geologischen Situationen nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte zunächst feststellen: Wir sind in der gesamten Diskussion - das gilt auch für die Bundesregierung - weg von einem Gesetz zur Endlagerung von CO2 hin zu einem Gesetz gekommen, das nur noch für Forschungs- und Demonstrationsanlagen gelten soll. Das ist schon mal der erste wichtige Schritt.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Landesregierung ist nicht technologiefeindlich, und sie will auch keine technologischen Änderungen ablehnen. Wir sind vielmehr technologieoffen und wollen auch Innovationen schaffen. Trotzdem sagen wir, dass es im Bereich der CO2-Speiche

rung noch einige große Fragezeichen gibt. Das ist hier auch schon oft gesagt worden.

Eine der Fragen ist z. B., was CCS überhaupt für den Klimaschutz bringt. Angesichts der Gesamtsteigerungsraten ist der Anteil von CCS in Höhe von 1 % eher marginal.

Das nächste Fragezeichen ergibt sich, wenn wir uns einmal das Gesamtvolumen des einzufahrenden CO2 und die erforderliche Speicherfläche anschauen und uns vergegenwärtigen, wie lange sie reichen wird. Was Herr Wenzel dazu vorgerechnet hat, stimmt ja.

Wenn wir darüber hinaus sehen - das hat Herr Herzog richtig dargestellt -, wie schwierig es ist, den Bau eines leistungsfähigeren Kohlekraftwerks zu begründen, wenn die gesamte Effizienzsteigerung für die CO2-Verpressung geopfert werden muss, dann ergibt sich daraus das nächste große Fragezeichen.

Eine weitere Frage bezieht sich auf die Nutzungskonkurrenz. Ich will jetzt nicht auf die Nutzungskonkurrenz zum Erdgas eingehen, weil einige Fraktionen dazu unterschiedliche Positionen vertreten. Ich nehme aber einmal den Bereich Geothermie/Tiefengeothermie oder die Speicherung von Erdgas für unsere Energiesicherheit im Winter. Das sind entgegenstehende Nutzungsinteressen. Deshalb sehen wir auch hier ein großes Fragezeichen.

Ich komme zur Langzeitsicherheit. Auch hier gibt es nach wie vor Fragezeichen. Ein großes Fragezeichen steht schon hinter dem Gesetzesvorschlag der Bundesregierung. Wenn das alles so sicher ist, wie man immer sagt, dann frage ich mich, warum der Bund nicht bereit ist, das Unendlichkeitsrisiko für die Speicher zu übernehmen, sondern sagt, dass dieses Risiko die Länder tragen sollen. Das ist doch eine spannende Frage, wenn angeblich alles so sicher und so erforscht ist. Hier sehen wir also auch ein großes Fragezeichen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Zur Forschung. Der Bund kann die Forschung in diesem Bereich durchaus anschieben; das ist richtig. Er sollte sich dann aber auch die Frage stellen, ob er seine Forschungsmittel in die Technologie von Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen steckt oder ob er sie besser nicht in die regenerativen Energien investieren will.

Das heißt also, meine Damen und Herren: Wir haben jetzt ein Gesetz für Forschungs- und Demonstrationsanlagen, und zwischen uns und

Schleswig-Holstein gibt es noch in Nuancen Unterschiede hinsichtlich der Frage, wie wir den Ausschluss so hinbekommen können, dass er verfassungsrechtlich sicher ist, und wie für Niedersachsen verhindert werden kann, dass hier eine CO2Verpressung bzw. -speicherung gegen den Willen des Landes stattfindet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist das Ergebnis. Ich finde es richtig, so zu verhandeln, weil eines relativ einfach ist - ich glaube, Herr Wenzel hat das so in der Diskussion gesagt -: Die rechtlichen Probleme einer Opt-outKlausel zu erkennen und dann zu sagen, dass man das dann halt in Berlin lösen muss, das allein ist ein bisschen zu wenig.

(Beifall bei der CDU)

Dazu muss man sich in die Diskussion wirklich intensiver einbringen und sich tatsächlich daran beteiligen.

Deshalb möchte ich noch einmal auf den Punkt des Entschließungsantrages von CDU und FDP zurückkommen, der von Ihnen kritisiert worden ist. Sie haben gesagt, dieser Antrag sei nicht deutlich, er sei schwammig. Ich kann nicht erkennen, was an der Formulierung, dass sich die Landesregierung dafür einsetzen soll, „dass die dauerhafte geologische Speicherung von Kohlendioxid nicht gegen den Willen und die Interessen der betroffenen Länder ermöglicht wird“, undeutlich ist. Wo ist da ein Öffnungspunkt? - Es ist ein eindeutiger Auftrag, dafür zu sorgen, dass das nicht passieren wird, und wir werden den Auftrag annehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der zweite Punkt ist, dass wir noch einen Schritt weitergehen wollen, dass wir als Land die Kompetenz und die Ermächtigung haben wollen für die Analyse und die Bewertung des Speicherpotenzials in den Ländern, nicht nur für die Frage des CO2 in diesem Gesetz, sondern auch für alle anderen Dinge. Denn wir wollen verhindern, dass bei den Bürgern Ängste durch Fantasiekarten geschürt werden, die von Greenpeace veröffentlicht worden sind, unter denen steht, das sei eine Karte der BGR, und sie ist gar nicht von der BGR. Ein solches Plagiat wollen wir nicht haben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Sehr richtig!)

Mit Falschinformationen Ängste schüren, das ist nicht der richtige Weg. Ich kann Sie nur bitten, in den Ausschussberatungen zu den ganz einfachen und eindeutigen Zielen, bei denen wir uns einig sind, zurückzukehren, egal wie der Antrag dann tatsächlich formuliert wird. Ich garantiere Ihnen jetzt schon: Mit dieser Landesregierung wird es in Niedersachsen keine CO2-Speicherung geben.

(Starker Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Sehr gut!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit sind wir am Ende der Beratung.

Wir kommen bei allen drei Punkten zur Ausschussüberweisung. Zuständig sein soll der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Wer dem folgt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Vielen Dank.

(Björn Thümler [CDU]: Umweltaus- schuss!)

- Es liegt kein Antrag auf Beteiligung des Umweltausschusses vor. Ich frage - - -

(Ursula Körtner [CDU] begibt zum Redepult)

Bitte schön, Frau Körtner! Machen wir das noch ganz schnell.

Herr Präsident, ich habe am Ende meines Redebeitrags die Überweisung an den Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz und die Mitberatung im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr erbeten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Björn Thümler [CDU]: Genau!)

Wenn darüber Einigkeit besteht, ist das so in Ordnung. Wer so verfahren möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich danke Ihnen sehr herzlich.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Feierabend. Wir setzen morgen die Tagesordnung mit Tagesordnungspunkt 30 - Mitteilung des Präsidenten - fort.