Dass in Niedersachsen dort zurzeit falsche Parameter angewandt werden, ist kein Problem der Tarifvertragsparteien, sondern ein Problem, das Ihre Sozialministerin mit ihrer Aufsicht nicht unterbindet, was sie endlich tun sollte. Es muss doch einmal möglich sein, mit bundeseinheitlichen Parametern zu arbeiten! Was in allen anderen Bundesländern geht, geht nur in Niedersachsen nicht.
Sie könnten schon, aber Sie wollen nicht, oder Sie dürfen nicht, weil der Finanzminister versucht, den Finger auf der Kasse zu halten, meine Damen und Herren. - Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt: Wenn Sie sich hierhin stellen und behaupten, Sie hätten ab 2003 eigentlich nur Gutes getan, kann ich Ihnen Folgendes sagen: Als die Pflegeversicherung 1995 eingeführt wurde, war die Aufgabenteilung klar: Die laufenden Kosten kommen aus der Pflegekasse, und die Investitionskosten kommen vom Land. 2004 haben Sie in der stationären Pflege alle Investitionskosten herausgenommen, 2009 in der ambulanten Pflege 20 %.
Und was Sie dieses Jahr allein in der Kurzzeitpflege in der Fläche angerichtet haben, können Sie jeden Tag in der Zeitung lesen. Dort schreiben Ihnen die Wohlfahrtsverbände und die Medien auf, was das bedeutet. Das ist ein massiver Angriff gegen die Pflegebedürftigen, nur weil Sie 6 Millio
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selbstverständlich geht es darum, dass wir Problemstellungen haben, die wir auch lösen müssen. Nur: Mit Diskussionen allein bringt es nichts.
Mit den Zuständigkeiten allein bringt es auch nichts. Vielmehr müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass die Pflegesätze eben nicht vom Land festgelegt werden und dass auch die Stundenlöhne nicht vom Land festgelegt werden.
(Petra Tiemann [SPD]: Aber Herr Schwarz hat Ihnen doch jetzt erklärt, wie es funktioniert, Herr Böhlke!)
Da können Sie nochmals versuchen, mit allen möglichen Nebelkerzen hier etwas zu verwischen und zu verwirken. Das sind nun einmal die Parteien, die als Vertragspartner im Mittelpunkt stehen. Es ist eben nicht das Land Niedersachsen, egal von wem die Landesregierung gestellt wird.
Mit den Parametern ist es ganz genauso. Sie werden auch von den beteiligten Parteien festgelegt und nicht durch politischen Beschluss. Ich halte es auch für gut, dass nicht wir als Parlament darüber zu entscheiden haben, wie sich diese Dinge im Einzelnen darstellen. Denn eines muss man doch auch deutlich sagen: Bei all den Problemen, die wir auf der einen Seite haben, gibt es auf der anderen Seite eine ganze Reihe von Menschen, die bereit sind, in der Altenpflege zu investieren und aufgrund der demografischen Entwicklung entsprechend in die Zukunft zu investieren. Und ich bin ganz sicher, dass es nur dann Sinn macht, etwas auf den Weg zu bringen und für die Zukunft auszurichten, wenn man auch weiß, dass man das entsprechende Personal hat.
Daher setze ich darauf, dass in der Pflegewirtschaft auch entsprechende Bewegungen auf den Weg gebracht werden. Hier können wir nur moderieren. Hier können wir aber nicht gesetzliche Vorschriften machen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wirklich nicht das erste Mal, dass wir das Thema Pflege hier auf der Tagesordnung haben. Es ist so dringend, dass wir es wahrscheinlich fast in jedem Plenum behandeln müssen; denn dieses Problem kann man nicht mehr ignorieren und nicht mehr verdrängen.
Es gibt einige Ansätze. Ich finde auch, dass man gerecht sein muss. So begrüße ich es, dass die Schülerzahlen in der Altenpflege um 10 % gestiegen sind und die Zahl der Umschülerinnen um 30 % zugenommen hat. Das ist auch auf die Maßnahmen der Landesregierung zurückzuführen.
Ich sage aber gleich dazu: Das wird nicht reichen; denn die demografische Entwicklung fordert uns in den nächsten Jahren in einem solchen Maße - ich muss das hier nicht ausführen, da ich das beim letzten Plenum anlässlich unseres Entschließungsantrages ausführlich getan habe -, dass wir uns eigentlich noch nicht wirklich vorstellen können, was da passiert. Die Herausforderung ist jedenfalls sehr groß.
Bereits heute - Stand: Ende letzten Jahres - haben wir in Niedersachsen knapp 4 000 offene Stellen im Gesundheits- und Sozialwesen. Diese Stellen konnten nicht qualifiziert besetzt werden. Das heißt: Pflege ist ein großer Jobmotor und ein Wirtschaftsfaktor. Sie findet bei den derzeitigen Bedingungen aber nicht die entsprechende Resonanz; denn Pflege hat nicht nur ein schlechtes Image, sondern bedeutet tatsächlich schlechte Arbeitsbedingungen, Schichtdienst, Überlastung und Arbeitsverdichtung.
Ich habe auch beim letzten Mal schon ausgeführt, wie sich die Fallzahlen verändert haben. Wir dürfen nicht nur auf die Altenpflege gucken, sondern
wir müssen auch die Krankenpflege im Blick haben. Außerdem ist die Bezahlung angesichts der vielen Belastungen, die man in diesem Beruf auf sich zu nehmen hat, nicht besonders gut. Hier sind viele junge Menschen. Als ehemalige Krankenschwester sage ich ganz bewusst: Das ist ein sehr schöner Beruf. Ich habe ihn gern ausgeübt. Er kann unglaublich viel Freude machen. Wir müssen aber alles dafür tun, dass er auch angemessen bezahlt wird, sodass es Spaß macht, in ihm zu arbeiten.
In Niedersachsen ist es natürlich besonders schwierig, wenn wir 20 % unter dem Niveau der westdeutschen Flächenländer liegen. Sie als Landesregierung sagen, das ist zum Vorteil der Pflegebedürftigen; denn die bekommen dann eine preiswerte Pflege. - Ich sage, das ist zum Nachteil der Pflegebedürftigen; denn sie bekommen eine weniger gute Pflege, weil das Personal weniger gut qualifiziert ist und weil angesichts der schlechten Bedingungen am Ende unter Umständen überhaupt kein Personal mehr zu bekommen sein wird.
Auch wenn eigentlich die Selbstverwaltung zuständig ist, so glaube ich dennoch, dass das Land die Beteiligten einladen und zu dem geforderten Konvergenzprozess auffordern sollte. Das muss man so langsam machen. Man muss sich angleichen, und dazu müssen Gespräche moderiert werden; denn gute Pflegekräfte gibt es nur bei guter Bezahlung. Ich meine, auch Ihnen wird nicht entgangen sein, dass auch die wohlfahrtsverbandlich getragenen Einrichtungen und auch die Diakonie inzwischen gespaltene Tarifstrukturen einführen müssen. Das machen die doch auch nicht aus Spaß. Sie müssen aus den Tarifbindungen aussteigen. Das liegt doch daran, dass die Rahmenbedingungen in Niedersachsen so schlecht sind, dass selbst die Diakonie zu solchen Mitteln greifen muss.
In diesem Zusammenhang war es für mich geradezu grotesk, dass Bundesgesundheitsminister Rösler die Träger der Einrichtungen zu einer besseren Bezahlung der Pflegekräfte aufgefordert hat. Nun hat er ja hier als Vorsitzender der FDPFraktion gesessen, und auch damals schon haben wir über das niedrige Pflegesatzniveau hier in Niedersachsen diskutiert. Seinerzeit hat er dieses niedrige Niveau meines Wissens immer mit vertei
digt. Er ist von seinen eigenen Leuten ja auch sofort zurückgepfiffen worden, neuerlich auch noch vom Bundesfinanzminister. Das heißt: Das, was er da macht, ist eigentlich eine Umsonst-unddraußen-Nummer. Er verspricht viel, weiß aber genau, dass er das erforderliche Geld dafür nicht kriegt.
Genauso ist es mit dem Pflegezeitmodell für pflegende Angehörige. Ich erinnere nur einmal an die VdK-Kampagne „Pflege geht jeden an“. Man kann doch nicht sagen: Wir müssen etwas für die Angehörigen tun, und die sollen nach der Pflegephase auch in ihren Beruf zurückkehren, aber nur, wenn der Arbeitgeber das freiwillig mitmacht. So wird man pflegende Angehörige nicht stärken, meine Damen und Herren.
Wir teilen viele Forderungen im Antrag; einige wiederum müssen im Ausschuss noch etwas genauer behandelt werden, weil sie aus meiner Sicht etwas unpräzise formuliert sind. Wir werden uns da aber wahrscheinlich einigen können. Das gilt z. B. für Punkte wie etwa den Abbau der Bürokratie oder den Rückgang von Prüfungen. Man muss aber auch aufpassen, dass das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet wird. Es gibt ein Kriterium in der Pflege, nämlich die guten fachlichen Standards, an denen sich die Pflege zu orientieren hat, die Menschenwürde der Betroffenen sowie den Verbraucherschutz. Es geht nicht ohne Prüfungen und auch nicht ohne qualifiziertes Personal. Vor allem gibt es all das aber auch nicht umsonst, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir leben in Zeiten, in denen ich einem jungen Menschen, der zu uns kommt und fragt, was er beruflich machen soll, um eine sichere berufliche Zukunft zu haben - es sind weniger geworden, weil sie alle dank der hervorragenden Politik der Niedersächsischen Landesregierung besser beschäftigt sind -, sagen kann: Es gibt einen sicheren Beruf, der viel Zukunft haben wird, weil Leute
gebraucht werden, die sich engagieren wollen. Das ist der Pflegeberuf. - Dann sagen mir allerdings die jungen Menschen: Diesen Beruf möchte ich nicht gern ergreifen; denn ich habe die Rede von Frau Helmhold gehört, ich habe die Rede von Herrn Schwarz gehört, und ich habe die Rede von Herrn Humke gehört. Die haben die Pflegebedingungen so schlechtgeredet, da traue ich mich nicht mehr.
Meine verehrten Damen und Herren, wir haben einen Antrag vorliegen, der 13 Punkte enthält. Unter diesen 13 Punkten, mit denen wir uns im Ausschuss umfassend beschäftigen müssen, gibt es einige, über die wir uns schnell einig werden, aber auch einige, die streitbefangen sind. Außerdem gibt es Punkte, die in dem Antrag stehen sollten, weil sie ganz oben auf der politischen Tagesordnung stehen müssen, über die sich die SPD aber keine Gedanken macht, weil Herr Schwarz es vorgezogen hat, wieder dieselbe Rede zu halten, die er hier jeden Monat hält.
Meine Damen und Herren, ich werde in Kürze zu den streitbefangenen Punkten kommen. Es ist nicht so, dass sich die Akteure darüber einig sind, dass die Umlagefinanzierung kommen sollte. Selbst wenn Verbände dies an der einen oder anderen Stelle befürworten, so heißt das aber noch lange nicht, dass die Verbände auch den Willen ihrer Mitglieder vertreten. Es gibt genügend Mitglieder, die sagen: Die Umlagefinanzierung ist und bleibt streitbefangen.
Meine Damen und Herren, es ist doch völlig normal, dass sich die Menschen an den wirtschaftlichen und den politisch gesetzten Rahmenbedingungen orientieren. Deshalb hat es bei der eingestreuten Kurzzeitpflege einen Missbrauch gegeben, auf den uns der Landesrechnungshof hingewiesen hat. Außerdem ist es so, dass sich mit den neuen Regelungen die tatsächliche Lage ändert. Ich selbst habe erst letzten Monat eine Einrichtung in Stolzenau im schönen Kreis Nienburg besucht, die eine neue Station für Kurzzeitpflege eingerichtet hat. Das ist jetzt eine abgeschlossene Einrichtung, die vom Land Niedersachsen gefördert wird.
Über die Fachkraftquote muss im Zusammenhang mit dem Heimgesetz diskutiert werden. Zurzeit ist sie völlig zu Recht in einer Bundesverordnung
abgebildet. Das ist systematisch richtig, und man wird dies auch im Land Niedersachsen so darstellen.
Meine Damen und Herren, wir werden die Kommunen nicht dazu verpflichten, Bedarfspläne aufzustellen. Sie haben nach dem Niedersächsischen Pflegegesetz zwar das Recht dazu; diese Verpflichtung könnte aber die Konnexität auslösen. Vor allem aber trauen wir den Kommunen zu, dass sie ihre grundgesetzliche Kompetenz, die Dinge in eigener Verwaltung zu regeln, in Weisheit ausfüllen können. Das gilt auch für diesen Bereich.
Meine Damen und Herren, die Redezeit für die kleinen Fraktionen ist auch heute wieder wie immer etwas knapp. Deshalb will ich, wie angekündigt, nicht nur das Streitige, sondern auch noch das Verbindende betonen: Die Zusammenführung der verschiedenen Pflegeausbildungen ist Beschlusslage im Niedersächsischen Landtag. Allerdings haben Sie - die Linke, die Grünen und die SPD - einen entsprechenden Antrag vor einem Jahr abgelehnt. Im Zusammenhang mit dem Heimgesetz werden wir sicherstellen, dass es alternative Wohnformen gibt und diese nicht insgesamt unter die Kuratel gestellt werden. Die Schutzfunktion des Heimgesetzes soll nur dort greifen, wo dies tatsächlich geboten erscheint.
Wir werden fruchtbar darüber diskutieren, wie wir Bürokratie abbauen können. Die Mütter und Väter der Pflegeversicherung haben sich in der Tat nicht vorstellen können, welch ein Papierkrieg aus diesem seinerzeit gut gemeinten Gesetz entstehen wird. Qualitätssicherung ist notwendig. Es kann aber nicht sein, dass jeder Einzelfall und jeder Handgriff einzeln dokumentiert werden, sodass dort Papierberge entstehen.
Nun zu dem, was fehlt. Nicht zuletzt hat der Bundesgesundheitsminister eine Diskussion über eine Neudefinition des Pflegebegriffs angestoßen. Das wird viel Geld kosten. Wir müssen es aber schaffen, dass auch die Demenz mit in die Pflege hineinkommt. Viele Demente erfüllen die Tatbestände des Pflegebegriffs nicht. Sie können sich selber waschen usw. Trotzdem aber sind sie hilfebedürftig. Da sind Initiativen, um die wir uns kümmern müssen.