Protokoll der Sitzung vom 25.05.2011

Die Rahmenbedingungen für die Gestaltung dieses Stresstests lassen allerdings erkennen, dass auch auf europäischer Ebene wieder Kräfte Einfluss gewinnen, die in der Vergangenheit schon häufiger versucht haben, unser bewährtes deutsches Dreisäulensystem im Bankenbereich infrage zu stellen. Wir haben bei den Diskussionen der

vergangenen Wochen und Monate festgestellt, dass es sowohl bei den Regierungsfraktionen in Berlin als auch in Hannover durchaus Kräfte gibt, die im Bereich der Landesbanken zu anderen Strukturen kommen würden und wollten, wenn sie die Chance hätten, sich durchzusetzen. Wir hoffen, das wird nicht gelingen.

(Beifall bei der SPD)

Aus unserer Sicht ist es falsch, wenn mit Maßnahmen sowohl auf europäischer als auch auf bundesdeutscher Ebene gerade die Institute, die nicht für die vergangene Finanzkrise verantwortlich sind, sondern zu ihrer Überwindung beigetragen haben, dadurch belastet werden, dass man ihre Besonderheiten im Vergleich zu privaten Bankinstituten nicht berücksichtigt. Ich denke an die aktuelle Diskussion über die Bankenabgabe. Selbst wenn wir kritisieren, dass diese Besonderheiten bei der Ausgestaltung des Stresstests durch die Europäische Bankenaufsicht nicht berücksichtigt wurden, ist eines unstreitig. Wir können und dürfen nicht zulassen, dass die Reputation und das Ansehen der NORD/LB Schaden nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Diese Gefahr wäre bei einer negativen Bewertung durch den Stresstest nicht auszuschließen gewesen. In der Konsequenz hätte dies zur Verschlechterung der Refinanzierungsmöglichkeiten der NORD/LB führen können, mit der Folge der Beeinträchtigung ihrer Geschäftstätigkeit. Nach intensiven Diskussionen im letzten Plenum haben wir daher das von der Landesregierung vorgeschlagene Maßnahmenpaket für die NORD/LB mit einem gemeinsamen Antrag unterstützt und stehen auch heute noch ohne Einschränkung dazu. Dabei sind wir der festen Überzeugung, dass sich die daraus resultierenden Risiken für den Landeshaushalt in einem überschaubaren Rahmen bewegen. Wir können sicherlich darauf vertrauen, dass im Rahmen der Umsetzung des Kapitalverstärkungsprogramms die 600 Millionen Euro, die Niedersachsen für die Erhöhung des Stammkapitals zur Verfügung stellt, in einem absehbaren Zeitraum wieder an den Landeshaushalt zurückfließen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen die gemeinsam beschlossenen Kapitalmaßnahmen zugunsten der NORD/LB in geltendes Recht umgesetzt werden. So weit, so gut.

Bei der Gegenfinanzierung der 600 Millionen Euro zur Verstärkung des Stammkapitals haben wir jetzt allerdings eine neue Ausgangslage. Zwar versucht

der niedersächsische Finanzminister immer wieder, den Eindruck zu erwecken, das jetzt gewählte Finanzierungsinstrument sei transparent und nachvollziehbar gestaltet und biete auf keinen Fall eine Gelegenheit, zusätzlich zur normalen Kreditermächtigung auf einem anderen Wege eine Rücklage zu bilden. Herr Minister, das ist nur die halbe Wahrheit.

(Beifall bei der SPD)

Wir finden es in Ordnung, dass ein Sondervermögen für die NORD/LB gebildet wird. Es hört sich zunächst einmal positiv an, wenn Sie versichern, dass es keinesfalls Ihre Absicht sei, die Kreditermächtigung für die NORD/LB voll umfänglich auszuschöpfen. Die entscheidende Frage ist allerdings: Warum wählen Sie jetzt ein so kompliziertes, außergewöhnliches Finanzierungskonstrukt, wenn es auch einen transparenten, haushaltsmäßig korrekten Weg gibt, auf den in der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses auch der Landesrechnungshof hingewiesen hat?

(Beifall bei der SPD - Johanne Mod- der [SPD]: Ja, warum eigentlich nicht? - Christian Grascha [FDP]: Was ist denn daran kompliziert?)

Sie sind bis heute eine nachvollziehbare Begründung dafür schuldig geblieben, weshalb Sie diesem Vorschlag nicht gefolgt sind und die Daten der Maisteuerschätzung nicht in den Nachtragshaushalt übernommen haben. Ich erinnere daran: Wir erleben jedes Jahr, dass die Daten der Novembersteuerschätzung, wenn sie denn positiv sind, sehr wohl mit in den Haushalt aufgenommen werden, um so noch weitere Wohltaten zu verteilen. Ich erinnere auch daran, dass schon die jetzt geltende Landeshaushaltsordnung eine Kreditaufnahme immer nur als letzte Möglichkeit, als Ultima Ratio ansieht. Wenn es eine andere Möglichkeit gibt, wie in diesem Fall, ist eine Kreditaufnahme ausgeschlossen. Sie sind doch diejenigen, die intensiv dafür kämpfen und damit über Land gehen, dass diese Regelungen in Zukunft noch verschärft werden müssen. Dann halten Sie sich auch bitte daran!

(Beifall bei der SPD)

Im Grunde genommen lässt Ihr bisheriges Verhalten nur eine Schlussfolgerung zu: Sie halten sich zwar nicht bei der Kreditermächtigung für das neue Sondervermögen eine Hintertür offen, um weitere Rücklagen zu bilden. Sie haben aber durch das Nichteinstellen der Steuermehreinnahmen in den

Nachtragshaushalt andere Möglichkeiten, heimlich weitere finanzielle Spielräume für die Zukunft aufzubauen.

Wir sind der Meinung, dass Sie bei einem so ernsthaften und wichtigen Thema wie der Sicherstellung der Zukunftsfähigkeit der NORD/LB auf alle finanziellen Tricksereien verzichten sollten. Wir hätten dieses Gesetz heute gerne mit Ihnen gemeinsam beschlossen. Aber Tricksereien können wir Ihnen nicht durchgehen lassen; von daher werden wir uns auch heute enthalten müssen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion spricht nun der Kollege Rolfes.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erst im April haben wir uns ausführlich und im Detail mit der Kapitalausstattung der NORD/LB beschäftigt. Ich will jetzt nicht alle Argumente für die Stärkung der NORD/LB, die damals genannt wurden, wiederholen. Teilweise hat Frau Geuter sie hier richtig vorgetragen.

(Wiard Siebels [SPD]: Teilweise? In Gänze richtig!)

- Dazu komme ich nachher noch. Das könnt ihr dann ja wahrscheinlich selber beurteilen, wenn man das insgesamt sieht.

Das Thema hat uns alle damals dank der Entscheidung der Europäischen Bankenaufsicht ohne Vorwarnung sozusagen kalt erwischt. Gerade vor diesem Hintergrund möchte ich - auch weil das im Umgang mit der NORD/LB wichtig ist - nochmals die vorbildliche und schnelle Informationspolitik der Regierung, insbesondere des Finanzministeriums, loben.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Oh, oh, oh! - Renate Geuter [SPD]: Die einen sagen so, die anderen sagen so!)

- Frau Modder, jetzt folgt ein Dank, bei dem Sie wahrscheinlich nicht „oh, oh!“ sagen: Mein ausdrücklicher Dank geht auch an alle Fraktionen in diesem Landtag, die sich dem notwendigen und sachgerechten Entschließungsantrag zur Stärkung der Eigenkapitalsituation der NORD/LB mit dem Titel „Die NORD/LB muss gestärkt aus dem euro

päischen Bankenstresstest hervorgehen“ angeschlossen haben.

(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und bei der LINKEN)

Auch die Damen und Herren von Bündnis 90/Die Grünen waren teilweise auf dem richtigen Weg und haben gesagt: Selbstverständlich müssen für eine Kapitalzuführung die stillen Einlagen umgewandelt werden. - Sie konnten sich aber nicht dazu entschließen, der Eigenkapitalerhöhung zuzustimmen.

Damit ist es allerdings mit der Gemeinsamkeit auch schon vorbei; denn ich habe gehört, Frau Geuter, dass Sie angekündigt haben, sich heute der Stimme zu enthalten, wenn es darum geht, wie dieses Sondervermögen gebildet werden soll. Die Fragen, ob es gebildet werden soll und ob das ein komplizierter Weg ist, haben wir, glaube ich, beantwortet. Es ist ein transparenter, ein ordentlicher, ein sehr sauberer Weg, um diese Situation darzustellen.

(Wiard Siebels [SPD]: Genau das ist es eben nicht! - Renate Geuter [SPD]: Fragen Sie mal den Landesrech- nungshof!)

- Vielleicht kann man einfach mal zuhören.

(Wiard Siebels [SPD]: Das sagt der Richtige! Den Landesrechnungshof wollen wir hören!)

Aber es geht natürlich auch darum, wie man dieses Sondervermögen vernünftig finanziert.

Ich würde dazu gerne etwas aus Pressemitteilungen vorlesen, die ich mitgebracht habe: Olaf Lies - der soll eine bestimmte Rolle in der SPD spielen - ist gemeinsam mit den Linken der Meinung, dass die Steuermehreinnahmen für Bildung, Kommunen und alles Mögliche ausgegeben werden sollen. Selbstverständlich wären die dann weg.

Frau Geuter sagt in einer Pressemitteilung: „Steuermehreinnahmen beheben strukturelle Unterfinanzierung nicht.“ - Sie hat also festgestellt, dass nach der mittelfristigen Finanzplanung für 2012 ein entsprechender Handlungsbedarf besteht. Sie nennt ihn „Unterfinanzierung“ und sagt, dass man das Geld verwenden soll, um diese Unterfinanzierung zu beheben.

Die Linke will die Mehreinnahmen für alles Mögliche - Bildung, Soziales und vieles mehr - ausgeben.

(Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Nicht für alles Mögliche! - Johanne Modder [SPD]: Was wollen Sie denn ma- chen?)

Die Mehreinnahmen wären dann also weg. Sie stünden nicht mehr zur Verfügung.

Dann müssen wir auch für 2012 einen vernünftigen Haushalt aufstellen; dazu müssen wir erst einmal alle Zahlen kennen.

Wir wollen es so machen, wie es der Finanzminister heute vorgetragen hat. Er hat ja eben erläutert, dass wir die 600 Millionen Euro nicht insgesamt als Kredit aufnehmen müssen, wenn sich die Sparkassen an das halten, was sie zugesagt haben, und ihre stillen Einlagen in aktives Eigenkapital umwandeln. Dann muss dieses Geld schon einmal nicht mehr als Kredit aufgenommen werden. Weiter sind zum Stichtag der Erhöhung des Eigenkapitals, also der Aufnahme der dann noch erforderlichen Kredite, die Mehreinnahmen abzuziehen. Diese Mehreinnahmen werden dann abgezogen. Wie hoch die Summe dann ist, wird man nicht exakt sagen können.

Dieses Sondervermögen rechnet sich sehr wohl. Wenn sich die NORD/LB wirtschaftlich vernünftig entwickelt und es beispielsweise eine Dividende von 15 % gibt, dann beträgt die Verzinsung - geteilt durch drei, Stichwort „Nennkapital“ - etwa 5 %. So könnte man mit der Dividende nicht nur die Zinsen zahlen, sondern auch eine entsprechende Tilgung. Von daher ist dieses Geld im Grunde vernünftig angelegt worden, und es ist im Rahmen des Sondervermögens immer sehr transparent, wie sich dieses Vermögen entwickelt.

Wir schaffen dieses Sondervermögen. Wir haben dann natürlich auch entsprechende Diskussionsgrundlagen für die kommenden Haushaltsberatungen. Ich lade alle ein, dann heftig mitzudiskutieren. Aber einige haben die Ergebnisse ja schon vorweggenommen.

Aber eines, meine Damen und Herren, geht nicht, nämlich hier zu sagen, dass die 600 Millionen Euro aus den laufenden Mehreinnahmen finanziert werden sollen und die Mehreinnahmen gleichzeitig - wie Olaf Lies und die Linke es wollen - für Soziales, Kommunen und Sonstiges ausgegeben werden sollen

(Wiard Siebels [SPD]: Landesrech- nungshof!)

und drittens auch noch - wie es Frau Geuter gesagt hat - eine strukturelle Unterfinanzierung damit behoben werden soll. Geld, was man einmal ausgegeben hat, kann man nicht auch noch für andere Zwecke ausgeben.

Ich freue mich auf die Haushaltsberatungen. Ich darf mich dafür bedanken, dass wir hier im Landtag insgesamt, was die NORD/LB betrifft, ein einheitliches Bild abgeben. Dass wir in der aktuellen Situation darüber diskutieren und streiten, wie wir die 600 Millionen Euro finanzieren, kann die NORD/LB bequem aushalten, wenn wir uns im Ergebnis einig sind. Das wird dann heute mit Mehrheit so beschlossen werden müssen, wie wir es für richtig halten. Wir unterstellen niemandem, dass er die NORD/LB nicht stützen möchte; wir unterstellen nicht, dass jemand meint, dass keine seriöse Finanzierung vorgenommen werden soll. Aber eines ist klar: Dreimal kann das Geld nicht ausgegeben werden; es kann immer nur für eine Sache ausgegeben werden. Das müssten Sie, Frau Geuter, vielleicht mit Olaf Lies klären. Sie sollen ja in einer Partei sein, obwohl es von der Aussage von Olaf Lies bis zu den Linken eigentlich nur ein klitzekleines Sprüngchen ist. Das ist also sicherlich zu klären.

Herzlichen Dank, dass wir das schwierige Problem, vor dem die NORD/LB stand, so lösen können. Ich bin ganz sicher, dass wir das so beschließen werden. Wenn wir bei den Haushaltsberatungen darüber streiten, wie viele Schulden man macht, wie viel Geld man aufnimmt und was wir damit machen, dann werden wir auch mehr Klarheit haben.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich die Kollegin Geuter gemeldet. Sie haben 90 Sekunden.

Danke, Herr Präsident! So lange brauche ich aber nicht. - Meine Damen und Herren! Es ist immer gut, wenn man Pressemitteilungen bis zum Ende liest. Wenn Herr Rolfes das getan hätte, dann hätte er gewusst, dass ich den Hinweis auf die strukturelle Unterfinanzierung im Zusammenhang mit Überlegungen Ihres Koalitionspartners gegeben habe. Er hat nämlich schon Überlegungen angestellt, dass mittelfristig wieder Möglichkeiten für