Danke, Herr Präsident! So lange brauche ich aber nicht. - Meine Damen und Herren! Es ist immer gut, wenn man Pressemitteilungen bis zum Ende liest. Wenn Herr Rolfes das getan hätte, dann hätte er gewusst, dass ich den Hinweis auf die strukturelle Unterfinanzierung im Zusammenhang mit Überlegungen Ihres Koalitionspartners gegeben habe. Er hat nämlich schon Überlegungen angestellt, dass mittelfristig wieder Möglichkeiten für
Steuergeschenke bestünden. Lesen Sie also demnächst bitte bis zum Ende! Hätten Sie das getan, dann wüssten Sie, dass ich diesen Hinweis in einem anderen Zusammenhang gegeben habe.
Selbstverständlich ist es aber dann immer noch so, dass die Regeln der Landeshaushaltsordnung einzuhalten sind, auf die der Landesrechnungshof hingewiesen hat. Darauf sind Sie in Ihrem Beitrag bezeichnenderweise mit keinem Wort eingegangen.
(Beifall bei der SPD - Christian Gra- scha [FDP]: Bei Steuersenkungen von Steuergeschenken zu reden - daran sieht man schon Ihr Staatsverständ- nis!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann hier natürlich nicht alle Pressemitteilungen vorlesen, so gerne ich das auch täte, weil sie so schön gegensätzlich sind. Ich lese einmal einen Absatz vor:
„Allerdings ändert diese positive Steuerentwicklung grundsätzlich nichts daran, dass das Land mit einer strukturellen Unterfinanzierung zu kämpfen hat. Die Nettokreditaufnahme für 2011 und die in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehene Neuverschuldung für 2012 machen das deutlich. Auch der Landesrechnungshof hatte für die vergangenen Jahre eine strukturelle Unterfinanzierung von einer Milliarde Euro pro Jahr festgestellt.“
- Das ist doch relativ einfach: Wenn diese Milliarde gebraucht wird, um die Unterfinanzierung abzudecken, dann kann dieses Geld nicht dafür genutzt werden, um bei der NORD/LB das Eigenkapital heraufzuführen.
Meine Damen und Herren, nachdem das geklärt ist, spricht jetzt der Kollege Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die inhaltliche Entscheidung zu diesem Gesetzentwurf ist ja bereits mit der Entschließung im April-Plenum gefallen. Wir hatten uns damals enthalten, weil uns die angebliche Alternativlosigkeit und auch die finanzpatriotische Grundstimmung, die mit dieser Spontanbankenrettung verbunden war, äußerst suspekt waren.
Keinen Dissens gab es in der Tat in Bezug auf die stillen Einlagen. Das ist gesagt worden. Diese Gelder sowie die Gelder, die sich bereits im Unternehmen befinden, werden in Stammkapital umgewandelt. Das ist in Ordnung. Das führt zwar auch zu einer Verschlechterung der Einnahmesituation. Aber die Frage, ob Zinsen oder eine Dividende mehr Geld bringen, ist ja keine strukturelle Frage, sondern eher eine Frage des Ertrags oder der Marktlage. Außerdem sind diese Mittel langfristig bis dauerhaft im Unternehmen gebunden. Diese Umwandlung in Stammkapital bringt der NORD/LB über 1 Milliarde Euro zusätzliches anerkanntes Kernkapital.
Nicht zugestimmt haben wir in der Tat dem Vorhaben, zusätzlich 600 Millionen Euro aus Steuergeldern in die NORD/LB zu pumpen. Unsere Kritik richtete sich vor allen Dingen gegen das mangelnde Krisenmanagement der Landesregierung und gegen die durchaus spekulativen und willkürlichen Annahmen, die dieser Entscheidung zugrunde lagen. Auch die Frage einer gerechten Lastenteilung zwischen den Trägern stand im Raum. Nicht zuletzt die Tatsache, dass diese Investition so gut wie keine Risikobewertung erfahren hat - jedenfalls nichts, was sich so nennen könnte -, hat uns dazu bewogen, uns zu enthalten.
Natürlich ist gesagt worden, alles solle zurückfließen, möglichst mit Gewinn. Aber das sagt natürlich jeder Investor. Ich erinnere daran, dass der Finanzminister damit auch um unsere Zustimmung für den Landesanteil am Rettungsschirm für die HRE geworben hat. Gerade vorgestern kamen die Zahlen auf den Tisch: Über 3 Milliarden Euro Ver
luste im Bad-Bank-Bereich der HRE bleiben bei den Steuerzahlern hängen. Selbst wenn jemand das Geld zurückzahlt - wie die Commerzbank -, wird deutlich, dass für das Geld, das eingezahlt wurde, keinerlei Zinsen gezahlt werden. Das ist die Realität.
Meine Damen und Herren, 600 Millionen Euro sind keine Peanuts. Sie übersteigen bei Weitem den normalen Spielraum eines Landeshaushalts. Ich erinnere die Koalitionsfraktionen von FDP und CDU daran, dass sie mit diesen 600 Millionen Euro, gemessen am Maßstab des vergangenen Jahres, ihre politische Liste für die nächsten zwölf Jahre finanzieren könnten.
Ich will aber nicht nur auf unsere Argumente eingehen, sondern auch Ihre Argumentation zitieren. Da ist davon die Rede, dass diese Kapitalerhöhung Unsinn sei, dass sie nicht dem geltenden nationalen Recht entspreche, dass es ungerecht gegenüber der Commerzbank sei. Wildwestmethoden werden angeführt. Das sei unfair und unrechtmäßig. Der Finanzminister führt aus, dieser Test sei unseriös und ohne Aussagekraft. Ich betone: ohne Aussagekraft. - Meine Damen und Herren, wenn das alles stimmt - ich will dem gar nicht widersprechen -, dann wäre es doch logisch, sich dieser unsinnigen Maßnahme schlicht und einfach zu verweigern.
Sie verhalten sich in diesem Fall wie der Verein zur Förderung vegetarischer Ernährung, der seine neuen Mitglieder zum Spanferkelessen einlädt. Anders kann man das im Grunde genommen nicht bezeichnen.
Meine Damen und Herren, auf klaren Widerspruch trifft bei uns die Umsetzung der 600-MillionenEuro-Maßnahme, wenn es nämlich darum geht, die Finanzierung über eine zusätzliche Ermächtigung zur Kreditaufnahme durchzuführen. So werden aus dem Sondervermögen Sonderschulden. Der Landesrechnungshof hat Ihnen die Rechnung aufgemacht: 566 Millionen Euro zusätzliche Steuereinnahmen, 150 Millionen Euro beim Förderzins. Wenn Sie den kommunalen Anteil abziehen, bleiben über 600 Millionen Euro an zusätzlichen Einnahmen übrig. Es besteht also überhaupt keine Notwendigkeit, eine zusätzliche Ermächtigung auszusprechen.
Man muss natürlich auch den Hintergrund sehen, dass 2010 in den Rücklagen noch 1 Milliarde Euro übrig geblieben ist.
Die Weigerung, den Weg, den der Landesrechnungshof aufgezeigt hat, zu gehen, macht uns doppelt misstrauisch und bestärkt uns darin, bei unserer Entscheidung zu bleiben. Damit wir die differenzierte Entscheidung deutlich machen können, bitten wir um getrennte Abstimmung über die entsprechenden Regelungen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir setzen mit diesem Gesetz, das heute auf dem Tisch liegt und zur Abstimmung steht, gesetzgeberisch das um, was wir im April-Plenum in einer Entschließung verabschiedet haben. Ich möchte mich dem Dank des Kollegen Rolfes anschließen und mich bei allen Fraktionen nochmals recht herzlich bedanken, dass es uns in einer großen Mehrheit gelungen ist, ein klares Signal zu setzen.
Meine Damen und Herren, jetzt geht es darum, dass wir diese Kapitalerhöhung möglichst schnell wieder zurückführen können. Das ist das zentrale Ziel, das zumindest wir als FDP-Fraktion und auch als CDU-Fraktion haben. Es geht darum, dass wir Steuermehreinnahmen und die Beteiligung der Sparkassen in Höhe von 78 Millionen Euro bei den Genussrechten 1 : 1 von der Kreditaufnahme abziehen und somit keine Kreditermächtigung für andere Bereiche schaffen. Das ist transparente Politik. Das machen wir im Sondervermögen entsprechend. Deswegen ist das genau der richtige Weg.
Herr Kollege Klein, ich möchte noch auf Ihren Wortbeitrag eingehen. Über manches von dem, was Sie gesagt haben, kann man auch diskutieren. Aber ich habe von Ihnen nicht eine einzige Alternative gehört, wie wir uns im April hätten verhalten sollen.
Sie haben sich dieser Verantwortung nicht gestellt. Das haben Sie im letzten Plenum gezeigt. Sie haben sich enthalten. Das ist nicht der richtige Weg und nicht verantwortungsvoll.
Nun noch einmal zu der Frage, was mit den Steuermehreinnahmen passiert. Frau Geuter ist in ihrem Beitrag auch darauf eingegangen. Mich erinnert diese Debatte ein bisschen an den Jäger 90 oder auch an die Vermögensteuerdebatte, die die Linken immer gerne führen. Offensichtlich werden diese Steuermehreinnahmen mehrmals ausgegeben. Das funktioniert aber kaufmännisch nicht. Einen Euro kann ich nur einmal ausgeben.
Die Linke möchte Mehrausgaben bei Sozialausgaben, bei Bildungsausgaben. Herr Lies schließt sich dem an. Frau Geuter trägt heute etwas anderes vor. Meine Damen und Herren, das alles hat nichts mit seriöser Haushaltspolitik zu tun. Deshalb gehen wir ganz klar den Weg, ein transparentes, nachvollziehbares Sondervermögen einzurichten. Das kann jeder Bürger nachvollziehen. Das hat mit „kompliziert“ überhaupt nichts zu tun. Das ist sehr simpel zu erklären, Frau Geuter. Deswegen gehen wir diesen Weg. Das chaotische Ausgabenwesen, das Sie hier vorschlagen, führt auf jeden Fall weiter in den Schuldenstaat.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben im April-Plenum unsere Zustimmung zu dieser kreditfinanzierten vorübergehenden Hilfe für die NORD/LB deutlich signalisiert, damit sie diesen ominösen Stresstest bestehen kann. Bei dieser Zustimmung bleibt es auch.
Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung - Herr Rolfes, Sie haben eben ein bisschen die Aufkündigung der damals hergestellten Gemeinsamkeit bedauert - vermischt aber diese Maßnahme mit den prognostizierten Steuereinnahmen. Wenn Sie sich die Drucksache 3568 noch
einmal genau angucken, dann stellen Sie fest - Herr Möllring nickt -, dass das da tatsächlich nicht auftaucht. Diese Vermischung lehnen wir ab. Wir werden das auch nachher bei der Abstimmung über den § 3 deutlich machen.
Auch in der öffentlichen Diskussion - also durch die Erklärung der Grünen, auch durch das, was Frau Geuter eben gesagt hat - wird jetzt die Frage aufgeworfen: Wenn man nach der Mai-Steuerschätzung überraschenderweise fast 600 Millionen Euro Steuermehreinnahmen hat, warum braucht man dann noch 600 Millionen Euro als Kredite für die NORD/LB? - Diese Frage wird zunehmend aufgeworfen. Unsere Antwort darauf ist, Frau Geuter: Auch wenn die Zahlen - wohl gemerkt: zufällig - identisch sind, hat das eine mit dem anderen überhaupt nichts zu tun.