Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir halten aber beim gesetzlichen Mindestlohn die Höhe von 8,50 Euro nicht mehr für angebracht, sondern wir sind für 10 Euro. Ich begründe das; das habe ich schon bei der Mindestlohndebatte anderweitig getan. Wir stützen uns dabei auf die Erfahrung der OECD. Laut OECD-Definition liegt die Niedriglohnschwelle bei zwei Drittel des sogenannten bruttomedianen Stundenlohns. Dieser beträgt nach dem aktuellen Report des Instituts für Arbeit und Qualifikation in den alten Bundesländern 9,50 Euro.
Ein Mindestlohn von 8,50 Euro läge demnach im Bereich eines Armutslohnes. Das können wir nicht unterstützen, und das werden wir auch nicht. Daher soll die Lohnuntergrenze bei 10 Euro liegen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war genau das, was wir immer befürchtet haben: Jeden Monat wird eine Anhebung des Mindestlohnes gefordert. Wer weiß, wohin wir da noch kommen. Wunderbar! Das ist genau das, was wir immer gesagt haben.
Das Gesetz der SPD lässt erkennen, dass die Kritik des EuGH, die sich auf das Rüffert-Urteil stützt, überhaupt nicht verstanden wurde. Sie versuchen, genau das wieder zu implementieren, was wir EU-konform geändert haben. Dazu zählt beispielsweise eine Mindestlohnforderung für ausländische Dienstleister, die nur dann erhoben werden darf, wenn diese für alle Bieter auch außerhalb der öffentlichen Vergabe gilt. Das wäre ein allgemein verbindlicher Tarifvertrag. Der darin beinhaltete Mindestlohn muss dann für alle gewährleistet sein. Davon steht nichts in Ihrem Gesetzestext. Sie haben hingegen ein bürokratisches Monstrum aufgebaut. Allein die Aufzählung der zu gewährleistenden Voraussetzungen der Bieter zeigt, dass die Anforderungen total überzogen sind. Das wären beispielsweise: Frauenförderung, Chancengleichheit, Ausbildungsnachweise, tarifliche Umlagen und Anforderung der zuständigen Stellen an die Berufsausbildung. Das alles ist nicht Gegenstand eines Auftrages, es ist sogar teilweise Diskriminierung.
Umweltfreundliche Aspekte - wie Erstellung, Lieferung, Nutzung und Entsorgung - sind bereits in den niedersächsischen Betriebsanweisungen enthalten und werden dort auch berücksichtigt. Präqualifikation, Lohnnachweis, Sozialabgaben, Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes - das alles steht schon längst zur Diskussion. Es fehlen nur noch das von Ihnen noch nicht geforderte polizeiliche Führungszeugnis, die Geburts- und die
Eines bewirken Sie damit allerdings: Sie werden damit alle KMUs sofort vom Vergabeverfahren ausschließen; denn die können sich einen solchen Popanz gar nicht leisten - weder zeitlich noch finanziell. Sie tun denen damit weh, die unseren wirtschaftlichen Erfolg erst ausmachen.
Beim Mindestlohn lassen Sie sich über mehrere Seiten aus. Dem Mittelstand hingegen widmen Sie ganze sieben Zeilen.
Im Übrigen möchte ich Sie noch darauf aufmerksam machen, dass Sie die Antwort für den Punkt IV - „Voraussichtliche Kosten und haushaltsmäßige Auswirkungen“ - schuldig geblieben sind. Die sind nämlich - einschließlich der von Ihnen geforderten Kontrollen - immens. Das wollen Sie nicht wahrhaben.
Auch zu Punkt III machen Sie falsche Darlegungen. Es gibt erhebliche Auswirkungen auf den ländlichen Raum und die Landesentwicklung, wenn sich nämlich kleine Unternehmen nicht mehr an Ausschreibungen beteiligen können. Die Wirtschaftskraft sinkt, und damit kommt es zu einem Abbau der Arbeitsplätze. Wollen Sie das tatsächlich? - So gehen Sie mit unseren mittelständischen Unternehmen um. Mit Ihren 10 000 Euro können Sie doch heutzutage nicht einmal einen Spielplatz bauen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Freundinnen und Freunde von der FDP! Vom Bauen verstehe ich tatsächlich etwas. Insofern kann ich zur Vergabe beim öffentlichen Bauen durchaus etwas sagen. Ich habe auf allen Seiten gesessen - sowohl als jemand, der Ausschreibungen gewonnen hat, als auch als jemand, der in Vergabeausschüssen war. Da machen Sie mir kein X für ein U vor.
Was Sie hier in Bezug auf angeblichen Bürokratieaufwand aufgezählt haben, ist, was den SPDAntrag angeht, in Wirklichkeit der Schutz unserer kleinen und mittleren Unternehmen vor der Billigkonkurrenz, der Sie das Wort reden.
Drei andere Bundesländer in Deutschland haben schon entsprechende Vergabegesetze mit einem Mindestlohn eingeführt. Ich denke, wir sind da jetzt mittlerweile in einer gesicherteren Situation. Denn auch Bremen als westliches Bundesland und Nachbarland ist mit dabei. Ich finde, dass auch das Maß, das die SPD hier mit 8,50 Euro gefunden hat, etwas ist, womit ich mich trotz Bedenken einverstanden erklären kann. Die Bedenken müssen aber noch erwähnt werden: Natürlich kann es eine gerichtliche Überprüfung geben. Dem muss man sich immer stellen. In der heutigen Welt ist man bei den komplizierten Rahmenbedingungen, die die EU setzt, aber ohnehin immer auf hoher See. Das ist so, wenn man sich noch einigermaßen in einem geordneten Markt bewegen will, der auch die hiesige Wirtschaft unterstützt, und wenn man sich genau an dieser Kante bewegen muss. Ich glaube, das hat der Antrag der SPD in ganz ordentlicher Weise geschafft.
Für die Grünen begrüße ich sehr, dass der Entwurf die Branchen umfasst, die auch wirklich in diesem Bereich relevant sind. Und ich begrüße sehr, dass er auch die Kommunen - die sind wegen Ihrer Politik im Bund immer noch nicht finanziell ausrei
chend ausgestattet und müssen sich daher wegen eigener Not manchmal heute noch, möglicherweise ohne genau hinzugucken, des Allerbilligsten bedienen - für ein Vergabegesetz mit in die Pflicht nimmt. Ich begrüße auch, Frau König, dass es ordentliche Sanktionen gibt. Es gibt nicht so Wischiwaschigeschichten wie im bestehenden Vergabegesetz. Vielmehr ist ein Ausschluss von öffentlichen Aufträgen von mindestens einem Jahr im Gesetz enthalten.
Das alles sind Dinge, die in ein geordnetes Vergabegesetz in Niedersachsen dringend wieder hineingehören. Das wird unseren Mittelstand stärken. Natürlich wird es beim allerersten Mal aufwendig sein, wenn der Handwerker X oder Y einen Antrag stellt. Wenn er es aber erst einmal gemacht hat, dann braucht er nur noch den Kopierer zu betätigen und kann sich in den nächsten fünf Jahren mit diesen Feststellungen weiter an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen. Das aber kann die Billigkonkurrenz nicht so leicht, weil sie in der Substanz nicht das nachweisen kann, was unsere Handwerksbetriebe nachweisen können. Insofern halten wir den Gesetzentwurf für konstruktiv und unterstützen ihn. Wir werden ihn über das Jahr hinweg sicherlich auch nicht vergessen, wenn er zur Umsetzung ansteht. Sie werden das noch erleben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist immer das Gleiche: Gesetze werden gefordert, und dann wird darauf gebaut, dass damit alles besser wird. Das hat eben Frau König im Grunde genommen schon erläutert. Ich sage Ihnen: Durch Ihre Gesetzesnovelle wird nichts anderes passieren, als dass bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen durch Bürokratie und noch einmal Bürokratie eine unnötige Verzögerung eintritt.
Wenn Herr Hagenah sagt, dass er etwas vom Bauen versteht, dann will ich ihm das nicht absprechen. Er müsste aber auch wissen, dass heutzutage 18 % aller Baumaterialien lose leichte Baumaterialien für die Fassadendämmung und für Fußböden sowie Isoliermaterialien sind. Deshalb
Es war auch einmal Ihr erklärtes Ziel, Herr Schminke, den Mittelstand und die Verwaltungen von Bürokratie zu befreien. Das ist ganz etwas anderes als das, was Sie jetzt vorgelegt haben. Das Tariftreuegesetz ist ein denkbar untaugliches Instrument zur Bekämpfung von Lohndumping. Was schätzen Sie, wie viel Zeit beispielsweise Kommunen benötigen werden, um zu prüfen, ob alle gesetzlichen Regelungen eingehalten werden? - Im Übrigen wurden auch im Land NRW bereits ähnliche Gesetzesvorhaben praktiziert. Dort hat man sie aber nicht umsonst wieder abgeschafft.