Protokoll der Sitzung vom 25.05.2011

Die Grünen - Herr Meyer aus dem Landwirtschaftsbereich lässt grüßen - gehen in ihrem Stil wie üblich ein bisschen weiter. Da lässt Herr Hagenah erklären, es gebe Vorwürfe des Landesrechnungshofs zu Filz- und Misswirtschaft in der Wirtschaftsförderung.

(Dr. Gabriele Heinen-Kljajić [GRÜNE]: Ja, wo er recht hat, hat er recht!)

Lieber Herr Hagenah, als CDU-Politiker, der in einer Stadt tätig ist, die seit Jahrzehnten von RotGrün regiert wird, weiß ich sehr genau, was unter Filz zu verstehen ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Oh! bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Ich darf Ihnen eines erklären. Ich habe den Bericht des Landesrechnungshofs nicht gelesen, weil er dem Parlament noch nicht vorliegt. Aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass dieser wertende Vorwurf dort nicht erhoben wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Gerd Ludwig Will [SPD]: Sagen Sie doch etwas zur Sache!)

Indem Sie beide einen solchen Vorwurf völlig ins Blaue hinein behaupten, schaden Sie dem Ansehen des Parlaments, des Parlamentarismus und vor allen Dingen auch der Wirtschaftsförderung.

Meine Damen und Herren, wenn sich jetzt der Steuerzahlerbund äußert und sagt, wir sollten die Wirtschaftsförderung in Niedersachsen ganz einstellen, dann haben Sie das mit zu verantworten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Beschränken wir uns doch einmal auf die Fakten! Die einzelbetriebliche Wirtschaftsförderung in Niedersachsen - das mag Ihnen gefallen oder nicht; uns gefällt es, weil wir für Arbeitsplätze sind - hat in der Zeit von 1998 bis 2008 80 000 Arbeitsplätze mit einer Investitionssumme von über 6,3 Milliarden Euro geschaffen.

(Zuruf von der SPD: Für 4,50 Euro! Oder wo ist bei Ihnen die Untergren- ze?)

Nun hat der Landesrechnungshof in Einzelfällen offenbar festgestellt,

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Von wegen Einzelfälle!)

dass - ich zitiere die HAZ - Unternehmen Zuschüsse erhalten haben, obwohl Fachleute davon abrieten. - Das allein ist noch gar nicht ungewöhnlich. Das ist in der Vergangenheit, wie Sie wissen, häufiger vorgekommen. Üblicherweise erhält das Wirtschaftsministerium dann eine Frist zur Stellungnahme. Wenn die Stellungnahme dem Landesrechnungshof vorliegt, wird der Vorgang dem Parlament vorgelegt, und dann entscheidet man seriöserweise über parlamentarische Initiativen. So hätten wir das jedenfalls gemacht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD)

Selbst wenn es zur irregulären Mittelvergabe gekommen ist, muss man doch erst einmal recherchieren, was da überhaupt passiert ist. Da gibt es Fälle, in denen Unternehmen ganz bewusst

Falschangaben gemacht haben, sozusagen betrogen haben.

(Johanne Modder [SPD]: Vorsicht! Ganz vorsichtig, Herr Toepffer!)

Da gab es beispielsweise 2001 den Fall des Elektronikverbundes Sican, der von einem SPDgeführten Wirtschaftsministerium 4,3 Millionen DM erhalten hat; ich hoffe, ohne dass die SPD dafür eine Spende erhalten hat. Und so mag es sicherlich auch andere Fälle geben.

(Björn Thümler [CDU]: Na so was!)

Dann gibt es Fälle, in denen sich die Politik ganz bewusst und in gutem Glauben über Richtlinien hinwegsetzt, weil man glaubt, dass diese Richtlinien in einem Einzelfall, der einer besonderen Lage geschuldet ist, nicht passen und dass man im Interesse dieser Unternehmen etwas unternehmen muss.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Wie viele Einzelfälle haben Sie denn dann?)

Und dann, meine Damen und Herren, gibt es in der Tat solche Fälle - die Sie als Amigowirtschaft bezeichnen mögen -, in denen aus sachfremden Erwägungen entschieden wird. Solche Falle haben wir in Niedersachsen bisher noch nicht gehabt.

Sie müssten sich doch erst einmal die Mühe machen, herauszufinden, welcher dieser drei Fälle vorliegt. Stattdessen haben Sie sich für eine vorschnelle Verurteilung entschieden. Das ist Ihr Stil, meine Damen und Herren, aber nicht der unsere!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Spannend finde ich an der ganzen Sache aber Folgendes: Ich habe der HAZ entnommen, dass im Zeitraum 2005 bis 2010 geprüft worden ist. Ich habe der HAZ weiterhin entnommen, dass Herr Minister Bode erklärt hat, dass er in einem bestimmten Fall so entschieden habe, weil er an die Zusage seines Vorvorgängers Walter Hirche gebunden sei.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Ist das eine Sachentscheidung?)

Was macht Sie eigentlich so sicher, dass in diesem Bericht nicht auch solche Fälle genannt werden, in denen Herr Hirche entschieden hat und möglicherweise an Zusagen seines Vorvorgängers gebunden war, also von Menschen, die Ihrer Partei angehört haben?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Herr Schostok, Sie haben Ihre Pressemitteilung wie folgt geschlossen: Mit einer einfachen Entschuldigung kommt die Landesregierung nicht davon. - Ich sage Ihnen: Es bleibt abzuwarten, wer sich hier am Ende bei wem entschuldigen muss.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, für die Fraktion DIE LINKE hat nun Herr Dr. Sohn das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Partei DIE LINKE ist für die Wirtschaftsförderung. Deshalb ist unsere wirtschaftspolitische und gewerkschaftspolitische Sprecherin, alte IG-Metallerin und langjährige Betriebsrätin bei Siemens auch bei der Kundgebung in Sachen Alstom. Dort wird sie reden, weil wir um jeden Arbeitsplatz in Niedersachsen kämpfen müssen. Insofern sind wir für Wirtschaftsförderung.

(Beifall bei der LINKEN)

Außerdem ist die Partei DIE LINKE für möglichst viel Transparenz und viel Offenheit, weil die Bürger dieses Landes ein Anrecht darauf haben, zu wissen, was mit ihren Steuergroschen passiert. Also: für Wirtschaftsförderung, für Sicherung jedes Arbeitsplatzes und für Transparenz!

Wir werden nun entweder gleich oder morgen bei der Aussprache über die von den Grünen dankenswerterweise formulierte Dringliche Anfrage zu diesem Thema von Herrn Bode hören, wie er die Frage der Wirtschaftsförderung, die Frage der Arbeitsplatzsicherung und die Frage der Transparenz in diesem Zusammenhang beantwortet.

Herr Bode hat laut Presse schon zugestanden - er mag erklären, ob das ein Fehler der Presse ist oder ob er das selbst so gesagt hat -, es habe immer mal wieder Fehler gegeben. Das, Herr Bode, hätten wir gerne genauer gewusst: Wann sind Fehler gemacht worden? Zugunsten von wem sind Fehler gemacht worden? Von wem sind Fehler gemacht worden und warum? - Diese Fragen, Herr Bode, hätten wir gerne heute oder spätestens morgen beantwortet.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun heiße ich zwar nicht Bäumer, aber ich habe einen Verdacht.

(Oh! bei der CDU und bei der FDP)

Der Verdacht ist: Die FDP ist zwar verbal auch für Wirtschaftsförderung, sie ist aber nicht für Transparenz und Arbeitsplätze, sondern sie steht für Klientelförderung, für Mauschelei, für Arbeitsplatzabbau und für kalte Gewinnmaximierung. Das ist Ihr Verständnis von diesem Arbeitsbereich.

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD)

Ich habe mich eben über die Reaktionen der FDP auf die Rede von Herrn Schostok amüsiert. Da schwang ja so etwas von der Lust am eigenen Untergang, so eine Art Galgenhumor am eigenen Niedergang, mit. Sie haben sich über die Frage, ob Sie bei 2 oder 3 % liegen, doch geradezu gefreut.

Nun sagt Herr Bode als Hauptverteidigungslinie: Ich war das nicht. Das waren meine Vorgänger. - Die sind, wie wir wissen, natürlich alle von der FDP.

(Heinz Rolfes [CDU]: Warten Sie doch einfach den Prüfbericht ab!)

Das macht die Sache nur noch schlimmer; denn das wirft den Verdacht auf, hier handelt es sich nicht um persönliche Verfehlungen, sondern hier handelt es sich um organisierte Verfehlungen.

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD)

Und wenn das so wäre, dann ist die FDP eine Art wirtschaftskriminelle Vereinigung. Darauf deuten die Verteidigungslinien von Herrn Bode hin.

Herr Kollege Dr. Sohn, Sie sollten Ihren letzten Satz noch einmal überdenken. Sie sprechen ja frei. Ich denke, der Hinweis auf kriminelle Vereinigungen ist nicht parlamentsgerecht.

(Christian Grascha [FDP]: Das ist eine Frechheit! - Björn Thümler [CDU]: Sie sollten sich entschuldigen!)