Protokoll der Sitzung vom 26.05.2011

Das hat Frau Jürgens-Piper 2002 an die Schulen herausgegeben. Das ist die Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das müssen Sie von der Sozialdemokratie verantworten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Hingegen attestiert der Bericht der Arbeitsgruppe „Honorarverträge“ eindeutig:

„MK hat, nachdem dort die Brisanz der Problematik erkannt worden war, folgerichtig reagiert und den Schulen den Abschluss von Arbeitsverträgen sowie den Einsatz unbefristet beschäftigter pädagogischer Mitarbeiter an verlässlichen Grundschulen auch im Rahmen ganztagsspezifischer Angebote ermöglicht.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Minister ist tätig geworden. Er hat den Schulleitungen Rechtssicherheit gegeben, er hat ihnen Budgetsicherheit gegeben, und er gibt den Honorarkräften dort, wo es gewünscht ist, auch unbefristete Arbeitsverhältnisse.

Der Minister hat seine Hausaufgaben gemacht. Sie müssen endlich einmal zu Ihrer eigenen Verantwortung stehen, und dann kommt vielleicht irgendwann einmal wieder der Zeitpunkt, an dem Sie Verantwortung übernehmen können - 2028 oder so.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Auf den Beitrag von Herrn Försterling hat sich Frau Heiligenstadt zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Damit Herr Försterling es irgendwann auch einmal begreift, erkläre ich es gerne noch einmal: Die Regelung mit den Honorarkräften und den Dienstleistungsverträgen ist in der Tat im Jahr 2002 von Ministerin Frau Jürgens-Piper formuliert worden. Das Ganze hatte einen pädagogischen Aspekt, weil es um die Öffnung der Schule nach außen ging, zur Arrondierung eines ansonsten vollständig ausgestatteten Ganztagsangebotes an den Schulen, die sich für das Konzept der echten Ganztagsschule entschieden hatten.

(Beifall bei der SPD)

Das Problem, meine Damen und Herren, ist erst entstanden, als die Arrondierungsmöglichkeit für ausgestattete Ganztagsschulen im Jahre 2004 vom jetzigen Justizminister Herrn Busemann, die eine Ausnahmeregelung darstellte, zum System gemacht wurde und Ganztagsschulen als offene Ganztagsschulen angeboten wurden,

(Ulf Thiele [CDU]: Sie werfen uns ge- rade einen Arrondierungsrechtsbruch vor, oder was?)

womit außerschulische Angebote am Nachmittag dazu führten, dass einer Schule mit solchen Angeboten der Titel Ganztagsschule verliehen werden konnte. Warum ist das gemacht worden? - Damit die Schule in den Genuss der IZBB-Mittel auf der Bundesebene zu kommen.

Das Umfunktionieren einer Ausnahmeregelung ist von Ihnen bewusst zum System erhoben worden. Dadurch sind die Probleme entstanden, die mittlerweile das Ausmaß von 6 000 Honorarverträgen in Niedersachsen angenommen haben, die rechtswidrig sein werden.

(Beifall bei der SPD)

Herr Försterling möchte antworten. Ich erteile ihm das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist doch sehr merkwürdig. Wenn Frau Jürgens-Piper als sozialdemokratische Kultusministerin einen Hinweis an die Schulen gibt, in dem es heißt, „Beschäftigten im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses werden weder bezahlter Urlaub noch Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfalle noch andere tarifliche Leistungen gewährt“ - übrigens auch keine Beiträge zur Renten- oder Sozialversicherung -, dann ist das Frau Heiligenstadt zufolge also eine pädagogische Maßnahme. Aber wenn wir dasselbe machen, werden dem Minister und uns „Schwarzarbeit“ vorgeworfen. Herr Borngräber spricht von Razzien.

Was ist denn das für eine sozialdemokratische Wahrheitswahrnehmung, meine sehr geehrten Damen und Herren? Das ist doch ein völlig verzerrtes Abbild der Realität!

(Stefan Schostok [SPD]: Sie haben gar nichts verstanden, Herr Förster- ling!)

Sie müssen Ihre Verantwortung wahrnehmen. Sie haben die Grundlagen dafür gelegt, Sie haben die Schulen geöffnet. Sie haben den Zug aufs Gleis gesetzt, und wir haben, wie so oft in den letzten Jahren - - -

(Zuruf von der SPD: Den Zug vom Gleis genommen!)

Wir könnten die Schulpolitik in Niedersachsen noch viel besser gestalten, wenn wir nicht ständig eine neue Schublade mit Altlasten von Frau Jürgens-Piper aufmachen und die darin angesammelten Probleme lösen müssten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Wie lan- ge regieren Sie schon?)

Jetzt hat sich der Herr Minister zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass sich die versammelte Opposition bei diesem Thema deswegen so ärgert, weil sie es in ihrer Regierungszeit, zur Zeit der SPD und auch zur Zeit der SPD und der Grünen, letztendlich versäumt hat, die Ganztagsschulen in Niedersachsen auf den Weg zu bringen. Das ist die Wahrheit, und darüber ärgern Sie sich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Frauke Heiligenstadt [SPD]: Sie ha- ben doch die Beschlüsse zu den Ganztagsschulen abgelehnt! Das ist doch eine Märchenstunde!)

Sie ärgern sich darüber, dass es dieser Landesregierung seit 2003 in ausreichendem Maße gelungen ist, Ganztagsschulen - übrigens in Übereinstimmung mit vielen Schulträgern, auch mit vielen Schulen selbst, die dieses offene Ganztagsschulangebot ganz bewusst als flexibles Einsatzinstrument verstehen und anwenden - einzurichten, und dass diese Landesregierung auf einem Ganztagsschulniveau angekommen ist, von dem Sie in Ihren Regierungszeiten einfach nur weit entfernt waren.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Korter?

Ja, gerne.

Herr Minister, können Sie dem Parlament vielleicht noch einmal erklären, wer eigentlich die IZBB-Bundesmittel in Höhe von 400 Millionen Euro bereitgestellt hat, mit denen das Land Niedersachsen die Ganztagsschulen ausbauen konnte, und wie viel das Land damals dazu bezahlt hat?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Rund 398 Millionen Euro wurden vom Bund über das Land an die Kommunen weitergeleitet. Hierbei handelte es sich lediglich - das darf ich an dieser Stelle einmal sagen - um Investitionsmittel für den Ausbau von Ganztagsschulen. Damit wurde keineswegs in die Qualität oder in das Personal investiert. Das Personal haben nämlich wir in Niedersachsen zur Verfügung gestellt. Wir haben für die Rahmenbedingungen für die Ganztagsschulen gesorgt, liebe Frau Korter.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich will den Antrag der Linken kurz zusammenfassen. Die Linken fordern von der Landesregierung, die Ganztagsschulen mit zusätzlichen Lehrkräften auszustatten. Alle niedersächsischen Ganztagsschulen verfügen entweder über eine Grund- oder Vollausstattung mit zusätzlichen Lehrerstunden für den Ganztagsbereich. Die Schulen entscheiden selber, ob und wie viele Lehrerstunden sie kapitalisieren wollen. Es bleibt Ziel der Landesregierung, alle bestehenden Ganztagsschulen im Rahmen der Möglichkeiten des Haushaltes weiter mit Lehrerstunden auszustatten. Von den rund 1 300 Ganztagsschulen zum neuen Schuljahr verfügen inzwischen knapp 360 über eine Vollgebundenheit. Hinzu kommen jetzt die Oberschulen, für die wir inzwischen rund 120 Anträge vorliegen haben. Aus einem erheblichen Teil werden sicherlich teilgebundene Ganztagsschulen.

Die Linken fordern, nicht den Kommunen die Kosten für das Ganztagsangebot aufzubürden. Mit über 86,5 Millionen Euro jährlich in den letzten Jahren hat diese Landesregierung wie keine Landesregierung zuvor in den Ganztagsschulbereich investiert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie fordern drittens, darauf hinzuwirken, dass festangestellte Beschäftigte den Großteil des Ganztagsangebots erbringen und die Verträge vor allen Dingen letztendlich auf unbefristete Verträge ausgeweitet werden und damit Rechtssicherheit eintritt. Genau das haben wir bei den Vertragsabschlüssen im Ganztagsbereich getan. Es besteht keine Rechtsunsicherheit mehr. Wir haben zumindest die Möglichkeit unbefristeter Verträge geschaffen.

An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt: Die Behauptung, Honorar- und Dienstleistungsverträge seien per se rechtswidrig, ist schlichtweg falsch. Nach wie vor können an den Schulen auch Dienstleistungsverträge abgeschlossen werden.

(Vizepräsident Dieter Möhrmann übernimmt den Vorsitz)

Zu Ihren Regierungszeiten und zu unseren Regierungszeiten gab es von Anfang an die Übereinkunft, dass diejenigen, die dort als Dienstleistungsnehmer auftreten, selber verpflichtet sind, ihre Sozialversicherungsabgaben oder Steuern abzuführen, sofern sie über die Freibeträge der Einkommensteuergrenzen hinauskommen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Adler?

Ja, gerne.

Herr Adler, bitte!

Herr Minister, wie ist es mit den bestehenden befristeten Arbeitsverhältnissen: Werden diese in unbefristete umgewandelt?

Herr Minister!

Die Schulen werden zum neuen Schuljahr die Möglichkeit erhalten, alle bisher befristet abgeschlossenen Verträge in unbefristete Arbeitsverhältnisse umzuwandeln. Diese Möglichkeit geben wir den Schulen in der Tat. Mit Blick auf das letzte Jahr muss ich allerdings sagen: Wir haben eine Vielzahl von pädagogischen Mitarbeitern an den Grundschulen, deren Überhang wir zunächst ein

mal abbauen wollten und mussten. Deswegen hatten wir zunächst befristete Verträge in die Erlasse geschrieben. Jetzt gibt es die Möglichkeit unbefristeter Verträge, um letztendlich die Kettenvertragsproblematik zu vermeiden.

Meine Damen und Herren, ich will zum Schluss noch auf einen Punkt zu sprechen kommen. Er kann meines Erachtens in keinem Fall so stehenbleiben. Der Abgeordnete Borngräber hat von einer Razzia im Kultusministerium gesprochen. Dies weise ich mit aller gebotenen Deutlichkeit zurück.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es handelte sich nicht um eine Razzia. Herr Borngräber, es handelte sich auch nicht um einen Durchsuchungsbeschluss der Staatsanwaltschaft. Es gab am Nachmittag einen Anruf des Oberstaatsanwaltes, der bei unserem Staatssekretär angerufen und gefragt hat: Können wir einmal vorbeikommen? Wir haben auf Basis der Prüfungen der Rentenversicherung und einer Anzeige gegen einen Schulleiter - das Verfahren ist eingestellt worden; das habe ich Ihnen alles im Ausschuss erläutert -, Hinweise darauf, dass möglicherweise eine Vielzahl von Dienstleistungsverträgen eigentlich hätten Arbeitsverträge sein müssen. - Möglicherweise ist bei der Beratung damals ein Fehler gemacht worden. Seit 2002 besteht dieser immanente Fehler in den entsprechenden Erlassen. 2002, 2004, 2010 usw. Es war immer die Frage der Befristung bzw. der Möglichkeit, Arbeitsverträge abschließen zu können. Sich hier hinzustellen und zu sagen, wir hätten eine Razzia im Ministerium gehabt, ist schlechterdings falsch. Es war ein sehr gutes Gespräch.