Protokoll der Sitzung vom 28.06.2011

Wir kommen jetzt zur Änderungsempfehlung des Ausschusses zu Artikel 1. Wer stimmt zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist so beschlossen.

Artikel 2. - Unverändert.

Artikel 3. - Unverändert.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist dann mehrheitlich so beschlossen worden.

Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur kostenfreien Beförderung der Schülerinnen und Schüler - Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/1739 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 16/3753 - Schriftlicher Bericht - Drs. 16/3781

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Eine mündliche Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Kollegin Reichwaldt zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 29. Oktober 2009 haben wir diesen Gesetzentwurf zum ersten Mal im Plenum besprochen. Seitdem liegt unsere Forderung, die Schülerbeförderung für die gesamte Schulzeit kostenfrei zu stellen, auf dem Tisch. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, hatten also anderthalb Jahre lang Zeit, sich mit dem Thema zu beschäftigen und unsere Anregung aufzugreifen. Sie hatten Gelegenheit, die absurde Situation abzustellen, dass in den ersten Klassen der Berufsfachschulen für Schülerinnen und Schüler mit Hauptschulabschluss die Beförderungskosten be

zahlt werden, für ihre Mitschüler mit Realschulabschluss, die in derselben Klasse sitzen und dasselbe unter denselben Bedingungen lernen, aber nicht. Sie lassen die Absurdität, dass Jugendliche in derselben Klasse unterschiedlich behandelt werden, weiterhin zu. Das ist mir völlig unverständlich.

Abgesehen von dieser Situation an den Berufsschulen geht es aber auch um Grundsätzliches: Wollen wir einen kostenfreien Schulbesuch, oder wollen wir ihn nicht? - In manchen Regionen des Landes betragen die Beförderungskosten über 100 Euro monatlich. Durchschnittlich kostet ein Ticket etwa 60 Euro. Meine Fraktion sagt klar: Der Zugang zu Bildung darf nicht vom Geldbeutel abhängen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist eine staatliche Aufgabe, Teilhabe an Bildung und an Schulunterricht kostenfrei zu organisieren. Das kostet natürlich Geld. Aber die zusätzlichen Kosten der Beförderung im Sekundarbereich II dürfen natürlich auch nicht den Kommunen aufgelastet werden. Ja, das Land muss an dieser Stelle zusätzlich Geld in die Hand nehmen, nach unseren Berechnungen ca. 60 Millionen Euro jährlich, im ersten Jahr weniger. Nach den Berechnungen der Regierungsseite liegen die Kosten bei ca. 80 Millionen Euro. Wir werden in unseren Vorschlägen zum Haushalt 2012 auf die Finanzierung zurückkommen. Zusätzliche Ausgaben für Bildung werden dabei wieder ein Schwerpunkt sein. Das gilt für die Schülerbeförderung wie für den Ganztagsbetrieb an unseren Schulen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie kennen unsere Vorstellungen von einem gerechteren Steuersystem, das auch die Kassen von Ländern und Kommunen mit zusätzlichen Einnahmen füllen würde. Diese zusätzlichen Ausgaben für Bildung, z. B. für eine kostenfreie Schülerbeförderung, sind notwendig. Insbesondere kinderreiche und ärmere Familien leiden unter den Schülertickets. Im Sekundarbereich I sind sie kostenfrei. Aber wenn die Schüler in die Sekundarstufe II kommen und vielleicht drei Geschwisterkinder am Gymnasium oder an einer Berufsfachschule sind, wird es richtig teuer. 200 Euro im Monat sind für viele Eltern nicht so einfach zu schultern. Aber gerade im ländlichen Raum, wo die nächste berufsbildende Schule oder das nächste Gymnasium oft über 10 km entfernt ist, sind die Schülerinnen und Schüler auf die Tickets angewiesen. Sie können nicht jeden Tag zu Fuß oder mit dem Fahrrad -

schon gar nicht bei Eis und Schnee - zur Schule kommen.

Das Bildungspaket, in das so viele Hoffnungen gesetzt wurden, hilft, wenn überhaupt, nur bedingt weiter. Es gilt nicht für alle Familien und für den berechtigten Empfängerkreis auch nur eingeschränkt. Außerdem beinhaltet es hohe bürokratische Hürden. Nach der Antragstellung wird dann als eine Art Gnadenakt entschieden, dass die Familie Geld für ein Ticket erhält. Der Zugang zur Sekundarstufe II, zu einer beruflichen Qualifikation, zu einem Abitur darf aber mit einem Gnadenakt nichts zu tun haben. Er muss eine Selbstverständlichkeit sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Daher die einfachste und klarste Regelung: Auch die Schülerbeförderung muss grundsätzlich kostenfrei sein. Stimmen Sie in diesem Sinne unserem Gesetzentwurf zu!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, ich erteile jetzt Frau Meyer zu Strohen für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE legt einen zukunftsorientierten Gesetzentwurf vor.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie fordern eine Änderung des Schulgesetzes, die wirklich nach vorne gerichtet ist - eine Änderung, die uns und vor allem der jungen Generation ca. - wir wollen uns nicht streiten - 70 bis 80 Millionen Euro neue Schulden für die Zukunft präsentiert.

(Zurufe von der LINKEN: Nö! - Kres- zentia Flauger [LINKE]: Dann müssen Sie die Einnahmen erhöhen! Dann haben Sie keine Schulden!)

Wir - CDU und FDP - haben uns im Gegensatz zu Ihnen für die Zukunft vorgenommen, 2017 einen Haushalt ohne neue Schulden aufzustellen. Daran werden wir auch festhalten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für diese Gesetzesänderung verplanen Sie einfach mal so eben Geld, das nicht vorhanden ist. Wir haben es schlicht nicht. Es wäre sehr positiv

zu vermerken gewesen, wenn Sie denn gleich einen konstruktiven Finanzierungsvorschlag mitgeliefert hätten.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Machen wir immer wieder!)

Aber es fehlen auch dieses Mal wieder Ideen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Kostenfreie Beförderung der Schülerinnen und Schüler - die Überschrift des Gesetzentwurfs erweckt die Vermutung, dass Niedersachsens Schülerschaft die Fahrt zu ihren Schulen bisher aus eigener Tasche zu finanzieren hat.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Flauger?

Nein, ich möchte zu Ende sprechen. - Ausgrenzung und soziale Ungerechtigkeit werden hier mal eben auf die Schnelle heraufbeschworen, wie Sie es eigentlich immer machen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Die sind leider vorhanden! Die müssen wir nicht heraufbeschwören!)

Meine Damen und Herren, gerade bei uns hier in Niedersachsen haben wir eine gute Schülerbeförderung, die gewährleistet, dass jeder einzelne junge Mensch uneingeschränkten Zugang zu Bildung und Entwicklungschancen hat.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das stimmt doch nicht!)

- Doch, ich habe noch einmal die Schülergruppen zusammengestellt, die auf Grundlage der bestehenden gesetzlichen Regelung kostenfrei befördert werden: Schülerinnen und Schüler der 1. bis 10. Schuljahrgänge, der 11. und 12. Schuljahrgänge der Schulen für Schülerinnen und Schüler mit geistigen Behinderungen, Schülerinnen und Schüler der Berufseinstiegsschule, Schülerinnen und Schüler der ersten Klasse von Berufsfachschulen, soweit die Schülerinnen und Schüler diese ohne Sekundarabschluss I besuchen. Bedürftige Schülerinnen und Schüler - und das wissen auch Sie -, die nicht den genannten Gruppen angehören, haben seit dem 1. Januar 2011 auf Grundlage des Sozialgesetzbuches einen gesetzlichen Anspruch auf kostenfreie Beförderung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir übernehmen damit soziale Verantwortung für die jungen Menschen und verhindern Ausgrenzung. Jeder hat hier in Niedersachsen die Möglichkeit zur Teilhabe an der Bildung seiner Wahl. Niedersachsen hat also schon eine gerechte, soziale und verantwortungsbewusste Regelung zur Kostenerstattung bei der Schülerbeförderung. Das konnten Sie jetzt noch einmal hören. Von daher ist es gar nicht schlecht, dass wir den Gesetzentwurf noch einmal beraten.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es wäre sicherlich schön, wenn wir wie Fortuna mit dem Füllhorn noch mehr Gelder für die Schülerbeförderung verteilen könnten. Die eingeforderte soziale Gerechtigkeit erfordert aber einen ganzheitlichen Ansatz, den wir bei Ihnen immer wieder vermissen. Denn das bedeutet unabdingbar: Schulden vermeiden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vergessen wir vor allem nicht: Seit 2003 - das wissen auch Sie - bis heute stehen 1 Milliarde Euro mehr für die Bildung in Niedersachsen zur Verfügung.

(Beifall bei der CDU)