Protokoll der Sitzung vom 28.06.2011

Herr Kollege Bachmann, Sie haben ja in der ersten Beratung dazu Stellung genommen. Ich weiß nicht, ob Sie persönlich dann der Mut verlassen hat. Heute hat das Kollege Tanke übernommen.

(Johanne Modder [SPD]: Da kennen Sie Herrn Bachmann aber schlecht! - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Bei uns können das viele im Gegensatz zu Ihnen!)

- Herr Kollege Bachmann, Sie sollten sich vielleicht einfach auf die Sache konzentrieren.

Es wurde auch schon gesagt, welche Aufgaben bereits erledigt werden können; das war bislang schon auf freiwilliger Basis geregelt. Ich glaube, nur dieser Weg ist erfolgreich.

Meine Damen und Herren, der Weg, den die SPD beschreiten will, ist der falsche Weg. Wir wollen die Menschen mitnehmen, die Kommunalparlamente vor Ort einbinden und eine von unten gewachsene

Entscheidung zur Grundlage zukünftiger Strukturen und Regionen machen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die SPD will das offenbar nicht. Und auch wenn hier das Deckmäntelchen einer Aufgabenverlagerung hochgehalten wird - eine von den Beteiligten getragene oder gar gewollte Entscheidung ist das bei Weitem nicht. Denn der Mehrheitsbeschluss eines SPD-Bezirksparteitages, Herr Kollege Tanke, wird kaum als hinreichende Legitimation des politischen Willens verstanden werden können.

Fast alles, was in diesem Gesetzentwurf gefordert wird, wäre schon nach der Satzung des Zweckverbandes möglich. Und wenn - das ist dabei entscheidend - alle Beteiligten - - -

(Unruhe)

Herr Kollege Hiebing, ich darf kurz unterbrechen. - Bitte!

Meine Damen und Herren, fast alles, was in diesem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion gefordert wird, ist derzeit möglich, wenn - und das ist entscheidend -, alle Beteiligten dieser Aufgabenverlagerung zustimmen würden. Das ist aber nicht der Fall. Deshalb meinen wir, dass dies der falsche Weg ist.

Wie gesagt, Sie sprechen von einer maßvollen Verlagerung von Aufgaben auf den Zweckverband. Allerdings bewirkt dieser Gesetzentwurf auch Doppelstrukturen, die bisher weitestgehend vermieden worden sind. Ich glaube, das ist die Vergangenheit. Die Gegenwart zeigt, dass man auch professionell vor Ort die Aufgaben gut erledigt hat. Ich bin nicht der Meinung, dass man mit zusätzlichen Verwaltungsstrukturen eine Verbesserung schafft.

Meine Damen und Herren, unser Innenminister hat bei einer Podiumsdiskussion in Wolfsburg in der letzten Woche vor etwa 300 Vertretern aus Politik, Kommunen, Wirtschaft sowie Vereinen und Verbänden sehr deutlich gesagt: Wir sind schon in der zweiten Phase, und die Kommunen sind in der Tat aufgerufen, sich dort, wo es notwendig und sinnvoll ist, Gedanken über zukünftige Strukturen zu machen. Aber künftige Stadt- und Landkreisgrenzen sollen nicht in Hannover, sondern vor Ort entschieden werden. Das Land wird diese Prozesse weiterhin unterstützen und moderieren.

Meine Damen und Herren, der mit den kommunalen Spitzenverbänden geschlossene Zukunftsvertrag soll daher verlängert werden, damit die begonnenen und in Vorbereitung befindlichen Prozesse mit Gründlichkeit und auch mit Augenmaß geführt und zu einem - wenn es denn möglich ist - für alle Beteiligten positiven Ergebnis gebracht werden können.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe an dieser Stelle schon bei den ersten Beratungen Ihres Antrags deutlich gemacht: Der Raum zwischen Harz und Heide ist für uns - ich glaube, das ist unbestritten - die größte Forschungs-, Dienstleistungs- und Industrielandschaft Niedersachsens und verdient deshalb unsere Aufmerksamkeit in höchstem Maße. Ich denke auch, dass uns die Debatten darüber durchaus wichtig sind. Ich denke aber auch, dass das nichts anderes ist als das, was Sie mit der Verlagerung weiterer administrativer Aufgaben auf den Zweckverband Großraum Braunschweig im Sinn haben.

Dass Sie, Kolleginnen und Kollegen von der SPD, mit Ihrer Meinung in diesem Plenum und in diesem Niedersächsischen Landtag alleine stehen, wird Ihnen auch in den Ausschussberatungen klar geworden sein. Ich glaube, es ist auch eben in der Debatte noch einmal deutlich geworden, dass Ihrem Antrag, dem SPD-Antrag, in dieser Frage keine der Fraktionen im Niedersächsischen Landtag folgen wird. Ich meine auch, dass die Argumente hinreichend ausgetauscht worden sind. Die politische Landkarte in Niedersachsen wird nicht von der SPD neu gezeichnet werden. Ich bin auch fest davon überzeugt, dass es alle Kommunen im Lande durchaus sehr beruhigen wird, dass es nicht nach einer Parteienmeinung geht, sondern dass das im Niedersächsischen Landtag begleitet wird und nicht die Mehrheitsmeinung einer einzigen Partei ist.

(Beifall bei der CDU)

Nach wie vor, meine Damen und Herren, wird es keine Gebietsreformen von oben geben. Vielmehr setzen wir weiterhin auf Freiwilligkeit und auf Entscheidungen über Zusammenschlüsse und Kooperationen. Ich glaube, das ist dort auch in guten Händen. Dies gilt selbstverständlich auch für Braunschweig, Salzgitter, Wolfsburg sowie für die Landkreise Gifhorn, Goslar, Helmstedt, Peine und Wolfenbüttel.

(Björn Thümler [CDU]: Sehr gut!)

Sie sollten daher gar nicht erst versuchen, hier den Eindruck zu erwecken, als gäbe es einen breiten politischen und gesellschaftspolitischen Konsens über die Entstehung einer Region Braunschweig. Das würde Ihnen auch nicht gelingen.

Sie verweisen in Ihrem Antrag auf das HesseGutachten. Wie auch die Berichterstattung der vergangenen Tage gezeigt hat, hat auch der Direktor des Großraumverbandes Braunschweig bei dieser Veranstaltung erklärt, dass man den Prozess der kommunalen Bildung von Teilregionen oder neuen Landkreisen zuerst einmal abwarten solle, erst dann müsse sich der Verband reformieren.

(Zuruf von Dr. Gabriele Heinen-Kljajić [GRÜNE])

Damit ist im Grunde genommen alles gesagt, Frau Kollegin Heinen-Kljajić. Das klingt allerdings auch nicht nach Unterstützung Ihres Gesetzentwurfs.

Niedersachsen gilt mit Blick auf die Anpassung seiner Regierungs- und Verwaltungsstrukturen in der Fachöffentlichkeit zu Recht als reformorientiert und erfolgreich. Dies lässt sich auch noch einmal am Hesse-Gutachten ablesen. Ich darf es noch einmal wiederholen.

Wenn es ganz kurz ist!

Es ist ein verwaltungshistorisch mutiger Schritt und zudem sehr erfolgreich. Daher werden wir den Antrag der SPD-Fraktion ablehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Försterling das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Tanke hat eingangs der Beratungen ausgeführt, dass in der Region Braunschweig seit Jahren schon darüber diskutiert wird, wie man die Region weiterentwickeln kann und wie zukunftsfähig einzelne Verbandsglieder im ZGB sind, wenn sie alleine stehen. Das ist richtig. Diese Diskussion gab es, und die Frage ist: Wie nimmt man eine solche Diskussion auf? Wie reagiert man darauf? - Der Braunschweiger Oberbürgermeister

hat vor gut anderthalb Jahren im Gegensatz zu Ihnen in der Tat einen großen Wurf gelandet und einen großen Stein ins Wasser oder - eher gesagt - in die Oker geworfen und mit seinem Vorschlag, eine Großregion zu gründen, die Diskussion angestoßen.

Sie versuchen jetzt mit diesem Gesetzentwurf, dem Braunschweiger Oberbürgermeister ein wenig hinterher zu laufen. Das ist gut. In der Regel geht er auch in die richtige Richtung. Aber ich glaube, Sie können bei Weitem nicht mit ihm Schritt halten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich denke, es hat auch Gründe, warum dieser Gesetzentwurf - Herr Tanke hat sich darüber gewundert - nicht auf breite Zustimmung stößt.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Emmerich-Kopatsch?

Herr Kollege, ist Ihnen bewusst, dass der Oberbürgermeister Hoffmann einen Vorschlag des früheren Oberbürgermeisters Glogowski aufgegriffen und diesen auch ein bisschen weiterentwickelt hat, aber auch in Absprache mit Herrn Glogowski?

Herr Kollege!

Frau Kollegin Emmerich-Kopatsch, als Mitglied im Stiftungsrat der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz gibt es keinen schöneren Moment, als wenn in einer Stiftungsratssitzung der Stiftungspräsident Herr Dr. Hoffmann mit seinem Vizepräsidenten Herrn Gerhard Glogowski über die Tradition des Braunschweiger Landes spricht.

(Zuruf von der SPD: Und die anderen beißen in die Tischkante!)

Wenn der Oberbürgermeister der CDU dem ehemaligen Ministerpräsidenten Glogowski in der Auffassung hinsichtlich der Stärkung des Braunschweigischen Landes folgt, dann ist das sicherlich lobenswert. Ich würde mir wünschen, dass Sie etwas Ähnliches tun und mehr auf Herrn Glogowski hören würden, als mit solchen Gesetzentwürfen

zu kommen, bei denen Sie sich dann wundern, dass Ihnen die Zustimmung fehlt.

(Beifall bei der FDP)

Es hilft nämlich nichts, wenn man jahrelang eine Diskussion verfolgt und dann meint, man könne einen Diskussionsbeitrag leisten, indem man alles, was man im Laufe der Jahre einmal gehört hat, in einen Gesetzentwurf schreibt - von der Schülerbeförderung über Tierseuchenschutz bis hin zur politischen Identität, zur kulturellen Identität - und dann sagt: Das alles packen wir in eine Institution, die wir schon haben, und damit leisten wir einen wichtigen Diskussionsbeitrag zur Zukunft der Region Braunschweig. - Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD, das ist bei Weitem zu kurz gesprungen, weil Sie dabei vergessen, die Menschen mitzunehmen. Das ist im Übrigen auch ein grundsätzliches Problem des ZGB, wie Frau Heinen-Kljajić bereits in der ersten Beratung sehr gut ausgeführt hat. Wer sich nämlich die Verbandsversammlung und die Zusammensetzung der Verbandsversammlung sowie die indirekte Wahl der Mitglieder der Verbandsversammlung ansieht, der stellt fest, dass dort ein weiter Abstand zwischen den einzelnen Bürgern und der Vertretung der Bürger besteht und dass eigentlich kein Einziger weiß, wer die Interessen in der Verbandversammlung vertritt.

Deswegen gebe ich auch der SPD den Rat: Nehmen Sie die Menschen mit! Nehmen Sie auch den Rat eines ehemaligen SPD-Bezirkschefs bei Ihnen, Sigmar Gabriel, mit, der gerade versucht, die SPD zu reformieren und die Dinge von unten von den restlichen Mitgliedern der Sozialdemokratie, die noch da sind, aufwachsen zu lassen,

(Widerspruch bei der SPD - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

und berufen Sie sich auf § 2 Abs. 4 des Gesetzes über die Bildung des Zweckverbands Großraum Braunschweig. Dort steht nämlich: „Mit Zustimmung aller Verbandsglieder können dem Zweckverband weitere Aufgaben übertragen werden.“ Wenn Sie von Ihrem Gesetzentwurf so überzeugt sind, dann bringen Sie doch diese Anträge in die Kommunalparlamente der Verbandsgliederungen ein und lassen Sie sie dort beschließen! Dann bin ich gespannt, wie sich sozialdemokratische Kommunalpolitiker zu Ihrem Vorschlag äußern werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)