Herr Minister Stratmann wird gleich wieder behaupten, die Studiengebühren seien ein Erfolgsmodell. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass fast 76 % der niedersächsischen Studierenden gegen die Studiengebühren sind. Warum ist das so? - Weil die Verwendung der Gelder auf größte Unzufriedenheit stößt. Auf einer Notenskala von 1 bis 6 gaben die Befragten aus Niedersachsen im Schnitt die Note 4,58. In der Schule wäre das ein „gerade noch ausreichend“ bzw. „mangelhaft“. Sie sehen nicht ein, warum sie die Anschaffung von Geräten, technischer Ausstattung, Büchern und Hörsaalrenovierung selbst zahlen sollen. Das muss der Staat bezahlen, finden sie.
In der Tat werden die Studiengebühren zu einem großen Teil für Investitionsmaßnahmen verwendet, für die eigentlich das Land aufkommen müsste. Auch in dieser Frage stehen wir auf der Seite der Studierenden.
Was haben die Studiengebühren den Studierenden tatsächlich gebracht? - Mehr Tutorien sind schön und gut. Zusätzliches Lehrpersonal kann aber nur für ergänzende und vertiefende Angebote eingestellt werden. Die im Gesetz festgeschriebene Verbesserung des Betreuungsverhältnisses zwischen Lehrenden und Studierenden kann schlicht und ergreifend deshalb nicht umgesetzt werden, weil die Kapazitätsverordnung dem entgegensteht. Keine Vorlesung mehr wird gehalten, kein Seminar ist kleiner, und keine Sprechstunde mehr findet statt.
Herr Minister Stratmann, Sie haben es seit der Einführung des Bezahlstudiums nicht geschafft, die Studierenden von dessen Nutzen zu überzeugen. Nur 22 % unserer Studierenden empfinden eine Verbesserung der Studienbedingungen in Niedersachsen durch Gebühren. Im Ergebnis ist die von Anfang an kritische Haltung in eine offene Ablehnung umgeschlagen. Nehmen Sie doch auch in Niedersachsen endlich zur Kenntnis: Ohne jeglichen Rückhalt bei den Studierenden steht die Campus-Maut auch hier vor dem Aus. Das Bezahlstudium ist out.
Was sind nun die Folgen der Studiengebühren? - Herr Perli und Frau Dr. Heinen-Kljajić haben schon erwähnt, wie der zahlenmäßige Abschreckungseffekt aussieht. Dazu möchte ich noch eine Zahl aus 2007 ergänzen. 2007 ist beispielsweise die Zahl der Studienanfänger an niedersächsischen Fachhochschulen um 11 % gesunken. Warum? - Fachhochschüler stammen aus eher bildungsfernen, einkommensschwachen, regional orientierten Elternhäusern. Dort wirkt die Aussicht auf zusätzliche Verschuldung durch Gebühren besonders hemmend für die Aufnahme eines Studiums.
Ich habe mit vielen Menschen über dieses Thema gesprochen, darunter auch mit einem Hochschulpräsidenten, der als Vater von drei studierenden Kindern ebenfalls Gebühren zahlen muss. Wenn Studiengebühren selbst in solchen Kreisen mit gutem Einkommen deutlich zu spüren sind, wie muss das dann erst in Familien mit mittlerem oder unterdurchschnittlichem Einkommen sein?
Die Gebührenbefürworter argumentieren gerne, Studiengebühren sorgten für soziale Gerechtigkeit. Gerne wird an dieser Stelle das plakative Beispiel der Kassiererin zitiert, die über Steuern das kostenlose Studium des Sohnes ihres Direktors mitfinanziert.
Dass diese Rechnung aufgeht, verhindern schon allein die sehr unterschiedlichen Einkommensteuersätze. Diese sind im Übrigen der bessere Hebel für soziale Gerechtigkeit - aber auf keinen Fall Studiengebühren.
Denn Studiengebühren wirken auf diejenigen, die wir an den Hochschulen und später auch auf dem Arbeitsmarkt brauchen, nur abschreckend. Studiengebühren schrecken bereits Benachteiligte vom höheren Bildungsweg zusätzlich ab und vertiefen die soziale Spaltung.
In diesem Zusammenhang ist es besonders bitter, dass die Landesregierung sogar Bafög-Empfänger abkassieren lässt. Das ist nicht nur zynisch, sondern vor allem widersinnig. Der Präsident des Deutschen Studentenwerks fragt zu Recht: Soll der Staat mit der einen Hand Gelder geben, damit jemand studieren kann, und ihm mit der anderen Hand das Geld wieder abnehmen, wenn er stu
Meine Damen und Herren, entgegen den vollmundigen Versprechungen dieser Landesregierung gibt es keine Stipendienprogramme für Begabte aus einkommensschwachen Familien. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht bereits 2005 sozialverträgliche Studiengebühren verlangt. Die einen können die Studiengebühren aus Papas Westentasche bezahlen; die anderen müssen Kredite aufnehmen und starten mit Schulden in eine ungewisse Zukunft. So sieht die soziale Gerechtigkeit dieser Landesregierung aus!
Meine Damen und Herren, wem es mit dem Ziel einer höheren Zahl von Hochschulabsolventen ernst ist, der muss die staatlichen Beihilfen erhöhen, statt sie zu senken. Kostenhürden für Studierende müssen fallen.
Wir wollen Hochschulen, die allen offen stehen, die das Zeug zum Studium haben. Die SPD-Fraktion bleibt dabei: Das Erststudium muss gebührenfrei bleiben. Die Studiengebühren müssen weg.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE beschäftigt sich mit der Abschaffung der Studienbeiträge.
Er bietet uns damit die Gelegenheit, rund zwei Jahre nach Einführung der Studienbeiträge dieses Thema im 16. Niedersächsischen Landtag zu erörtern.
Der Hauptvorwurf der Opposition gegen Studienbeiträge lautet - wir haben es von allen drei Oppositionsparteien gehört -, Studienbeiträge seien unsozial. Diese Behauptung wird aber auch dann
Studienbeiträge wären unsozial, wenn sie junge Menschen vom Studium abhalten würden. Die niedersächsischen Studienbeiträge halten jedoch niemanden vom Studium ab. Die Studienanfängerzahlen liegen hier höher als im Bundesdurchschnitt.
Weshalb sollten Studienbeiträge jemanden vom Studium abhalten können? - Jeder, der in einer niedersächsischen Universität in der Regelstudienzeit studiert, kann einen zinsgünstigen Kredit in Höhe der Beiträge in Anspruch nehmen. Ein Nachweis der Bonität oder eine Sicherheit ist nicht erforderlich. Eine Rückzahlung erfolgt nur bei entsprechender Leistungsfähigkeit. Gerade diese sozialverträglichen Kredite haben bislang alle angerufenen Gerichte überzeugt. Bisher ist kein Gesetz zur Einführung von Studienbeiträgen an der Verfassung gescheitert.
An dieser Stelle - auch das haben wir gehört - wird gern ein anderes Argument in die Diskussion eingeführt. Junge Menschen sollen am Anfang ihrer Ausbildung keine Schulden machen müssen - zugegeben kein schlechtes Argument, das insbesondere die Eltern häufig bewegt. Es taugt allerdings nicht zur Bewertung der Sozialverträglichkeit von Studienbeiträgen. Schließlich hat die SPD die Erhöhung der Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz - kurz: BAföG - durch die Bundesregierung als besondere soziale Leistung begrüßt. Das Bafög wird aber nach wie vor zur Hälfte nur als Kredit gewährt. Nach der Auffassung der SPD stellt also eine Kreditverpflichtung aus dem BAföG für die Zeit nach dem Studium von bis zu 320 Euro pro Monat eine wichtige und gute Sozialleistung dar, während eine Kreditverpflichtung aufgrund von Studienbeiträgen von 83 Euro pro Monat als unsozial verworfen wird.
Meine Damen und Herren, die Kernfrage bezüglich der Studienbeiträge lautet also nicht, ob Studienbeiträge sozialverträglich sind. Das sind sie ohne Zweifel. Die Kernfrage lautet vielmehr, ob Studienbeiträge angemessen sind.
An dieser Stelle gilt für die CDU: Ja, es ist angemessen, junge, leistungsfähige, volljährige Menschen, die ein Studium für zigtausend Euro erhalten, mit einem Beitrag in Höhe von 500 Euro pro Semester zu beteiligen. Es ist angemessen, weil diese jungen Menschen im Anschluss an die Ausbildung beste Chancen haben, einen guten Beruf zu erhalten und gutes Geld zu verdienen. Es ist angemessen, weil die Mittel, die diese jungen Menschen aufbringen, zu 100 % zusätzlich in die Verbesserung der Lehre an ihrer Hochschule fließen. Es ist angemessen gegenüber denjenigen, die kein Hochschulstudium absolvieren, aber mit ihrer Hände Arbeit über ihre Steuern das Geld zusammentragen, um Einrichtungen wie eine Universität oder eine Fachhochschule zu unterhalten.
Es ist auch mit Blick auf die schwierigen Haushaltsentscheidungen angemessen, die wir in den letzten Jahren zu treffen hatten und die noch vor uns liegen.
Um es deutlich zu sagen: Die Koalition aus CDU und FDP hat das Ziel, bereits im übernächsten Haushaltsjahr zum ersten Mal in der Geschichte des Landes Niedersachsen Schulden zurückzuzahlen.
Frau Kollegin Flauger, zu Ihrer Kenntnis: Das sind nicht unsere Schulden, das sind die Schulden des Landes Niedersachsen. Das ist ein Unterschied.
Dieses ehrgeizige Ziel hat für uns Priorität, weil die Senkung der Staatsverschuldung unsere Pflicht gerade gegenüber jener jungen Generation ist, die mit Studienbeiträgen ihren Anteil zur Finanzierung der Hochschulen leisten muss.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir am interessanten Teil der Vorlage angekommen. Unter Abschnitt B äußern sich die Kommunisten
zu den finanziellen Auswirkungen ihres Vorschlags. Zunächst einmal soll das Gesetz nicht etwa zum Beginn des Wintersemesters 2008/2009 in Kraft treten, sondern erst zum Kalenderjahr 2009. Damit drücken sich die Linken durchsichtig vor einer belastbaren Aussage zum laufenden Haushalt. Zu dem Haushalt 2009 heißt es, die Mittel kämen irgendwo aus dem Landeshaushalt her. Auch hier keine belastbare Aussage!