Protokoll der Sitzung vom 01.07.2008

Hinzu kommt, dass seit Inkrafttreten der entsprechenden EU-Richtlinie in Deutschland am 11. April 2007 die Anforderungen gestiegen sind, mehr Lkw-Stellplätze an Autobahnen oder in deren Nähe bereitzustellen; denn mit dieser EU-Richtlinie gelten endlich - ich sage bewusst: endlich - auch hierzulande arbeitnehmerfreundlichere Regelungen mit längeren Ruhe- und kürzeren Fahrzeiten für Berufskraftfahrer.

(Beifall bei der LINKEN)

Hierzu einige Zahlen: Statt 74 Stunden sollen die Brummifahrer nach dieser EU-Richtlinie nur noch höchstens 56 Stunden pro Woche am Lenker verbringen. Täglich dürfen es nur noch neun Stunden sein, zweimal in der Woche auch zehn Stunden. Nach 4,5 Stunden Fahrt ist eine Pflichtpause von 95 Minuten einzuhalten.

Um diesen Regelungen zu entsprechen, sind die Brummifahrer häufig gezwungen, mit ihren Fahrzeugen auf Zufahrtsstraßen, Zufahrtsstreifen, Ein- und Ausfahrten zu Pkw-Rastplätzen und Ähnliches auszuweichen. Damit steigt das Risiko für die Verkehrssicherheit aber erheblich an. Von guten Ru

hebedingungen für die Fahrer kann auf diese Weise auch keine Rede sein.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Warum sind Sie dann gegen einen Neubau?)

Herr Minister Hirche, wir fordern Sie daher auf: Schaffen Sie kurzfristig - ich betone: kurzfristig - die Voraussetzungen, um den erheblichen Mangel an Lkw-Stellplätzen zu bekämpfen!

(David McAllister [CDU]: Sie sind doch gegen Neubauten!)

- Hören Sie doch zu Ende zu! Vielleicht kommt ja noch die Erklärung.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Ach, Dialek- tik!)

Der eine Weg zur Verbesserung der Situation ist, alle Möglichkeiten zu nutzen, um mit Mitteln des Landes rasch - auch hier betone ich: rasch - zusätzliche Lkw-Stellplätze zu schaffen, und nicht zu warten, bis von Bundesminister Tiefensee aus Berlin - in der Regel viel zu spät - grünes Licht für Bundesprogramme und Ähnliches kommt.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit hier kein falscher Eindruck entsteht, sage ich auch ganz deutlich: Vorrang vor dem Neubau muss der Ausbau bestehender Parkplätze haben.

Jetzt komme ich auch zu meinem Kernthema.

(Glocke des Präsidenten - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Sie haben noch eine Minute!)

Der Bau von Mega-Raststätten, wie sie der USKonzern Flying J in Evendorf/Döhle im Landkreis Harburg an der A 7 vorsieht, ist auch kein gangbarer Weg - auch wenn Sie das offenbar anders sehen, Herr Minister Hirche. Der genannte US-Konzern nimmt nämlich bei der Planung einer etwa 13 ha großen Travel Plaza mit rund 400 Lkw-Stellplätzen keine Rücksicht auf die Umwelt sowie den regional ansässigen Mittelstand und will auch Einwände örtlicher Bürgerinitiativen einfach vom Tisch fegen. Die Linke fordert daher das sofortige Aus für dieses Projekt und ähnliche Projekte von MegaRaststätten.

(Beifall bei der LINKEN - Jörg Bode [FDP]: Was? - Weitere Zurufe - Ge- genruf von der LINKEN: Hören Sie doch einfach weiter zu! - Unruhe)

Frau Kollegin, reden Sie weiter!

Soll ich dagegen ansprechen? Oder kehrt jetzt Ruhe ein? - Ein kurzfristig gangbarer Weg kann darin bestehen,

(Glocke des Präsidenten)

Parkplatzflächen z. B. an großen Fußballstadien oder an Messegeländen in der Nähe von Autobahnen als Lkw-Stellplätze zu nutzen. Auch Gewerbegebiete, in denen am Wochenende oder nachts geparkt werden könnte, wären eine mögliche Reserve, sofern zugleich die erforderlichen Sanitär- und weiteren Sozialeinrichtungen für Lkw-Fahrer zur Verfügung gestellt würden.

Die rasche Erweiterung der Stellplatzmöglichkeiten für Lkw kann aus der Sicht der Linken aber nur eine Zwischenlösung sein. An dieser Stelle bitte ich Sie, genau zuzuhören. Wir fordern weiterhin: Güterverkehr und insbesondere Schwertransporte

(Glocke des Präsidenten)

- ich komme zum Schluss - gehören auf die Schiene und nicht auf die Straße.

(Beifall bei der LINKEN)

Das bedeutet auch, die Bahnanbindung im ausgeprägten Flächenland Niedersachsen nicht einzuschränken. Der Anstieg des Güterverkehrs um 70 % - - -

Frau Kollegin, Sie müssen jetzt bitte zum Schluss kommen!

Ein Satz noch. - Der Anstieg des Güterverkehrs um 70 % in den nächsten Jahren ist weder ökologisch noch wegen der anhaltend hohen Dieselpreise annehmbar.

Jetzt komme ich wirklich zum letzten Satz.

(Unruhe)

Lassen Sie mich zusammenfassen: Wir brauchen kurzfristige Lösungen für die Lkw-Fahrer. Wir brauchen ganz dringend ein Verkehrskonzept zur Bewältigung des wachsenden Güterverkehrs. Dieses muss lauten: Güterverkehr gehört auf die Schiene und nicht auf die Straße.

Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, ich bin gefragt worden, welche Redezeiten noch zur Verfügung stehen. Für die CDU sind es noch 8:20 Minuten, für die SPD 8:21 Minuten, für die FDP 8:10 Minuten, für die Grünen 9:07 Minuten und für die Linke für den nächsten Punkt noch 2:49 Minuten.

Als nächster Redner hat sich Herr Hagenah zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das enorme Anwachsen der Güterverkehrsströme aus den Häfen wurde vom Bund, aber auch von der Regierung des Transitlandes Niedersachsen bisher verschlafen. Bereits seit Jahren erleben wir die Überlastung der Schiene auf den Hafentransportlinien, ohne dass Land und Bund entschieden auf Abhilfe gedrängt hätten.

Ebenso lange herrscht auch schon das Chaos auf den regulären und provisorischen Lkw-Stellplätzen entlang der Autobahnen, obwohl es eine rechtliche Verpflichtung des Bundes zur Vorhaltung einer ausreichenden Zahl von Plätzen gibt.

Auch Lkw-Parkplatzsuchverkehr ist übrigens eine der Unfallursachen auf Niedersachsens Autobahnen, denen sich die Verantwortlichen endlich annehmen müssten.

(Zuruf von der FDP: Sehr richtig!)

An dieser Stelle geht es nicht nur um die LkwElefantenrennen, denen mit einem Überholverbot beizukommen ist, dessen Einführung Bundesminister Tiefensee jetzt offensichtlich endlich vorhat.

Herr Minister Hirche, beides wird aber erst dann voll greifen können, wenn es gleichzeitig auch ein generelles Tempolimit auf den Autobahnen gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Nur damit lassen sich die bisher viel zu hohen und gefährlichen Geschwindigkeitsdifferenzen verringern. Nebenbei werden dadurch auch der Schadstoffausstoß reduziert und die Kapazität der Straßen erhöht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sowohl das viel zu gering dotierte Sofortprogramm des Bundes für den Schienengüterverkehr mit 255 Millionen Euro als auch das Programm für Parkplätze

an Autobahnen mit 25 Millionen Euro pro Jahr kommen angesichts des Tempos der Güterverkehrszunahme zu spät. Leidtragende dieser politischen Fehlplanung sind zunächst die Anlieger an den überlasteten, lärmtechnisch ungeschützten Schienenwegen und an den vielen wilden LkwStellplätzen im Land, aber auch die Unternehmen und ihre Mitarbeiter, die vom Gütertransport leben.

Leidtragende werden derzeit aber auch viele Menschen, denen nun im Eilverfahren ohne hinreichende raumordnerische Abwägung zu sinnvollen Standorten plötzlich Lkw-Großparkplätze vor die Tür gesetzt werden sollen, weil das gerade einem privaten Investor und einer Gemeinderatsmehrheit als in ihrem Sinne gute Lösung erscheint. Hier droht ein ungeordneter Wildwuchs ohne akzeptable - zumindest regional abgestimmte - Nutzen- und Lastenabwägung.

Auslöser des Stellplatzbedarfs ist schließlich vorrangig das Umschlagswachstum der Häfen in den Nachbarbundesländern Hamburg und Bremen. Deshalb fordern Anwohner und Umweltverbände zu Recht neben einer stärkeren Verlagerung des Güterverkehrs auf Schiene und Wasserstraßen eine länderübergreifende Lösung auch beim LkwVerkehr und den dafür notwendigen Stellflächen mit einer sachgerechten und nachvollziehbaren Auswahl der Standorte.

Wenn es aufgrund der aktuell gemessenen LkwZahlen auf unseren Autobahnen tatsächlich, wie der Wirtschaftsminister sagt, innerhalb kurzer Zeit fast zu einer Verdoppelung der Lkw-Stellflächen entlang unserer Fernstraßen in Niedersachsen kommen müsste, darf die Standortauswahl nicht allein den Interessen einzelner Gemeinden oder Investoren überlassen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Falls eine entsprechende Abwägung von den zuständigen Landkreisen - wie derzeit vom Landkreis Harburg - nicht vorgenommen wird, obwohl sich z. B. Herr Kollege Schönecke dort für ein Raumordnungsverfahren eingesetzt hat, muss das Land wegen der übergeordneten Bedeutung dieser Frage selbst raumordnerische Festlegungen zu geeigneten Standorten treffen. Nur so kann die Belastung für die Bevölkerung, die Umwelt und die Wirtschaft im Umfeld der Fernstraßen in tragbaren Grenzen gehalten werden.

Wer dieses Thema dem freien Spiel der Kräfte überlassen will oder das Ganze aussitzt, wie es die