In der Vergangenheit hatten wir das große Problem einer ungesteuerten Zuwanderung von Minderqualifizierten. Deshalb haben wir uns gegenüber Hochqualifizierten und jenen, die wir in der Zukunft brauchen, abgeschottet. Deshalb setze ich mich dafür ein, die Möglichkeiten insbesondere für Höherqualifizierte zu erweitern. Wer soll eigentlich Angst davor haben, dass Höherqualifizierte nach Deutschland kommen? Dass sie vielleicht anderen den Arbeitsplatz wegnehmen? - Da ist das Sprachproblem und anderes. Das heißt, in diesem Zusammenhang habe ich alle Initiativen unterstützt, die eine Zuwanderung Qualifizierter zulassen.
Auf der anderen Seite müssen Sie aber nicht nur den Innenminister, sondern auch alle anderen, die in der Politik Verantwortung übernehmen, verstehen, wenn sie sich an bestehende Gesetze halten. Diejenigen, die sich unrechtmäßig in Deutschland aufhalten, müssen wieder zurückkehren. Ich appelliere an eine freiwillige Rückkehr. Wenn sie aber nicht freiwillig zurückkehren, dann muss ein Rechtsstaat auch den Mut haben und sie zurückführen. Das liegt aber nicht in der Verantwortung des Landes oder derjenigen, die die Rückführung durchführen, sondern die Verantwortung trägt einzig und allein derjenige, der sich unrechtmäßig hier in Deutschland aufhält.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Innenminister hat völlig zu Recht dargestellt, dass sich Deutschland in den letzten Jahrzehnten im Bereich des Arbeitsmarkts und der Arbeitsmigration abgeschottet hat. Wir müssen lernen, dass das ein Fehler war und nachhaltig gewirkt hat. Es gibt vor unseren Grenzen keine Schlangen von Fachkräften, die zu uns kommen wollen. Wir sehen jetzt auch im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union, dass unsere ursprünglichen Erwartungen gar nicht eintreten. Wir sehen dies jetzt auch bei der weiteren Diskussion.
Herr Briese, ich glaube, die rechtliche Änderung, die Absenkung der Einkommensgrenzen für Zuwanderer, ist dringend erforderlich und schon lange überfällig. Inzwischen sind viele Jahre verstrichen und wir wären jetzt weiter, wenn Niedersachsens Initiative aufgegriffen worden wäre. Die weitere Absenkung der Mindesthöhe der Investitionen durch ausländische Existenzgründer in Deutschland allein wird nicht ausreichen, damit etwas passiert. Dann haben wir zwar die rechtlichen Größenordnungen geschaffen, wir haben aber nicht den Zuzug in den Arbeitsmarkt realisiert. Wir brauchen - das hat der Innenminister in seiner Antwort ja auch gesagt - eine weitere gezielte Steuerung der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt. Außerdem müssen wir dafür werben, dass diese Menschen hier erwünscht sind.
Wie kriegt man das nun aber am besten hin? - Ich bin der festen Überzeugung, dass die Einzelfälle, also diejenigen, die erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert sind, unsere besten Botschafter außerhalb Niedersachsens und außerhalb Deutschlands sind. Deshalb müssen wir die Menschen mit Migrationshintergrund noch stärker in den ersten Arbeitsmarkt bringen, damit sie teilhaben und für uns als Botschafter agieren können. Wir müssen aber auch gemeinsam mit der Wirtschaft Werbekampagnen im Ausland durchführen, um die Chancen und Möglichkeiten in Deutschland darzustellen. Wir haben ja gestern in der Aktuellen Stunde intensiv über dieses Thema gesprochen. Wir sind gemeinsam mit der Bundesregierung an dieser Kampagne dran.
In Niedersachsen haben wir genau diese Maßnahmen mit der Wirtschaft im Zusammenhang mit der Qualifizierungsoffensive und auch mit dem Pakt für Fachkräftemangel vereinbart und gehen hier zusammen mit anderen Bundesländern wie etwa Sachsen und Hessen vorbildlich voran.
Frau Kollegin Polat stellt eine weitere Zusatzfrage und damit die letzte Frage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Zur Abschiebehaft müssen wir noch einmal feststellen, dass es Grundrechtsverstöße gegeben hat, weil durch falsche Abschiebehaftanträge seitens der Ausländerbehörden, bestätigt durch die Verwaltungsgerichte, in der Folge Menschen, die nicht kriminell sind, rechtswidrig inhaftiert worden sind. Das muss man hier einmal deutlich sagen.
Ich frage die Landesregierung: Vor dem Hintergrund der Bitte des UNHCR, ein Kontingent von 6 000 schutzbedürftigen Flüchtlingen aufzunehmen, vor dem Hintergrund, dass der Generalvikar Paul, vor dem Hintergrund, dass die Bischofskonferenz, vor dem Hintergrund, dass der Kirchentag - - -
(Ralf Briese [GRÜNE]: Das ist erlaubt, Herr Präsident! - Christian Meyer [GRÜNE]: Das ist zulässig!)
- - - vor dem Hintergrund, dass eine Vielzahl von Flüchtlings- und Wohlfahrtsverbänden Deutschland und auch die Bundesländer aufgefordert haben, dem Arabischen Frühling gerecht zu werden und Flüchtlinge aufzunehmen, frage ich Sie:
(Zurufe von der CDU: Frage! - Gegen- ruf von Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das ist doch die Frage! Hört doch mal zu, Leute!)
Hier wurden zwei Fragen gestellt, die ich gerne beantworten möchte. Erstens. Vor dem Bundesverfassungsgericht geht es darum, dass richterliche Beschlüsse angefochten bzw. aufgehoben worden sind. Es ist aber nicht behördliches Handeln dahin gehend kritisiert worden, dass hier Grundrechtsverletzungen begangen worden sind.
Frau Kollegin Polat, Herr Minister Schünemann antwortet! Sie sollten ihm jetzt Gelegenheit geben, Stellung zu nehmen. Das muss von den Plätzen aus nicht ständig kommentiert werden.
Sie müssen sich die Urteile und die einzelnen Fälle einmal genau anschauen. Dabei geht es darum, dass richterliche Beschlüsse angefochten worden sind und dass dem stattgegeben worden ist. Kritisiert werden Grundrechtsverletzungen in behördlichem Handeln.
In dem Zusammenhang ist nichts, aber auch gar nichts festgestellt worden. Da können Sie nichts, aber auch gar nichts nachweisen. Insofern muss man feststellen, dass richterliche Beschlüsse angefochten werden können. Aber zu unterstellen, dass Behörden grundrechtswidrig handeln und deshalb Beobachter eingesetzt werden müssen, das ist schwierig. Es sei denn, Sie wollen - das geht allerdings verfassungsrechtlich nicht - bei den Gerichten Beobachter haben, die kritisieren, was dort beschlossen wird. Dafür haben wir nun einmal Rechtsstaatlichkeit, sodass das alles seinen normalen Weg geht. Alles andere macht ja keinen Sinn.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Ih- re Behörden beantragen die Be- schlüsse! - Helge Limburg [GRÜNE]: Natürlich dürfen sie beobachtet wer- den!)
Jetzt komme ich zur europäischen Flüchtlingspolitik. Den Flüchtlingsbegriff muss man dann auch genauer definieren.
Frau Kollegin Polat - ich darf auch andere darauf hinweisen -, auch eine Vielzahl von Zwischenrufen kann eine Störung darstellen, die gegebenenfalls mit einem Ordnungsruf geahndet werden kann. Ich werde darauf zurückgreifen, wenn sich das nicht ändert.
Auf der europäischen Ebene haben wir ein klares Verfahren, wie damit umgegangen werden soll. Insofern ist klar: Wenn Italien Erstanlaufland ist, muss es dies umsetzen. Wenn es um eine Größenordnung geht, wie Sie sie gerade dargestellt haben - im Bereich von 6 000 -, stellt das auf jeden Fall keine besondere Belastung für Italien dar,
weil es diese Zahlen auch in anderen europäischen Ländern - übrigens auch in erheblich höherem Umfang - gibt und sie es bewerkstelligen.
Ich habe in meiner ersten Antwort dargestellt, dass es, wenn es tatsächlich Notsituationen gibt, sinnvoll ist, bilaterale Vereinbarungen vorzunehmen. Wir sind schon zweimal gebeten worden - - -
(Zuruf von Filiz Polat [GRÜNE] - Ge- genruf von Ulf Thiele [CDU]: Es ist nicht zu fassen! - Gegenruf von Filiz Polat [GRÜNE]: Aber er hat keine Ah- nung!)
Ich habe Ihnen dargestellt, dass es sinnvoller ist, in diesem Zusammenhang bilaterale Vereinbarungen abzuschließen. Davon habe ich ziemlich viel Ahnung, weil ich im JI-Rat sitze und diese Gespräche sogar mit geführt habe. Es geht darum, dass wir uns in Malta bereits engagiert haben. Wenn es eine Notwendigkeit in anderen Bereichen gibt, werden wir uns das anschauen.
Zurzeit gibt es auf europäischer Ebene kein Ersuchen eines anderen Landes, dies umzusetzen. Das heißt, wenn es eine Bitte gibt, werden wir uns darum kümmern und uns anschauen, ob es notwendig ist.
In der Europäischen Union sind wir die Ersten gewesen, die ein klares Signal gesetzt haben. Deshalb lasse ich mir von Ihnen wirklich nicht unterstellen, dass wir in diesem Zusammenhang nicht reagieren. Wir halten an Dublin II und den Verfahren fest. Wenn sich Notwendigkeiten ergeben, schließen wir bilaterale Vereinbarungen. Wir sind dabei in Deutschland vorbildlich. Da müssen Sie uns nichts anderes unterstellen. Da Sie dies aber ständig wiederholen, versuchen Sie darzustellen, dass dieses Land, gerade auch Niedersachsen, nicht ausländerfreundlich sei.