Zweitens. Über den Arzt haben wir hier gesprochen. Auch hierbei ist es schlichtweg eine Unterstellung, er habe tendenziöse Atteste ausgestellt. Wenn wir hier jedes Attest darlegen und darstellen wollten, ob es tendenziös ist oder nicht, dann würde das zu weit führen. In diesem Punkt muss ich das auch in aller Schärfe zurückweisen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der von der FDP geäußerten Forderung nach Abschaffung der Residenzpflicht und des Wohlwollens, das die CDU-Fraktion im Innenausschuss zu dem dort vorliegenden Antrag signalisiert hat, frage ich: Will die Landesregierung das in der Neufassung des § 58 Abs. 6 des Asylverfahrensgesetzes gegebene Instrument nutzen und Lockerungen der Residenzpflicht in Niedersachsen herbeiführen?
(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Ihre Fraktion hat das angekündigt! Wir kennen Sie doch, Herr Schünemann! Sie muss man festlegen!)
Ich verweise auf meine erste Antwort, in der ich ausführlich dazu Stellung genommen habe. Insofern verstehe ich die Nachfrage nicht. Ich weiß ja, dass das etwas verteilt ist, aber hier habe ich das eindeutig vorher gesagt.
Herr Kollege Bachmann stellt eine weitere Zusatzfrage und damit die letzte Frage für die SPDFraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Schünemann, man muss ja dazu stehen, was man spontan äußert. Sie haben zu dem Zehnpunktepapier - das darf ich vorausschicken; das ist die Begründung der Frage - gesagt: mit einem Schmunzeln in einen Aktenberg ganz unten gelegt. - Sehen Sie denn überhaupt keinen Handlungsbedarf im Hinblick auf die Vorschläge Ihres Koalitionspartners? Und wann wird der Vorschlag Ihres Koalitionspartners in diesem Aktenberg - Sie scheinen ja viele auf Ihrem Schreibtisch mit unerledigten Dingen zu haben; vielleicht geben Sie darüber auch einmal Auskunft, wie die Aktenberge bei Ihnen herumliegen - wieder zur Bearbeitung
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorhin hat sich Frau Modder durchaus darüber gefreut, dass ich Humor habe. Manchmal muss man etwas auch ein bisschen pointiert darstellen. Das habe ich hierbei getan.
Bei der Beantwortung haben Sie gesehen, dass es einige Punkte gibt, die längst schon auf dem Weg sind. Dazu haben wir ja auch schon einiges haben.
Ich kann Sie beruhigen. Wenn ich morgens ins Büro komme, gibt es durchaus ziemlich hohe Aktenberge. Aber wenn ich das Büro verlasse - das können Sie sich vorstellen -, ist der Aktenberg bis auf einige wenige Akten abgearbeitet.
(Heiterkeit bei allen Fraktionen - Bei- fall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: An der Stelle der FDP-Fraktion würde ich jetzt aber nachfragen! - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Das lässt er jeden Tag erneut liegen! - Weitere Zurufe - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Vielen Dank, Herr Präsident. - Vor dem Hintergrund, dass zumindest ich den Innenminister so verstanden habe - vielleicht habe ich das falsch verstanden, dann können Sie das ja korrigieren -,
dass es nach seiner Meinung in der Vergangenheit bei Abschiebungen aus Niedersachsen nie zu Rechtsverstößen gekommen ist, frage ich die Landesregierung, welche Konsequenzen sie aus der Tatsache gezogen hat, dass das Bundesverfassungsgericht insgesamt neun Mal die Anordnungspraxis für Abschiebehaft in Niedersachsen gerügt hat, welche Konsequenzen Sie vielleicht in der Richterfortbildung für die beteiligten Richterin
nen und Richter, aber auch für die beteiligten Ausländerbehörden gezogen hat, die damit neun Mal rechtswidrige Anträge auf Abschiebehaft gestellt haben.
(Jens Nacke [CDU]: Das ist Richter- schelte! Der Innenminister soll Richter ausbilden? - Gegenruf von Ralf Briese [GRÜNE]: Das Bundesverfassungsge- richt hat sich geäußert! - Weitere Zu- rufe - Unruhe - Glocke des Präsiden- ten)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie müssen sich die Urteile genau anschauen. Hierbei geht es nicht um Grundrechtsverletzungen, sondern es ging in diesem Zusammenhang um Verfahrensfehler.
- Das tut mir leid. Sie prangern hier Grundrechtsverletzungen an. Wenn aber Verfahrensfehler vorgelegen haben und das Bundesverfassungsgericht hierbei eingeschritten ist, dann ist das in Ordnung. Aber es ist ein Unterschied, ob Sie hier darstellen, dass es während der Abschiebung zu Grundrechtsverletzungen gekommen ist, oder ob Verfahrensfehler vorgelegen haben.
Ich glaube, in jedem Bereich, nicht nur im Bereich der Ausländerpolitik, haben wir schon einmal festgestellt, dass es zu Verfahrensfehlern gekommen ist. Das können Sie nie ausschließen. Dafür haben wir die Rechtsprechung und auch das Bundesverfassungsgericht. Insofern kann man nur darstellen, dass in unserem Land absolut rechtsstaatlich vorgegangen wird. Deshalb ist das auch nicht zu kritisieren.
Danke schön, Herr Präsident. - Na ja, Herr Innenminister, zwei Dinge waren in der Vergangenheit definitiv grundrechtswidrig. Das eine war - höchstrichterlich festgestellt - Ihr Polizeigesetz, und das
Genau, ich komme zur Frage. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Sie bei der Beantwortung gerade gesagt haben, Herr Innenminister, dass es für Niedersachsen durchaus wichtig sei, für Zuwanderer attraktiv zu werden,
weil wir eine demografische Lücke haben, frage ich die Landesregierung: Wie will sie dem Eindruck entgegenwirken, dass Niedersachsen ein ungastliches Land ist, wenn die Flüchtlingsverbände und Sozialverbände immer wieder kritisieren, dass eine Unbarmherzigkeit und teilweise auch Gnadenlosigkeit in der Abschiebepolitik - wie jetzt erst wieder von der Caritas offiziell behauptet - beständen, und wie wollen Sie von diesem Image wegkommen, dass hier der „harte Hund“ regiert, und für Zuwanderer attraktiv werden? - Diesen Widerspruch müssen Sie einmal auflösen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für falsche Behauptungen ist die Landesregierung nicht zuständig.
(Kreszentia Flauger [LINKE]: Die ei- nen sagen so, die anderen so! - Ralf Briese [GRÜNE]: Fragen Sie mal die Caritas!)
- Sie arbeiten ja an diesem Image. Das ist nun aber Ihre Sache. Ich habe das nicht zu kritisieren, sondern das machen Sie da.
Wenn Sie sich die Ausländerpolitik des Landes Niedersachsen anschauen, werden Sie feststellen - das ist wichtig, und dafür ist ein Innenminister auch da -, dass es rechtsstaatlich zugeht. Wir haben Bundesgesetze, die mit Mehrheit beschlossen worden sind, und das Land hat den Auftrag, diese Gesetze umzusetzen. Genau das geschieht über die Ausländerbehörden.
Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber in diesem Bereich ganz bewusst keinen Ermessenspielraum vorgesehen hat.
Das war in der Vergangenheit einmütig so. Denn welche Folgen das haben kann, kann man sich vorstellen. Stellen Sie sich einmal Folgendes vor: Wenn wir in diesem Rechtsbereich einen Ermessensspielraum hätten, dann käme es für den Betreffenden immer darauf an, ob er Unterstützer hat und ob es in seinem Zusammenhang eine Öffentlichkeit gibt. Dann hätte man ein Ermessen und könnte anders urteilen als in einem anderen Bereich. In einem Rechtsstaat muss aber jeder gleichbehandelt werden, und die Gesetze gelten für alle. Das ist gerade im Bereich des Ausländerrechts ein ganz besonderes Gut. Deshalb ist es gut, dass man sich darauf geeinigt hat.
Da man das so gemacht hat, muss der Aufenthalt einer Person, die kein Asyl bekommen hat, beendet werden. Wir legen immer wieder großen Wert auf den Hinweis, dass eine Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise besteht, dass man das Urteil eines Gerichts annehmen muss und nicht bis zum letzten Augenblick warten darf, bis eine Abschiebung droht. Deshalb will ich an dieser Stelle, weil es ja immer ganz schreckliche Bilder sind - das ist übrigens auch für die Ausländerbehörden und auch für die Vollzugsbeamten ganz schwierig, die die Ausreise umsetzen müssen -, noch einmal Folgendes sagen: Man sollte es insbesondere dann, wenn man Kinder hat, nicht darauf ankommen lassen, dass diese Situation eintritt. Das ist schwierig. Ich kann Ihnen sagen: Sie wissen, wie schwierig es ist, überhaupt noch Abschiebungen durchzuführen. Die Zahlen gehen ja dramatisch runter. Deshalb sehen wir an dieser Stelle keine Notwendigkeit für noch mehr Beratung. Diese Beratung wird gerade durch Hilfsorganisationen und andere Einrichtungen in hervorragender Weise vorgenommen.
Ein etwas anderes Problem aber ist es, in Zukunft qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen. Sie können genau sehen, wie die Landesregierung in den letzten acht Jahren gearbeitet hat und welche Initiativen insbesondere ich ergriffen habe. Wer sich hier in Deutschland rechtmäßig aufhält, der muss jede Unterstützung bekommen. Wenn Sie sich einmal ansehen, welche zusätzlichen Integrationsbemühungen gerade Niedersachsen unternommen hat, damit sie so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt kommen und ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können, werden Sie feststellen, dass genau dies der richtige Punkt ist.