Protokoll der Sitzung vom 30.06.2011

on abgesagt werden, damit die parlamentarische Beratung nicht zu Ende kommt, und ob Sie so durch Aussitzen Ihren Koalitionskonflikt lösen wollen.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Herr Kollege, wir sind uns aber einig, dass das jetzt zwei Fragen waren. - Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe Ihnen die Haltung der Landesregierung zu den zehn Punkten ausführlich dargestellt. Dabei habe ich auch den Punkt Residenzpflicht dargestellt. Das ist etwas, was auf Bundesebene im dortigen Koalitionsvertrag festgelegt worden ist. Ich habe Ihnen dargestellt, dass es zum größten Teil sogar schon eine Residenzfreiheit gibt. In einem Punkt ist längst auch eine Verordnung vorbereitet.

Das Einzige, was in diesem Zusammenhang noch interessant ist, ist die Vorrangprüfung. Ich habe Ihnen das Verfahren genannt, wie wir es in der Vergangenheit auch schon beantragt haben. Auch darüber gibt es hier Konsens.

Im Übrigen ist das, was ich dargestellt habe, Meinung der Landesregierung.

Die nächste Zusatzfrage stellt die Kollegin Dr. Lesemann.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Wenn man den Ausführungen des Innenministers zugehört hat, muss man sich fragen: Warum hat die FDP überhaupt dieses Papier vorgelegt, wenn in der Koalition in diesen politischen Fragen offensichtlich „Friede, Freude, Eierkuchen“ herrscht?

(Christian Dürr [FDP]: Man darf doch Papiere vorlegen, auch wenn „Friede, Freude, Eierkuchen“ herrscht! Das ist doch kein Widerspruch!)

Von daher würde mich interessieren, wie das die FDP-Minister sehen.

(Zustimmung von Johanne Modder [SPD] - Jens Nacke [CDU]: Es ist ja schön, dass Sie das interessieren würde!)

Herr Minister Schünemann!

Zur Motivation von Fraktionen kann die Landesregierung nicht Stellung nehmen.

Ansonsten ist es üblich, dass der Ressortminister zu dem Bereich Stellung nimmt, für den er Verantwortung trägt. Das habe ich, glaube ich, ausführlich getan.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zudem ist es Sache der Landesregierung, zu entscheiden, wer antwortet. Die Fragen richten sich an die Landesregierung.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das soll- te aber einer sein, der antworten kann!)

Herr Kollege Adler stellt die nächste Zusatzfrage.

(Jens Nacke [CDU]: Herr Adler, zei- gen Sie denen mal wieder, wie es geht!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund der für mich etwas überraschenden Äußerungen des Innenministers zur Frage der Integrations- und Sprachkurse: Habe ich Sie richtig verstanden, dass in Zukunft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Falle der Ablehnung nicht zweistufig entscheiden soll, also „unbegründet“ oder „offensichtlich unbegründet“, sondern demnächst dreistufig: „unbegründet“, „offensichtlich unbegründet“ und als Drittes „unbegründet mit Chance auf Anerkennung“? Und wenn das so ist: Wo ist dafür eigentlich die gesetzliche Grundlage? - Das ist die erste Frage.

Die zweite Frage schließe ich gleich an: Wie ist das mit denjenigen Asylbewerbern, die nach ihrem individuellen Verfolgungsschicksal nicht so große Chancen auf Anerkennung haben, bei denen aber feststeht, dass sie in absehbarer Zeit faktisch nicht abgeschoben werden, weil es Abschiebestopps gibt, z. B. im Fall Irak oder im Fall Syrien? Bekommen die auch einen Sprachkurs?

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Schünemann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Beispiel bei den Irakern haben wir, als wir das Resettlementprogramm gemacht haben und klar war, dass sie tatsächlich hier bleiben können, sofort auch in Niedersachsen angeordnet, dass man hier tatsächlich die Sprachkurse umsetzt. Nur: Wenn klar ist, dass man wieder zurückgehen muss, ist es natürlich wenig sinnvoll, Sprachkurse zu machen. Das wird dann auch nicht finanziert.

Zur ersten Frage: Wir haben überhaupt kein geändertes Verfahren vorgesehen, sondern wir prüfen im Moment nur die Möglichkeit. Die Erstaufnahme wird ja z. B. in Braunschweig oder auch in Friedland durchgeführt. Wenn im Verfahren feststeht, dass die Anerkennung tatsächlich der Fall ist, dann wollen wir ihnen unter Umständen die Möglichkeit geben, auch in Friedland schon die Sprachkurse zu bekommen. Das macht Sinn, damit sie, wenn sie dann auf die Kommunen verteilt werden, schon besser vorbereitet sind. Es muss aber ganz klar sein, dass es dann auch zu einer Anerkennung kommt. In einigen Fällen ist dieses schon nach kurzer Zeit möglich.

(Zustimmung bei der CDU)

Frau Kollegin Zimmermann von der Fraktion DIE LINKE stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass wir im Jahr 2010 noch fast zehn Anträge zur Ausländer- und Flüchtlingspolitik hier im Parlament bearbeitet haben und in diesem Jahr nicht viel mehr als einer bearbeitet worden ist, und vor dem Hintergrund, dass, wie der Kollege Bachmann schon sagte, Sitzungen der Integrationskommission ohne Begründung ausgefallen sind, und Sie ausführen, dass das nichts damit zu tun hat, diese Themen auf die lange Bank zu schieben, frage ich die Landesregierung, ob wir dann erwarten können, dass die Anträge, die noch im Verfahren sind,

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Sie- ben Anträge sind noch im Verfahren!)

nämlich z. B. zum Wahlrecht für Drittstaatenangehörige und zur Residenzpflicht, in diesem Hause in unserem Sinne positiv beschieden werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nun wirklich nicht die Aufgabe der Landesregierung, zu Beratungen im Landtag Stellung zu nehmen, sondern das wird vom Landtag organisiert. Ich bin mir sicher, dass der Landtagspräsident das genauso sieht.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Aber Sie nehmen keinen Einfluss darauf?)

- Natürlich nicht! Herr Bachmann, haben Sie wirklich den Eindruck, dass ich so viel Einfluss habe, dass ich tatsächlich die Beratungen im Landtag beeinflussen kann? - Das ehrt mich zwar auf der einen Seite, aber das muss ich doch mit aller Entschiedenheit zurückweisen, Herr Bachmann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Kollege Limburg stellt die nächste Zusatzfrage.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Bezug nehmend auf die Äußerungen des Innenministers zum Kommunalwahlrecht für Ausländer frage ich die Landesregierung, ob ihr bekannt ist, dass in der Anhörung sehr viele Expertinnen und Experten ein solches Kommunalwahlrecht ausdrücklich für zulässig gehalten haben, und wie ihre politische - nicht juristische - Auffassung zu dieser Fragestellung ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Schünemann!

Die Haltung der Landesregierung ist so, wie ich es in der ersten Antwort dargestellt habe.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist gar keine Antwort! - Klaus-Peter Bach- mann [SPD]: Er macht sich heute ei- nen schlanken Fuß! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin Polat stellt die nächste Zusatzfrage.

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass der Koalitionspartner auch von einer besseren Kontrolle gesprochen hat, um Grundrechtsverletzungen bei der Abschiebung zu vermeiden, sowie vor dem Hintergrund, dass wir seit Jahren beobachten, dass der Innenminister insbesondere in Sachen Abschiebung auch mit der AG Rück dokumentiert, dass Ärzte Flüchtlingen zunehmend Reiseunfähigkeit bescheinigen, sodass der Innenminister dann gefordert hat, Flugmediziner einzusetzen, woraufhin es in Niedersachsen einen vom Innenministerium empfohlenen Arzt gab, der mit entsprechend tendenziös verfassten Gutachten die Flugreisetauglichkeit dokumentierte, ob diese Praxis in Niedersachsen nach wie vor stattfindet.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der LINKEN)

Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Polat, ich hätte mich gewundert, wenn diese unsachlichen Äußerungen von Ihnen nicht wieder gekommen wären. Erstens sind in Niedersachsen keine Grundrechtsverletzungen festgestellt worden. Dann müssen Sie etwas anderes darstellen. Ich bitte, das dann wirklich vorzulegen. Ich muss schon sagen, jetzt werde ich wirklich sauer. Das ist eine Unverschämtheit,

(Zustimmung bei der CDU)

den Mitarbeitern und vor allen Dingen auch den Richtern zu unterstellen, sie handelten und urteilten in irgendeiner Weise grundrechtswidrig. Das muss ich wirklich zurückweisen! Ansonsten müssen Sie die Beweise dafür vorlegen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens. Über den Arzt haben wir hier gesprochen. Auch hierbei ist es schlichtweg eine Unterstellung, er habe tendenziöse Atteste ausgestellt. Wenn wir hier jedes Attest darlegen und darstellen wollten, ob es tendenziös ist oder nicht, dann würde das zu weit führen. In diesem Punkt muss ich das auch in aller Schärfe zurückweisen.