Protokoll der Sitzung vom 30.06.2011

(Ingrid Klopp [CDU]: Gestern war das etwas anderes! - Weitere Zurufe von der CDU)

Ich glaube, ein Vergleich der Auseinandersetzungen gestern und meines Wortbeitrages mit diesem kleinen Flyer - wenn er auch nicht von uns kommt - ist irgendwie nicht angebracht. Seien Sie nicht so dünnhäutig, Herr Nacke!

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Zur Geschäftsordnung erhält Herr Kollege Nacke noch einmal das Wort.

(Johanne Modder [SPD]: Oh nein! - Christian Meyer [GRÜNE]: Er macht es nur noch schlimmer!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal, Frau Heinen-Kljajić, ich bitte um Entschuldigung. Ich war davon ausgegangen, dass das ein Produkt der Grünen ist,

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN - Wolfgang Jüttner [SPD]: Nichts geht über gesunde Vorurteile!)

weil diese kleinen kreativen Flyer meist von den Grünen kommen. Das will ich an der Stelle gern einräumen. Wir bekommen da ja mal öfter etwas: die Sticker oder diese Sachen, die Sie so geschickt haben.

(Johanne Modder [SPD]: Eben!)

Ich finde den Inhalt des Flyers nicht in Ordnung. Das habe ich gesagt. In diesem Falle sage ich allerdings ausdrücklich, Frau Kollegin Modder: Da Sie die moralische Messlatte nicht immer ganz nach oben packen und für sich etwas Besonderes in Anspruch nehmen,

(Oh, oh! von der SPD)

finde ich es bei der SPD noch eher akzeptabel als bei den Grünen, die hier laufend einen auf moralisch machen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Jeder blamiert sich, so gut er kann! - Hans-Henning Adler [LINKE]: Herr Thiele, hören Sie auf zu lachen! - Heinz Rolfes [CDU]: Die werden jetzt eingesammelt! Schluss! Aus! - Lachen bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Nacke, wir unterbrechen das jetzt wieder ganz kurz, bis sich die Aufregung auch in der SPD-Fraktion gelegt hat.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Das ist keine Aufregung! Wir amüsieren uns!)

Bitte, Herr Kollege Nacke!

Gleichwohl muss gelten, dass die Regeln, die wir uns gegenseitig hier in diesem Haus gegeben haben, auch von allen eingehalten werden.

(Johanne Modder [SPD]: Scherzver- bot!)

Es ist eindeutig, dass es eben nicht zulässig ist, hier wie auf einem Parteitag morgens vor Beginn einer Sitzung die Zettel zu verteilen. Das haben wir mehrfach diskutiert. Ich finde, an die Regeln kann man sich halten.

Nichts hätte dagegen gesprochen, wenn Sie das so gemacht hätten wie die Kollegen von den Grünen beispielsweise mit ihren Weihnachtspräsenten: Sie geben sie in den Fraktionen ab. Sie werden in die Fächer gelegt. - Nichts spricht dagegen. Von mir aus können Sie so etwas auch veröffentlichen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Uwe Schünemann damit kein Problem hat. Es ist aber genau die bewusste Grenzverletzung der Regeln in diesem Haus, die Sie gestern für sich in Anspruch genommen haben und heute missachten, die ich nicht in Ordnung finde. Dafür sollten Sie sich entschuldigen und hier nicht noch Theater machen, wie humorlos wir alle doch seien. Das ist nicht der Fall, bei mir schon gar nicht. Das wissen Sie ganz genau.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Modder, bitte!

(Heinz Rolfes [CDU]: Sie muss doch nicht reden! Sie muss doch nur die Zettel einsammeln!)

Herr Präsident! Lieber Herr Kollege Nacke, zum einen: Ich weise zurück, dass meine Messlatte, was moralische Fragen oder Stilfragen dieses Hauses angeht, nicht so hoch wäre wie bei den Grünen. Das weise ich wirklich zurück!

(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Björn Thümler [CDU]: Das macht die Sache jetzt nicht besser! - Heinz Rolfes [CDU]: Einsammeln!)

Zum anderen werden wir das in Zukunft so handhaben: Erstens haben wir uns ein bisschen vertan, weil Herr Schünemann in der Tat etwas dünner geworden ist. Wir werden demnächst eine rote Schleife darum binden und das dann verteilen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Björn Thümler [CDU]: Aber ga- rantiert nicht hier!)

Ich glaube, die Argumente sind ausgetauscht. Zum Ersten halte ich fest: Es gibt eine Absprache der Fraktionen, dass auch - ich hätte fast „Publikationen“ gesagt - Veröffentlichungen dieser Art nicht

im Rahmen der Plenarsitzung auf die Plätze der Abgeordneten verteilt werden. Das ist, glaube ich, auch in den Absprachen der Parlamentarischen Geschäftsführer bestätigt worden.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Zum Zweiten werden wir auch diesen Punkt in der nächsten Sitzung des Ältestenrates thematisieren, weil es ohnehin noch Diskussionsbedarf gibt. Bei der Gelegenheit wird auch dieses noch einmal geklärt. Ich erwarte, dass die Parlamentarischen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer dieses in ihrer nächsten Gesprächsrunde zum Thema machen, damit wir dann, wenn es Absprachen gibt, sicherstellen, dass sie von allen Fraktionen eingehalten werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der SPD: Jawohl!)

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 26 auf:

Dringliche Anfragen

Es liegen drei Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus.

Ich weise, wie üblich, darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu Zusatzfragen nicht zulässig sind. Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 26 a:

Schünemann, Dürr und McAllister - Koalitionsstreit auf Kosten einer humanen Flüchtlingspolitik des Landes? - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 16/3776

Zur Einbringung erteile ich der Kollegin Dr. Lesemann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 9. Juni 2011 stellten FDP-Fraktionschef Dürr und der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Oetjen, der Öffentlichkeit „Zehn Punkte für eine liberale Flüchtlings-, Asyl- und Ausländerpolitik“ vor.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die meisten dieser Thesen brechen mit der bislang von der FDP mitgetragenen Flüchtlingspolitik der Landesregierung.

Innenminister Schünemann erteilte dem Papier umgehend eine harsche Abfuhr und ließ mitteilen, die zehn Thesen „mit Schmunzeln zur Kenntnis genommen“ und dann unter einem Aktenberg begraben zu haben. Gleichzeitig lässt er sich in einer Boulevardzeitung mit den Worten zitieren: „Lieber ein harter Hund als ein Warmduscher“.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der CDU: Richtig! - Sehr gut! - Prima! - Zuruf von der SPD: Zitat!)

Ministerpräsident McAllister verzichtet auf Führung und Inhalte und schweigt zum Streit zwischen Schünemann und dem FDP-Koalitionspartner.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Unterstützt die Landesregierung die barsche Ablehnung der zehn Thesen der FDP-Fraktion zur Flüchtlingspolitik durch Innenminister Schünemann, der verkünden ließ, die Thesen „mit Schmunzeln zur Kenntnis genommen“ und dann unter einem Aktenberg begraben zu haben?

2. Welche der zehn Thesen der FDP zur Flüchtlingspolitik teilt die Landesregierung, welche lehnt sie ab?

3. Wo ist in der bisherigen Flüchtlingspolitik des Landes die liberale Handschrift des Koalitionspartners und der selbst ernannten Bürgerrechtspartei FDP zu erkennen?

Vielen Dank.