Protokoll der Sitzung vom 13.09.2011

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 24. November 2010 ist Ihnen völlig egal. Auch das, was in dem sogenannten Bienenurteil Anfang dieses Monats in 2011 vom Europäischen Gerichtshof ausgesprochen wurde und was verbindlich ist, ist Ihnen bei Ihrem Antrag völlig egal. Zumindest dieses Urteil des EuGH ist eine massive Klatsche für alle Verfechter von grüner Gentechnik.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das alles stört Sie offenbar überhaupt nicht. Im Detail wird der Kollege Schminke bei dem entsprechenden Tagesordnungspunkt noch auf dieses EuGH-Urteil eingehen. Wer dann nach allem, was dazu höchstrichterlich gesagt wurde, davon spricht, die Nutzung der Biotechnologie sei ethisch vertretbar und ökonomisch und ökologisch geboten, wie es in Ihrem Antrag heißt - Sie waren nicht bereit, diese Passage herauszunehmen -, der hat überhaupt nichts verstanden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zum Begriff der Positivkennzeichnung: Ja, so macht man das. Das ist so eine sprachliche Manipulation nach dem Prinzip Heiner Geißler. Der hat schon ganz früh, als er noch Generalsekretär war, verstanden: Man muss einen bestimmten Begriff prägen, und dann muss man mit diesem Begriff Inhalte verbinden.

(Zurufe von der CDU)

- Ja, das hat er damals auch begriffen. Das machen Sie oder mindestens die Befürworter dieser Technik an dieser Stelle genauso, damit man den Inhalt möglichst noch ins Gegenteil verkehren und damit ablenken kann; denn alles, was hier gefordert wird, ist eigentlich eine Darstellung von negativen Entwicklungen. Die Verbraucher wissen ganz genau, dass es um negative Entwicklungen geht.

Die übergroße Mehrheit der Verbraucher will keine gentechnisch veränderten Organismen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es ist also eine Negativkennzeichnung, um die es hier geht. Ich wäre Ihnen dankbar gewesen, wenn Sie wenigstens das akzeptiert hätten.

Das, was in dem Zitat der Katholiken aus Passau gesagt wird, und das, was zur Transparenz und zur Kennzeichnungspflicht gesagt wird, unterschreiben wir vollständig. Deswegen ist die Wiederholung dessen - Herr Kollege Dürr, jetzt könnten Sie zuhören! -, was Sie uns vorgeworfen haben, und dessen, was der Kollege DenekeJöhrens uns vorgeworfen hat, schlichtweg falsch. Es wird nicht dadurch besser, dass Sie das noch einmal wiederholen. Wir sind für maximale Transparenz. Wir sind für maximale Kennzeichnung. Es ist überhaupt kein Problem, an der Stelle irgendetwas zu verbergen, aber nicht mit dem Tenor, noch mehr GVOs unterzubringen. Im Gegenteil: Das bisschen, was da ist, muss zurückgedrückt werden.

(Christian Dürr [FDP]: Warum dürfen die Verbraucher nicht entscheiden?)

- Die Verbraucher entscheiden. - Schade, dass Dr. Hocker noch nicht da ist. Freiheit für die Glühbirne, sage ich da nur.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Ich bin hier!)

- Entschuldigung! Freiheit für die Glühbirne! Das ist Ihr Beitrag zur Energiewende. Diese Geschichte ist dann Ihr Beitrag zur Gentechnikdebatte. - Nein, es lohnt sich nicht.

Es gibt noch zwei weitere Anträge von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und von der Fraktion DIE LINKE, die heute beraten werden und über die ebenfalls abgestimmt wird.

Frau Kollegin König, ich muss Sie enttäuschen. Die Tatsache, dass wir heute unseren Antrag dazu noch nicht vorgelegt haben, hatte mit der Kommunalwahl gar nichts zu tun. Das kann ich Ihnen, Frau Kollegin König, auch belegen, weil meine Bundestagsfraktion einstimmig einen Antrag formuliert hat, der schon vor der Kommunalwahl veröffentlicht wurde. Den Inhalt dieses Antrags kann jeder nachlesen.

Wir haben auf das Urteil des EuGH gewartet, weil wir noch mitnehmen wollten, was der Europäische

Gerichtshof höchstrichterlich dazu sagt. In dem Urteil geht es nicht nur um Bienen und Honig. Alles, was da drinsteht, lässt sich nahtlos auch auf viele andere Produkte übertragen. Deswegen war es uns wichtig, nach dem Urteilsspruch darauf noch eingehen zu können. Der Antrag, der heute mit Mehrheit beschlossen wird, wird doch anschließend im Papierkorb versenkt. Es ist ja nicht so, dass das, was Sie hier beschließen, ernsthafte Folgen hätte.

(Clemens Große Macke [CDU]: Inte- ressantes politisches Grundverständ- nis von Ihnen!)

Ich will trotzdem den Versuch unternehmen, an die Kollegen von CDU und FDP zu appellieren. Das mit dem „christlich“ ist zumindest für die Mitglieder der Christlichen Union ein Thema, das sie immer wieder ansprechen. Bei der FDP ist das im Moment vielleicht sinnlos; denn Sie haben ganz andere Probleme und sind an der Stelle festgefahren, wie Ihr Einwand soeben belegt hat. Wir werden also den Antrag von CDU und FDP ablehnen, und wir werden die beiden anderen Anträge mit Stimmenthaltung begleiten. Wir werden in Kürze unseren Antrag vorlegen und ihn vielleicht im nächsten Plenarsitzungsabschnitt beraten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Clemens Große Macke [CDU]: Vorher nicht geschafft! - Jens Nacke [CDU]: Herr Meyer, das war ein einigerma- ßen sachlicher Beitrag! Es geht doch! Respekt!)

Danke schön, Herr Kollege Meyer. - Für die FDPFraktion hat zum selben Thema Frau von BelowNeufeldt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Mensch bejaht zuerst, was ihm Nutzen bringt. Nicht wahr, Herr Kollege Meyer?

Ich bin froh, dass unser Antrag zur Positivkennzeichnung heute erneut auf der Tagesordnung steht. Es muss nämlich endlich eine Entscheidung her - eine Entscheidung, die dem Verbraucher ehrliche Auskunft gibt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der Verbraucher weiß, was er will, und wenn er Bio will, dann bezahlt er auch den Preis dafür. Er weiß vom Grundsatz her Bescheid, wägt ab und hat natürlich auch Erwartungen. Da, wo er bislang wirklich noch in die Irre geführt wird, setzt unser Antrag an: Wir wollen Verbrauchertransparenz. Der Verbraucher soll erkennen, ob Zusatzstoffe, Enzyme, Aromen oder Vitamine gentechnisch verändert hergestellt wurden oder ob die Herstellungsverfahren im biotechnischen Bereich mithilfe der Gentechnologie betrieben worden sind. Das alles wird zurzeit nämlich nicht gelabelt. Das wollen wir ändern. Ein Produkt mit dem Aufdruck „ohne Gentechnik“ darf beworben werden, auch wenn es solche Zusatzstoffe wie eben beschrieben enthält oder wenn biotechnische Herstellungsverfahren mithilfe der Gentechnologie genutzt wurden. Das ist die Irreführung, die ich meine. Hier braucht es Klarheit, und hier braucht es ehrliche Informationen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Deshalb von uns der Antrag auf eine umfassende Positivkennzeichnung für alle Lebensmittel. Das betrifft vielleicht auch Ökoprodukte. Das wird man dann noch sehen.

Niedersachsen ist ein Forschungs-, Agrar- und Wirtschaftsstandort. Die Regierungsfraktionen setzen sich mit diesem Antrag ausdrücklich für die verantwortliche Nutzung und die Potenziale der Biotechnologie in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelproduktion ein. Die Anwendung moderner und dem heutigen Stand entsprechender zugelassener Technologien stellt eine Chance für den Produktionsstandort Niedersachsen dar.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren: Ja zu modernen Verfahren, Ja zu unseren Qualitätsprodukten! Das schließt auch umfassende Information ein. Der Verbraucher muss wissen, was er auf dem Teller oder im Glas hat. Es ist beste Qualität, hygienisch lagerungsfähig, gleichbleibend im Geschmack und mit den erwarteten und gewünschten Eigenschaften.

Meine Damen und Herren der Opposition, enthalten Sie dem Verbraucher bitte nicht länger vor, was Sie immer gern für Ihre Ziele beanspruchen: nämlich Transparenz.

(Rolf Meyer [SPD]: Das tut auch kei- ner!)

Deshalb bitte ich Sie, dem gemeinsamen Antrag der Regierungsfraktionen zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Sehr gut!)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält Herr Meyer das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dank des Kollegen Meyer brauche ich zur Kritik an der grünen Gentechnik nicht viel zu sagen. Ich kann das alles nur unterstützen und unterstreichen, was er zitiert hat, was die Kritik sowohl der Kirchen, des Bundesverfassungsgerichts als auch der Umweltverbände an dieser Risikotechnologie betrifft.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Kollege Deneke-Jöhrens, ich habe im Ausschuss sehr gut zugehört. Deshalb wundert es mich, dass Sie Ihren Antrag unverändert gelassen haben. Sie fordern in Ihrem Antrag einen nationalen Alleingang. Sie sagen, wenn die EU das nicht so mache, wie Sie das wollten, dann machen Sie das eben auf nationaler Ebene. Ich kann mich sehr gut daran erinnern - vielleicht kann Herr Minister Lindemann dazu noch etwas sagen -, dass Herr Staatssekretär Ripke im Ausschuss gesagt hat, das sei nicht zulässig. Wir könnten an der EU-Kennzeichnungsverordnung nicht vorbei und keinen nationalen Alleingang in dieser Frage machen wie in vielen anderen Fragen auch nicht. Er hat Ihre Forderung eigentlich für rechtswidrig erklärt.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Vielleicht erklären Sie einmal, wie Sie meinen, dass Deutschland an der EU vorbei Ihre nationale Kennzeichnungsregelung mit einer Pflichtkennzeichnung umsetzen kann und will.

(Unruhe)

Herr Meyer, ich möchte Sie kurz unterbrechen. Ich bitte um etwas mehr Ruhe auf der rechten Seite des Hauses.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Genau!)

Man muss sich da auch nicht verstecken. Es stimmt natürlich, dass wir, wie Herr DenekeJöhrens sagt, in Niedersachsen weitgehend keinen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen haben. Das ist auch ein großer Erfolg der Bewegung gegen diesen Genpflanzenanbau.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der LINKEN)

Ich möchte daran erinnern - das haben wir deshalb auch als ersten Satz unseres Änderungsantrags gewählt -, woran das liegt: Damals hatte Frau Bundesministerin Aigner nach viel Druck - mit Staatssekretär Lindemann, der damals im Amt war - den Genmais MON810, der in Niedersachsen angebaut worden ist und der nach Ihrem Willen sogar in Naturschutzgebieten in Niedersachsen angebaut wurde,

(Zuruf von den GRÜNEN: In der Elb- talaue!)