Protokoll der Sitzung vom 13.09.2011

Hintergrund des vorliegenden Antrags ist die im Bundesrat behandelte Drucksache 874/10, mit der die Bundesländer über die Überarbeitung der Arbeitszeitrichtlinie informiert wurden. Zum Antrags

text ist anzumerken, dass die angesprochene zweite Phase der Konsultation mittlerweile abgeschlossen ist. Eine Änderung der Arbeitszeitrichtlinie ist nicht erforderlich, da Deutschland die Rechtsprechung des EuGH zum Bereitschaftsdienst bereits mit dem Arbeitszeitgesetz umgesetzt hat. Die an die Landesregierung gerichtete Forderung, dass man zusammen mit den niedersächsischen Sozialpartnern beispielgebende Lösungen für Bereitschaftsdienste und Ausgleichsruhezeiten entwickeln und diese in die zweite Phase der Anhörung einbringen könne, ist vor diesem Hintergrund als überholt zu betrachten.

In Ihrem Antrag schreiben Sie:

„Das individuelle Opting-out ist nicht vereinbar mit den Grundsätzen des Gesundheits- und Sicherheitsschutzes. Die Beendigung dieses Optingouts in der Arbeitszeitrichtlinie muss für Niedersachsen ein Ziel sein.“

Ich sehe das anders. Meine Damen und Herren, dieser Teil des Antrages allein reicht schon aus, um ihn abzulehnen. Sowohl die Niedersächsische Landesregierung als auch die Bundesregierung setzen sich mit Nachdruck für ein Festhalten an der Opting-out-Möglichkeit ein. Die in Deutschland erst nach langen Tarifverhandlungen gefundenen Lösungen müssen Bestand haben. Der Antrag nennt keine für Niedersachsen spezifischen Probleme. Darüber hinaus enthält der Antrag auch keine Position, die nicht bereits zu irgendeinem Zeitpunkt in die Diskussion auf der europäischen Ebene eingebracht wurde. Die Entwicklung des Arbeitsmarkts verläuft in Deutschland und insbesondere in Niedersachsen auf einem guten Weg.

Wir sollten nicht über das Arbeitsrecht und die Arbeitszeitrichtlinien reden, sondern auch über Arbeitspflicht. Die Gesundheit und die Sicherheit durch Arbeit und auch bei der Arbeit sind für mich, aber auch für unsere Arbeitgeber eine Selbstverständlichkeit. An dieser Stelle darf ich noch erwähnen, dass der Abschlussbericht der Bund/LänderArbeitsgruppe, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales eingerichtet wurde, jetzt vorliegt. Der Bericht soll dazu dienen, das Jugendarbeitsschutzgesetz zu überprüfen.

Meine Damen und Herren, bei genauer Betrachtung muss es der Opposition daher wie Schuppen von den Augen fallen, warum sowohl die Wirtschaftspolitiker als auch die Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten Ihren Forderungen nicht zu

stimmen konnten: Der Antragstext ist veraltet, nicht zielführend und daher abzulehnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Von Herrn Kollegen Aller von der SPD-Fraktion liegt noch die Meldung zu einer Kurzintervention auf den Beitrag von Herrn Bley vor. Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!

Herr Kollege Bley, Sie haben eben im Wesentlichen über zwei Punkte gesprochen: Zum einen sei der Inhalt des Antrags veraltet. Zum anderen haben Sie behauptet, alles sei gut in Deutschland, das habe sich erledigt. Zu beiden Punkten möchte ich etwas sagen.

Erstens habe ich in meinem ersten Redebeitrag deutlich gemacht, dass CDU und FDP diese Strategie in der Europapolitik immer dann fahren, wenn es zwischen FDP und CDU schwierig wird und zumindest von dieser Seite des Niedersächsischen Landtags nicht hingenommen werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Sie sitzen alles aus, was Sie untereinander nicht aushandeln können. Besser als Herr Rickert mit seinem Beitrag und Herr Kollege Bley mit dem anderen Beitrag kann man doch gar nicht vorführen, dass das, was Sie hier zum Arbeitsmarkt und zur Arbeitszeitrichtlinie gesagt haben, nicht zusammenpasst. Sie sind sich zu der Thematik nur einig gewesen, das Thema auszusitzen. Im März wurde der Antrag vorgelegt. Jetzt sind wir im September. Sie haben so lange in der Hoffnung gewartet, dass sich etwas regelt.

Das Zweite, was Sie überhaupt nicht zur Kenntnis genommen haben, hat die Kollegin von der Linken gesagt: Wir haben einen Arbeitsmarkt, der noch partiell von Gewerkschaften und Tarifpartnern organisiert wird. In anderen Teilen der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes herrschen inzwischen Zustände, in denen Arbeitnehmer zu vertragslosen Bedingungen antreten müssen, um ihren Job zu machen. Vielleicht haben Sie es nicht so gemeint, aber Sie haben von „Arbeitspflicht“ gesprochen. Ich möchte wissen, was das heißt. Bedeutet Pflicht zur Arbeit auch, Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, damit Arbeitnehmer, die arbeiten wollen,

arbeiten können? Auf Ihre Antwort darauf bin ich gespannt.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Die Pflicht, sie gescheit zu bezahlen, gehört auch dazu!)

Herr Bley möchte antworten. Bitte sehr, Sie haben anderthalb Minuten!

Herr Aller, ich habe dafür Verständnis, wenn Sie sagen, Arbeitspflicht sei für Sie der falsche Ausdruck. Ich persönlich meine, dass Rechte auch Pflichten mit sich bringen. Ich bin genauso lange Arbeitnehmer gewesen wie auch Arbeitgeber. Ich weiß, dass der Arbeitnehmer ohne den Arbeitgeber nichts werden kann und umgekehrt genauso wenig. Sie sitzen in einem Boot.

In der Diskussion über die europäischen Arbeitszeitrichtlinien haben wir aufgezeigt, was bisher erreicht wurde und welche Positionen hier auf der Regierungsseite vertreten werden. Da darf ich gerne sagen, dass ich sehr wohl stark auf der Arbeitnehmerseite stehe und - wie kürzlich in den Medien veröffentlicht - für einen Antrag der Arbeitnehmerseite stehe, dass wir dies genauer beleuchten und uns diesem Thema nicht verschließen, sondern öffnen und über eine gerechte Entlohnung nachdenken sollten. Das werden wir auch tun.

Aber in diesem Punkt gab es keine Zeitverzögerung. Wir haben den Antrag im März gehabt. Wenn Sie uns sagen, wir, die Regierungsfraktionen, hätten den Antrag verzögert, dann erinnere ich Sie daran, dass das im Juni-Plenum, wie Sie wissen, vom Ältestenrat bewilligt geschoben wurde. Das waren nicht wir alleine, sondern alle zusammen haben das geschoben. Ich denke, wir sollten das so stehen lassen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Hans-Henning Adler [LINKE]: Was haben Sie mit „Arbeitspflicht“ ge- meint? - Kreszentia Flauger [LINKE]: Was war jetzt mit der Pflicht zur Ar- beit? - Antwort verweigert!)

Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich der Kollege Rickert für die FDP-Fraktion gemeldet. Sie haben noch eine Redezeit von 1:05 Minuten. Bitte!

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Herr Ri- ckert, sagen Sie uns doch, was er mit Pflicht zur Arbeit meinte!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn es Ihnen viel Freude bereitet - dieses FDP-Bashing können Sie sich schenken. Ich habe mich nur zu Wort gemeldet, weil ich beileibe nicht erkennen kann, wo in dieser Angelegenheit ein Dissens zwischen FDP und CDU bestehen soll.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Meyer [GRÜNE]: War das eine Frage an die CDU?)

Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Minister. Herr Minister Bode, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch das eine oder andere klarstellen. Es gibt einige Dinge, die man nicht politisch bewerten kann, weil sie schlicht und ergreifend feststehen. Aber sie sind nicht komplett richtig dargestellt worden.

Zunächst einmal ist wohl nicht nur hier im Hause, sondern auch auf europäischer Ebene unstreitig, dass es einen Überarbeitungsbedarf für die Arbeitszeitrichtlinie gibt, ausgelöst durch das EuGHUrteil zum Bereitschaftsdienst. Das muss man dort natürlich noch einarbeiten.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Ich dachte, alles ist gut!)

Meine Damen und Herren, wie geht es dann mit den Konsultationsverfahren etc. vor sich, die von der Europäischen Kommission ausgelöst werden? - Herr Hagenah hat uns erzählt, wir hätten das erste Konsultationsverfahren im ersten Halbjahr noch beeinflussen können. Herr Hagenah, das ist nicht ganz richtig. Die erste Konsultationsphase wurde im März 2010 gestartet. Sie waren ein Jahr hinterher. Zu diesem Zeitpunkt konnte man in der ersten Konsultationsphase keinen Einfluss mehr nehmen.

Nach Eingang und Auswertung der Stellungnahmen gab es Handlungsoptionen für die Überarbeitung und eine sogenannte zweite Konsultationsphase. Die SPD hat beantragt, dass wir in der zweiten Konsultationsphase der Europäischen Union Einfluss nehmen sollen. Das Problem daran ist, dass die zweite Konsultationsphase der Europäischen Union Ende Februar 2011 abgeschlossen worden ist. Sie haben den Antrag am 8. März 2011 gestellt - also gut 14 Tage, nachdem das Verfahren beendet worden ist - und beantragt, dass wir in einem abgeschlossenen Verfahren Einfluss nehmen und uns einbringen sollen. - Meine sehr geehrten Damen und Herren, kein Landtag dieser Welt wird das beschließen und umsetzen können, auch keine Landesregierung, und wenn wir noch so guten Willens sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht wir sind also jetzt am Zug, sondern es ist jetzt auf europäischer Ebene an den Sozialpartnern, noch einmal den Versuch zu unternehmen, untereinander eine Einigung bzw. Verständigung herbeizuführen; denn in der zweiten Konsultationsphase hat es keine Einigung gegeben.

Die Frage, die uns in dieser recht langen Zeit ebenfalls beschäftigt, ist - wir rechnen damit, dass die Europäische Union im Jahr 2012 handeln wird -: Gibt es, wenn auch diese Konsensgespräche scheitern werden, so etwas wie Gefahr im Verzug, sodass wir handeln sollten bzw. müssten, um Missstände zu beseitigen? - Da kann ich Sie beruhigen: Eine Handlungsnotwendigkeit aufgrund von Zuständen, die problematisch wären, gibt es nicht, weil im deutschen Arbeitszeitgesetz die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits eingearbeitet ist und die Erfordernisse somit bereits umgesetzt sind.

Zu der Frage des Opting-out, das hier diskutiert worden ist, möchte ich noch sagen, dass wir schon große Sorge hätten, wenn auf einmal in Deutschland nach langwierigen Verhandlungen gefundene tarifvertragliche Lösungen in diesem Bereich auf diesem Wege außer Kraft gesetzt würden. Auch hier ist für uns das Primat der tarifvertraglichen Einigung der Sozialpartner von Vorrang. Wir werden sie entsprechend in Schutz nehmen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Da steht er, der Hüter der Tarifautonomie!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe Ihnen gesagt, dass wir davon ausgehen, dass die Europäische Kommission 2012 handeln wird. Ich kann Sie bei einem beruhigen: Es ist nichts verlo

rengegangen. Denn die Europäische Kommission kennt sämtliche Ihrer Forderungen und auch Begründungen. Sie alle sind längst vorgetragen worden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Beratung. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/3420 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit. Der Beschlussempfehlung des Ausschusses ist gefolgt worden.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Abschließende Beratung: Keine Wunschlisten der Bodenabbauindustrie übernehmen - Landes-Raumordnungsprogramm zurückziehen - Torfabbau stoppen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/3410 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 16/3837

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Zuerst hat sich Herr Hausmann für die SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Herr Hausmann, ich erteile Ihnen das Wort.

(Zurufe von den GRÜNEN)

- Herr Meyer hat sich sehr spät gemeldet. Wenn Sie, Herr Hausmann, einverstanden sind, dann lassen wir Herrn Meyer gerne als ersten Redner zu. Das ist überhaupt kein Problem. - Herr Meyer, wenn Sie als Erster Stellung nehmen wollen, dann erteile ich Ihnen jetzt das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass wir bei diesem Antrag zu einem großen Konsens nicht nur mit der SPD kommen. Wenn ich mir die Debatte in den letzten Monaten zum Entwurf des Landes-Raumordnungsprogramms der