Protokoll der Sitzung vom 13.09.2011

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass wir bei diesem Antrag zu einem großen Konsens nicht nur mit der SPD kommen. Wenn ich mir die Debatte in den letzten Monaten zum Entwurf des Landes-Raumordnungsprogramms der

Landesregierung anschaue, in dem 3 000 ha zusätzliche Torfabbaufläche vorgesehen sind - besser muss man sagen: vorgesehen waren -, stelle ich fest, dass es dagegen einen breiten Sturm der Entrüstung aus allen Fraktionen gab. Herr Miesner sagte, Torfabbau passe nicht zu Tourismus und Naturschutz. Da hat er recht.

(Unruhe)

Herr Meyer, ich unterbreche Sie kurz. - Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, nehmen Sie bitte Platz oder führen Sie Ihre Gespräche außerhalb des Plenarsaales! Für den Redner ist es nicht gerade ermutigend, wenn er überhaupt keine Aufmerksamkeit bekommt. - Einen kleinen Moment bitte, Herr Meyer! - Bitte schön!

Meine Damen und Herren! Es geht hier um eines unserer größten Umweltprobleme. Es wäre das größte Torfvernichtungsprogramm der letzten Jahrzehnte, nachdem wir noch in der Regierungszeit Albrecht sehr viele Moorschutzprogramme hatten.

Die 3 000 ha Torf, um die es geht, können bis zu 5 Millionen t Kohlendioxid speichern. Das sind ungefähr 7 bis 10 % des Jahresausstoßes von Niedersachsen. Bei diesem Programm geht es also um sehr viel. Wir führen hier immer Debatten um künftige CO2-Speicher, um CCS, um Gebäudesanierungsprogramme, um Biogasanlagen - aber der beste, günstigste und billigste Klimaschutz ist der Schutz der natürlichen CO2-Speicher, nämlich unserer Moore.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Die Einsicht, dass wir diese Moorvernichtung nicht brauchen, hat sich durchgesetzt. Ich zitiere den Kollegen Bäumer aus dem Weser-Kurier:

„‚Es geht auch ohne Torf’, erklärt sogar CDU-Umweltexperte und HobbyGärtner Martin Bäumer.“

Die Ersatzstoffe sind da. Man muss es nur wollen. Man muss da eine Regelung treffen. Diese massive Moorvernichtung, die die Kohlendioxidemissionen nach oben treiben würde und für den Naturschutz ein Riesenproblem bedeuten würde, brauchen wir nicht.

Eigentlich - das sagt die Bundesregierung in der Strategie zur biologischen Vielfalt - sollen alle Län

der bis 2010 ein Moorentwicklungskonzept vorlegen. Bis 2015 soll der Torfabbau signifikant reduziert sein. Bislang war davon in Niedersachsen nichts zu sehen.

In der Sommerpause gab es hingegen eine klare Aussage in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Unter der Überschrift „Das Moor wird nicht angetastet“ wird das Ministerium zitiert:

„Nun macht die Landesregierung einen Rückzieher: ‚Es wird keine Erweiterung, eher eine leichte Verkleinerung der Fläche geben’, sagte ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums … Demnach bliebe es bei der aktuell für die Torfgewinnung freigegebenen Fläche von 23 000 Hektar.“

Ich frage die Landesregierung, ob diese Aussage Gültigkeit hat; denn die Überarbeitung steht ja an. Das sollte nach der Kommunalwahl vorgelegt werden. Nehmen Sie diese zusätzlichen Torfabbauflächen heraus? Das entspricht unserem Antrag, zu dem die anderen Oppositionsfraktionen Zustimmung signalisiert haben.

Der Naturschutzbund hat klar gesagt: Der Torfabbau ist das größte Umweltproblem, das wir zurzeit haben; das wäre der größte Umweltfrevel. - Der NABU-Vorsitzende hat Herrn Ministerpräsidenten McAllister in einem Brief aufgefordert, hier ein Machtwort zu sprechen und die letzten 5 % der niedersächsischen Moore - 95 % sind bereits zerstört - unangetastet zu lassen.

Ich fordere Sie auf: Stimmen Sie unserem Antrag zu, alle zusätzlichen Torfabbauflächen aus dem Landes-Raumordnungsprogramm herauszunehmen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat Herr Hausmann für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte mit einem Zitat aus dem LandesRaumordnungsprogramm beginnen, und zwar aus der Begründung zum Torfabbau:

„Torfverarbeitende Unternehmen und auch die Bundesvereinigung Torf- und Humuswirtschaft haben im Rahmen ihrer Stellungnahme zu der Bekannt

machung der allgemeinen Planungsabsichten für eine größere Anzahl von Torflagerstätten mit zum Teil erheblichen Flächenansprüchen Forderungen zur Neuaufnahme oder Erweiterung von Vorranggebieten Rohstoffgewinnung insbesondere im nordwestlichen Niedersachsen vorgebracht.“

Das spricht ziemlich eindeutig dafür, dass man schon bei der Aufstellung des Landes-Raumordnungsprogramms die Wünsche der Torfabbauindustrie genau berücksichtigt hat. Man hat also den Forderungen der Torfabbauindustrie Rechnung getragen getreu dem Motto: Profit der Unternehmen geht vor Umwelt- und Klimaschutz. - Aber ich glaube, das hat mein Vorredner schon gesagt.

(Zustimmung von Olaf Lies [SPD])

Diese Ziele der Regierungsfraktionen erfahren auch in den eigenen Reihen nicht nur Zustimmung. Auch das haben wir schon gehört. Ich möchte daran erinnern, dass unser Umweltminister Sander bei einem Besuch des Günnemoors gesagt hat, dass weiterer Torfabbau auf den beiden vorgesehenen Flächen nicht vertretbar ist. Er hat versprochen, dem Taten folgen zu lassen und dem Landwirtschaftsminister zu schreiben. - Ich habe von den Taten noch nichts gehört. Mir ist nicht bekannt, dass da etwas verändert worden wäre. Aber vielleicht kann Herr Sander selber dazu noch etwas sagen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte an eine niedersächsische Tradition erinnern, die bereits ganz kurz angesprochen worden ist. Gerade das Land Niedersachsen sollte sich dem Moorschutz besonders verpflichtet fühlen. Denn es war Ernst Albrecht, der 1981 und 1986 mit den Moorschutzprogrammen neue Maßstäbe gesetzt hat. Er hat mit Weitblick die Zielkonflikte zwischen Moorschutz und Torfabbau in Richtung Naturschutz gesteuert. Ich meine, wir können heute stolz darauf sein. Es ist gut, dass das so gemacht wurde. Denn das schützt unsere Moore.

Wir haben im Rahmen der Beteiligung der Landkreise Eingaben und Widersprüche von Landkreisen bekommen. Darin kann man sehr gut nachlesen, dass Landkreisen Versprechungen gemacht wurden. Es wurde versprochen, bestimmte schützenswerte Gebiete aus den Vorrangflächen herauszuhalten. Wer nachliest, wird feststellen, dass diese Versprechen nicht eingehalten wurden. Die

se Flächen sind jetzt doch in die Vorrangflächen aufgenommen worden. Ich finde, man sollte halten, was man verspricht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zum Antrag der Grünen möchte ich jetzt nicht mehr allzu viel sagen. Bei der ersten Beratung im Ausschuss wurde uns eine überarbeitete Neuauflage des Landes-Raumordnungsprogramms versprochen. Diese Neuauflage steht noch aus. Ich bin schon ein bisschen erstaunt darüber, dass wir schon jetzt über den Antrag der Fraktion der Grünen beraten und abstimmen. Denn es wäre sicherlich in Ordnung gewesen, den Antrag der Grünen in die Beratung des Landes-Raumordnungsprogramms mit einzubeziehen. Wir müssen ihn heute abschließend beraten. Darum kann ich für unsere Fraktion nur sagen: Wir werden den Antrag der Grünen unterstützen und damit natürlich die Empfehlung des Ausschusses ablehnen.

Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau König. Ich erteile Ihnen das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der Grünen wurde im Ausschuss von CDU und FDP abgelehnt. Natürlich wurde da besonders über den Punkt „Torfabbau stoppen“ gesprochen. Auch die CDU-Fraktion hat sich da ganz eindeutig dazu bekannt, dass das, was jetzt im Entwurf des Landes-Raumordnungsprogramms steht, geändert werden müsse; die Veränderungen würden nach der Verbändeanhörung, die gerade läuft, in der Staatskanzlei vorgenommen.

(Ulf Thiele [CDU]: Wieso in der Staats- kanzlei?)

Man muss sich aber das gesamte Raumordnungsprogramm noch einmal ansehen. Da gibt es noch ganz andere Problembereiche, z. B. die Windkraft, Stromleitungstrassen - insbesondere die 380-kVLeitungen - und die Ölschiefergewinnung. Die Aussagen, die der Entwurf zu diesen Themen enthält, sind nicht akzeptabel.

Ich komme noch einmal auf den Torfabbau zurück. Es ist doch sehr deutlich, dass den Vertretern der Torfabbauindustrie sehr entgegengekommen wird. Mit welchem Wohlwollen der Industrie begegnet wird, zeigt auch das Programm des Niedersächsischen Rohstofftages des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, der auf Einladung von Minister Bode stattfindet. Neben einem Vertreter des Landwirtschaftsministeriums, der die Raumordnung erklären soll, werden nur Lobbyisten der Industrievereinigungen angehört. Keine kritische Stimme von einem Umweltverband soll gehört werden, nicht einmal der Bauernverband, dessen Mitglieder durch den Torfabbau hektarweise Land verlieren.

Meine Damen und Herren, wir werden diesem Antrag der Grünen zustimmen. Hier geht es nicht nur um den Torfabbau. In diesem Raumordnungsprogramm sind noch ganz andere Punkte enthalten, denen wir nicht zustimmen. Ich bin gespannt auf den überarbeiteten Entwurf.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN)

Herr Oetjen von der FDP-Fraktion hat jetzt das Wort. Bitte schön!

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich könnte man mit Shakespeare sagen: Wir machen hier gerade viel Lärm um nichts.

Worum geht es eigentlich? - Uns ist der Entwurf eines Landes-Raumordnungsprogramms vorgelegt worden. Wie läuft dann das förmliche Verfahren ab? - In einem beispielhaften Verfahren wird die Öffentlichkeit beteiligt. Es gibt die Möglichkeit, online Eingaben einzubringen. Die Einwände und Vorschläge der Bevölkerung, der Kommunen, der Unternehmen, der Landwirte, all derer, die so da sind, werden Stück für Stück in einem Abwägungsverfahren abgearbeitet. Dann gibt es Erörterungstermine. In diesen Erörterungsterminen wird vorgeschlagen, wie mit diesen Einwendungen umgegangen wird. Auf dieser Grundlage wird ein neuer Entwurf erarbeitet. So läuft das Verfahren ab.

Was schlagen jetzt die Grünen vor? - Die Grünen sagen: Das Verfahren wollen wir nicht. Wir wollen

keine Abwägung der Vorschläge, die von den Bürgerinnen und Bürgern und von den Landwirten eingebracht worden sind, durchführen; vielmehr wollen wir, dass der Entwurf eines LandesRaumordungsprogramms zurückgezogen wird.

Ist das der richtige Weg? - Nein, natürlich ist das nicht der richtige Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren; denn dann könnte überhaupt keine Abwägung zwischen Naturschutz, Wirtschaftlichkeit und raumordnerischen Notwendigkeiten stattfinden. Es ist doch aber gerade die Aufgabe eines Landes-Raumordnungsprogramms, mit Weitsicht Flächenvorsorge auch im Torfabbau zu treffen.

Ich möchte noch einmal klar sagen, dass wir natürlich Torf brauchen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Für die Gartenbauindustrie, die gerade im Nordwesten unseres Landes einen sehr starken Standort hat, brauchen wir Torf, damit sie ordentlich arbeiten kann. Aber die Frage ist: Brauchen wir die Gebiete so, wie es jetzt vorgelegt worden ist, oder können wir die Gebiete eventuell verkleinern, wie es in den Anregungen der Gebietskörperschaften, der Kommunen sowie der Bürgerinnen und Bürger gefordert wird? - Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Landesregierung - so, wie es beide Minister angekündigt haben - eine ganz hervorragende Abwägung zwischen Naturschutz, Tourismus und den Notwendigkeiten der Rohstoffsicherung vornehmen wird und dass wir dann einen neuen Entwurf bekommen, der weniger Torfabbauflächen vorsieht, als es heute der Fall ist.

Ich komme aus dem Landkreis Rotenburg und kenne diese Torfabbaugebiete. Dort gibt es sehr viele Moorgebiete. Da, wo die Abbauflächen nahe an die Wohnbebauung heranreichen, besteht natürlich der Bedarf, eine stärkere Abgrenzung zur Wohnbebauung herbeizuführen. Ich glaube, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir am Schluss zu einem guten Ergebnis kommen werden.

Eines möchte ich zum Kollegen Hausmann noch sagen, der das Moorschutzprogramm von Ernst Albrecht so gelobt hat. Genau dieses Moorschutzprogramm wird heute auf Torfabbauflächen unverändert so durchgeführt, wie es schon früher der Fall gewesen ist. Deswegen glaube ich auch, dass es hier gar keines Antrages bedarf, sondern einfach nur der ordnungsgemäßen Durchführung eines förmlichen Verfahrens, in dem die Einwendungen der Bürgerinnen und Bürger ordnungsge

mäß abgearbeitet werden, in dem sehr präzise und gut abgewogen wird. Ich glaube, dass vielen Anliegen der Bürgerinnen und Bürger entsprochen werden kann.