Protokoll der Sitzung vom 14.09.2011

tritt, und wenn das nicht geht, darf nicht eingelagert werden.“

Das ist falsch. Nach der Nebenbestimmung A8 der Aufbewahrungsgenehmigung müssen Sie dafür sorgen, Herr Sander, dass der Einlagerungsbetrieb unterbrochen und der Castortransport abgesagt wird, und zwar jetzt. Greifen Sie zur Säge!

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung Stefan Wenzel [GRÜNE])

Als Nächster hat sich Herr Wenzel für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bäumer, ich möchte darauf aufmerksam machen, dass die Strahlenprognose schon jetzt - ohne einen neuen Transport - über den zulässigen Grenzwerten liegt. Ich begrüße es aber ausdrücklich, dass Sie hier deutlich gemacht haben, dass eine Grenzwertüberschreitung auf keinen Fall infrage kommt. Die Frage ist aber: Was folgt daraus? Was ist die Konsequenz? Wann wird sie gezogen?

Ich möchte noch einmal darauf aufmerksam machen, dass der Grenzwert von 0,3 mSv/a nicht nur für das Transportbehälterlager, sondern für die gesamte Atomanlage gilt. Dort befinden sich außerdem eine Pilotkonditionierungsanlage und ein weiteres Atommülllager für schwach- und mittelradioaktiven Müll. Aber jetzt wird zu einem Zeitpunkt, an dem diese Anlage erst zu einem Teil ausgelastet ist und erst zu einem kleinen Teil in Betrieb genommen worden ist, dieser Grenzwert überschritten. Dann kann man doch nicht sagen: Wir machen jetzt noch ein paar Monate, wir prüfen ein bisschen und stellen ein paar Behälter um, dann passt es schon. - Das ist meines Erachtens ein verheerendes Signal.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte drei Dinge benennen, die Sie im Blick haben sollten: Erstens die Studie des Landesgesundheitsamtes. Herr Hocker, sie stammt nicht von mir und auch nicht von Frau Staudte, sondern vom Helmholtz Zentrum und vom Niedersächsischen Landesgesundheitsamt. Dabei sollten wir bleiben.

(Ulf Thiele [CDU]: Aber die Interpretati- on ist von Ihnen, und die ist unseriös!)

- Moment! Ich nehme das erst einmal als Alarmsignal auf und sehe hier weiteren Aufklärungsbedarf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir halten es für sinnvoll, beispielsweise eine öffentliche Anhörung durchzuführen, um Wissenschaftler zu hören und um so mehr über die hier infrage kommenden Ursachen zu erfahren.

(Roland Riese [FDP]: Das steht in der Studie des Landesgesundheitsam- tes!)

Der zweite Punkt betrifft die Endlagersuche. Ein Endlagersuchgesetz könnte, Herr McAllister, den 30-jährigen gesellschaftlichen Konflikt um einen politisch ausgewählten Standort beenden und die Grundlage für eine rationale Debatte schaffen. Da begrüße ich ausdrücklich jeden Beitrag, der darauf abzielt. Das ist die Chance, die wir alle gemeinsam nutzen sollten und die wir nutzen müssen. Dafür braucht es auch parteiübergreifende Gespräche und Initiativen.

Drittens. Eine Absage des Transports liegt nicht zuletzt auch im Interesse der Polizei - es war hier schon angesprochen worden -, die viele Stunden neben dem Castor mit hochradioaktivem Atommüll Dienst tun müsste. Nach Lage der Dinge müssen die Polizeibeamten immer am nächsten an diesen Behältern stehen. Die Lage beim Strahlenschutz und bei den notwendigen Abstandswerten für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten ist unklar. Sie haben bislang noch keine aktuellen Berechnungen bekommen. Von daher ist völlig unklar, wie man einen solchen Transport planen will, wenn man nicht weiß, welchen Mindestabstand die Polizeibeamten zwingend einhalten müssen. Das ist ein weiterer Punkt, der nur eine Absage zulässt. Die beiden Polizeigewerkschaften haben das erkannt.

(Jens Nacke [CDU]: Sie können ja einmal mäßigend auf Ihre Freunde einwirken! Dann wäre es viel einfa- cher!)

- Herr Nacke, das ist ein wirklichkeitsfremder Vorschlag, den Sie hier nur machen können, weil Sie sich vor Ort nie ein Bild von dem Geschehen gemacht haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Ich war das letzte Mal da, Herr Wenzel!)

Noch einmal in klarem Deutsch, Herr McAllister - ich hoffe, dass mir der Präsident nun nicht dazwi

schenfunkt -: Wer wirklich Interesse an Verhandlungen hat, der muss den Knüppel - auch den Polizeiknüppel - im Sack lassen.

Bei den Kommunalwahlen am Sonntag haben wir im Wendland 12 % hinzugewonnen. Die CDU hat 12 % verloren. Der letzte Mohikaner der FDP, Herr Hocker, ist Boris-Georg Freiherr von dem Bussche. Er ist aber nur deshalb noch im dortigen Kreistag, weil er ein erklärter Atomkraftgegner ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das ist ein klares Signal und sollte auch Ihnen Anlass zum Nachdenken sein.

Ein Baustopp in Gorleben und eine Absage des Castortransports sind die niedersächsische Ultima Ratio, um eine Grundlage für einen konstruktiven Dialog über einen Neubeginn bei Endlagersuche zu schaffen. Das wäre die Voraussetzung, die wir jetzt brauchen. Sie haben die rechtliche Handhabe, um so vorzugehen. Von daher glaube ich, dass jetzt der richtige Moment wäre, dass diese Landesregierung dazu Stellung nimmt, aufklärt und diese Entscheidung trifft.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Bäumer das Wort. Bitte schön!

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Jetzt bin ich aber gespannt, Herr Bäumer!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Wenzel, ich bin Ihnen für die moderaten Töne sehr dankbar, die Sie zu Beginn Ihrer Rede gefunden haben. Wenn Sie das durchgehalten hätten, dann hätte ich mit dem, was Sie gesagt haben, durchaus leben können. Einige Dinge werde ich aber gleich erwidern, weil sie der Klarstellung bedürfen.

Erstens. Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute Morgen wurde hier gesagt, bei dem Umstellen der Behälter habe es sich um Mauscheleien gehandelt. Das weise ich deutlich zurück. Die Anordnung dazu kam vom Bundesamt für Strahlenschutz im April des Jahres 2011, während man erst im Sommer des Jahres 2011 festgestellt hat,

dass Grenzwerte überschritten werden könnten. Da einen Zusammenhang zu konstruieren, ist also mehr als abenteuerlich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Aber wenn man weiß, dass der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Herr König, ein Grüner ist, dann kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen, dass er Maßnahmen ergreifen würde, die dafür sorgen könnten, dass die Strahlung vermindert wird. Herr Wenzel, insofern zieht das Argument, das Herr Bosse und Herr Herzog vorgetragen haben, überhaupt nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist falsch! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Ihrer Meinung nach machen alle nur Parteipolitik!)

Das zweite Argument, meine Damen und Herren, die geforderte Absage des Castortransports: Herr Wenzel, auch Sie werden wissen, dass es Verträge mit unserem Nachbarland Frankreich gibt, die uns verpflichten, die Castorbehälter abzunehmen. Diese Verträge müssen eingehalten werden. Ich wundere mich, dass eine Partei, die sich auf Rechtsstaatlichkeit beruft, an dieser Stelle vehement fordert, die Castorbehälter nicht abzunehmen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Da steht kein fester Termin drin!)

Herr Wenzel, ich sage es einmal sehr deutlich - ich hoffe, Sie nehmen mir das nicht übel; ich habe das Gefühl, manchmal muss man es flapsig sagen, damit Sie es überhaupt verstehen -:

(Miriam Staudte [GRÜNE]: In den Ver- trägen steht nichts von Gorleben!)

Wenn Sie, Herr Wenzel, ein Auto bestellen, das Auto eine Lieferfrist hat und Sie dann feststellen, dass Ihre Garage nicht in Ordnung ist, dann kann man daraus nicht konstruieren, dass Sie das Auto nicht abnehmen müssen. Herr Wenzel, kapieren Sie das doch endlich!

(Kurt Herzog [LINKE]: Unsinn! Das ist das Niveau, auf dem Sie das abhan- deln! - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wenn dem Auto ein Rad fehlt, kann es nicht ausgeliefert werden! - Klaus- Peter Bachmann [SPD]: Was sind Sie für ein Bürokrat!)

Dritter Punkt. Herr Tanke, ich war heute Morgen von Ihnen sehr enttäuscht. Sie haben vorgetragen, die SPD habe an dieser Stelle eine starke Position. Ich weiß nicht, was gestern Nacht vorgefallen ist, aber diese starke Position habe ich in Ihrem Redebeitrag überhaupt nicht feststellen können. Sie sind - dieses Kompliment möchte ich Ihnen heute Morgen machen - in der Vergangenheit schon manches Mal besser gewesen.

(Johanne Modder [SPD]: Das ist aber lieb von Ihnen! - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Er ist lieb und hat recht! Vor allem ist er ein Guter!)

Letzter Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: das Thema Neutronenstrahlung. Herr Herzog, wir haben uns über dieses Thema an dieser Stelle schon sehr häufig unterhalten.

(Kurt Herzog [LINKE]: Weil Sie es nicht verstehen!)

Ich muss Ihnen ganz deutlich sagen: Ich bin es allmählich leid, wie Sie hier die Anwohner in Dannenberg ins Feld führen und beklagen, dass diese Anwohner unter einer erhöhten Strahlenbelastung leiden,

(Johanne Modder [SPD]: Schreien Sie uns nicht so an!)

während Sie gleichzeitig mit aller Macht dafür sorgen, dass diese Castoren so lange wie möglich festgehalten werden und sich die Strahlenbelastung damit erhöht.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Sie sind ein Zyniker!)

Ich komme zu dem zurück, was ich im ersten Teil meiner Beiträge gesagt habe. Wenn es Ihnen darum ginge, dass die Menschen im Wendland vor Strahlung geschützt werden, dann müssten gerade Sie ein hohes Interesse daran haben, dass die Castoren so schnell wie möglich aus Frankreich durch Deutschland nach Gorleben gebracht werden.

(Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN - Hans-Henning Adler [LINKE]: Das ist eine Witznummer!)

Das vermindert Strahlenbelastung. Das, was Sie tun, tut es nicht.