Protokoll der Sitzung vom 14.09.2011

Das vermindert Strahlenbelastung. Das, was Sie tun, tut es nicht.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt komme ich auch zu Herrn Bachmann.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Bachmann, für Sie gilt leider das Gleiche. Sie sind hier heute Morgen als der große Beschützer der Polizisten in Niedersachsen aufgetreten.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN - Miriam Staudte [GRÜNE]: Von Ihnen fühlen sie sich schon lange nicht mehr vertreten!)

Herr Bachmann, viele Polizisten würden sich freuen, wenn die Einsätze rund um das Thema Gorleben so kurz wie möglich sein könnten. Aber Sie sind an dieser Stelle schizophren.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Die freuen sich, wenn Sie gar nicht dort hin müssten!)

- Jetzt hören Sie doch auf, Dinge zu konstruieren! Fragen Sie doch Herrn Gabriel oder Herrn Trittin; die haben doch damals auch zugelassen, dass Castorbehälter gerollt sind. Herr Bachmann, hören Sie auf, sich hier an dieser Stelle auf der einen Seite schützend vor die Polizisten stellen zu wollen, während Sie auf der anderen Seite zu den Kolleginnen und Kollegen gehören, die in Gorleben alles dafür tun,

(Johanne Modder [SPD]: Ganz vor- sichtig, Herr Bäumer!)

dass die Castoren nicht rollen können und dass damit die Strahlenbelastung für jeden Einzelnen erhöht wird.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Hören Sie mit diesen Unverschämtheiten auf, Sie Flegel!)

Das ist schizophren und überhaupt nicht angemessen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN - Glocke des Präsidenten)

Wenn Sie eine klare und ehrliche Politik betreiben würden, dann würden Sie mir heute Morgen zustimmen, dass es am allerbesten wäre, die Castoren kämen so schnell wie möglich ins Zwischenlager. Das, was Sie tun, sorgt nicht dafür.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss!

Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Das ist das Verständnis von Grundrechten in der CDU, Herr Bäumer! - Gegenruf von Jens Nacke [CDU]: Hör doch mal auf; du hast sie wirklich nicht alle!)

Herr Bachmann, tun Sie mir einen Gefallen: Bevor Sie das nächste Mal hier so auftreten, mäßigen Sie sich! Sorgen Sie dafür, dass die Polizistinnen und Polizisten eine Chance haben, so wenig wie möglich Dienst zu tun! Sie können das machen. Wenn Sie dann parteiübergreifend dazu kommen, dass wir uns da einigen, dann öffnen Sie die Tür auch für mögliche weitere Gespräche. Das erwarte ich aber auch von Ihnen, Herr Wenzel.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kurt Herzog [LINKE]: Wie hoch war noch mal die Strahlung bei Ihnen?)

Nächster Redner ist Herr Hocker von der FDPFraktion. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe vorhin davon gesprochen, dass es Zukunftsvisionen sind, die Wahlentscheidungen herbeiführen, und nicht Vergangenheitsbewältigung. Deswegen verkneife ich mir an dieser Stelle den Hinweis, dass es ohne den Grünen Jürgen Trittin als Umweltminister wahrscheinlich schon längst ein genehmigtes Endlager gäbe.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Genehmigt wohl schon, aber nicht sicher!)

Ein Teil der Castoren, die schon durch Deutschland transportiert wurden und bereits zur Abkühlung in den Zwischenlagern untergebracht sind, hätte dann bereits in sicherer Tiefe in Salz, Ton oder Granit eingelagert werden können, dort, wo es am sichersten ist. Aber Jürgen Trittin wollte es anders und hat mit seinem Moratorium die Beantwortung dieser Frage um zehn Jahre nach hinten verschoben.

Aber es soll nicht um die Vergangenheit, sondern um die Zukunft gehen. Meine Damen und Herren, an der völkerrechtlichen Verpflichtung, die Abfälle zurückzunehmen, werden wir nicht vorbeikommen,

ganz egal, wer regiert. Deshalb mache ich SPD, Grünen und Linken folgenden Vorschlag: Wir sind uns einig, dass die Abfälle an der französischen Grenze nicht zurückgeschickt werden können und dass wir die niedersächsischen Kosten für die Polizeieinsätze besser in unsere Schulen, in unsere Straßen und auch in die Schuldentilgung stecken wollen. In Nordrhein-Westfalen existieren mit Jülich und Ahaus zwei genehmigte Zwischenlager. In Baden-Württemberg sind es mit den Kernkraftwerken Obrigheim, Neckarwestheim und Philippsburg sogar drei.

(Zuruf von Kurt Herzog [LINKE])

In Nordrhein-Westfalen regiert die SPD unter Duldung der Linken, in Baden-Württemberg der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Wenn Sie tatsächlich ein echtes Interesse daran besitzen, dass im Herbst dieses Jahres kein Castortransport nach Niedersachsen erfolgt, dann könnten Sie selber die Initiative ergreifen. Werben Sie doch bei Ihren eigenen Landesregierungen in BadenWürttemberg und Nordrhein-Westfalen dafür, dass der Castor nicht nach Niedersachsen, sondern nach Nordrhein-Westfalen oder nach BadenWürttemberg rollt! Sie haben es selber in der Hand, Herr Kollege Wenzel.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wenn Sie sich wenigstens einmal mit den Zu- ständigkeiten befasst hätten, dann wäre es einfacher!)

Wenn es Ihnen unangenehm ist, sich bei Ihren Parteifreunden für Niedersachsens Interessen einzusetzen, dann können wir gern zusammen mit meinem Auto und auf meine Kosten in die Staatskanzlei nach Stuttgart fahren. Geben Sie mir einfach einen Hinweis. Ich wäre dankbar dafür.

Wenn Sie das nicht tun - mit oder ohne gemeinsame Fahrt -, dann entlarven Sie sich als politischer Schaumschläger ohne Hintergrund.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wortmeldungen von Abgeordneten aus diesem Hause liegen jetzt nicht mehr vor. Zunächst hat sich Herr Minister Schünemann zu Wort gemeldet, danach Herr Minister Sander. Bitte schön, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt eine internationale Vereinbarung - das ist Ihnen bekannt -, dass die Castoren aus Frankreich in Niedersachsen in Gorleben eingelagert werden müssen. Das ist Verpflichtung. Allerdings gelten auch Rahmenbedingungen, nämlich ganz klare Grenzwerte, die einzuhalten sind.

Grenzwerte gelten zum einen im Zusammenhang mit dem Zwischenlager Gorleben selber, zum anderen aber insbesondere auch - deshalb habe ich mich gemeldet - für die Polizeibeamten, die den Castortransport sichern. Dieser Grenzwert ist klar: eine Jahresdosis von 1 mSv. Das ist übrigens ein Wert, der für jedermann gilt.

Herr Bachmann hat dargestellt, dass wir der GdP die Daten aus der Vergangenheit nicht zur Verfügung stellten. Ich habe mir eben noch einmal berichten lassen: Es gibt keinen Brief, weder an den Innenminister noch an den Polizeipräsidenten, mit dem diese Werte eingefordert werden. Ich habe allerdings gehört, dass es wohl eine Pressemitteilung gibt, in der man sich allgemein dazu geäußert hat.

Für mich ist aber nicht bindend, ob es sich um eine Gewerkschaft handelt. Besonders bindend ist für mich, dass wir hier das Vertrauensverhältnis zu den Personalräten haben. Deshalb haben wir Gespräche nicht nur angekündigt, sondern schon geführt. Wenn ich richtig informiert bin, sind die Werte sogar schon weitergegeben worden. Aber der Referatsleiter ist im Moment nicht greifbar. Insofern kann ich das nicht 100-prozentig bestätigen.

Für mich ist wichtig, dass wir transparent darstellen, welche Werte gemessen werden. Jeder Polizeibeamte, der direkt beim Castortransport eingesetzt wird, hat ein sogenanntes Dosimeter.

(Kurt Herzog [LINKE]: Was messen die denn?)

Seit 2001 sind bundesweit 53 341 Dosimeter eingesetzt worden. 53 325 Mal sind Werte unter 0,1 mSv gemessen worden, 14 Mal 0,1 mSv, 1 Mal 0,2 mSv und 1 Mal 0,4 mSv, wobei der Wert 0,4 mSv zumindest fraglich ist, weil an der gleichen Stelle etwa 300 Beamte ebenfalls mit einem Dosimeter ausgestattet waren und bei ihnen nur ein Wert von 0,1 mSv gemessen worden ist. Trotzdem ist das auf jeden Fall unter dem Wert, der in irgendeiner Weise problematisch wäre.

Beim Castortransport im November 2010 ist eine neue Generation von Castoren eingesetzt worden. Dabei wurden 2 092 Dosimeter eingesetzt. Bei 2 091 Dosimetern lag der Wert unter 0,1 mSv, bei einem lag er bei den erwähnten 0,4 mSv.

Für mich ist ganz eindeutig: Wenn es an irgendeiner Stelle einen Hinweis darauf geben würde, dass diese Grenzwerte, die insbesondere für die Polizeibeamten, aber natürlich auch für die Bevölkerung gelten, überschritten würden, dann wäre völlig klar, dass dieser Castortransport nicht stattfinden muss. Es gibt zwar einen Vertrag, nach dem wir die Castoren zurücknehmen müssen. Aber das gilt nur unter der Bedingung, dass Grenzwerte nicht überschritten werden.

Das ist völlig klar. Deshalb verstehe ich die ganze Diskussion hier nicht. Denn das ist doch meiner Ansicht nach Grundvoraussetzung, dass wir hier vernünftig miteinander reden können.

(Ursula Körtner [CDU]: Diese Schein- heiligkeit!)

Herr Minister, Herr Herzog möchte eine Zwischenfrage stellen.

Lassen Sie mich das bitte erst einmal zu Ende darstellen! - Deshalb ist es meiner Ansicht nach völlig richtig, dass wir eindeutig erklären, dass wir den Personalräten diese Daten zur Verfügung stellen und dass wie bei jedem Castortransport direkt in Frankreich, in La Hague, erst einmal Messungen durchgeführt werden, bevor die Castoren überhaupt auf den Weg gegeben werden. Diese Messungen haben noch nicht stattgefunden. Diese Messungen werden Ende September durchgeführt. Danach wird neu bewertet, ob es in diesem Zusammenhang eine höhere Strahlung gibt oder nicht.

Die Sachlage ist hier völlig klar. Hier wird überhaupt nicht gemauschelt. Hier wird überhaupt nichts unter der Decke gehalten. Die Werte sind vielmehr transparent, und die Aussage der Landesregierung ist klar: Wenn Werte nicht eingehalten werden können, dann wird der Transport natürlich so nicht stattfinden können. Dann müssen nachvollziehbare Maßnahmen ergriffen werden, die dazu führen, dass die Werte unterschritten werden.

Ich kann nicht verstehen, dass man bei einem solchen ganz wichtigen, aber auch sensiblen Thema nicht einfach einmal die Fakten auf den Tisch legen und anschließend vernünftig darüber diskutieren kann.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)