Meine Damen und Herren, jedes Parlament kennt ja Sternstunden. Diese kleine Änderung zählt sicherlich nicht dazu.
Gleichwohl möchte ich sagen: Es gibt eine Fehlentwicklung im Lande, die wir erkannt haben. Ich bin froh, dass dieses Parlament so viel gesunden Menschenverstand bewiesen hat, dieser Fehlentwicklung entgegenzutreten und das Gesetz in diesem Punkt zu ändern. Darauf dürfen wir, die dieser Änderung zustimmen werden, ein klein wenig stolz sein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sonn- und Feiertage sind in Deutschland verfassungsrechtlich geschützt. Bereits das bisherige Ladenöffnungsgesetz weicht diesen Grundsatz bis an die Grenzen des Tolerierbaren auf.
Heute wollen Sie noch einen Schritt weiter gehen. Sie begründen das mit dem gerade an Sonntagen erheblichen Bedarf an frischen Blumen und Pflanzen, der auch an größeren Verkaufsstellen befriedigt werden soll. Herr Nacke hat gerade noch das Beispiel des Altarschmucks hinzugefügt. Ich kann mir allerdings überhaupt nicht vorstellen, dass der Küster einer Kirche am Sonntag losgeht und erst dann die Blumen für den Altar kauft.
Für die Dauer von drei Stunden sollen Blumen und Pflanzen sonntags jetzt auch in Gartenmärkten gekauft werden können, außerdem in anerkannten Ausflugs-, Kur- und Erholungsorten an allen Sonntagen - außer vom 1. November bis zum 15. Dezember - für die Dauer von acht Stunden. Seltsam finde ich nur, dass in der Evaluation des Gesetzes aus dem letzten Jahr gar keine Rede davon war - im Gegenteil. Darin heißt es:
Sonn- und Feiertagen stehen das Einkaufsverhalten der Konsumentinnen und Konsumenten und deren Zufriedenheit entgegen.“
Immerhin haben Sie sich die erheblichen Bedenken des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes, dem ich für seine Anmerkungen herzlich danke, noch so weit zu Herzen genommen, dass Sie die Regelung jetzt auf Blumen und Pflanzen „in kleinen Mengen“ beschränken wollen. Aber mal ehrlich: Wer soll denn in der Praxis kontrollieren, ob im Gartencenter sonntags nicht auch für 50 m Heckenpflanzen verkauft werden?
Entgegen Ihrem eigenen Ursprungsentwurf haben Sie noch die 40 achtstündigen Sonntagsöffnungen in besonderen Orten hinzugenommen. Damit, meine Damen und Herren, zählt bei Ihnen der Verkauf von Blumen und Pflanzen zum typischen Bedarf von Touristen. Das war nämlich die Begründung der Regelung für die Ausflugsorte. Das verstehe doch, wer will - gesetzeslogisch ist es nicht.
Seltsam finde ich auch, dass kleine Blumenläden nur die zum täglichen Kleinbedarf zählenden Schnitt- und Topfblumen verkaufen dürfen, die im gleichen Absatz neu geregelten Gartencenter aber Blumen und Pflanzen verkaufen dürfen. So viel zur Gesetzessystematik. Stringent sieht anders aus, meine Damen und Herren.
Unseretwegen kann der Blumenstrauß oder die Topfblume für den sonntäglichen Geburtstagsbesuch auch in Gartencentern gekauft werden dürfen. Hierzu liegt Ihnen unser Änderungsantrag vor. Wir halten aber drei Verkaufsstunden am Sonntag, wie es lange geübte Praxis ist, für ausreichend, um den Bedarf zu decken.
Außerdem wollen wir das zu verkaufende Sortiment auf die definierten Waren des täglichen Kleinbedarfs beschränken, so wie sie im Gesetz selber definiert sind. Das schafft Klarheit auch für den späteren Vollzug des Gesetzes, und es entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Grundsatzentscheidung zum Berliner Ladenöffnungsgesetz im Jahre 2010 ausdrücklich festgestellt, dass „ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse (‚Shopping-Interesse’) potenzieller Käufer“ keine Ausnahmen vom Schutz der Sonntagsruhe rechtfertigen.
Das ist ein Urteil aus dem letzten Jahr. Genau hier liegt des Pudels Kern. Sie bevorzugen hier eine einzelne Branche, nämlich die Gartencenter, gegenüber anderen. Sie werden noch Probleme mit den Baumärkten bekommen. Damit können Sie rechnen. Für dieses Ziel strapazieren Sie die Verfassung und schaffen Sie ein seltsames inkonsistentes und unpraktikables Gesetz.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht in der heute zu beschließenden Vorlage mitnichten um den Schutz von kleinen Blumenläden, die bisher am Sonntag für drei Stunden öffnen konnten. Darum geht es mitnichten; darauf hat auch der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hingewiesen.
Vielmehr wollen CDU und FDP - leider auch mit der Unterstützung der SPD - erreichen, dass die sonntäglichen Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten künftig auch für Gartencenter oder Baumärkte gelten. Diese Zeiten sollen in Ausflugs- und Wallfahrtsorten von bisher drei auf acht Stunden ausgeweitet werden.
Für uns Linke ist dies u. a. ein bedeutender Schritt hin zu einer weiteren Flexibilisierung von Arbeitszeiten. Dafür können Sie nicht unsere Unterstützung erwarten.
Rechtliche Bedenken des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes sind einfach vom Tisch gefegt worden, so z. B. die Tatsache, dass es einen verfassungsrechtlichen Schutz der Sonn- und Feier
tagsruhe gibt, dass die Neuregelung einen Bruch des geltenden Regel-Ausnahme-Verhältnisses für die Sonn- und Feiertagsruhe bedeutet, dass eine nicht rechtssichere Definition von kleinen Mengen verwendet oder eine Beschränkung auf Blumen und Pflanzen vorgenommen worden ist oder - last but not least - dass weitere Abgrenzungsfragen hinsichtlich der Sortimente zu klären sind. Was ist mit dem sprichwörtlichen Übertopf? Wir haben es ja so diskutiert.
Leider bietet aus unserer Sicht auch der Änderungsantrag der Grünen keinen rechtssicheren Ausweg. Deshalb können wir dem ebenfalls nicht zustimmen.
Hinzu kommt, dass mit einer deutlichen Ausweitung der Verkaufsmöglichkeiten weiteren prekären Beschäftigungsverhältnissen Tür und Tor geöffnet werden. An dieser Stelle möchte ich an die Adresse der Gewerkschaften und Kirchen sagen, dass sie genau deshalb bei den Linken Verbündete haben.
Jetzt noch zu einem kleinen anderen Aspekt, den Herr Nacke aufgegriffen hat, nämlich der Notwendigkeit des Verkaufs von Pflanzen am Sonntag. Ich bin selbst gelernter Baumschulgärtner und habe auch als Baumschulgärtner gearbeitet. Ich kann Ihnen sagen, dass in all den Fällen, die Sie beispielhaft genannt haben, absolut keine Notwendigkeit besteht, am Sonntag einen Verkauf zuzulassen.
Sowohl mein Betrieb als auch ich persönlich haben z. B. Himbeersträucher per Post versandt. Man muss nur dafür sorgen, dass die Wurzeln feucht gehalten werden; dann können sie auch entsprechend lagern. Kühlmöglichkeiten gibt es auch. Besuchen Sie einmal eine Baumschule und schauen Sie sich einmal an, wie dort der Versand betrieben und der Verkauf organisiert wird.
Der GBD hat unmissverständlich darauf verwiesen, dass dieses Gesetz zum Erhalt der dreistündigen Öffnungszeiten für Kleinbetriebe, die wir so lieb gewonnen haben, nicht nötig wäre. Dieses Gesetz ist demnach aus linker Sicht überflüssig. Mehr noch: Es ist eine Gefahr für die kleinen Betriebe, die Sie angeblich schützen wollen. Es sorgt wegen der mangelnden Rechtssicherheit für eine Klage
welle. Darüber hinaus ist es arbeitnehmer- und arbeitnehmerinnenfeindlich. Daher lehnen wir Linke die beiden Vorlagen ab.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben Besuch im Hause. Ich darf im Niedersächsischen Landtag sehr herzlich eine Besuchergruppe aus Polen begrüßen. Es sind polnische Juristen, die im Wege einer Zusammenarbeit mit Niedersachsen für einige Tage hier in Niedersachsen zu Gast sind, auch um am Festakt „300 Jahre OLG Celle“ teilzunehmen. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, einige meiner Vorredner haben dieses Gesetz nicht verstanden; denn wer in einem Atemzug über Baumärkte und Gartencenter spricht, der weiß nicht, was in diesem Gesetz tatsächlich verankert ist.