Protokoll der Sitzung vom 10.11.2011

Dazu ist doch nichts mehr zu sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Doch, sehr viel!)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Mit dem Gesetzentwurf sollen sich der Kultusausschuss federführend sowie der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen und der Ausschuss für Haushalt und Finanzen mitberatend beschäftigen. Gibt es jemanden, der widerspricht? - Enthält sich jemand? - Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 19 auf:

Abschließende Beratung: Gemeinsam gegen Ausgrenzung und Menschenfeindlichkeit - Ein Landesprogramm für Demokratie und Menschenrechte - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/3313 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 16/4065

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung.

Der Kollege Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich zu Wort gemeldet. Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Nach der ersten Landtagsdebatte zu unserem Antrag für ein Landesprogramm für Demokratie und Menschenrechte und den durchaus konstruktiven und sachlichen Beiträgen der Kollegin Jahns und des Kollegen Oetjen war ich durchaus optimistisch, in den Beratungen zu konstruktiven Ergebnissen zu kommen.

Nach der schriftlichen Anhörung, die im Innenausschuss durchgeführt worden ist und in der es ganz, ganz überwiegend Zustimmung zu unserem Antrag gab und nur vereinzelt Ergänzungen gefordert wurden, war ich noch optimistischer. Aber angesichts der Abstimmung im Innenausschuss, in dem die Regierungsmehrheit den Antrag lapidar abgelehnt hat, muss ich wohl davon ausgehen, dass Sie den Antrag auch heute im Landtag ablehnen werden. Im Ausschuss haben Sie in der abschließenden Beratung komplett geschwiegen. Vielleicht erfahren wir heute etwas zu Ihren Ablehnungsgründen, meine Damen und Herren.

Dabei gäbe es - leider - genug Bedarf für das von uns geforderte Landesprogramm. Nehmen Sie z. B. den diese Woche öffentlich gewordenen Bericht des Expertenkreises Antisemitismus des Bun

desinnenministeriums! Darin heißt es wörtlich: „Eine umfassende Strategie zur Bekämpfung des Antisemitismus in Deutschland existiert nicht.“ Man beobachte eine „bis weit in die Mitte der Gesellschaft verbreitete Gewöhnung an alltägliche judenfeindliche Tiraden und Praktiken.“ So weit die Expertinnen und Experten der Bundesregierung.

Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung in Niedersachsen daraus? - Keine, meine Damen und Herren!

Ich sage damit nicht, dass diese Landesregierung nichts gegen Rechtsextremismus und für Demokratie unternimmt. Viele Maßnahmen, die Sie gegenwärtig ergreifen, sind in dem Antrag auch aufgeführt. Sie haben im Innenausschuss einige weitere Punkte dazu dargestellt. Aber es muss Ihnen doch zu denken geben, wenn der Expertenkreis Ihrer schwarz-gelben Bundesregierung des Weiteren kritisiert, dass die Politik viele Modellprojekte nach drei Jahren auslaufen lässt, ohne dass es irgendwelche Folgeprojekte gibt, und keine dauerhafte Förderung ermöglicht. Konzepte solch dauerhafter Förderung schlagen wir in dem Antrag vor.

Zu denken geben muss uns allen auch die immer stärkere Verbreitung menschenfeindlicher Einstellungen in der sogenannten Mitte der Gesellschaft. Aber dagegen existiert - auch das ist in den Ausschussberatungen und den Landtagsdebatten deutlich geworden - keinerlei Konzept, keinerlei Strategie der Landesregierung.

Sie beschäftigen sich immer mit Extremismus. Sie ziehen immer Ihre vermeintliche Allzweckwaffe, den Verfassungsschutz, anstatt sich mit den menschenfeindlichen Einstellungen in der breiten Mitte der Gesellschaft auch nur zu beschäftigen.

Aufmerksam machen muss uns eine latent hohe Feindschaft gegen Sinti und Roma. Aber auch hier sind keine Strategien dieser Regierung erkennbar.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, es reicht eben nicht aus, immer nur auf den niedersächsischen Verfassungsschutz als vermeintliches Allzweckmittel gegen alles Böse dieser Welt zu verweisen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es, verfassungsfeindliche Bestrebungen und Tendenzen zu beobachten und nachrichtendienstlich aufzuklären. Es ist nicht und kann nicht Aufgabe des Verfassungsschutzes sein, die Zivilgesellschaft in einem Land zu stärken, aufzubauen und zu erweitern.

Das fällt nicht in den Kompetenzbereich eines Inlandsgeheimdienstes.

Wir Grüne fordern darum ein Programm zur Stärkung der Zivilgesellschaft in Niedersachsen. Von zivilgesellschaftlichem Engagement lebt Demokratie. Menschenfeindlichkeit, Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschengruppen dürfen in Niedersachsen keinen Platz haben - deswegen dieser Antrag, deswegen die vorgeschlagenen Maßnahmen. Ich bitte um Zustimmung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Limburg. - Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Jahns von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle, die wir hier sitzen, und - davon bin ich fest überzeugt - auch die Zuschauer oben auf den Rängen sind sehr dankbar dafür, dass wir in einem demokratischen Rechtsstaat leben dürfen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Gerade vor dem Hintergrund der vielen Probleme in der Welt, die Menschen aufgrund diktatorischer Systeme erleiden müssen, müssen wir wirklich dankbar sein, dass wir hier in Deutschland leben dürfen und dass hier Demokratie ein hohes Gut ist. Das wollen wir gemeinsam schützen; das ist unser aller Ziel.

(Zustimmung von Ursula Körtner [CDU])

Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir hier in den vergangenen Jahren gemeinsam viele Anträge und Aktivitäten auf den Weg gebracht haben.

Wir leben seit mehr als 60 Jahren in Frieden und Freiheit. Das haben wir den Müttern und Vätern unseres Grundgesetzes und auch - das betone ich auch aufgrund Ihrer Ausführungen eben, Herr Limburg, ausdrücklich - dem Verfassungsschutz zu verdanken; denn der Verfassungsschutz ist auch für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen da.

(Beifall bei der CDU)

In Ihrem Antrag fordern Sie uns auf, gemeinsam gegen Ausgrenzung und Menschenfeindlichkeit zu agieren und diese zu bekämpfen. Sie fordern in

einem Zehnpunktekatalog, ein Landesprogramm für Demokratie und Menschenrechte aufzulegen.

Meine Damen und Herren, diese Landesregierung hat sich seit 2003 insbesondere die Themen Demokratieerfahrung, -erziehung und natürlich auch -unterrichtung in den verschiedenen Ministerien auf ihre Fahnen geschrieben. Diese Landesregierung sieht das als Querschnittsaufgabe an.

Ich bin sehr dankbar für die vielen Maßnahmen des Sozialministeriums. Insbesondere nennen möchte ich hier das Programm „Integration durch Sport“. Wir stellen jedes Jahr 500 000 Euro für dieses Programm zur Verfügung. Diese Mittel ermöglichen es, z. B. durch Wettkämpfe miteinander internationale Qualitäten zu erfahren und so miteinander zu lernen.

Auch das Kultusministerium hat viele Maßnahmen angeschoben, z. B. „Klasse 2000“, z. B. Planspiele, die sich mit dem Thema „rechts und links“ beschäftigen.

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: Die- se Spiele kennen wir!)

In diesem Jahr hat es schon wieder fünf Planspiele gegeben. Sie wurden in den Schulen sehr positiv aufgenommen. Ich kann Ihnen an dieser Stelle nur sagen: Diese Programme, die Sie teilweise einstampfen wollen, werden in den Schulen sehr gut nachgefragt.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Weil es keine anderen Programme gibt! Weil Sie keine Alternativen anbieten!)

Deswegen werden wir diese Programme natürlich weiterführen.

Meine Damen und Herren, ich bin fest davon überzeugt, dass durch die mehr als 20 Programme, die sich in diesem Land bereits mit den Themen Extremismus und Demokratieerfahrung beschäftigen, im Lande eine hohe Priorität für Aktivitäten für Demokratieerfahrung besteht. Diese Maßnahmen sorgen insbesondere dafür, dass junge Menschen sich mit diesen Themen auseinandersetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie fordern z. B. eine Koordinationsstelle. Diese Koordinationsstelle soll gemeinsam mit dem Landespräventionsrat aktiv werden und insbesondere über die Themen Demokratie und Menschenrechte informieren.

Sie fordern einen Landesbeirat unter Beteiligung vieler verschiedener Organisationen, der die Arbeit

der Landesregierung fördern und begleiten soll. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Sie sagen, in diesem Beirat sollen verschiedene Institutionen vertreten sein.

Aber bei Ihrer Aufzählung beschränken Sie sich wieder auf den Rechtsextremismus. Sie wissen ganz genau, dass zu diesem Thema das ganze Spektrum gehört.