Diese von mir beschriebenen Ziele werden im Übrigen von allen Menschen in Südniedersachsen unterstützt. Es geht um die Lebensqualität einer Region. Es geht um die Mitbestimmung und Beteiligung an Prozessen, die unmittelbar auf die Lebensqualität der Menschen einwirken.
Wenn es uns in den Gesprächen mit den hessischen Nachbarn nicht gelingt, diese Ziele umzusetzen, dann sind wir Sozialdemokraten ebenso wie alle anderen politischen Parteien und Kräfte vor Ort der Meinung, diesen gekurvten Anflug und Lärmschutz durch eine Klage einzufordern. Wir setzen natürlich zuerst auf die Einsicht der Hessen, aber wenn diese nicht zur Vernunft kommen, müssen wir unsere Forderung mit einer Klage untermauern. Dafür brauchen wir die Hilfe des Landes; denn hier ist auch eine grundsätzliche Interessenlage Niedersachsens betroffen. So sehen wir das. Darum haben wir Sozialdemokraten eine Unterstützung durch das Land für betroffene Kommunen oder Bürger bei individuellen Klagen gegen die Rechtsverordnung zur Festlegung der An- und Abflugrouten gefordert.
Dessen Nrn. 1 bis 3 sind fast unverändert aus unserem Antrag übernommen worden. Nur der letzte Punkt, die Klageunterstützung, die für uns extrem wichtig ist, wurde auf Betreiben der FDP gestrichen.
Frau König, Sie haben erst vor zwei Tagen eine Pressemitteilung mit der Überschrift „Anwohner in Südniedersachsen vor Nachteilen durch den Flughafen Kassel-Calden schützen“ herausgegeben. Moralische Unterstützung - ja! Die kostet ja auch nichts. Aber wenn es ernst wird, ist die FDP leider weg. Das, meine Damen und Herren, ist keine ehrliche Haltung.
Die Überschrift der Pressemitteilung hätte besser lauten müssen: „Anwohner in Südniedersachsen vor der Landes-FDP schützen“. Selbst Ihre RestFDP bei uns vor Ort in Hann. Münden und Göttingen ist genauso wie die CDU und wie die Grünen auf unserer Seite.
Liebe Frau König, erst klammheimlich eine fette Presse zu organisieren - so als wäre Ihnen der Geistesblitz gekommen, etwas für die Leute zu tun -, dann den Antrag der Sozis in drei Punkten zu übernehmen, aber dann, wenn es zum Schwur kommt, abzutauchen und die Menschen mit ihren Sorgen alleine zu lassen, das ist nicht in Ordnung.
(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Patrick- Marc Humke [LINKE]: So sind sie!)
Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion hält ihren Antrag aufrecht. Bei der Abstimmung über den Änderungsantrag von CDU und FDP werden wir uns enthalten, es sei denn, der FDP kommt tatsächlich noch ein Geistesblitz und sie übernimmt Nr. 6 aus unserem Antrag. Dann könnten wir doch noch zustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Schminke hat hier ein ähnliches Getöse veranstaltet wie eine landende Boeing 737 auf dem dann ausgebauten Flughafen Kassel-Calden. Ich denke, man kann das Problem wesentlich ruhiger und sachlicher lösen, zumal wir uns in den Grundzügen ja einig sind. Das habe ich den sehr engagierten Worten von Herrn Schminke jedenfalls entnommen.
Ich möchte dem Hohen Hause etwas näher darlegen, worum es eigentlich geht. Derzeit haben wir nördlich von Kassel einen Verkehrslandeplatz. Dieser Verkehrslandeplatz ist ein kleiner idyllischer Flughafen. Dort landen hin und wieder Privatjets, und außerdem gibt es dort eine Hubschrauberwerft. Der Flughafen Kassel-Calden ist im Jahr 1970 eröffnet worden. Bis zum Jahr 2005 hat man versucht, dort Ferienflieger starten und landen zu lassen. Das ist jedoch misslungen.
Nun gibt es in Hessen bereits zum großen Teil umgesetzte Planungen, aus diesem Verkehrslandeplatz einen Regionalflughafen zu machen. Dieser Regionalflughafen soll im Jahr 2013 seinen Betrieb aufnehmen. Er wird in etwa zu einer Verdoppelung der Flugbewegungen führen. Das Entscheidende aber ist nicht die Verdoppelung, sondern das Entscheidende ist, dass dort dann mittelgroße Verkehrsflugzeuge - Boeing 737, Airbus 319 bis 321 - starten und landen werden. Die Frequenz wird sich auf 20 bis 24 Flugbewegungen pro Tag belaufen. Um diesen Regionalflughafen auch wirtschaftlich betreiben zu können, ist geplant, dort ein Frachtflugcenter mit der Möglichkeit von Nachtflügen zu errichten.
Die Gegend um Hann. Münden, d. h. die Grenzregion zwischen Südniedersachsen und Hessen, ist so gestaltet, dass ein Großteil der möglichen An- und Abflüge über Hann. Münden stattfinden muss. Diese Flüge über Hann. Münden schrecken die Bevölkerung natürlich auf, zu Recht. Von Bedeutung sind hier insbesondere die Anflüge. Moderne Düsenverkehrsflugzeuge verursachen den größten Lärm nämlich beim Anflug und nicht beim Start. Starts hören sich zwar gewaltig an, wenn man sich direkt am Flughafen befindet, aber weil die Flugzeuge mit einem relativ steilen Winkel abfliegen, werden die Starts in entsprechender Entfernung, also auch in Hann. Münden, nicht mehr in großem Umfang wahrgenommen.
Von erheblicher Bedeutung sind allerdings die Landeanflüge; denn die Flugzeuge gleiten auf einem Radarstrahl zum Flughafen, und dieser Radarstrahl liegt nun einmal genau über Hann. Münden. Nun gibt es, wie die Bürgerinitiativen und die Stadt Hann. Münden ermittelt haben, jedoch die Möglichkeit, bestimmte technische Verfahren anzuwenden, nämlich sogenannte gekurvte An- und Abflüge. Das wäre auch unproblematisch. Das sind keine Flugbewegungen, die in irgendeiner Weise vom normalen Flugbetrieb abweichen, sondern diese Flugbewegungen sind auf vielen Flughäfen in Europa und in der Welt gängige Praxis.
Uns geht es darum, diese gekurvten Anflüge mit Unterstützung der Landesregierung durchzusetzen. Ich denke, das ist ein fairer Vorschlag an die nordhessischen Nachbarn.
Ich sage aber auch ganz deutlich, worum es nicht geht. Wir kümmern uns nicht um die Wirtschaftlichkeit dieses Flughafens. Darüber kann man lange diskutieren, und viele Experten sind der Auffassung, dass dieser Regionalflughafen keine wirtschaftliche Zukunft hat. Das aber ist eine Sache der Hessen. Wir würden uns auch nicht in entsprechende Planungen in Niedersachsen hineinreden lassen.
Wir sind ferner der Meinung, dass die Verkehrsanbindung dieses Flughafens nur suboptimal ist, um es einmal vorsichtig auszudrücken.
Das bedeutet, der Flughafen an sich ist umstritten. Gleichwohl befindet sich der Flughafen aufgrund bestandskräftiger Bauleitplanungen derzeit im Endausbau. Ich denke, nun muss man den Einwohnerinnen und Einwohnern im Süden Niedersachsens entgegenkommen und uns Sizilianern von Niedersachsen bei der Abwehr von unnötigem Fluglärm unterstützen.
Die SPD hat daraus einen großen Antrag gemacht und darin auch Forderungen für den Luftverkehr insgesamt aufgestellt. Das aber ist nicht unsere Aufgabe als Land Niedersachsen, sondern das ist Aufgabe der Bundesregierung.
Wir haben die ersten beiden Punkte des SPDAntrags in einem Alternativantrag, der derzeit hoffentlich verteilt wird, aufgegriffen.
Das Optimale für die Menschen in Südniedersachsen wäre sicherlich ein gemeinsamer Antrag. Ich bin gespannt, was Bündnis 90/Die Grünen macht. Meines Erachtens sollte dieser Antrag aber nicht so weit ausgedehnt werden, wie es die SPD gemacht hat. Sollte die SPD noch dazu kommen, unseren Antrag zu unterstützen, dann wäre das sehr schön. Ansonsten sind wir gehalten, den SPD-Antrag abzulehnen, eben weil er der Sache nicht gerecht wird. Dann bitten wir Sie, unseren Änderungsantrag anzunehmen. - Ich sehe hektische Aktivitäten. Alles in Ordnung, er kommt gleich.
- Natürlich vor der Abstimmung, Herr Jüttner. Ich habe Ihnen aber alles gesagt, was dazu zu sagen war. Sie haben, wie ich bemerkt habe, aufmerksam zugehört. Ihnen danke ich besonders, aber allen anderen auch.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Linke sehen den heutigen Zeitpunkt als den letzten realistischen Zeitpunkt an, um überhaupt noch steuernd in die Frage der Flugbewegungen eingreifen zu können. Das scheint auch die rechte Seite des Hauses nun endlich begriffen zu haben. Wir freuen uns, dass Sie es doch noch geschafft haben, Ihren Änderungsantrag einzubringen. Wir müssen ihn zwar erst lesen, aber wenn er tatsächlich die von Herrn Noack beschriebene Form hat, stehen wir ihm grundsätzlich erst einmal nicht ablehnend gegenüber,
Die Frage, ob der Flughafen Kassel-Calden überhaupt ausgebaut werden soll, ist ja entschieden worden. Die Kommunalparlamente jenseits und diesseits der Landesgrenze haben dazu immer einstimmig Stellung genommen. Ich habe eine ganze Reihe von Dokumenten aus dem Kreistag Göttingen mitgebracht. Dort gab es, schon als wir noch zusammen im Kreistag waren, Herr Dr. Noack, einstimmige Entscheidungen. Sie sehen also, dass es vor Ort möglich ist, sich über die von Ihnen so oft beschriebenen ideologischen Grenzen hinwegzusetzen und an einem Strang zu ziehen. Das wollen wir Linke auch weiterhin so halten. Wir tragen allerdings auch die Proteste weiter mit.
Heute stehen wir und auch Sie vor der Frage, wie glaubwürdig wir weiterhin sein wollen. Es geht um Fragen der Nachtflüge, des Lärmschutzes, der Flugrouten oder der weiteren Ausbauabsichten. Damit Sie wissen, um welche Größenordnung es sich handelt: Meine Kollegin Janine Wissler aus dem Hessischen Landtag hat mich gestern Abend noch einmal darauf hingewiesen, dass es hier mittlerweile um ein Volumen von 217 Millionen Euro geht, wobei die ursprünglichen Planungen noch bei 150 Millionen Euro lagen. Das nur als Beispiel, damit Sie wissen, um welche Größenordnungen wir hier diskutieren.
Alle diese Punkte, die ich im Vorfeld aufgeführt habe, stehen nach wie vor auf der Agenda, und zwar auch jetzt, wo der Flughafen an sich nicht mehr zu verhindern ist. Wir als verantwortungsbewusste Politiker stehen mit in der Verantwortung, die verbliebenen Steuerungsmöglichkeiten nicht einfach aus der Hand zu geben.
Wir Linke haben bereits 2006 einen Gesetzentwurf zur „Verbesserung des Schutzes vor Lärm in der Umgebung von Flugplätzen“ in den Deutschen Bundestag eingebracht, dessen Inhalte sich auch im vorliegenden Antrag der SPD wiederfinden. Die gesundheitlichen Folgen und Gefahren von Fluglärm sind in der Fachwelt unumstritten. Nachtflugverbote zum Schutz der Nachtruhe von Menschen ist Vorrang einzuräumen. Das gilt auch nicht zuletzt in Südniedersachsen und für die Stadt Hann. Münden. Man kriegt es sogar in Göttingen mit, wenn bei Nachtflügen große Frachtflugzeuge über die Einflugschneise nach Kassel einfliegen. Das ist also nicht zu unterschätzen.
Der vorliegende Antrag der SPD zeigt Möglichkeiten auf, im Sinne von Bürgerinnen und Bürgern hierauf Einfluss zu nehmen. Ich hätte mir gewünscht, dass wir auf der Grundlage des vorliegenden SPD-Antrags gemeinsam gehen könnten.
- Ich komme zum Schluss. Letzter Satz! - Jetzt kommen wir vielleicht zu einem Kompromiss. Ich muss den Antrag aber erst einmal richtig lesen können, und wir müssen ihn diskutieren. Wenn ich das Verfahren richtig verstanden habe, kommen wir morgen zu einer endgültigen Abstimmung. Ich freue mich darauf, dass wir - hoffentlich - ein möglichst breites Bild haben und dafür Zustimmung erreichen können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schminke, eingangs zu Ihren populistischen Ausführungen zu Nr. 4: Mir ist nicht ganz klar, was damit gemeint ist. Ich glaube, dass das keinem so
richtig klar ist, wenn man diese unlogische Definition liest. Wie soll die Formulierung „bei möglichen individuellen Klagen … kontinuierliche Lärmmessungen“ umgesetzt werden? - Können Sie mir einmal erklären, wie das vor sich gehen soll? Eigentlich kann der Punkt 4