Protokoll der Sitzung vom 11.11.2011

(Zurufe von Ursula Körtner [CDU] und Ingrid Klopp [CDU])

Deswegen haben wir in dem SPD-Antrag ausdrücklich von modernen Technologien gesprochen, um das offenzuhalten.

Nun zum heutigen Tag, Herr Bäumer: Ein Erfolg sieht anders aus. Wenn ein Ministerpräsident einen Brief an den „lieben Norbert“ schreibt und über diesem Brief und dem Kriterium Rückholbarkeit Gorleben beenden will und heute zulässt, dass Gorleben auf der Landkarte bleibt, dann ist der Ministerpräsident heute in Berlin nicht erfolgreich gewesen, sondern leider gescheitert.

(Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Herr Tanke, mal ein bisschen tiefer legen! Der Neid ist ja unver- kennbar!)

Danke schön, Herr Tanke. - Herr Kollege Bäumer, Sie möchten antworten. Sie haben ebenfalls für eineinhalb Minuten das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist gar nicht so einfach, auf viereinhalb in eineinhalb Minuten zu antworten. Ich will es trotzdem versuchen.

Herr Herzog, ich habe die Menschen im Wendland nicht als schizophren bezeichnet. Ich habe gesagt, die Welt dort wäre schizophren. Insofern besteht für mich kein Grund, mich zu entschuldigen.

(Beifall bei der CDU)

Sie müssten sich vielleicht für das entschuldigen, was wir am 31. Oktober bei unserem Gang aus dem Kreishaus Lüchow erlebt haben. Diese Beschimpfungen übelster Art, diese dorthin bestellten Menschen von der Bürgerinitiative: Ich muss sagen, ich habe in meinen acht Jahren Landtag nichts Vergleichbares erlebt. Ich bin immer für einen sachlichen Dialog. Aber das, was da abgelaufen ist, werde ich nachhaltig in Erinnerung behalten. So etwas macht man nicht!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Wenzel, Sie können ja hier vorn wunderschöne Statements abgeben. Aber als Antwort zitiere ich Ihnen nur eine Pressemitteilung von dpa von heute. Darin wird Herr Kretschmann zitiert:

„Auch Gorleben solle im Spiel bleiben, u. a. ‚weil wir Salzstöcke grundsätzlich für geeignet halten’. Man dürfe keine Option von vornherein ausschließen. Kretschmann: ‚In diesen Fragen müssen Sicherheit, Klarheit und Kontinuität über die Parteigrenzen hinweg bestehen bleiben.’“

Da bin ich bei Herrn Kretschmann, Herr Wenzel, aber nicht bei Ihnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Tanke, ich glaube, Sie sollten einmal das nachlesen, was Sie vorhin gesagt haben. Sie haben gesagt - - -

(Die Präsidentin schaltet dem Redner das Mikrofon ab)

Das war jetzt richtig gut. Da waren die 90 Sekunden genau zu Ende. Er muss das dann nachlesen. Das können Sie jetzt leider nicht mehr sagen, Herr Bäumer.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die Landesregierung hat jetzt Herr Minister Sander das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich mit dem Antrag zum Stichwort „Endlagerung“ beginnen, in dem Sie insbesondere von der Landesregierung eine aktivere Rolle verlangen. Ich glaube, wir alle sind uns bewusst, dass wir aufgrund der geologischen Gegebenheiten auch in der Vergangenheit - ich unterstelle das auch nicht den vorigen Landesregierungen - keine aktive Rolle gespielt haben. Asse, Schacht Konrad und Gorleben verlangen eine Betrachtung schon allein aus der Tatsache heraus, dass wir so viele Lagerstätten und Gesteinsschichten in unserem Bundesland haben.

Sie können schon allein aus der Tatsache des Beschlusses des Bundesrates vom 17. Juni 2011 entnehmen, dass wir uns ganz klar mit zur Endlagerung bekannt haben. Unser Ministerpräsident

hat in seinem Schreiben an den Bundesumweltminister

(Rolf Meyer [SPD]: An den „lieben Norbert“!!)

vom 11. August 2011 noch einmal klar und deutlich betont, dass wir als Niedersachsen eine Rückholbarkeit für richtig und notwendig erachten.

Wir haben vorher geprüft, ob es überhaupt im Salzgestein machbar ist. Da haben wir Experten, die sagen, dass dann, wenn man die Einbringung nicht vertikal macht, sondern horizontal, für einen Zeitraum von 50 bis 80 Jahren eine Rückholbarkeit möglich wäre.

Deswegen habe ich auch als Landesumweltminister mit meinem Kollegen in Baden-Württemberg sehr schnell Gespräche aufgenommen und gesagt: Bitte verzichten Sie auf Ihre Forderung, dass eine Rückholbarkeit nicht möglich sein soll! - Denn in dem Positionspapier der grün-roten Landesregierung ist die Rückholbarkeit bisher klar und deutlich ausgeschlossen.

Es ist allerdings so - das ist richtig, Herr Kollege Bäumer -, dass der Ministerpräsident und der Landesumweltminister klar und deutlich dafür Sorge tragen wollen, dass Gorleben als Standort weiter mit untersucht wird. Das ist auch richtig so; denn eines ist unter Herrn Trittin schon falsch gewesen und ist bis heute noch falsch.

(Der Redner hält eine Karte hoch)

Es gibt nämlich keine weiße Deutschlandkarte. Herr Abgeordneter Bosse, ich habe Ihnen diese Karte schon einmal überreicht. Wenn Sie sie sich vornehmen, dann sehen Sie, wo beim tiefen geologischen Gestein die Mächtigkeiten in Deutschland sind. Deswegen wäre es verhängnisvoll, auf weitere Untersuchungen zu verzichten. Sonst müssten Sie schon in der Phase 4 sein, dass Sie nämlich einen Standort benennen. Und das wollen, glaube ich, Sie den Niedersachsen nicht zumuten.

Ich kann nur an alle hier im Landtag appellieren. Ich habe ja fast neun Jahre in dieser Frage immer wieder entsprechend Stellung genommen, gekämpft und mich beschimpfen lassen. Man kann aber keine Probleme damit lösen, dass man die anderen beschimpft und ihnen etwas unterstellt. Jetzt haben wir vielleicht die Chance - ich bin aber noch nicht davon überzeugt, weil wir schon bald wieder Wahlen und auch bald wieder Bundestagswahlen haben -, dass wir in dieser Frage nach vorne kommen. Unverantwortlich wäre es jedoch,

wenn wir diese Frage nicht anpacken würden. Egal welche Regierung in fünf, in zehn oder in zwanzig Jahren regiert - dieses Problem bleibt.

Das betrifft auch die Verpflichtung zur Rücknahme aus dem Ausland. Man kann darüber diskutieren, dass es falsch war, die Abfälle in den 70er- und 80er-Jahren nach La Hague oder auch nach Sellafield zu verbringen. Aber die internationalen Verpflichtungen sind nun einmal da.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Wir als Deutsche würden ja nicht anders handeln. Diese völkerrechtlichen Verpflichtungen wurden von uns eingegangen - auch von anderen Regierungen. Dann müssen wir diese Abfälle zurücknehmen. Wir müssen dann aber auch der Bevölkerung ehrlich sagen: Es werden nicht nur die einigen Transporte mit hoch radioaktivem Müll sein, sondern auch Transporte mit schwach- und mittel radioaktivem Abfall - also Riesenmengen, die wir zurücknehmen müssen.

Das, was damals geschehen ist, kann man alles kritisieren. Aber deswegen ist noch mehr die Verpflichtung der jetzt handelnden regierenden Personen notwendig, dass wir dementsprechend hier zur Einigung kommen.

Meine Damen und Herren, wir sollten uns das nicht nur genau angucken; das wissen wir. Wir sind ja nun so lange in dem politischen Geschäft und wissen auch, wie Abläufe funktionieren. Wir als Niedersachsen sollten uns aber nicht selber infrage stellen. Deswegen müssen grundsätzliche Fragen bei der Endlagerung aus niedersächsischer Sicht geklärt werden.

Wir haben Gott sei Dank schon Erfolg gehabt. Auch nach den Meldungen heute ist die Rückholbarkeit ein Punkt, der aufgenommen wird.

Ein zweiter Punkt muss ebenfalls aufgenommen werden. Das ist die Prüfung, ob die Lagerung im tiefen geologischen Gestein erfolgt oder ob wir in der Zukunft nicht auch andere Methoden der Lagerung mit durchführen - Stichwort „Bunkerlösung auf militärischem Gelände“.

Deswegen sind alle diese Dinge vorher abzuklären. Und wenn es uns jetzt schon gelingt, dass nicht nur CDU/CSU und FDP alleine die Last tragen, sondern auch die Verantwortung von RotGrün festzustellen ist, dann sollten wir die Chance nutzen und nicht aus Niedersachsen mit Vorbedingungen wie „Gorleben ist tot“ die Diskussion noch erschweren.

Lassen Sie mich kurz noch auf den anderen Punkt eingehen! Herr Wenzel, ich will hier nicht über die einzelnen Werte streiten. Ich habe Greenpeace vor 14 Tagen das Gespräch angeboten. Das ist gestern erfolgt. Ich war nicht davon überzeugt, dass ich Greenpeace davon überzeuge, dass unsere Berechnungen richtig sind. Eines hat mich aber etwas verwundert, nämlich dass es, wenn man in Gespräche hineingeht, nicht um die Ermittlung der Daten und die Bewertung durch den NLWKN, die PTB oder den TÜV geht - das wird nicht infrage gestellt -, sondern es wird lediglich kritisiert, dass unsere Mitarbeiter andere Schlüsse daraus ziehen.

Sie haben eben von einem Zwischenbericht oder einem Bericht gesprochen, aus dem Sie zitiert haben. Meine Mitarbeiter sagen: Den Bericht gibt es noch gar nicht. - Wir müssen also in dieser Frage auch wieder ehrlich miteinander umgehen und dementsprechend zumindest versuchen, uns gegenseitig zu verstehen, anstatt dem anderen immer Böses zu unterstellen.

Ich habe mich zu einem weiteren Gespräch mit Greenpeace verabredet. Das ist bei Greenpeace übrigens sehr unterschiedlich. Der Kampagnengeschäftsführer fand ein zusätzliches Gespräch nicht so gut. Der Experte, Herr Smital, fand es aber sehr gut. Deswegen haben wir das für die nächste Woche vereinbart. Dabei geht es um die Frage, ob diese einzelnen Bewertungen bzw. Berechnungen nachvollziehbar sind.

Die Verantwortlichen sowohl des NLWKN als auch des TÜV und der PTB müssen klar und deutlich sagen: Nein, alles, was die Abgeordneten uns hier im Umweltausschuss erzählen, ist nicht richtig; wir haben eine klare Linie. - Wenn das erfolgt ist, werden Sie von mir auch eine Bewertung erfahren.

Herr Minister Sander, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Gleich. Lassen Sie mich nur noch einen Satz zu diesem Themenfeld anschließen.

Nachdem uns die Bürgerinitiativen gestern ihre eigenen ermittelten Werte übersandt haben, habe ich auch überlegt: Wollen wir sie nicht gleich mit einbinden? - Sonst geht das ganze Theater weiter - das wahrscheinlich sowieso erfolgt, dann auf anderem Niveau.

Ich bin der Meinung, dass die Vertreter dieser beiden Initiativen zu diesem Gespräch mit eingeladen werden sollen, damit für die Öffentlichkeit klar und deutlich wird: Die Niedersächsische Landesregierung macht ein transparentes Verfahren und lässt sich nicht beschimpfen, sondern gibt auch denjenigen, die alles infrage stellen, Gelegenheit, ihre Argumente vorzutragen. Aber sie müssen auch akzeptieren, dass unsere Experten, auf die wir uns verlassen - unabhängige Experten -, ihnen ihre Ergebnisse und Bewertungen darlegen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch zwei Dinge zum Kollegen Bosse sagen, weil er immer so nett mit mir umgeht.

Herr Kollege Bosse, dass Sie keine Karten lesen können und in der Farbenlehre nicht so fit sind, das kann passieren. Mancher ist ja farbenblind. Auf dieser Deutschlandkarte kann man schon gut erkennen, dass das eine farbige und keine weiße Karte ist.

Aber dass Sie von Mittwoch bis Freitag noch nicht einmal die schon fertiggestellten Protokolle richtig lesen, das verstehe ich nicht. Ich habe Ihnen mehrmals klar und deutlich gesagt, wie das Verfahren bei Atomtransporten erfolgt. Die EVUs stellen den Antrag, und das Bundesamt für Strahlenschutz muss dementsprechend genehmigen; auch da gibt es einen Rechtsanspruch der EVUs, wie man wissen muss. Ich stelle das nicht infrage; das alles muss mit beachtet werden. Genauso müssen wir als dafür zuständige Behörde kontrollieren, dass die Einlagerung nur unter gewissen Voraussetzungen erfolgt. Das hat das BfS getan, das haben wir getan. Insofern, Herr Kollege - - -