Protokoll der Sitzung vom 11.11.2011

Aber dass Sie von Mittwoch bis Freitag noch nicht einmal die schon fertiggestellten Protokolle richtig lesen, das verstehe ich nicht. Ich habe Ihnen mehrmals klar und deutlich gesagt, wie das Verfahren bei Atomtransporten erfolgt. Die EVUs stellen den Antrag, und das Bundesamt für Strahlenschutz muss dementsprechend genehmigen; auch da gibt es einen Rechtsanspruch der EVUs, wie man wissen muss. Ich stelle das nicht infrage; das alles muss mit beachtet werden. Genauso müssen wir als dafür zuständige Behörde kontrollieren, dass die Einlagerung nur unter gewissen Voraussetzungen erfolgt. Das hat das BfS getan, das haben wir getan. Insofern, Herr Kollege - - -

(Zurufe von der SPD: Bosse!)

- Bosse. Ja, ich gucke gerade nach. - Herr Kollege Bosse, das steht hier klar und deutlich - Frau Präsidentin, vielleicht darf ich das noch einmal vortragen -, aber Sie gehen damit ja sehr lax um:

(Johanne Modder [SPD]: Wer, Sie?)

„Die Genehmigung des Castortransports erfolgt einzig und allein durch das Bundesamt für Strahlenschutz. Herr König könnte also ganz klar und deutlich sagen: Diesen Castortransport will ich nicht haben.“

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Stehlen Sie sich doch nicht aus der Verant- wortung! - Weitere Zurufe von den GRÜNEN und von der LINKEN)

So lautete meine Aussage ausweislich des Protokolls. Ich weiß nicht, was Sie da für einen Popanz aufbauen.

Sie sollten sich in dieser Frage mit Ihrem Kollegen Tanke etwas besser abstimmen. Das haben wir eben ja auch bei der Transmutation gesehen. Sie schreiben es erst rein, und wenn es dann zum Schwur kommt, sind Sie wieder davon.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Herr Sander!)

Bitte lassen Sie uns versuchen, mehr Gemeinsamkeiten zu erreichen, um in dieser Frage im Interesse der Menschen nach vorne zu kommen!

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Herr Kollege Wenzel und Herr Kollege Herzog haben nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnungen zusätzliche Redezeit aufgrund der Redezeitüberschreitung des Ministers beantragt. Herr Wenzel erhält für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zwei Minuten.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister Sander, Ihre Rede war ein gutes Beispiel dafür, warum wir in dieser Endlagerfrage immer wieder vor Blockaden gelaufen sind und immer wieder eine politische Konfrontation erfahren haben.

Wenn Sie hier sagen, MU macht ein transparentes Verfahren, Herr Sander - wenn Sie die Freundlichkeit hätten, zuzuhören -, dann legen Sie uns doch die Daten auf den Tisch! Lassen Sie doch zu, dass ein zweiter oder ein dritter Wissenschaftler Ihre Berechnungen überprüfen! Geben Sie uns die Daten endlich! Und hören Sie auf mit der Geheimniskrämerei!

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Und dann stellen Sie auch nicht das Licht Ihrer Atomaufsicht unter den Scheffel! Sie haben hier zum wiederholten Male falsch dargestellt, wer dafür zuständig ist, festzustellen, ob die Grenzwerte

für die Genehmigung am Lager eingehalten werden oder nicht. Nach der Genehmigung ist es Ihre Atomaufsicht und nicht das BfS.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Genau!)

Das BfS hat die Grenzen festgesetzt, und Sie müssen prüfen, ob die Grenzen eingehalten werden.

Meine Damen und Herren, wenn es in solchen Fragen nicht mehr Aufrichtigkeit gibt,

(Widerspruch bei der CDU)

wenn es in solchen Frage nicht mehr Transparenz gibt, dann geraten wir immer wieder ins kurze Gras.

Ich habe heute mal wieder diesen alten Zeitungsartikel herausgesucht. Das war der Tag nach der Entscheidung von Herrn Albrecht.

(Glocke der Präsidentin)

Damals war man der Auffassung, dass ab einem Zeitpunkt zwischen 1985 und 1988 in Gorleben eingelagert werden könne. So fundamental hat man sich damals vertan - um 25 Jahre! Damals war man der Auffassung - das steht hier -, dass nach Tausend Jahren der Müll nicht stärker strahlt als der Müll oder der Abraum aus den Uranabbaugebieten unserer Welt.

Einen letzten Satz!

Diese so fundamentale Fehleinschätzung hat man damals zugrunde gelegt. Das muss endlich akzeptiert werden. Man muss endlich sehen, dass man damals von Anfang an einen so fundamentalen Irrtum begangen hat.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Dass Trittin zehn Jahre nichts ge- macht hat, dafür kann Herr Sander nichts!)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Wenzel. - Herr Herzog hat für die Fraktion DIE LINKE ebenfalls zwei Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Sander, zunächst einmal wollen wir doch festhalten: Sie hätten die Möglichkeit gehabt, die Einlagerung der Castoren zu unterbinden.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Miriam Staudte [GRÜNE] - Ulf Thiele [CDU]: Hätte er nicht!)

Und Sie hätten auch die Pflicht gehabt, das zu tun. Wenn Sie meinen Ausführungen zum Wyhl-Urteil gefolgt wären, dann wüssten Sie, dass sozusagen die rechtskonforme Vorgehensweise bei Unsicherheiten die Annahme der schlechtesten Werte ist. Das haben Sie nicht getan.

Ich möchte ferner von Ihnen die Frage beantwortet haben, warum die Behörden NMU und NLWKN zwei Monate nach dem Brief des von mir zitierten Landrats am 26. Oktober nicht in die öffentliche Atomausschusssitzung in Lüchow-Dannenberg gekommen sind.

Eine weitere Frage: In einem Interview mit der Berliner Zeitung wurden Sie Folgendes gefragt:

„Greenpeace hat Sie angezeigt. Man wirft Ihnen vor, die Strahlenwerte des Zwischenlagers schöngerechnet zu haben. Lässt Sie das kalt?“

Darauf haben Sie geantwortet:

„Natürlich nicht. Aber es ist nichts schöngerechnet. So etwas passiert bei Banken, wo plötzlich 55 Milliarden Euro übrig sind, oder im Bundeshaushalt.“

Würden Sie mir diese Antwort bitte erklären! Heißt das, man hat irgendetwas gefunden? Ich verstehe diese Antwort nicht.

Eine weitere Frage des Redakteurs war:

„Ihre eigene Landesbehörde hätte im August davor gewarnt, dass die Strahlen zu hoch würden, wenn in Gorleben zusätzliche Castorbehälter eingelagert werden. Das ist jetzt ausgeschlossen?“

Sie haben darauf geantwortet:

„Ja, weil Maßnahmen dagegen ergriffen wurden. Die Castoren wurden besser platziert.“

Meines Wissens gab es eine Umstellung auf Anweisung des BfS wegen Terrorgefahren. Würden Sie mir bitte diese Antwort, die Sie hier gegeben haben, erklären!

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Herzog. - Nach § 71 Abs. 3 erhält Herr Kollege Bosse von der SPD-Fraktion vier Minuten zusätzliche Redezeit.

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Ich denke, die vier Minuten werde ich gar nicht brauchen.

Sie haben immer gesagt, Herr Minister Sander, Sie hätten gekämpft. Ich frage mich nur, wofür Sie gekämpft haben. Denn das Ergebnis - neun Jahre sind Sie mittlerweile im Amt - ist immer noch recht spärlich für Niedersachsen mit dem Atommülllager Asse, mit Schacht Konrad und Gorleben, wo wir kein Stück weiterkommen. Deswegen stelle ich die Frage: Wofür haben Sie gekämpft?

Und wenn Sie sagen, Herr Sander, Herr König bräuchte bloß zu sagen, er will die Castortransporte nicht, dann bleibe ich dabei: Das ist schlichtweg nicht richtig.

Im Übrigen, wenn Sie mir unterstellen, ich sei farbenblind - lesen Sie doch einmal die aktuellsten Meldungen aus Berlin! -, dann teile ich mir diese Farbenblindheit mit dem Bundesumweltminister Norbert Röttgen, der auch sagt: Wir werden von einer weißen Landkarte ausgehen.

Abschließend zu unserem Antrag: Von Transmutation steht unter dem vierten Spiegelstrich nichts. Aber wir alle wissen, Herr Minister Sander: Sie sind ein Minister mit einer dienstlichen Restlaufzeit.