Protokoll der Sitzung vom 06.12.2011

Nein, Herr Ministerpräsident! So viel Ignoranz, so viel angebliches Unwissen, so wenig Fingerspitzengefühl, so viel Willkür bei der Krisenbewältigung und so wenig Menschlichkeit im Umgang mit Flüchtlingen - ich sage Ihnen: Entlassen Sie Ihren Innenminister!

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Zurufe von der CDU)

Zu dem Beitrag von Herrn Wenzel hat sich Herr Rolfes zu einer Kurzintervention gemeldet. Wir wollen ihn auch zu Wort kommen lassen. Bitte schön! Sie haben 90 Sekunden, Herr Kollege Rolfes.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Herrn Wenzel schlicht und einfach einmal fragen, ob er die Tatsache, dass Herr Grahl mit dem Dienstwagen zur falschen Zeit in eine falsche Kneipe gefahren ist und dort vielleicht ein Bier zu viel getrunken hat, ernsthaft mit dem Fall des Justizvollzugsbeamten vergleichen will, der, wenn ich das richtig sehe, rechtskräftig zu elf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, weil in seinem Auto und auch bei ihm zu Hause Waffen gefunden worden sind. Ich möchte ihn fragen, ob das ein ausreichendes Vertrauensverhältnis ist, wenn ein Justizvollzugsbeamter in solchen Waffenbereichen tätig ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Björn Thümler [CDU]: Genau darum geht es! Das ist Ihre Scheinheiligkeit! - Ulf Thiele [CDU]: Das Schlimme ist, dass das immer ins Menschliche geht!)

Mir liegt jetzt eine Wortmeldung von Herrn Bachmann zu einer persönlichen Bemerkung vor.

(Jens Nacke [CDU]: Keine Antwort von Herrn Wenzel?)

- Nein, es gab keine Wortmeldung für eine Erwiderung.

Wir möchten Herrn Bachmann die Gelegenheit für eine persönliche Bemerkung geben. Ich brauche Ihnen die Regularien nicht vorzutragen: Sie müssen persönliche Angriffe zurückweisen und eine Redezeit von fünf Minuten nicht überschreiten. Herr Bachmann, bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident, dass ich diese Gelegenheit noch vor der Abstimmung habe.

Das, was der Kollege Oetjen gesagt hat - ansonsten arbeiten wir allerdings ganz vernünftig zusammen -, entspricht nicht der Realität. Deswegen möchte ich klarstellen, was tatsächlich war.

Die Unterrichtungen, die die SPD-Fraktion zu diesen ganzen Bereichen in den Ausschüssen beantragt hat - - -

(Jens Nacke [CDU]: Wo ist denn der persönliche Angriff? - Weitere Zurufe von der CDU - Gegenruf von Johanne Modder [SPD]: Hören Sie doch zu!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte den Redner an dieser Stelle schützen. Er möchte eine persönliche Bemerkung machen, und ich bitte, ihm dazu auch die Gelegenheit zu geben. Bitte, Herr Bachmann!

Er hat nicht die Wahrheit gesagt, und das muss ich klarstellen.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Doch, das habe ich!)

Er tat so, als wenn ich hier nicht die Wahrheit gesagt hätte.

(Jens Nacke [CDU]: Das ist falsch, was Sie sagen! - Gegenruf von Jo- hanne Modder [SPD]: Das ist es nicht!)

- Nein. Ich sage noch einmal: In den Fällen, in denen die SPD-Fraktion Unterrichtungen beantragt hat, haben wir Nachfragen gestellt. Der letzte Punkt, den der Kollege Oetjen angesprochen hat, war ein Unterrichtungsantrag der Fraktion die Grünen. Die hatten noch Aufklärungsbedarf im Hinblick auf die Versetzung ins Landwirtschaftsministerium.

Herr Oetjen, nachdem Sie so vorwurfartig formuliert haben, die SPD hätte noch nicht einmal Fragen gehabt, für die war das alles schon klar, möchte ich Folgendes klarstellen. Ich habe in dieser Sitzung wortwörtlich gesagt - und dem ist nicht widersprochen worden; Sie haben es leider nicht bestätigt -:

„Nachdem wir hier feststellen müssen, dass bei all den Nachfragen gemauert wird und keine Angaben gemacht werden,“

(Jens Nacke [CDU]: Das ist Schein- heiligkeit!)

„verzichten wir hier auf weitere Nachfragen und überlassen es der Debatte im Parlament.“

(Jens Nacke [CDU]: Das ist keine in- haltliche Einlassung!)

Das ist die Tatsache. - Ich wollte klarstellen, wie das dort abgelaufen ist.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Jetzt habe ich noch die Wortmeldung des Herrn Ministerpräsidenten vorliegen. Herr Ministerpräsident, Sie haben das Wort.

(Zuruf von den GRÜNEN: Entlassung!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe die Debatte sehr aufmerksam verfolgt. Für mich steht zum Ende dieser Debatte eines fest: Dieser Entlassungsantrag entbehrt jeglicher Grundlage. Die von der Opposition erhobenen Vorwürfe sind haltlos, und sie sind ebenso substanzlos.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Meyer [GRÜNE]: Das ist schon am Anfang falsch!)

Die Opposition hat mit Unterstellungen und unzutreffenden Behauptungen versucht, ein Fehlverhalten von Minister Schünemann zu konstruieren. Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns hier im Hause einig: Dieser Versuch ist deutlich misslungen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Wenzel, Herr Kollege Schostok, wir können uns gerne über Fakten unterhalten. Aber mit Ihren Unterstellungen beschäftige ich mich nicht.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auch deshalb kann ich mich als Adressat des Entschließungsantrages kurzfassen. Ich möchte drei Anmerkungen machen:

Erstens. Der Innenminister hat in der angesprochenen Personalfrage unverzüglich und angemessen reagiert. Alle weitergehenden Entscheidungen waren dem Kabinett vorbehalten. Auch das Kabinett hat selbstverständlich zügig und konsequent gehandelt.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zweitens. Hinsichtlich der Familie Nguyen aus Hoya teile ich die Einschätzung des Innenministers, dass der Weg über die Härtefallkommission der bessere gewesen wäre. Die Kommission hätte vor Festsetzung des Abschiebetermins ein weiteres Mal angerufen werden können. Das ist nicht

erfolgt. So konnte die Ausländerbehörde nicht anders handeln.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Jetzt bemühen wir uns gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt um eine zügige Rückkehr der Familie nach Deutschland.

(Johanne Modder [SPD]: Also selbst schuld?)

Ich freue mich, wenn diese Rückkehr nach Deutschland gelingt.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Olaf Lies [SPD]: Das ist doch unglaublich! - Miriam Staudte [GRÜNE]: Sind Sie nicht auch der Meinung, Schünemann hätte den An- trag selbst stellen sollen?)

Meine Damen und Herren, für die Zukunft sind Konsequenzen daraus gezogen worden, damit sich ein derartiger Fall nicht wiederholt.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Aha!)

Ab sofort wird nämlich jeder ausreisepflichtige Ausländer vor seiner Abschiebung ausdrücklich darüber informiert, dass ein Härtefallersuchen gestellt werden kann. Das Innenministerium hat bereits alle Ausländerbehörden entsprechend angewiesen. Meine Damen und Herren, das ist richtig so.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dritte Anmerkung. Der von der Opposition im Entschließungsantrag ebenfalls angesprochene Fall der Familie Sardi aus Dransfeld liegt völlig anders. Hier ging es zunächst um die Klärung der Herkunft der Familie. Eines liegt auf der Hand: Wer seine Identität verschweigt, kann kein Aufenthaltsrecht erhalten. Wenn sich die Ausländerbehörde um Aufklärung bemüht, erfüllt sie ihren gesetzlichen Auftrag. Wenn das Innenministerium die Behörde dabei unterstützt, ist das nicht etwa verwerflich, sondern geradezu die Pflicht der Fachaufsicht. Wer anders argumentiert, verletzt Recht und Gesetz.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir tun das nicht.