Protokoll der Sitzung vom 08.12.2011

frage ich die Landesregierung: Hat sie Überlegungen angestellt, die schwarzen Schafe zu sanktionieren? Wenn ja, wie könnten diese Sanktionen gegebenenfalls aussehen?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Lindemann!

Frau Kollegin König, der Missbrauch von Arzneimitteln ist in der Regel nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat. Die Behörden weisen - lassen Sie mich das hinzufügen - nur in sehr wenigen Fällen Antibiotikareste im Fleisch nach. Bei 3 700 Proben bei Masthühnern im Jahr 2009 wurde nur ein Fall von Antibiotikabelastung im Fleisch nachgewiesen. 3 700 Proben auf Antibiotika bei Masthühnern; bei den anderen Tierarten war es entsprechend. Das ist eine Straftat. Die Behörden geben solche Fälle automatisch an die Staatsanwaltschaft weiter, die diese Fälle dann strafrechtlich verfolgt. Wir betrachten dies nicht als Marginalie.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die letzte Zusatzfrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt Herr Meyer.

(Clemens Große Macke [CDU]: Ein neuer Versuch eines Skandals! - Christian Dürr [FDP]: Ich sehe einen Skandal!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung noch einmal nach dem Zusammenhang zwischen Massentierhaltung und Antibiotikaeinsatz. Vor dem Hintergrund, dass dieser Zusammenhang immer wieder negiert wird, zitiere ich jetzt einmal, was der Minister laut dem Stenografischen Bericht in der letzten Sitzung zur Studie des Landes gesagt hat:

„Die Regressionsanalyse zwischen Tierdichte und Therapiehäufigkeit je Durchgang ergibt für die Tierart … Masthuhn eine signifikant positive Korrelation, d. h. je höher die Tierdichte, desto höher die Therapiehäufigkeit je Durchgang.“

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Tierhaltungsform und Häufigkeit des Antibiotikaeinsatzes?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

(Christian Meyer [GRÜNE]: Das war Ihr Zitat!)

Ja, Herr Meyer, auf diese Frage habe ich gewartet.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Deshalb habe ich Sie vorhin ja auch schon ge- fragt!)

- Ja, vielen Dank. - Auf diese Frage habe ich gewartet, weil Sie das, was ich hier vorgetragen habe, wieder einmal nicht zu Ende zitiert haben. Auf der einen Seite habe ich gesagt: Es gibt rein rechnerisch eine Korrelation insofern, als mit der Größe eines Masthühnerbestandes die Häufigkeit des Antibiotikaeinsatzes zu steigen scheint.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Lassen Sie mich umgekehrt genauso deutlich sagen: Es gibt rein rechnerisch ebenfalls eine Korrelation insofern, als mit der Bestandsgröße bei Puten, Kälbern oder Fressern die Zahl der Antibiotikabehandlungen sinkt. Da dies in beiden Fällen aber nur rein mathematische Größen sind - wir haben den Landkreisen nicht vorgegeben, eine bestimmte Betriebsstruktur zu untersuchen, sondern wir haben ihnen nur gesagt, dass sie die in den Landkreisen durchschnittlich üblichen Strukturen benennen sollen -, kann man aus den erhobenen Daten eine solche Ableitung zwar rein rechnerisch herbeiführen, sie ist aber nur eine rein rechnerische Ableitung und nicht etwas, was sich in der Realität belegen ließe. Wir müssen das zunächst verifizieren.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Statistik ist immer rechnerisch! - Stefan Wen- zel [GRÜNE]: Sie müssen sich einmal die Praxis im Stall angucken, Herr Lindemann!)

Ich möchte noch einmal den Versuch unternehmen, es auch Ihnen zu vermitteln, und auf Folgendes hinweisen: Die uns vorliegenden mathematischen Daten belegen - wenn ich das einmal auf einen anderen Bereich übertrage - dasselbe, als wenn ich sagen würde: In der Stadt Hannover gibt es signifikant schlechtere Autofahrer als in Lüchow-Dannenberg, weil in Hannover pro Quadrat

kilometer Stadtgebiet mehr Verkehrsunfälle passieren als in Lüchow-Dannenberg.

(Zuruf von Miriam Staudte [GRÜNE])

Das ist zwar eine rechnerisch richtige Größenordnung, hat aber mit der Realität nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Miriam Staudte [GRÜNE]: Das ist falsch! - Stefan Wenzel [GRÜNE]: So ein Quatsch!)

- Herr Wenzel, Sie hätten mich auch etwas fragen können. Ich hätte Ihre Fragen gern beantwortet.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Ich habe die Praxis erlebt im Stall, Herr Linde- mann! Ich kann Ihnen sagen, wie das geht!)

- Auch ich habe die Praxis im Stall erlebt, Herr Wenzel.

Meine Damen und Herren, die nächste Zusatzfrage für die Fraktion DIE LINKE stellt der Kollege Humke. Bitte!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund der schriftlichen Unterrichtung vom 3. Januar dieses Jahres im Sozialausschuss geht die Landesregierung davon aus, dass der niederländische Erfolg - ich zitiere - in der Bekämpfung von MRSA u. a. auf einen äußerst günstigen Personalschlüssel in Bezug auf ärztliches und pflegerisches Hygienefachpersonal zurückzuführen ist. Vor dem Hintergrund der von Ihnen, Frau Özkan, vorhin gemachten Ausführungen dahin gehend, dass Sie Maßnahmen für bessere Fortbildung in diesem Bereich, für die Schulung von Fachpersonal und die Bildung von Kommissionen in Krankenhäusern ergreifen wollen, frage ich die Landesregierung, in welchem Umfang sie bereit ist, die Landesmittel zur Krankenhausfinanzierung derart zu erhöhen, damit alle diese Maßnahmen fachlich abgesichert und umgesetzt werden können.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Ministerin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe eben ausgeführt, dass wir inzwischen ein Bundesinfektionsschutzgesetz haben. Daraus abgeleitet werden wir demnächst auch eine eigene Krankenhaushygieneverordnung haben. In dieser Hygieneverordnung werden Dinge geregelt sein, die bisher zu einem sehr großen Teil Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts sind und den Stand von Wissenschaft und Technik beschreiben.

(Zuruf von Petra Tiemann [SPD])

- Frau Tiemann, Sie können gleich eine Frage stellen.

(Petra Tiemann [SPD]: Mache ich auch!)

Einmal zuhören, dann können Sie gleich die Frage stellen.

Die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts sind heute schon in die gängige Praxis, die Abläufe und die Strukturen der Krankenhäuser implementiert. Das, was jetzt verbindlich geregelt wird, ist sogar positiv für die Krankenhäuser, weil die Ausstattung mit Hygienefachpersonal zum zentralen Punkt der Verordnung wird. Das heißt, wir regeln das, was Frau Helmhold eben als zu unkonkret und nicht verbindlich kritisiert hat. Wir regeln die Einrichtung einer Hygienekommission, und wir regeln, dass auch Tageskliniken oder vergleichbare medizinische Einrichtungen diese verbindlichen Regelungen einführen müssen.

Der Schlüssel ist entsprechend in den Krankenhäusern festgelegt. Die Abrechnung z. B. von MRSA-Screenings, die bisher für Risikopatienten, also die Patienten, die einen Risikofaktor tragen, nicht verbindlich waren, sind jetzt im SGB V sogar gesetzlich geregelt. Die Krankenhäuser stehen heute sogar besser da als bisher. Damit ist sichergestellt, dass die Krankenhäuser ihre Kosten gedeckt bekommen.

Hinzu kommt, dass durch Vermeidung von MRSAInfektionen und Folgemaßnahmen, wie Isolierungsmaßnahmen usw., die sonst eingeleitet werden müssen - wenn langfristig die Infektionszahlen sinken -, Kosteneinsparungen für die Krankenhäuser entstehen können. Insofern ist das auch zum Wohle der Krankenhäuser.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion ist nun Herr Kollege Schwarz mit einer Frage an der Reihe.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie haben gerade gesagt, wir würden demnächst eine eigene Landeshygieneverordnung haben. Das erstaunt mich insofern sehr, als uns im Fachausschuss im Zusammenhang mit der Beratung des Krankenhausgesetzes genau das Gegenteil gesagt worden ist.

(Petra Tiemann [SPD]: Absolut!)

Können Sie mir bitte sagen, was zutrifft? Die Aussage war: Aufgrund der jetzt vorliegenden bundesrechtlichen Regelung brauchen wir keine landesrechtlichen Regelungen mehr. Deshalb werde das erstens im laufenden Gesetzgebungsverfahren im Gesetz gestrichen, und zweitens sei eine Landesregelung dann nicht mehr vorgesehen. Es wäre ganz wichtig, dass es hier eine klare Aussage der Landesregierung gibt und nicht unterschiedliche je nach Gremium. Ich möchte wissen, welche Aussage zutrifft.

(Zustimmung bei der SPD)

Frau Ministerin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war davon ausgegangen, dass Sie die Gesetzessystematik kennen, aber ich erkläre es Ihnen gern noch einmal. Das Bundesinfektionsschutzgesetz ist in der Zwischenzeit in Kraft getreten. Das Bundesinfektionsschutzgesetz sieht eine Verpflichtung vor, dass die Länder eigene Hygieneschutzverordnungen erlassen. Deshalb ist es nicht mehr erforderlich, in unserem Niedersächsischen Krankenhausgesetz eine solche Hygieneverordnungsermächtigung vorzusehen. Deswegen haben wir diese Regelung gestrichen, weil wir auch angehalten sind, Gesetzesvereinfachungen vorzunehmen und nicht unnötigerweise Regelungen in ein Gesetz aufzunehmen, die schon durch Bundesgesetz getroffen sind. Das heißt, das Krankenhausgesetz wird ganz normal beraten, parallel wird eine Verordnung erlassen.

(Uwe Schwarz [SPD]: Auch das ist bestritten worden!)

- Nein, das haben Sie wahrscheinlich falsch verstanden. Sie können ja noch einmal im Protokoll nachlesen.

(Uwe Schwarz [SPD]: Das habe ich richtig verstanden! Lesen Sie das mal bitte nach!)

- Das werde ich machen.