Protokoll der Sitzung vom 08.12.2011

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich mich ausdrücklich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ML, insbesondere im Bereich der Haushaltsabteilung, bedanken, die uns wieder einmal in hervorragender Art und Weise Unterlagen und Informationen zum Doppelhaushalt zur Verfügung gestellt haben. Das kann man nur vorbildlich nennen. Das war eine tolle Arbeit. Ich denke, das muss hier auch einmal gesagt werden. Danke schön!

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - alle Bereiche sind für Niedersachsen von besonderer Bedeutung; denn der größte Teil der Menschen Niedersachsens lebt im ländlichen Raum. Die Agrar- und Ernährungswirtschaft hat entscheidend zum wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes beigetragen.

Das Volumen dieses Haushalts macht dieses Aufgabenspektrum nicht unbedingt deutlich; und leider stellen wir auch fest, dass nicht alle Bereiche dieses Ministeriums die gleiche Aufmerksamkeit genießen und mit der gleichen Intensität bearbeitet werden. Ich werde noch darauf zurückkommen.

Hauptverteilungsmasse und Haupteinnahmequelle im Bereich des ML sind die Mittel aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds zur Förderung und Entwicklung des ländlichen Raumes und die Bundesmittel zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes. Diese machen nahezu 50 % - es ist etwas weniger, bevor Sie mich jetzt korrigieren - der Einnahmen des Landwirtschaftshaushaltes aus.

So ist es zwar haushaltstechnisch sicherlich ein Erfolg, wenn darauf hingewiesen wird, dass es gelungen ist, trotz der Kürzungen des Bundes bei den Mitteln der Agrarstruktur und des Küstenschutzes die Agrarfördermaßnahmen so zu gestalten, dass keine EU-Mittel verloren gehen und gleichzeitig die EU-bedingten Verteilungskriterien eingehalten werden. Aber das zeigt natürlich auch, dass es nur eine kurzfristige Lösung sein kann, bestehende Programme so weit wie möglich weiterzuführen. Die Spielräume für die Zukunft sind dort sehr eingeschränkt; und die unterschiedliche Mittelbindung zeigt auch sehr deutlich die unterschiedliche Wertschätzung der einzelnen Bereiche.

So ist es sicherlich kein Zufall, dass die Kürzungen im Bereich der GA-Mittel im Bereich der Dorferneuerung und der Flurbereinigung stattfinden mussten, während man z. B. bei den AFP-Mitteln sagen musste: Hier haben wir eine so starke Mittelbindung und so viele Zusagen, da geht es nicht.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, angesichts der Vielfalt der Entwicklungen im Agrar- und Ernährungsbereich und im ländlichen Raum reicht Kontinuität allein nicht aus. Wer sich, wie diese Landesregierung, lediglich auf die Fortführung der traditionellen Förderpolitik beschränkt und versucht, den Status quo zu verteidigen, nimmt die Herausforderungen nicht an und damit auch die Interessenvertretung Niedersachsens als Agrarland Nummer eins nicht ausreichend wahr.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich will das an einem Beispiel deutlich machen, bei dem man feststellen kann, dass ein bedingungsloses „Weiter so!“ zu Schaden führen kann. Das

Agrar- und Ernährungsgewerbe ist - darauf habe ich hingewiesen - der zweitwichtigste Wirtschaftszweig in Niedersachsen. Dazu hat sicherlich auch die Leistungsfähigkeit der Urproduktion beigetragen.

(Clemens Große Macke [CDU]: Hört, hört!)

- Ich gebe zu, was zuzugeben ist. Du kommst doch gleich noch dran. Da kannst du noch alles sagen.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, auch zu späterer Stunde werden die Kolleginnen und Kollegen hier nicht geduzt.

Entschuldigung. - Wir haben in einigen Regionen Niedersachsens inzwischen aber auch Entwicklungen zu verzeichnen - darauf wird der Kollege Große Macke sicherlich gleich auch eingehen -, die die Kommunen vor unlösbare Probleme stellen. In Regionen mit hoher Nutztierdichte haben wir inzwischen Konfliktlagen erreicht, die mit den herkömmlichen planungsrechtlichen Instrumentarien nicht mehr zu lösen sind.

(Zustimmung bei der SPD)

Das hat diese Landesregierung lange geleugnet und gebetsmühlenartig darauf verwiesen, die Kommunen müssten das bestehende Instrumentarium doch nur richtig anwenden. Meine Damen und Herren, die Realität sieht anders aus. Die Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben und die Anwendung aller bauplanungsrechtlichen Möglichkeiten haben nicht verhindern können, dass wir z. B. im Nordwesten unseres Landes Orte haben, in denen die Geruchsgrenzen weit überschritten sind und eine gemeindliche Entwicklung so gut wie gar nicht mehr möglich ist. Meine Damen und Herren von der Landesregierung, in diesem Fall haben Sie die Kommunen wirklich im Regen stehen lassen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: Genau so!)

Minister Lindemann hat zwar in diesem Jahr etwas halbherzig versprochen, sich dafür einzusetzen, dass großgewerbliche Tierhaltungsanlagen - die Definition steht noch immer aus - in ganz wenigen Regionen unter einen Planungsvorbehalt gestellt werden können, leider haben wir von diesen Plä

nen nach der Kommunalwahl konkret aber nichts mehr gehört. Außerdem hat Ihnen der Niedersächsische Landkreistag bereits ins Stammbuch geschrieben, dass Ihre Pläne keine wirkliche Lösung darstellen; denn es geht eben nicht nur darum, die bekannten Fehlentwicklungen in bestimmten Regionen ein klein wenig abzumildern und für alle anderen Regionen einfach so weiterzumachen wie bisher und zu sagen: Wartet darauf, bis auch bei euch das Kind in den Brunnen gefallen und die Größenordnung von zwei Großvieheinheiten überschritten ist.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, gerade weil dieser Wirtschaftsbereich für Niedersachsen von so großer Bedeutung ist, müssen wir uns darüber im Klaren sein - ich weiß, das mag nicht jeder gerne hören -, dass es sowohl ökologische als auch ökonomische Grenzen des Wachstums gibt.

(Johanne Modder [SPD]: Genau so!)

Der Landwirtschaftsminister selbst hat ja darauf hingewiesen, dass eine Agrarwirtschaft, die lediglich auf Kostenführerschaft setzt, in Zukunft nicht mehr wettbewerbsfähig sein wird, sondern dass es darum gehen muss, die Qualitätsführerschaft zu übernehmen. Er hat auch darauf verwiesen - wie viele Wissenschaftler auch -, dass sich die Exportanteile nicht mehr beliebig steigern lassen. Meine Damen und Herren, hier reichen freiwillige Appelle bei Weitem nicht aus; denn was wir mit freiwilligen Appellen und sogar mit freiwilligen Vereinbarungen bisher erreicht haben, wird ja am Beispiel Tierschutz deutlich. Meines Wissens haben wir seit 1999 freiwillige Vereinbarungen zur Hähnchenhaltung, zur Putenhaltung, zu den Moschusenten und noch einige mehr. Ich könnte sie alle aufzählen, aber ich will meine Redezeit nicht damit vergeuden.

(Hans-Heinrich Ehlen [CDU]: Die hat Herr Funke alle eingeführt!)

- Ja, die Einführung ist sicherlich in Ordnung gewesen, aber die Umsetzung und die Weiterentwicklung hatten bei dieser Landesregierung in den letzten Jahren offensichtlich keine Priorität mehr; denn sonst hätte es nicht dazu - - -

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Hans-Heinrich Ehlen [CDU]: Den falschen Weg gezeigt!)

- Es geht nicht um den Weg, sondern darum, wie man derartige Vereinbarungen umsetzt. Wenn wir

nach zehn Jahren feststellen, dass es bei der Züchtung zwar Fortschritte gibt, diese aber lediglich auf die Marktfähigkeit und weniger auf die Tiergesundheit abzielen, dann müssen wir feststellen, dass dort im Laufe des Verfahrens irgendetwas falsch gelaufen ist.

Ich kann mich auch daran erinnern - in diesen freiwilligen Vereinbarungen steht ja auch, dass man sich einmal im Jahr zusammensetzen und bereden will, wie man das Ganze weiterentwickeln will -, dass ich bei der Anhörung vor einem Jahr in diesem Haus danach gefragt habe, was bei diesen gemeinsamen Gesprächen herausgekommen ist. Um die Antwort aufzuschreiben, brauche ich keine drei Zeilen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir finden es richtig - wir wollen hier nicht schwarz-weiß malen -, dass der Landwirtschaftsminister in dieser Situation mit seinem Tierschutzplan gehandelt und festgestellt hat, dass dort ein Gegensteuern ganz wichtig ist.

(Zuruf von der CDU: Ein guter Mann!)

Ich glaube, eines ist zwischen uns unstrittig: Die Agrar- und Ernährungswirtschaft ist in viel höherem Maße als viele andere Bereiche auf die Akzeptanz der Menschen, der Verbraucher, angewiesen. Es reicht nicht aus, dass man denjenigen, die kritische Fragen stellen, lediglich ideologische Verbohrtheit unterstellt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: Genau so! Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, selbst wenn wir zugestehen, dass man dem Bereich der Agrar- und Ernährungswirtschaft in dieser Landesregierung durchaus eine hohe Aufmerksamkeit widmet, auch wenn das nach unserer Auffassung manchmal in die falsche Richtung geht, stellen wir doch fest, dass das bezogen auf die Landentwicklung leider nicht so ist. Gerade bei der sehr heterogenen demografischen Entwicklung bei uns hier im Land hat es mich doch sehr verwundert, dass man sich auf einer zentralen Stelle, die ganz wichtige und wesentliche Aufgaben für die Dorferneuerung und die Fortentwicklung des ländlichen Raumes übernehmen muss, einen Mitarbeiter vor die Nase setzen lässt, der bei der Polizei nicht mehr zu halten war.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich habe mir auch noch einmal die Rede der ehemaligen Ministerin Grotelüschen zum Haushalt 2011 durchgelesen. Darin hat sie sich erleichtert darüber gezeigt, dass es ihr die Kürzung der GA-Mittel auf Bundesebene ermöglicht, dort auch entsprechend zu kürzen, damit sie andere Wünsche bedienen kann.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Na, na, na! - Ursula Ernst [CDU]: Nachtre- ten ist schlecht!)

Ich muss mich bedanken, dass Sie aufgrund des öffentlichen Drucks inzwischen dazugelernt haben. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass ein Teil der Kürzungen durch den Haushaltsantrag der CDU- und der FDP-Fraktion rückgängig gemacht worden ist, weil wir wissen, dass gerade jeder Euro, der in private Maßnahmen investiert wird, vervielfacht wird.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Vielen Dank für die Blumen!)

Das, was Sie im Bereich der Dorferneuerung tun, ist irgendwie symptomatisch für den gesamten Haushalt: Ihre Antworten reichen immer nur bis ins Jahr 2013.

(Zuruf von der CDU: Sie haben doch gar nichts vorgelegt!)

- Sie sind an der Regierung, nicht wir.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Gott sei Dank!)

Daran sollten Sie sich einmal erinnern.

(Beifall bei der SPD)

Ganz offensichtlich fällt Ihnen für 2014 nichts mehr ein; denn Sie sind bisher jede Antwort auf die Frage schuldig geblieben, wie es 2014 weitergehen soll.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Was ist mit den Tierschutzplänen?)