Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Marcus Bosse, ich habe mit Interesse aufgenommen, dass auch Sie jetzt für den Asse-Fonds sind. Ich denke, wir brauchen nicht jeden Tag darüber zu reden, wer nun die Idee hatte. Aber ich will es Ihnen noch einmal deutlich sagen: Als ich das 2008 im Kreistag vorgeschlagen habe, waren der Landrat, Rot und Grün dagegen. Auch das gehört zur Wahrheit. Ich freue mich, dass wir uns jetzt da annähern.
Wir brauchen diese Dinge nicht nacheinander zu behandeln. Den Salzgitter-Fonds gibt es auch, obwohl dort noch nicht ein Gramm eingelagert ist. Was dem einen recht ist, ist dem anderen doch bitte schön billig. Tun wir mal nicht so, als ob der Fonds möglicherweise davon abhängt, ob dort zurückgeholt wird oder nicht! Natürlich wird er, wenn der Müll dort verbleiben sollte - was ich nicht hoffe -, noch notwendiger sein. Aber eines ist auch klar: Wir alle wissen doch - dazu brauchen wir uns bloß die Preise von Grundstücken und Häusern anzusehen, die verkauft werden; es gibt viele Beispiele -, dass jetzt schon viele Schäden für die Region durch die Rufschäden entstanden sind. Deswegen müssen wir das Image der Region verbessern und auch etwas für die Infrastruktur tun. Meines Erachtens sollten wir auch diejenigen entschädigen, die jetzt schon Schäden erlitten haben. Das wäre eine gute Sache, und darüber sollten wir uns auch einig sein.
Möchte die SPD-Fraktion Antworten? - Das ist nicht der Fall. - Dann erteile ich jetzt dem Herrn Minister Dr. Birkner das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Zusammenhang mit dem im Dezember bekannt gewordenen Memorandum des Bundesamtes für Strahlenschutz und der darauf folgenden politischen Diskussion ist wieder einmal klar geworden, dass insbesondere zwei Aspekte im Vordergrund stehen.
Erstens muss bei allen die Schachtanlage Asse II betreffenden Maßnahmen berücksichtigt werden, dass das Grubengebäude der Asse zunehmend instabil ist und dass jederzeit ein unbeherrschbarer Lösungszufluss eintreten kann.
Zweitens wurde in dem Zusammenhang deutlich, dass die Rückholung vor diesem Hintergrund wahrscheinlich scheitern wird, wenn die Abläufe in den Genehmigungsverfahren und auch in der technischen Umsetzung nicht beschleunigt werden.
Meine Besorgnis über diese Entwicklung hatte ich im Dezember auch gegenüber dem Bundesumweltministerium in einem Schreiben an den Staatssekretär Becker zum Ausdruck gebracht. Vor diesem Hintergrund setzen wir uns deshalb dafür ein, dass die geltenden Regeln des Atomrechts flexibilisiert werden. Das heißt, wir brauchen ein AsseGesetz, mit dem auf die speziellen Anforderungen der Schachtanlage Asse II eingegangen werden kann und unverhältnismäßige und übertriebene rechtliche Anforderungen zurückgefahren werden können. Die Asse ist eben kein Kernkraftwerk, und das muss auch rechtlich abgebildet werden. Dabei ist aber auch klar, dass dies nicht zulasten der Sicherheit der Anwohner oder des Personals gehen darf. In diesem Zusammenhang ist es mir wichtig, noch einmal deutlich zu machen, dass es selbstverständlich das Ziel der Landesregierung ist, die Abfälle aus der Asse zurückzuholen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle noch ein Wort zum Gefahrenabwehrrecht sagen, weil dies immer als die mögliche Lösung für eine Beschleunigung der Dinge herangezogen wird. Es mag sein, dass das Gefahrenabwehrrecht, was die Verfahren anbelangt, zu einer Beschleunigung führt, letztendlich aber nicht mit Blick auf die materiell-rechtlichen Anforderungen;
denn auch bei einem Vorgehen nach dem Gefahrenabwehrrecht hat am Ende ein atomrechtliches Verfahren, eine materiell-rechtliche Prüfung nach dem Atomrecht zu erfolgen. Insofern darf sich bei den Standards nichts verändern. Es darf kein niedrigerer Standard angelegt werden. Deshalb müssen wir auch die materiell-rechtliche Frage stellen und über ein Asse-Gesetz diskutieren. Das ist am Ende der entscheidende Weg, der zu einer Beschleunigung führen kann.
Meine Damen und Herren, mit der Rückholung der Abfälle haben sich alle Beteiligten ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Allerdings muss an dieser Stelle auch ausdrücklich auf die fachliche Verantwortung des Bundesamtes für Strahlenschutz hingewiesen werden. Das gilt sowohl für die Konzeption der Rückholung insgesamt als auch für die fortlaufenden Schritte der Faktenerhebung, die nun dringend voranzubringen ist. Der Schutz der Bevölkerung und der Beschäftigten muss auch bei diesen Schritten oberste Priorität haben.
Zurzeit veranstaltet das Bundesamt für Strahlenschutz den bereits angesprochenen Workshop, in dem Möglichkeiten zur Beschleunigung der Abläufe und zur Verbesserung der Zusammenarbeit aller Beteiligten erörtert werden sollen. Selbstverständlich sind wir durch das Umweltministerium und unsere Behörde - das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie - beratend mit dabei.
Ich erwarte aber auch, dass das BfS als Betreiber der Asse zunächst einmal eine fachliche Bewertung insbesondere auch des Memorandums zum weiteren Vorgehen vornimmt. Im Hinblick auf eine Versachlichung der anstehenden Aufgaben schlage ich vor - insofern greife ich den Gedanken gern auf, der auch im Antrag der SPD-Fraktion formuliert wird -, auf politischer Ebene eine hochrangige Lenkungsgruppe einzurichten, die die politische Steuerung dieses Prozesses vornehmen und dafür sorgen muss, dass möglicherweise auf Fachebene entstehende Diskussionen dort abgekürzt werde, wo es möglich ist. Ich halte es aber nicht für möglich, dass eine solche Interventionsgruppe, wie es im Antrag der SPD-Fraktion steht, innerhalb nur weniger Wochen klärt, wie es um die Standsicherheit eines Salzbergwerkes bestellt ist. Ich denke, das sollten wir den geologischen Sachverständigen überlassen und nicht auf eine politische Lenkungsgruppe verlagern. Ich glaube, das wäre eine falsche Aufgabenteilung und nicht zielführend.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch etwas zu dem Beitrag von Herrn Herzog sagen. Herr Herzog, ich habe aufseiten aller Fraktionen den deutlichen Willen gespürt, das in Rede stehende Problem gemeinsam voranzubringen. Nach Ihrer Wortmeldung habe ich nun allerdings Zweifel daran, dass dies auch bei Ihrer Fraktion der Fall ist. Das war ausgesprochen destruktiv. Sie haben sich auf die Beschimpfung einzelner Akteure beschränkt und diese diskreditiert. Am Ende haben Sie rhetorische Fragen in den Raum gestellt. Ich glaube, das ist nicht der Weg und der Geist, den wir brauchen, um bei der Asse voranzukommen.
Ich denke, dass wir uns diesem Problem gemeinsam und offensiv stellen und an einem Strang ziehen müssen, um dieses Problem im Sinne der Menschen in Wolfenbüttel und im Sinne der niedersächsischen Interessen möglichst zügig vom Tisch zu kriegen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, Herr Oesterhelweg, heute geht es offenbar schon ein bisschen konstruktiver zu als gestern,
auch wenn Sie mit Wörtern wie „Hetze“, „Schreihälse“ und ähnlichen Ausdrücken nicht unbedingt zur Versachlichung der Debatte beigetragen haben.
Mich irritiert hier eines: Ich glaube, man sollte den Ausführungen des Kollegen Herzog über seine Erfahrungen, die er im Wendland gemacht hat, sehr genau zuhören; denn er hat den Begriff „Vertrauen“ verwendet. Vieles hängt davon ab, dass man dieses Vertrauen in die handelnden Akteure gewinnt. Vieles hängt davon ab, dass die Bürgerbeteiligung so ausgestaltet wird, dass die Bevölkerung bzw. die Anwohner am Ende das Gefühl haben, dass alle mit all ihrer Kraft daran mitwirken,
dass das Ziel erreicht wird. Wenn das gemeinsame Ziel die Rückholung ist, dann sind wir in der Tat einen großen Schritt weiter, und zwar vor allem dann, wenn auch die Spitzen der Häuser dieses Ziel offensiv vertreten.
Ich möchte jetzt noch einmal deutlich machen, warum ich glaube, dass der Prozess an einigen Stellen noch klarer gestaltet werden muss. Es sollte noch einmal festgehalten werden, Herr Birkner, dass Ihr Haus ursprünglich vorhatte, noch 20 weitere zusätzliche Auflagen zur Öffnung der Kammern 7 und 12 zu erteilen. Darauf haben Sie aber verzichtet. Hier gab es offensichtlich Ermessensspielräume, die Sie sehr weit genutzt haben, wodurch das Genehmigungsprozedere aber nicht unbedingt befördert oder beschleunigt worden ist. Wenn es jetzt anders wird, sehe ich das sehr positiv.
Wenn Sie, Herr Minister, hier von einem Memorandum des BfS sprechen, ist es wichtig, noch einmal deutlich zu machen, dass es ein Mitarbeiter war, der dieses Memorandum verfasst hat, und dass das BfS immer betont hat, dass es an der Rückholung festhält.
Weiterhin sollte deutlich gemacht werden, dass die Standsicherheit, die auch Herr Försterling hier angesprochen hat, bereits vor zwei Jahren sehr intensiv geprüft worden ist, als der Bundesumweltminister die Alternativenprüfung, den Optionenvergleich, vorgenommen hat.
Ich möchte nicht, dass dieser Aspekt zu diesem Zeitpunkt dazu genutzt wird, um zu sagen: Plan B muss ziehen. - Das taucht mir in letzter Zeit ein bisschen zu häufig auf. Ich habe ein bisschen den Verdacht, dass man hier möglicherweise nach neuen Argumenten sucht. Plan B zielt ja auf den Bereich der Planungen, die dort schon lange nach dem Gefahrenabwehrrecht laufen. Plan B beinhaltet letztendlich eine Flutung und eine teilweise Verfüllung mit Beton. Diese Maßnahmen werden nach Gefahrenabwehrrecht vorbereitet. Nur die eigentliche Rückholung, die Faktenerhebung, wird in einem normalen atomrechtlichen Verfahren vorbereitet.
Von daher gibt es jetzt möglicherweise Schritte, um dort voranzukommen und um nach dem Gefahrenabwehrrecht einige Dinge zu ermöglichen. Aber wie gesagt: keinesfalls mit Absenkung der Standards für die Langzeitsicherheit oder der Strahlenschutzstandards für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das ist mir wichtig. Ich glaube, wir brauchen hier viel Klarheit - auch im Umgang miteinan
der -, um dieses Vertrauen letztendlich zu finden, sodass der Prozess vorankommt. Wenn uns das gelingt, haben wir alle gemeinsam einen großen Schritt nach vorn gemacht.
Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Försterling das Wort. - Danach spricht Herr Kollege Oesterhelweg.
Das Genehmigungsverfahren nach § 9 AtG zum Anbohren der Kammern 7 und 12 hat sehr zügig stattgefunden. Man hat nicht länger als sechs Monate benötigt, um diese Genehmigung zu erteilen. Selbstverständlich gab es auch entsprechende Auflagen; aber wir haben uns im Umweltausschuss darstellen lassen, dass diese Auflagen im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Strahlenschutz, dem Antragsteller, auf den Weg gebracht worden sind, dass das Bundesamt für Strahlenschutz diese Auflagen dann auch nicht kritisiert hat und es beispielsweise auch lange Zeit davon ausgegangen ist, dass es bei der Besorgung des Stickstoffs kein Problem gibt.
Es sei auch erwähnt, dass das Memorandum des Bundesamts für Strahlenschutz, soweit es uns vorliegt - der Umweltausschuss wurde ja unterrichtet -, sehr wohl von Herrn König abgezeichnet und von Herrn König auch bewusst - eben um diese Probleme anzusprechen - dem Bundesumweltministerium übersandt worden ist.
Sie haben darauf hingewiesen, dass möglicherweise das Argument der Standsicherheit benutzt werden könnte, um aus dem Projekt „Rückholung“ auszusteigen. Ich denke, man muss darauf hinweisen, dass bei der letzten Informationsveranstaltung in Wolfenbüttel sehr deutlich geworden ist, dass das Bundesamt für Strahlenschutz möglicherweise auch über den Hebel der Kollektivdosis ein Ausstiegsszenario aus dem Projekt „Rückholung“ vorbereitet. Auch das muss man vor Ort ganz kritisch hinterfragen.
Außerdem ist nach meiner Kenntnis die Vorbereitung der Notfallmaßnahmen bergrechtlich und atomrechtlich genehmigt worden. Erst die Einlei
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollten - wir haben uns dann darauf verständigt - das Atomrecht anwenden - für mehr Transparenz, für mehr Bürgerbeteiligung und auch für ein deutliches Anheben der Sicherheitsstandards. Das kann ich akzeptieren. Wir sollten allerdings nicht den Fehler machen, jetzt, wo es hakt, zu sagen: Dann müssen wir aus dem Atomrecht wieder herauskommen.
Sie sprachen von Ermessensspielräumen bei Auflagen. Diese kann man in die eine oder in die andere Richtung nutzen. Ich denke, wir sind uns darüber im Klaren, dass es eine hundertprozentige Sicherheit ohnehin nicht gibt. Aber wir sind - das will ich in aller Deutlichkeit sagen - nicht bereit, über die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verhandeln. Ich habe Sie so verstanden, dass wir uns auch insoweit einig sind.
Ich mache mir allerdings etwas Sorge über die Diskussion bei uns zu Hause, wo es neulich im Rahmen der Info-Veranstaltung der Begleitgruppe schon darum ging, ob man nicht die Gesamtdosis für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter heraufsetzt. Ich denke, das ganz klare Signal sollte hier sein: Die Langzeitsicherheit ist wichtig, die Rückholung ist wichtig, die Sicherheit die Bevölkerung ist wichtig; aber die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darf nicht diesen anderen Interessen geopfert werden. Ich hoffe, auch darin sind wir uns einig.