Protokoll der Sitzung vom 20.01.2012

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch für die FDPFraktion ist der Parlamentarische Untersuchungsausschuss ein hohes Gut. Wir begrüßen natürlich dieses Instrument. Weil der Parlamentarische Untersuchungsausschuss aber ein so hohes Gut ist, können wir nicht wie beim Karneval mit Kamelle um uns werfen und permanent Untersuchungsausschüsse fordern. Das wird diesem wichtigen Instrument einfach nicht gerecht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich komme noch einmal auf das zurück, was die Kollegin Modder und Herr Schostok gestern auch

hier in der Debatte gesagt haben. Sie haben gesagt, Sie müssten die Antworten der Landesregierung erst einmal auswerten. Ich sage Ihnen: Nehmen Sie sich bitte diese Zeit! Prüfen Sie! Stellen Sie von mir aus auch neue Fragen! Wir sind - das haben wir gestern gezeigt - ebenfalls an Aufklärung und Transparenz interessiert. Wir haben das Fragenkontingent erweitert.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Aber nicht geantwortet!)

Aber eine Bitte habe ich dabei: Verfallen Sie nicht in den Aktionismus der Linken in diesem Landtag!

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich habe vor ein paar Tagen bei einer Nachrichtenagentur gelesen, dass nun der Wahlkampf im Niedersächsischen Landtag eingeläutet sei. Das, meine Damen und Herren, liegt aber nicht an CDU und FDP. Wir wissen, wann man Wahlkampf machen muss, und wir wissen auch, wie man Wahlkampf machen muss.

(Widerspruch bei der SPD und der LINKEN)

Sie versuchen nur, das Deckmäntelchen der Aufklärung zu nutzen, um Wahlkampf zu machen. Wir machen lieber mit unserer guten Politik Wahlkampf.

Herzlichen Dank.

(Starker, anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen gibt es nicht. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung zu Tagesordnungspunkt 30. Es wird beantragt, dass sich der Ältestenrat damit auseinandersetzen soll. Höre ich Gegenstimmen, Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann haben Sie so beschlossen.

Nun kommen wir zu Tagesordnungspunkt 31. Herr Kollege Schostock hat sofortige Abstimmung über den Antrag in der Drs. 16/4363 beantragt. Ich will darauf aufmerksam machen, dass zu diesem Antrag auch der Änderungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/4403 vorliegt.

Sie wissen, dass der Landtag nach unserer Geschäftsordnung die zweite Beratung sofort anschließen kann, wenn nicht nach § 27 Abs. 2

Satz 1 unserer Geschäftsordnung mindestens 30 Mitglieder des Landtages widersprechen und eine Ausschussüberweisung beantragen.

Ich frage, ob Ausschussüberweisung beantragt wird. - Das ist nicht der Fall. Dann können wir zur Abstimmung in der Sache kommen.

Gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 31 Abs. 3 Satz 1 unserer Geschäftsordnung stimmen wir zunächst über den gemeinsamen Änderungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/4403 ab. Nur im Falle der Ablehnung dieses Änderungsantrags stimmen wir anschließend über den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/4363 ab.

Wer den Änderungsantrag in der Drs. 16/4403 zu dem Antrag in der Drs. 16/4363 annehmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, dass dieser Änderungsantrag abgelehnt wurde.

Wir stimmen deshalb jetzt über den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/4363 ab. Wer diesen Antrag in der Drs. 16/4363 annehmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, dass auch dieser Antrag abgelehnt wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zum Tagesordnungspunkt 32:

Erste (und abschließende) Beratung: Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den niedersächsischen Krankenhäusern voranbringen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/4357

(Unruhe)

- Es ist noch sehr unruhig. Ich bitte um etwas mehr Ruhe und nutze die Gelegenheit, Ihnen noch etwas Erfreuliches bekanntzugeben: Wir können heute alle gemeinsam der Dame, die uns immer das Wasser bringt und dafür sorgt, dass wir keinen trockenen Mund haben, zum Geburtstag gratulieren. Frau Nedoshovenko, herzlichen Glückwunsch im Namen aller Abgeordneten!

(Beifall)

Jetzt kommen wir zu der ersten Beratung des eben genannten Antrags. Für die CDU-Fraktion hat sich

Frau Kollegin Schwarz zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine Zielformulierung, die vielfach angeführt wird. Die Bundesfamilienministerin hat den 8. Familienbericht in Auftrag gegeben, und die Sachverständigenkommission hat in ihrem Monitor Familienforschung im Oktober 2011 aufgezeigt, dass die Familie nicht nur von ökonomischen und infrastrukturellen Bedingungen, sondern auch von Zeitressourcen lebt.

(Vizepräsident Hans-Werner über- nimmt den Vorsitz)

Ich zitiere aus dem Bericht:

„Gemeinsame Zeit ist eine Voraussetzung dafür, dass das Familienleben nach den jeweiligen Vorstellungen und Lebensentwürfen gelingen kann. Familienmitglieder sind in vielfältige, teilweise in Widerspruch zueinander stehende gesellschaftliche Zeitsysteme eingebunden, die das Familienleben mehr oder weniger direkt beeinflussen.“

Wie sind die Bedingungen in den Krankenhäusern in Niedersachsen? Warum ist es dort so wichtig, diesen Erfordernissen gerecht werden zu wollen? - Von der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung wurde in ihrer Studie „Dem deutschen Gesundheitswesen gehen die Ärzte aus!“ aufgezeigt, dass der Anteil der Frauen an den Krankenhausärzten angewachsen ist und im Jahr 2010 in Niedersachsen mittlerweile 42,5 % betrug. Die Tendenz ist weiter steigend.

Aber in der Phase der Weiterbildung wird dieser Trend gebremst. Ausschlaggebend für die Flucht von Ärzten aus der kurativen Tätigkeit seien die zeitliche Belastung und die fehlende Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit. Auch der Marburger Bund hat in der Anhörung zum Krankenhausgesetz im Herbst letzten Jahres hierauf hingewiesen.

Man muss feststellen, dass Frauen im Arztberuf ca. 72 % der Arbeitszeit der Männer ausfüllen. Das heißt, sie wollen weniger arbeiten, aber trotzdem ihren Beruf gerne wahrnehmen. Der Trend der Arbeitszeitverkürzung hält generell weiter an.

Man muss sich nur einmal vergegenwärtigen, wie die normale Wochenarbeitszeit der Ärzte z. B. im

Jahr 2008 ausgesehen hat: Insgesamt haben 45,6 % der Ärzte 45 und mehr Stunden Wochenarbeitszeit geleistet. Das waren 29,9 % der Frauen und 54,7 % der Männer.

Wenn man sich das vergegenwärtigt, liegt es auf der Hand, dass das Arbeitszeitvolumen auf mehrere Köpfe verteilt werden muss bzw. zukünftig auch wird. Mehr Frauen muss die Ausübung des Arztberufs im Krankenhaus ermöglicht werden. Potenzielle Rückkehrerinnen müssen wieder gewonnen werden, damit man das Defizit an Arbeitskräften wieder auffüllen kann. Dafür ist es notwendig, dass eine größere Familienfreundlichkeit in den Krankenhäusern erreicht wird,

(Zustimmung bei der CDU)

und zwar nicht nur beim medizinischen Personal, sondern auch beim pflegenden Personal.

(Petra Tiemann [SPD]: Da bin ich aber froh, dass Sie das auch einmal erwähnen! Das ist eigentlich der grö- ßere Anteil!)

Für das Jahr 2025 wird das Fehlen von 152 000 Pflegekräften bundesweit prognostiziert. Auch in diesem Bereich sind in der Mehrzahl Frauen tätig. Bislang sind sie, die Organisation von Familie und Beruf betreffend, sensibler eingestellt, obwohl die Männer hier ganz kräftig nachziehen, was sehr wohl zu begrüßen ist.

Will man jedoch die Arbeitsplätze im Krankenhaus im Wettbewerb um qualifiziertes Personal als attraktiv herausstellen, so ist es wichtig, dass eine wesentlich größere Motivation bei den Einzelnen hergestellt wird. Ein Arbeitgeber, der familienfreundliche Arbeitsbedingungen anbietet, ist attraktiv und hat bessere Standort- und Wettbewerbsvorteile.

Hierbei geht es nicht nur um die Betreuung von Kindern, sondern auch um die Sorge um pflegebedürftige Angehörige. Wir müssen einfach feststellen, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in Niedersachsen von 1999 bis 2010 um 22,4 % gestiegen ist. Zwei Drittel der Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt.

Um dies zu erreichen, gehören mehrere Akteure an einen Tisch. Dazu gehören die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft, die Krankenkassen, kommunale Spitzenverbände und die Interessenvertretung der Gesundheitsberufe im Krankenhaus.

Meine Damen und Herren, auch gute Praxisbeispiele z. B. in der Kinderbetreuung oder bei pflegebedürftigen Familienangehörigen können weiterführen und zeigen, wie man das alles unter einen Hut bringen kann. Des Weiteren sind auch zertifizierte Einrichtungen gute Beispiele. Bei der Zertifizierung unter dem „audit berufundfamilie“ - nach meiner Kenntnis sind mittlerweile fünf Krankenhäuser in Niedersachsen zertifiziert - werden mit Sicherheit gute Beispiele zu finden sein.

Allerdings ist wichtig, dass alle Beteiligten Fantasie und Kreativität entwickeln, um den Wunsch nach besserer Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht als störend für das Unternehmen Krankenhaus, sondern als Bereicherung zu begreifen und gemeinsam neue Wege zu gehen.

Deswegen muss es Ziel sein, dass Familie tatsächlich ein Erfolgsfaktor ist,

(Beifall bei der CDU)

für das medizinische Personal, für die Krankenhäuser, für Frauen und Männer und im Grunde für die Menschen in Niedersachsen.