Protokoll der Sitzung vom 22.02.2012

Denn von Ihnen kommt nichts, heute nicht und auch nicht in der Vergangenheit, weder vor noch nach Fukushima: keine Anfragen zur Energiepolitik, keine Ideen zur Umsetzung und auch keine Anträge zur Energiepolitik.

(Ursula Weisser-Roelle [LINKE]: Von Ihnen haben wir aber auch noch nichts gehört!)

Im Gegensatz zu Ihnen kümmert sich dieser größere Teil des Landtages um die Energiewende. Zum Glück ist das auch die Mehrheit in diesem Hause.

(Zurufe von der SPD)

CDU und FDP stellen Große und Kleine Anfragen zur Energiepolitik. CDU und FDP stellen Anträge, bringen diese in die Beratung ein und beschließen mit ihrer breiten Mehrheit in diesem Hause konkrete Maßnahmen. Wir haben Anträge zu folgenden Themen gestellt: Energiespeicher und - noch weit vor Fukushima - erneuerbare Energien, Geothermie, Energiebildung, Windkraft, Elektromobilität und Energieforschung. Konkrete Maßnahmen aus diesen Anträgen werden umgesetzt, um das Zeitalter der erneuerbaren Energien so früh wie möglich zu erreichen.

Sie dagegen beschließen hehre Ziele wie einen Atomausstieg 2017, was bereits in fünf Jahren wäre. Aber wo sind Ihre Konzepte, um dies zu ermöglichen? - Bevor Sie behaupten, Sie hätten Anträge gestellt: Wir haben gegoogelt. Ergebnis: null Treffer. Null Treffer in Google - das schafft nur die Opposition hier im Landtag.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wie wir eben wieder hören konnten, kommen von der Opposition nur Zwischenrufe, aber keine Impulse, keine Konzepte, keine Ideen. Aber lassen wir es!

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Die Substanz in Ihrer Rede ist auch gleich null!)

Krempeln wir die Ärmel auf! Kümmern wir uns um die Aufgaben, die vor uns liegen!

Niedersachsen als das Energieland Nummer eins ist schon jetzt bundesweit spitze bei den erneuerbaren Energien. Wir sind das Windenergieland Nummer eins in Deutschland, und wir stellen heraus, dass es im Land noch weiterer Anstrengungen für den Bau von Windkraftanlagen bedarf.

(Johanne Modder [SPD]: Ach!)

Wir begrüßen daher die Initiative unseres Ministerpräsidenten David McAllister, einen Masterplan Offshorewindkraft aufzustellen. Es genügt eben nicht, Windkraftanlagen zu bauen. Nötig sind vielmehr auch Leitungen, um den erzeugten Strom zum Verbraucher zu transportieren.

(Aha! und Lachen bei der SPD - Olaf Lies [SPD]: Da muss er selber la- chen!)

Vor allem gilt es, die Finanzierung dieser Maßnahmen sicherzustellen. Hier sitzen wir alle in einem Boot. Es genügt eben nicht, Herr Tanke, hier schöne Worte zu verlieren, sich aber, wenn es konkret wird und darum geht, Leitungen zu bauen, an die Spitze der Bewegung derjenigen zu setzen, die das alles nicht wollen.

(Johanne Modder [SPD]: Bauen Sie doch! Fangen Sie doch an!)

Frau Modder, so wird der Ausstieg aus der Kernkraft bis 2022 nie gelingen. Jetzt gilt es nicht, zu fragen, was nicht geht und wie es nicht geht. Jetzt geht es darum, zu überlegen, wie es geht und wie die Aufgaben so gelöst werden können, dass die Energiewende gelingt.

Wir wollen, dass 2020 in Niedersachsen 90 % des Stroms aus Biomasse, Sonne und Wind erzeugt werden. Das ist die Zukunft. Das schafft klimafreundlichen Strom. Das schafft vor allen Dingen auch qualifizierte und zukunftsfähige Arbeitsplätze. Das ist ganz einsame Spitze in Deutschland. Da kommt kein Bundesland mit, die rot-grün regierten Länder, Herr Meyer, schon lange nicht. Zeigen Sie

doch da, wo Sie die Mehrheiten haben, was Sie können! Bestreiten Sie da die Energiewende!

Lassen Sie uns das Energiekonzept der Landesregierung umsetzen und die Projekte konkret angehen! Nur dann schaffen wir die Energiewende, gemeinsam mit den Menschen in Niedersachsen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Was für eine schöne, inhaltslose Rede!)

Die nächste Wortmeldung liegt mir vom Kollegen Herzog vor. Ich möchte Sie, Herr Kollege Herzog, aber entsprechend der Absprache der Fraktionen, keine Buttons mit demonstrativ-plakativem Inhalt zu tragen, bitten, bei der Diskussion diesen Button von Ihrer Jacke abzunehmen.

(Kurt Herzog [LINKE] legt die Jacke ab und krempelt die Ärmel hoch - Jens Nacke [CDU]: Sie brauchen sich deshalb aber nicht wie in der Badean- stalt zu kleiden! Das ist auch nicht er- forderlich! - Weitere Zurufe)

Ich erteile Ihnen jetzt das Wort und bitte, die Zwischenrufe einzustellen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als vor drei Jahren Hans-Heinrich Sanders bunte Broschüre „Mit Energie für Klimaschutz“ herauskam, fand man dort ein Sammelsurium von Worthülsen, was erneuerbare Energien anging. Das Grundgerüst waren weiter die Atomenergie des „Kerngesunden“ und seine hocheffizienten, sauberen Kohlekraftwerke mit CCS-Technik. Man schuf dann flugs noch die Regierungskommission Klimaschutz, klebte das gleiche Zusatzetikett ans Umweltministerium und wartete ab.

(Jens Nacke [CDU]: Das Zusatzetikett klebt an Ihrer Jacke, Herr Kollege!)

Fukushima beendete zwar die Ära des Atomkraftwerkes Unterweser, nicht aber die Atomenergie, vor allem nicht unumkehrbar. CCS schlummert im Gesetzgebungsdschungel. Kohlekraft soll aber laut neuem Energieminister Birkner im Spiel bleiben. Sander vertraute auf Offshorewindkraft und vernachlässigte den Windstrom an Land. Das Wort „Repowering“ kam in der Broschüre gar nicht vor.

Man lehnte sich zurück, zeigte genüsslich aufs Meer und überließ dem Markt die Entwicklung.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Den Großkonzernen!)

Meine Damen und Herren, am grundsätzlichen Vorgehen dieser Landesregierung hat sich nicht viel geändert. Man setzt weiter auf die treibende Kraft der Großkonzerne, die sich alle Optionen offenhalten und denen es egal ist, wie sie ihre Gewinne maximieren, ob mit Desertec, Offshore oder Kohle. Die Landesregierung bleibt bei der zentralen Stoßrichtung unter Beibehaltung der Gestaltungsmacht der vier großen Oligarchen.

(Unruhe)

Herr Kollege, ich darf Sie unterbrechen. - Ich möchte wirklich bitten, dass diejenigen, die nicht zuhören wollen, die Chance nutzen, den Plenarsaal zu verlassen. Die Gespräche sind einfach zu laut. Das stört alle, das Präsidium und den Redner. Ich bitte deshalb, die Gespräche in den Fraktionen einzustellen. - Bitte, Herr Kollege!

Das einzige HGÜ-Hochleistungskabel nach Norwegen dümpelt im Genehmigungswust. Dabei gäbe es hier eine große Chance, das hohe norddeutsche Windkraftpotenzial im Geben und Nehmen mit norwegischen Pumpspeichern zu koppeln.

Anstatt dezentrale Strukturen voranzubringen, verharrt die Landesregierung in der bekannten Demutsgeste vor dem zentralistischen Taktstock der Marktdirigenten von E.ON und Co. Repowering ist dank unseres frühzeitigen Antrags in einen Landtagsbeschluss gemündet. Trotzdem fehlt eine klare Zielgröße von 2 % der Landesfläche für die Windkraftnutzung an Land.

Ein weiteres gravierendes Manko bleibt die mangelnde Arbeitsteilung mit den anderen Bundesländern. Es fehlt ein abgestimmtes nationales Konzept, eingebettet in ein ebensolches europäisches. Zwar holen die Nachsitzer Bayern, BadenWürttemberg und Hessen in ihrer Zielsetzung langsam auf. Onshorewindkraft besitzt ja das achtfache Potenzial der Offshorewindkraft, ist schnell plan- und umsetzbar und vor allen Dingen halb so teuer. Aber anstatt sie gut über Deutschland zu verteilen, setzt man weiter auf die simple Formel: Offshorestrom über milliardenteure neue Netze nach Süden - zum Ärger der Anwohner, denen die

Masten vor die Tür gepflanzt werden sollen. Bei der Einbeziehung kapazitätsverdoppelnder Netztechnik verharrt die Landesregierung lieber in der Steinzeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, in die Arbeit der Regierungskommission haben sich neben Verbands- und Interessenvertretern auch viele Ehrenamtliche eingebracht, aus meinem Landkreis z. B. ein Biogasbauer, der ganzheitlich denkt,

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: An- ders als Sie!)

gegen Gentechnik, gegen Monokultur, und seinen Ortsteil mit Wärme versorgt, sowie ein Gewerkschafter, 83 Jahre alt, 35 Jahre im Atomwiderstand.

(Beifall bei der LINKEN)

Viele Ideen flossen in die Arbeit ein, manche wurden ins Ergebnis einbezogen, trotz der durchaus gegensätzlichen Interessenlage z. B. zu Industrievertretern. Deutlich wurde aber auch, wie vieles diese Landesregierung überhaupt nicht im Visier hatte. Trotzdem fehlt mir der Glaube, dass diese Regierung der eingeschlafenen Hände

(Heiterkeit bei der LINKEN)

überhaupt willens ist, jetzt endlich zu handeln und den Rahmen zur Umsetzung der Anregungen zu setzen, verbindlich und konsequent, mit einer klaren Priorität für dezentrale, transparente Strukturen, im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher, zum Wohle strukturschwacher, ländlicher Räume, mit einer Energiepolitik, die gleichzeitig Ressourcenpolitik ist, meinetwegen auch mit einer neuen bunten Broschüre, wenn deren erstes Kapitel mit „Einsparen und Vermeiden“ überschrieben ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Statt endlich die Energiewende als Chefsache täglich zu spüren, Birkner als den Superminister dieses Kabinetts zu erleben, lassen Sie die Koalitionsfraktionen Luftanträge schreiben, mit halbherzigen Prüfaufträgen, laschen Bitten und nichtssagenden Versprechen.

Meine Damen und Herren, es wird Zeit; Zeit, dass die letzten elf Monate dieser Regierung ablaufen, Zeit, dass das Energieministerium von freidemokratischem Laisser-faire befreit wird

(Beifall bei der LINKEN)

von orientierungsloser Marktherrschaft zu einer demokratischen Energiewende, bei der die Menschen im Mittelpunkt stehen, und zwar alle, nicht nur die Erdverwachsenen und Sturmerprobten, sondern auch die, die schon Mühe haben, drei Stücke Holz zu finden, um sich mittags ein Essen zu kochen.