Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind sehr dankbar, dass die Bundesregierung diesen Prozess sehr konsequent aufgegriffen hat und ihn mit einem Entwurf zum Endlagersuchgesetz voranbringt. Um es gleich zu sagen, Herr Wenzel: Wir bringen uns sehr konstruktiv, aber eben auch kritisch in diesen Prozess ein. Wenn Sie hier wieder versuchen, die Front aufzumachen: „Wir hier die Guten, da die Bösen“, dann muss ich sagen: Sie verkennen, dass die Landesregierung hier sehr kritisch ist. Sie verkennen, dass es Zeit wird, aus den Schützengräben herauszukommen und sich selber konstruktiv in den Dialog einzubringen.
Was ich bei SPD und Grünen jetzt völlig vermisst habe, ist eine Aussage zu der zentralen Frage. Die zentrale Frage, um die es am Ende gehen wird, damit das Ganze gelingen kann, ist doch: Wie halten wir es denn mit Gorleben? Soll Gorleben in der Betrachtung drinbleiben, oder soll Gorleben herausfallen? - Das wird entscheidend dafür sein, ob es vorangeht oder nicht. Um diese Frage haben
Sie haben Parteitagsbeschlüsse, die aber auch wieder relativiert werden. Dann kommt ein Papier von Herrn Miersch aus der Bundestagsfraktion, in dem steht, dass man das auch nicht will. Dann wird das wieder relativiert. Man weiß, man würde den Gesamtprozess gefährden.
Verantwortung ist etwas anderes. Sie entziehen sich der Verantwortung in diesem Prozess, wenn Sie sich hier nicht dazu äußern, wie es weitergehen soll.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung stellt sich dieser Verantwortung auch unter neuen Rahmenbedingungen. Wir haben nach den Ereignissen von Fukushima hier neue Voraussetzungen. Wir werden das konstruktiv weiter begleiten.
Wir haben mit unserem Vorschlag für eine denkbare Unterbrechung bei den Erkundungsarbeiten in Gorleben einen konkreten Beitrag geleistet, um von den extremen Positionen wegzukommen, nämlich dass man Gorleben sozusagen ganz herausnimmt oder - wie andere sagen - dass Gorleben unbesehen weiter erkundet werden muss, wobei man nicht so genau weiß, wo Sie stehen. Wir haben einen konkreten Vorschlag gemacht, der dieser Verantwortung, in der wir alle stehen, tatsächlich gerecht wird.
Herr Tanke, Sie haben gesagt: Wo ist denn der Unterschied zu einem rot-grünen Moratorium? - Ich will Ihnen das einmal deutlich sagen: Dieses rotgrüne Moratorium steht für Stillstand und für Verantwortungslosigkeit;
denn Sie sind in den zehn Jahren des Moratoriums eben nicht vorangekommen. Das, was wir vorgeschlagen haben, ist genau ein Punkt, um dann einen alternativen Endlagersuchprozess tatsächlich voranzubringen. Das ist aus meiner Sicht eine absolute Voraussetzung dafür, dass das gelingen kann.
(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das war der Plan Anfang des Jahrzehnts, aber das haben Sie blockiert! - Zuruf von Detlef Tanke [SPD])
Das Zweite, was von entscheidender Bedeutung sein wird, ist, dass man den Legendenbildungen, die gelegentlich aufkommen, dass man Gorleben - Sie haben das hier wieder angedeutet - als Referenzstandort beibehalten wollte, klar widerspricht. Herr Tanke, Sie haben das falsch verstanden. Ich bin der Überzeugung, Gorleben muss im Topf bleiben, weil sonst der gesamte Prozess gefährdet wird und wir eben nicht vorankommen. Gorleben wird sich in jeder Phase an jedem der aufgestellten Kriterien messen lassen müssen. Und wenn es aus welchen Gründen auch immer einem Kriterium nicht entspricht, dann scheidet der Standort Gorleben selbstverständlich - wie jeder andere Standort - aus. Das ist doch klar. Es ist ein integrierter Prozess und hat nichts mit Referenz oder Parallelität zu tun; vielmehr muss er sich wie alle anderen daran messen lassen.
- Das ist ein guter Hinweis, Frau Flauger. Aber diese Debatte führt uns nicht weiter. Diskutieren Sie einmal mit Herrn König. Da wird Ihnen sehr deutlich gesagt, es gibt keine Erkenntnisse, die dazu führen, dass Gorleben ausgeschlossen werden müsste. Wenn das so ist, dann ist es so. Es ist so, dass Geologie, dass Wissenschaft erst einmal entscheiden muss und nicht die Politik. Die Politik ist am Ende immer in der Verantwortung. Aber die Geowissenschaften müssen doch zunächst entscheiden: Geht es, oder geht es nicht? Am Ende muss natürlich die Politik es verantworten.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Aber es ist doch aus politischen Gründen aus- geguckt worden!)
Ihre Betrachtungen sind durchsichtig; denn Sie wollen mit einer rückwärtsgewandten Betrachtung diesen Standort partout heraushaben. Sie wollen sich nicht der Verantwortung stellen und in die Zukunft gerichtet hier tatsächlich die Endlagersuche voranbringen,
was mit dem Risiko verbunden ist, dass am Ende ein Standort Gorleben herauskommen könnte. So viel Offenheit und Ehrlichkeit gehört in der Diskussion dazu.
Wir als Landesregierung werden uns in diesen Prozess der Beratung des Gesetzentwurfs des Bundes - wir sind noch in der Konsultationsphase; das Bundesratsverfahren usw. folgt ja noch - weiter sehr konstruktiv, aber eben auch kritisch einbringen, wie wir es z. B. bei der Frage der Öffentlichkeitsbeteiligung getan haben. Wir haben offen gesagt, das reicht uns in der Form nicht. Das ist im Übrigen sehr aktiv seitens des Bundesumweltministers aufgegriffen worden. Wir werden diese Phasen neu diskutieren. Auch hier sehen wir noch Nachbesserungsbedarf. Wir werden das gestalten.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu Punkt c der Aktuellen Stunde liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.
Alarm an der Elbe - Vertiefung gegen alle Vernunft! - Entwurf Planfeststellungsbeschluss und Beweissicherung offenlegen! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/4487
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ziemlich genau zehn Jahre her, dass Hamburg den Antrag auf diese neue Elbvertiefung gestellt hat. Das war übrigens nicht einmal zwei Jahre nach der letzten Elbvertiefung, die uns vor Ort immer wieder als die wirklich allerletzte verkauft wurde.
Jetzt liegt dem Land der Planfeststellungsentwurf vor, und es muss sein Einvernehmen prüfen. Schon ein Kabinettsbeschluss aus 2004 versprach dazu hinreichende Transparenz und die Sicherstellung einer nachvollziehbaren Darstellung in der Öffentlichkeit. Man höre und staune!
In der Januardebatte unterstrich Minister Birkner den Transparenzanspruch, und Kollege Seefried stellte die Diskussion mit Kommunen, Kreisen und Verbänden in Aussicht. Das Ergebnis ist allerdings ernüchternd: Diese Landesregierung bekommt wieder einmal Reden und Handeln nicht übereinander! Für den Planfeststellungsentwurf ist die Geheimhaltungsstrategie dieser Landesregierung
Meine Damen und Herren und Herr DammannTamke, die Ausrede, Herr Ramsauer habe die Veröffentlichung verboten, ist mehr als fadenscheinig und rechtlich überhaupt nicht nachvollziehbar.
Aber Schwarz-Gelb will natürlich überhaupt nicht diskutieren. Wie zuletzt im Umweltausschuss, haben Sie in diesem Haus immer wieder die politische Diskussion über die Elbvertiefung verweigert - immer mit dem Verweis auf das verwaltungsrechtliche Einvernehmensverfahren und mit dem offensichtlich gewünschten Effekt, sich nicht positionieren zu müssen, nicht einmal politisch, was jederzeit möglich gewesen wäre.
Deshalb gibt es einen qualitativen Unterschied zwischen unserem inhaltlichen, rechtlichen und politisch begründeten Nein und der bisher vordergründigen Ablehnung von Schwarz-Gelb. Dieser Unterschied wird exemplarisch deutlich, wenn Kollege Seefried, wie im letzten Plenum, ausführt: „Wir sollten die Rechte der Menschen vor Ort nicht mit einem pauschalen Nein verspielen.“ Das ist doch Unsinn! Die Rechte der Menschen vor Ort sind vor allen Dingen ihr Recht auf originären Schutz ihrer Gesundheit und ihres Eigentums. Diesen Rechten wäre durch die Ablehnung einer weiteren Elbvertiefung und die Versagung des Einvernehmens besser gedient als durch den Versuch, den Preis dafür möglichst hoch zu treiben.
Meine Damen und Herren, das Versprechen eines Schadensausgleiches wird weder Risiken vermeiden noch minimieren. Im Übrigen - das wissen Sie auch - sprechen wir da weitgehend über ungedeckte Schecks.
Ein weiterer Punkt. Trotz diverser Bemühungen hat sich die Landesregierung immer geweigert, die für ein Einvernehmen erforderlichen Parameter konkret zu definieren. Jetzt wird auch deutlich, warum. Statt einer rechtlichen Einvernehmensprüfung anhand fester Parameter erleben wir derzeit einen Basar von Einvernehmensverhandlungen. Da wird geschachert - und natürlich wieder weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Bei Deichsicherheit und Hochwasserschutz wird suggeriert, dass mit den Deichverträgen und Baumaßnahmen im Altenbrucher Bogen das Thema Wasserwirtschaft erledigt sei. Meine Damen und Herren, als vor Ort die Akzeptanz für die zweifellos notwendigen Schutzmaßnahmen in Altenbruch diskutiert wurde, beruhigte man die Menschen mit dem sachlich richtigen Hinweis, das habe nichts mit der neuen Elbvertiefung zu tun, sondern diene dem Schadensausgleich früherer Vertiefungen. Jetzt plötzlich erleben wir die Umetikettierung dieser Maßnahme als Sicherstellung des Deichschutzes für die neue Elbvertiefung. Das ist nicht in Ordnung, meine Damen und Herren!
Es geht nicht nur um die paar Kilometer bei Altenbruch. Die Vertiefung der Elbe ist immerhin über 136 km geplant. Es geht auch nicht mehr nur um die Einigung mit den Obstbauern über einen Ausgleich für stärkere Wasserversalzung. Es geht auch um die vielen anderen Einwendungen, die zu Tausenden eingereicht wurden. Was ist mit den Hochwasserständen, dem Tidenhub, der Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit, den Auswirkungen von Schiffs- und Windwellen auf die Deiche und die Deichbauwerke? Was ist mit den morphologischen Veränderungen z. B. durch das Wegbaggern der sogenannten Sockelstrecke, die bei der 99er-Elbvertiefung noch als völlig unverzichtbar bezeichnet wurde? Was ist mit der Beeinträchtigung des Cuxhavener Hafens und was mit der Einhaltung des Verschlechterungsverbotes nach der Wasserrahmenrichtlinie? Und, meine Damen und Herren, wo sind denn die unabhängigen Gutachten zu allen diesen Dingen, die in der Otterndorfer Erklärung auch von unserem Ministerpräsidenten eingefordert wurden?
Last, but not least: Was ist mit den Beweissicherungsberichten, einer Auflage der letzten Elbvertiefung, die übrigens bis 2014 läuft? - Das Umweltministerium hat erklärt, ein Einvernehmen werde es erst geben können, wenn die Beweissicherungsergebnisse vorlägen. Fakt ist aber: Der letzte Bericht stammt von 2006. Über 2007 wird derzeit behördenintern diskutiert. Für 2008 bis 2011 gilt bisher: Fehlanzeige!
Ich stelle also fest: Wenn das Umweltministerium Wort hält, wird es in der nächsten Zeit kein niedersächsisches Einvernehmen geben. Das wäre gut so, damit uns solche Schlagzeilen
(Der Redner hält die mit „Schwerste Sturmflut seit 1825“ überschriebene Titelseite einer Tageszeitung hoch)
auch in Zukunft weiter erspart bleiben und wir nicht mehr Angst haben müssen, wie vor 50 Jahren kalte und nasse Füße - und nicht nur Füße, sondern Köpfe - zu bekommen.