Dann hat es ein Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit dem Assad-Regime in Syrien gegeben, wonach die Abschiebungen ermöglicht wurden. Aber trotzdem ist es nicht zu Abschiebungen gekommen, weil wegen der bekannten Ereignisse gegenwärtig nicht abgeschoben wird.
Die Betroffenen sitzen also immer noch auf einer Duldung. Deshalb kann man ihnen auch überhaupt nicht vorwerfen, sie seien in die Sozialsysteme eingewandert, sie hätten Pässe vernichtet oder sie hätten diese Situation durch ihr eigenes Verhalten verschuldet. Sie sind einfach Opfer der politischen Verhältnisse mit den verschiedenen Wandlungen, die ich eben angesprochen habe.
Das wäre doch z. B. eine Gruppe, bei der man auf jeden Fall sagen müsste: Da muss jetzt eine dauerhafte Regelung her, die müssen von diesem Duldungsstatus runter und ein Aufenthaltsrecht bekommen.
Frau Polat hat ebenfalls um zusätzliche Redezeit gebeten. Auch Sie bekommen anderthalb Minuten. Bitte schön!
Erstens zur Anerkennung von Menschen aufgrund politischen Asyls. Herr Schünemann, Sie vergessen, dass ein Großteil der Geduldeten, von denen wir sprechen, aus dem Kosovo stammt. Sie wissen auch, dass Asylverfahren über Jahre hinweg betrieben wurden, zum Teil sechs, sieben, acht Jahre lang. Alle, die im Petitionsausschuss sitzen, kennen die Stellungnahmen. Zudem wissen wir, dass Serbien völkerrechtswidrig erklärt hat, diese Menschen überhaupt nicht zurückzunehmen.
Bis zur Mitte der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts gab es einen Abschiebestopp für Minderheiten. Die UNMIK hat danach eine Sonderprüfung verlangt und regelmäßig ihr Veto erklärt. Das heißt, die Menschen, die seit Anfang der 90er-Jahre hier sind, waren in einem Duldungszustand, den sie gar nicht beeinflussen konnten. Sie hätten natürlich freiwillig ausreisen können, ähnlich wie die syrischen Geduldeten, die der Kollege Adler gerade genannt hat. Aber bei den Syrern wissen wir zumindest seit dem letzten Jahr, dass wirklich die Notwendigkeit besteht, politisches Asyl anzuerkennen.
Werfen Sie also diesen Menschen nicht vor, dass sie unsere Systeme missbräuchlich ausgenutzt hätten. Das haben Sie in Debatten mehrfach gesagt.
- Doch! Bei den Bleiberechtsregelungen wurde immer wieder gesagt, dass sie unser Rechtssystem missbräuchlich genutzt haben. Ich kann Ihnen die Zitate gerne heraussuchen.
Zum zweiten Punkt, der Aufenthaltserlaubnis auf Probe. Herr Innenminister, die bundesgesetzliche Regelung, die ich gerade hier zitiert habe, haben Sie immer wieder torpediert.
Auch das Protokoll aus dem Jahr 2007, das vom Flüchtlingsrat veröffentlicht wurde, zeigt den Wunsch nach einer restriktiven Auslegung dieser Regelung, um dann eine Verlängerung - - -
Auch nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung ist Herr Kollege Oetjen der nächste Redner. Sie haben ebenfalls eine Redezeit von anderthalb Minuten. Bitte schön!
Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Frau Kollegin Polat, man mag ja gerne alte Rituale pflegen und dem Innenminister Dinge vorwerfen, die er in seinem Debattenbeitrag gar nicht gesagt hat. Aber damit kommen wir nicht weiter.
Ich möchte mich dafür bedanken, dass Sie, Herr Minister, gerade angeboten haben, über die Vorschläge, die aus Schleswig-Holstein gekommen sind, in aller Offenheit zu diskutieren. Wir wissen, dass immer weniger Menschen unter die alte 2009er-Regelung fallen. Deshalb wäre es aus meiner Sicht ein richtiger Ansatz, diese Regelung aufzubohren.
Wenn es darum geht, dass die Menschen, die bei uns sind, bestimmte Regeln einhalten müssen, werden Sie die volle Unterstützung der FDPLandtagsfraktion bekommen. Sehr wichtig dabei sind die Gesetzestreue, der Wille zur Integration und der Wille zur Arbeitsaufnahme. Darüber sind wir uns sicherlich einig, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wenn wir uns über eine Stichtagsunabhängigkeit Gedanken machen, müssen wir uns aber auch darüber Gedanken machen, wie viele Menschen zukünftig darunterfallen sollen und wie wir eine solche Regelung praxistauglich auf den Weg bringen können. Aber wenn wir tatsächlich eine offene Debatte führen und uns von alten Feindbildern verabschieden, dann können wir vielleicht schneller zu gemeinsamen Positionen kommen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Oetjen, das hat mich doch betroffen gemacht: „der Wille zur Integration“. Ich glaube, dass die hier langjährig lebenden Menschen durchaus einen Willen zur Integration haben.
Deshalb müssen wir die Rahmenbedingungen auch insgesamt verändern. Diese Menschen müssen Zugang zu Sprachkursen haben, sie müssen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, sie müssen überhaupt eine Chance haben, aus dieser Rechtsunsicherheit herauszukommen. Dafür sollten wir uns gemeinsam einsetzen.
Ein Hinweis noch, Herr Innenminister. Sie haben vorhin gesagt, dass die Passbeschaffung von den Flüchtlingen teilweise verhindert wird. Aber es gibt doch auch Situationen, in denen die Passbeschaffung in den Herkunftsländern ausgesprochen schwierig oder kostenintensiv ist, sodass man das trotz aller Bemühungen ganz einfach nicht machen kann.
Ich beziehe mich auf die Situation der Menschen, die in sogenannten Grenzregionen leben und von denen ein Teil der Verwandtschaft beispielsweise im Libanon, in Syrien und in der Türkei lebt und bei denen man im Grunde genommen nicht zwingend sagen kann, die sind da geboren und leben dort. Für diese Menschen war es in der Vergangenheit ausgesprochen schwierig, insbesondere wenn sie nationale Minderheiten sind, in irgendeiner Weise an Passpapiere heranzukommen, und es war kostenintensiv. Das können die mit der momentanen Unterstützung nicht machen.
Ich wehre mich dagegen, dass das immer so pauschal unterstellt wird. Es wird Einzelne geben, die sich weigern, das zu machen und da mitzuhelfen. Aber das trifft in der Gesamtheit, glaube ich, nicht zu. Da würde ich mir ganz einfach eine größere Sensibilität wünschen.
Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Kollegin Jahns gemeldet, ebenfalls nach § 71 Abs. 3. Zusätzliche Redezeit: zwei Minuten. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe ja zu Beginn meiner Rede gesagt, dass das ein sehr sensibles Thema ist. Ich denke, man hat bei den Wortbeiträgen gehört, wie strittig die Ansichten hier sind.
Aber ich darf noch einmal sehr deutlich sagen, Frau Kollegin Leuschner: Wenn Sie sagen, die meisten haben gar keine Chance, sich zu integrieren, dann steht das doch in einem sehr krassen Widerspruch zu dem, was Sie in den letzten Tagen und Monaten hier dauernd gesagt haben, nämlich dass die Menschen, die sich integriert haben, gar nicht abgeschoben werden dürfen.
Wir sind der Auffassung, dass es hier in Niedersachsen sehr viele und große Chancen gibt, sich zu integrieren.
Wenn Sie sagen, wir sind unmenschlich, dann kann ich Ihnen nur sagen: Es gibt Recht und Gesetz, und wir müssen uns daran halten. Wenn hier in Niedersachsen 10 000 Menschen leben, die ein Bleiberecht haben, dann frage ich mich, wie Sie so etwas als inhuman bezeichnen können. Bei den 10 000 Menschen haben wir immer wieder Duldungen erlaubt. Das sind Kettenduldungen. Uns wäre es auch lieber, wenn es diese Kettenduldungen nicht geben müsste. Aber es ist nun einmal so. Wir sind froh, dass es diese Möglichkeit noch gibt. Sonst müssten ja noch viel mehr Menschen abgeschoben werden.
Insofern können wir doch nur sagen: Wir haben einen Rechtsstaat, der wirklich human ist und der sich auch um die Menschen kümmert. Dass man nicht allen gerecht werden kann, ist ganz klar. Aber das, was wir tun, ist in anderen Ländern überhaupt nicht machbar.
Von daher kann ich nur sagen: Das, was wir in der Vergangenheit in Niedersachsen getan haben, ist sehr positiv. Das werden wir auch in Zukunft tun. Wenn sich Rechtsänderungen auf Bundesebene ergeben sollten, dann werden wir uns genauso wie die Kommunen an das veränderte Recht halten.
- In der Opposition kann man gut kämpfen. Was habt ihr unter Rot-Grün denn gemacht? Habt ihr dafür gekämpft? - Ihr hättet das schon längst ändern können. Sieben Jahre rote Regierung in Berlin!