Protokoll der Sitzung vom 03.07.2008

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der SPD: Sehr richtig!)

Danke schön, Herr Kollege Schwarz. - Frau Kollegin Weisser-Roelle, Sie können anderthalb Minuten auf Herrn Kollegen Schwarz antworten, wenn Sie möchten, oder jemands anders. - Das wird nicht gewünscht?

(Heinz Rolfes [CDU]: Das geht nicht!)

- Herr Kollege Rolfes, wir können uns gerne am Ende der Tagesordnung über die Geschäftsordnung unterhalten. Aber jetzt erteile ich Frau Kollegin Reichwaldt das Wort.

Der Vorwurf, den Sie eben von Frau WeisserRoelle zu hören bekommen haben, geht vermutlich nicht gegen die SPD-Fraktion. Wir vermuten hier schon eine Ausgrenzung, die stattgefunden hat.

(Zuruf von der CDU: So ein Quatsch!)

Wir sind schlicht und einfach an dem Punkt nicht gefragt worden.

(Zuruf von der CDU: Sie müssen tätig werden!)

Auch mit Blick auf die Zukunft der parlamentarischen Zusammenarbeit sage ich: Wir würden auch gerne unter diesem Antrag stehen. Dieser Hinweis ist nicht gekommen.

(Zuruf von der CDU: Stimmen Sie zu!)

Wir werden zustimmen. Ich werde im persönlichen Gespräch auch noch klären, was da abgelaufen ist.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Das können wir im Protokoll nachlesen, ob das so war!)

Der Eindruck ist jedenfalls so bei uns entstanden.

(Beifall bei der LINKEN - Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Ihr wollt nicht mitmachen - der Eindruck ist entstan- den!)

Herzlichen Dank. - Für die CDU-Fraktion hat sich jetzt Herr Kollege Krumfuß zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche für die CDU-Fraktion zu den Tagesordnungspunkten 23 und 24. Ich möchte

eines vorausschicken: Ich finde, es ist ein großartiges Signal, dass es zu dieser Gemeinsamkeit, zu diesem gemeinsamen Antrag gekommen ist.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich denke, das macht den Menschen Mut, die sich mit großer Sorge an uns gewandt und gesagt haben: Wir erwarten, dass ihr für den Erhalt unserer IC-Strecke im Leinetal kämpft.

Ich muss sagen, dass ich schon ein wenig enttäuscht war, als ich am 27. April, einem Sonntagvormittag, der schön begann, in der Welt gelesen habe, dass genau die Strecke, die Uwe Schwarz beschrieben hat, gestrichen werden soll. Ich habe daraufhin sofort an die Deutsche Bahn AG geschrieben und mitgeteilt, dass ich es nicht für in Ordnung halte, wenn noch nicht einmal die kommunalen Spitzen informiert werden und nur die Bewohner in der Region, die zufällig an dem Tag Die Welt lesen, erfahren, dass diese Strecke gestrichen wird.

Ich denke, es ist an der Zeit, darüber nachzudenken, welche Zahlen stimmen; denn die Deutsche Bahn AG nennt Zahlen, die von Jahr zu Jahr - wie Sie auch angemerkt haben - nach unten gehen. Es gibt aber ein paar verlässliche Zahlen. Das sind die Zahlen, die sich aus dem Großraumverkehr Hannover und den IC-Aufschlagkarten ergeben. Ich habe leider nicht die Zahlen aus Northeim, Uwe Schwarz, und auch nicht aus Kreiensen. Aber ich kann die Zahlen für Alfeld und Elze nennen. In Alfeld sind es über 400 Personen, die diesen Kartenzuschlag zahlen. Daran kann man erkennen, dass sie genau diesen Zug nutzen. In Elze sind es über 160. Daher haben wir seitens der CDUFraktion schon die herzliche Bitte, dass diese Zahlen genauestens überprüft werden.

Das Thema Pendlerzug hat Uwe Schwarz angesprochen; darauf muss ich nicht näher eingehen. Allerdings möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass wir schon in Sorge sind, was mit dem Weserbergland passiert; denn sowohl Kreiensen als auch Elze sind wichtige Knotenpunkte für die Region Weserbergland. Alfeld ist ein wichtiger Bahnhof für den Landkreis Holzminden. Alles, was mit Delligsen, Eschershausen und Stadtoldendorf zu tun hat, ist stärker nach Alfeld ausgerichtet.

Auch der Harz ist angesprochen worden. Wir machen uns darüber Gedanken, wie wir den Westharz stärken können. Gleichzeitig erfahren wir, dass die Reisenden immer schlechtere Möglichkeiten haben, den Westharz zu erreichen.

Machen wir uns nichts vor - wenn wir Angebote verschlechtern, dann können wir nicht erwarten, dass mehr Bahnkunden auf diese Züge gehen. Wenn wir Angebote verschlechtern, dann werden sich die Bahnreisendenzahlen dramatisch nach unten entwickeln. Wenn die Deutsche Bahn AG meint, sie könnte das vielleicht über die Landesnahverkehrsgesellschaft lösen, dann halte ich das für einen Irrweg.

Auch die Industriestandorte Northeim und Alfeld sind auf diesen Bahnverkehr angewiesen. Große Unternehmen sind in beiden Städten angesiedelt. Die großen Unternehmen erwarten natürlich gute Anschlussmöglichkeiten für ihre Führungskräfte und ihre Besucher.

Das Fagus-Werk in Alfeld ist auf dem Weg, Weltkulturerbe zu werden. Wer ein Weltkulturerbe besichtigen und sich darüber informieren möchte, der möchte nicht zwischen Karlsruhe und Alfeld zweimal umsteigen, sondern diesen Ort möglichst direkt erreichen. Das wäre nur mit dem IC möglich.

Ich möchte die Deutsche Bahn AG also noch einmal eindringlich auffordern, über diese Punkte, die ja auch im Antrag aufgeführt sind, und darüber nachzudenken, wie sie dieser Region helfen kann, die ja nicht gerade eine strukturstarke Region, sondern eher strukturschwache Region ist.

Ich möchte aber auch noch etwas zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE sagen. Am 30. Mai hat der Deutsche Bundestag mehrheitlich der Teilprivatisierung der Verkehrs- und Transportsparten der Deutschen Bahn AG zugestimmt. Zu dem von Ihnen angemahnten Vorgehen der Länder ist zu sagen, dass die Länder bereits am 23. Mai 2008 im Bundesrat sehr deutlich ihre Eckpunkte festgelegt haben. Sie fordern zum einen Mitspracherechte bei der Finanzierung und vor allem bei der Sicherung der bestehenden Infrastruktur. Sie fordern zum anderen eine klare Definition des Fernverkehrsangebotes durch den Bund. Der Forderung in Ihrem Antrag, auf die Bundesregierung Einfluss zu nehmen, hätte es also nicht mehr bedurft, da hierzu über den Bundesrat entsprechende Gesetzentwürfe eingebracht worden sind.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Und wie wirken die?)

Sie beschreiben sehr negativ die Auswirkungen der Teilprivatisierung der Deutschen Bahn auf die deutsche Bahnindustrie. Die Bahnindustrie selbst sieht sie eher positiv. Halten wir uns einmal die Zahlen der Bahnindustrie vor Augen: Die Auf

tragseingänge bei der deutschen Bahnindustrie sind im Jahr 2007 auf sage und schreibe 10,7 Milliarden Euro angestiegen. Mit fast 41 000 Mitarbeitern deutschlandweit hat die Branche einen neuen Rekordwert erreicht. Auch die Umsatzzahlen sind deutlich gestiegen. Ich möchte deshalb die Fraktion DIE LINKE auffordern, sich diese Zahlen doch einmal vor Augen zu führen, bevor sie hier allzu sehr in Schwarzmalerei verfällt.

Die deutsche Bahnindustrie mahnt aber sehr deutlich an, die Einnahmen aus der Teilprivatisierung investiv einzusetzen und nicht irgendwo im Bundeshaushalt verschwinden zu lassen. Das kann man nachvollziehen.

Ich freue mich, dass wir mit vier Fraktionen übereingekommen sind, hier Gemeinsamkeiten zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger der Region Leinetal und des schönen Bundeslandes Niedersachsen insgesamt zu entwickeln.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP sowie Zustimmung von Uwe Schwarz [SPD])

Danke schön, Herr Krumfuß. - Zu einer Kurzintervention haben Sie, Herr Kollege Sohn von der Fraktion DIE LINKE, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Krumfuß und auch Herr Schwarz, wir werden jetzt vermutlich einstimmig diesen Appell verabschieden. Ich möchte aber noch einmal den Zusammenhang zu dem zweiten Tagesordnungspunkt aufzeigen, den wir hier gemeinsam behandeln und den Frau Weisser-Roelle vorhin angesprochen hat.

Das Hauptproblem dieser Diskussion ist, dass wir Appelle machen - einstimmige, gut formulierte, hübsche Appelle. Der Zusammenhang mit der Privatisierung liegt darin - das hat sogar etwas mit Demokratie zu tun -: Je mehr in Bereichen, die vorher der direkten Einwirkung durch politische Organe und Parlamente unterlegen haben, privatisiert wird, desto mehr muss dieses Parlament Appelle verabschieden, die keinerlei Bindungskraft, sondern eben Appellcharakter haben - so schön sie auch formuliert sind.

(Heinz Rolfes [CDU]: Wir haben wohl verstanden, was Sie sagen wollen!)

Das ist die Krux. Wir würden uns weniger Notwendigkeit, an Vernunft zu appellieren, und mehr wirkliche Mitbestimmungsmöglichkeiten wünschen. Im Kern bedeutet das weniger Privatisierung z. B. in Bereichen wie Post und Bahn. Aber das ist leider Ihre Politik. Das ist eine Politik der Entdemokratisierung und der Herabwürdigung von Parlamenten zu Appellgremien.

(Beifall bei der LINKEN - Heinz Rolfes [CDU]: Falsch! Das war ideologisch!)

Wird eine Antwort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Dann rufe ich für die Fraktion der SPD Herrn Kollegen Will auf. Bitte schön!

(Heinz Rolfes [CDU]: Ihr habt doch in Nordhorn keine Bahn!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu der gemeinsamen Entschließung noch einen Nachtrag machen. Nach Äußerungen aus Bahnkreisen ist nicht nur daran gedacht, die Leinetalstrecke einzustellen, sondern auch an Leistungseinschränkungen im Raum Oldenburg. Herr Minister, ich hoffe, dass Sie auch das in den Verhandlungen mit der Bahn auf die Tagesordnung nehmen; denn der Nordwesten des Landes ist natürlich genauso wichtig wie der Süden des Landes Niedersachsen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Björn Thümler [CDU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte nur noch kurz auf den Antrag der Linken eingehen. Kurz nach der Verabschiedung des zweiten Teils der Bahnreform bringt die Linke nun einen grundsätzlichen und umfassenden Bahnantrag ein. Ich meine, er kommt deutlich zu spät. Was soll dieser Antrag heute hier?

Wer allerdings die Drucksache 16/9306 des Deutschen Bundestages vom 28. Mai 2008 liest, wird feststellen, dass Sie dort große Teile schlichtweg abgeschrieben haben. Selbst die Überschrift ist fast identisch.

Bereits 1993 wurde der erste Teil der Bahnreform im Bund verabschiedet. In der Folge wurde die westdeutsche Bundesbahn mit der ehemaligen DDR-Reichsbahn verschmolzen und in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Das hat am Ende der

Bahn nicht geschadet. Im Gegenteil, die Bahn AG hat sich zu einem starken Dienstleister in der Daseinsvorsorge weiterentwickelt, mit entsprechender Unterstützung bei der Entschuldung und einer verstetigten Förderung der Investitionen durch den Bund. Wer sich die Entwicklung der Fahrgastzahlen sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr anschaut, sieht, wie erfolgreich es in den vergangenen Jahren gelungen ist, vermehrt Menschen für die Nutzung der Bahn zu begeistern.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Das hat andere Gründe!)