Protokoll der Sitzung vom 03.07.2008

Nachdem jetzt erstmalig öffentlich geworden ist,

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Erstma- lig?)

dass es im Forschungsbergwerk Asse Überschreitungen der Freigrenzen für die Belastung mit Cäsium 137 gibt und in der Vergangenheit gab, dass es einen ungenehmigten Umgang mit den belasteten Stoffen gab und dass es erhebliche Zweifel an den bisherigen Konzepten des Betreibers zur Schließung der Asse gibt, ist eine transparente und umfassende Aufklärung mit einem Situations- und Sachstandsbericht unumgänglich und unverzüglich anzustreben.

Meine Damen und Herren, wir sind mit den Oppositionsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE bezüglich der Fragestellungen in den Anträgen zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses einer Meinung, dass in diesem Bericht genau diese Fragepunkte umfassend beantwortet werden müssen.

Wir erwarten auch, dass die Landesregierung durch ihren Sonderermittler Dr. Birkner dem Landtag noch vor Ende der Sommerpause über die Geschehnisse unterrichtet, die bis zum heutigen Tag in der Asse stattgefunden haben. Wir haben vollstes Vertrauen, weil Sonderermittler Birkner als ehemaliger Staatsanwalt, ehemaliger Richter und jemand, der bisher nicht im Verfahren der Genehmigung der Betriebspläne der Asse involviert war, die notwendige objektive Recherche leisten kann und leisten wird. Dies haben seine bisherigen Unterrichtungen im Umweltausschuss gezeigt.

(Beifall bei der FDP)

Für uns ist klar, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bei der Asse nicht gelten können und auch nicht gelten dürfen. Hier muss alles, und zwar wirklich alles, offen und transparent den Abgeordneten im Landtag, aber auch der Öffentlichkeit dargelegt werden. Wir erwarten, dass diese Informationen zeitnah und unverzüglich vorgelegt werden. Gerade hierfür möchten wir Staatssekretär Birkner für sein bisheriges Vorgehen den besonderen Dank aussprechen.

Es ist schon bemerkenswert, dass der Umweltausschuss des Niedersächsischen Landtages sofort nach Bekanntwerden der Vorkommnisse zu jeder Zeit eine aktuelle Unterrichtung mit Zwischenberichten erhalten hat, immer mit dem Hinweis, dass dies nur vorläufige Berichte über die dem Umweltministerium gerade zugegangenen Unterlagen sind, ohne eine abschließende Bewertung - und immer alles sofort. Eine zeitnahe Unterrichtung ist auch immer damit verbunden, dass man diese, wenn man etliche Jahre, ja, sogar Jahrzehnte aufarbeiten muss, die in der Vergangenheit lagen, in ein paar Tagen, die zur Verfügung stehen, nicht komplett und umfassend vornehmen kann. Deshalb war es selbstverständlich, dass immer dann, wenn es im Umweltministerium neue Informationen gegeben hat, ergänzende Berichte geliefert worden sind.

Deshalb finde ich das, was wir hier am Dienstag vom Vorsitzenden des Umweltausschusses Stefan Wenzel erlebt haben, einen ganz schlechten Stil. Er war einer der Ersten, der die sofortige Unterrichtung über die gerade aktuell vorliegenden Unterlagen gefordert hat und der genau dieses Verfahren mit den Risiken bewusst gewollt hat. Am Dienstag haben wir hier erlebt, dass er, nachdem uns sämtliche neue Unterlagen zeitnah nachgereicht worden sind, dies als Korrektur, als Einräumen von Fehlern, ja, sogar als Lüge des Umweltstaatssekretärs dargestellt hat. Dies ist ein schlechter politischer Stil!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: So ist es! - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Ganz genau!)

Dies wurde heute aber noch getoppt. Das, was wir heute von Ihnen erlebt haben, Herr Wenzel, war der absolute Tiefpunkt. Sie haben heute Justizminister Busemann eine strafbare Handlung vorgeworfen. Sie haben nämlich gesagt, dass er sich eingemischt und der Staatsanwaltschaft untersagt habe, strafbaren Tatbeständen in der Asse nach

zugehen. Sie haben dies getan ohne Beweise, ohne Belege und ohne irgendetwas vorzulegen. Herr Wenzel, ich rufe Sie dazu auf: Kommen Sie heute hier nach vorne an das Redepult! Legen Sie die Belege, die Sie haben, auf den Tisch, oder widerrufen Sie Ihre Aussage, und entschuldigen Sie sich bei Minister Busemann!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Sehr richtig!)

Ich habe nämlich den Eindruck, dass Sie dies nur getan haben, weil diese Unterstellungen für jeden normalen Menschen mit einer Strafanzeige geendet hätten, Sie aber Ihre Immunität als Abgeordneter bewusst missbraucht haben.

Herr Wenzel, Sie haben uns durch alle diese Vorgänge gezeigt, dass eine vertrauensvolle und gemeinsame Zusammenarbeit für die zukunftsgerichtete Sicherheit der Asse mit Ihnen nicht möglich ist. Ihnen geht es nicht um die Asse, es geht Ihnen um die politische Schlagzeile!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Philipp Rösler [FDP]: So ist es!)

Meine Damen und Herren, kommen wir zu der Frage, wie man mit dem Thema weiter umgehen soll. Zwei Fraktionen haben einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses eingebracht. Es ist Ihr gutes Recht, derartige Anträge einzubringen. Man muss aber schon die Frage aufwerfen, ob ein Untersuchungsausschuss das sinnvolle Instrument ist, um dem Thema Asse gerecht zu werden. Wir hatten bisher schon eine Reihe von Umweltausschusssitzungen. Wir werden im Umweltausschuss noch weitere Aufklärungsarbeit bekommen. Diese Arbeit ist noch nicht beendet, aber bisher schon sehr Erfolg versprechend gewesen.

Wir haben die Übersendung sämtlicher Akten erbeten. Herr Wenzel, ich bin erstaunt darüber, dass Sie der Erste waren, der Akteneinsicht gefordert hat. Nachdem Ihnen aber die Akten zugesichert worden sind - sie werden gerade kopiert und sind auf dem Weg -, sagen Sie: Aktenlesen hilft für die Sachaufklärung nicht. - Sie haben aber noch keine einzige Akte gelesen!

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das, was Sie erzählen, ist doch Quatsch! Was erzählen Sie da eigentlich?)

Herr Wenzel, das ist keine ergebnisorientierte Arbeit, sondern die Sucht nach politischer Schlagzeile!

Ich bin sehr erstaunt darüber, dass Sie zwar einen Aufklärungsbedarf gesehen haben, den wir alle durchaus haben, und sogar Fragen formuliert haben. Aber Ihre Fraktion hat es nicht einmal geschafft, gestern eine Dringliche Anfrage oder heute eine Mündliche Anfrage zu diesem Thema zu stellen. Herr Wenzel, wir sehen die fehlende Ernsthaftigkeit Ihrer Fraktion. Wie Sie mit dem Thema umgehen, ist nicht der Stil, den wir hier pflegen.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: So ist es!)

Sie sagen auch immer, die Instrumentarien reichten nicht aus, Sie bräuchten Vereidigungen und andere Instrumentarien. Herr Wenzel, bei den letzten Untersuchungsausschüssen ist durch die Vereidigung nicht eine andere Aussage zustande gekommen. Alle Aussagen, die im Wirtschaftsausschuss getroffen worden sind, sind bestätigt worden. Auch hat der Wirtschaftsausschuss beim Transrapid die Fahrwegsperre sozusagen gefunden, nicht der Untersuchungsausschuss.

Wenn wir objektiv betrachten, was ein Untersuchungsausschuss bringt und was er für die Asse im weiteren Verfahren bedeuten würde, kommen wir zu dem Ergebnis, dass ein Untersuchungsausschuss nur Vergangenheitsarbeit leisten und nicht zukunftsorientiert arbeiten kann. Vielmehr ist es so: Während der gesamten Arbeit des Untersuchungsausschusses würden alle Experten und alle beteiligten Institutionen alle Kraft in die Begleitung des Ausschusses stecken; denn auch nur der kleinste Fehler und die kleinste Abweichung bei ihren Aussagen würde für sie persönlich Konsequenzen zur Folge haben. Deshalb würden Arbeiten an einem Schließungskonzept und an Optionenvergleichen zurückgestellt oder deutlich verzögert werden. Ein Untersuchungsausschuss bedeutet für die Asse ein halbes Jahr Stillstand und Schlammschlacht über Aktenvermerke der letzten 30 Jahre. Das interessiert vor Ort wirklich niemanden mehr.

Herr Bode, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Flauger?

Nein, ich möchte im Zusammenhang vortragen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ha- be ich mir schon gedacht!)

Ein Untersuchungsausschuss wäre somit auch keine Glanzleistung des Parlamentes. Dieses Ergebnis würde vor Ort nicht interessieren.

Gegenseitige Schuldzuweisungen - der Kollege Oesterhelweg hat es gesagt - und gegenseitiges Misstrauen helfen uns nicht weiter. Auch die Unterstellungen, die wir hier immer wieder hören, führen zu keinem Fortschritt beim Optionenvergleich oder bei den Schließungskonzepten. Sie führen zu keiner Feststellung der Ursachen der Laugenkontamination und bedeuten keinerlei Transparenz für die Menschen vor Ort.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Es ist Unsinn, was Sie da erzählen!)

Deshalb haben wir Ihnen heute mit unserem Entschließungsantrag vorgelegt, was wir an weiteren Konzeptionen erwarten: den Sachstandsbericht, die Offenlegung der Ereignisse, ein Informationsbüro mit den Experten, damit man sich auch vor Ort auf dem Gelände informieren kann, ein elektronisches Informationsportal, das alles zusammenfasst, Messstellen in der Asse und in der Umgebung der Asse, damit man tagesaktuell sehen kann, was dort passiert, externe Prüfer, die das Verfahren künftig begleiten, externe Experten, die die Ursachen der Laugenkontamination feststellen und ein optimiertes Schließungskonzept.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Noch mehr bunte Broschüren!)

Wir wollen, dass alle Optionen geprüft werden. Es steht auch fest: Wenn alle Optionen auf dem Tisch liegen, werden wir dem Bund nicht erlauben, eine wirtschaftliche Abwägung dieser unterschiedlichen Konzepte vorzunehmen. Auch wenn es bei einem Konzept nur ein kleines Mehr an Sicherheit gibt, erwarten wir, dass finanzielle Argumente kein Grund sein dürfen, darauf zu verzichten.

(Beifall bei der FDP - Ralf Briese [GRÜNE]: Das ist aber FDP-unty- pisch!)

Herr Jüttner, Sie haben sich in Ihren Einlassungen immer dahin gehend geäußert, dass Sie komplette Aufklärung wollen. Das wollen auch wir. Wir mauern nicht. Die Landesregierung wird nicht mauern. Wir werden Klarheit und Transparenz schaffen. Dann braucht man auch keinen Untersuchungsausschuss, sondern vielmehr die gemeinsame Arbeit an einer Lösung mit maximaler Sicherheit für Mensch und Umwelt an der Asse. Wir sind hierzu bereit.

Wir zollen Ihnen auch Respekt dafür, Herr Jüttner, dass Sie der Versuchung widerstanden haben, zugunsten einer schnellen politischen Schlagzeile die Lösungen für die Menschen an der Asse zu verzögern. Deshalb bieten wir Ihnen gerne an, dass Sie sich mit Ihren eigenen Vorstellungen, Ideen und Forderungen an unserem Entschließungsantrag beteiligen können.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Richtig!)

Wir sind hierüber in den Ausschussberatungen gesprächsbereit; denn wir wollen ein parteiübergreifendes Signal für die Menschen vor Ort.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Zu dem Redebeitrag von Herrn Bode liegen drei Kurzinterventionen vor: zuerst Herr Herzog von der Fraktion DIE LINKE, dann Herr Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und danach Herr Meyer von der SPD-Fraktion. Herr Herzog, ich erteile Ihnen das Wort. Sie haben anderthalb Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bode, Sie waren in den beiden Ausschusssitzungen vor zwei Wochen nicht anwesend.

(Jörg Bode [FDP]: Das ist nicht kor- rekt!)

- Gut, das ist noch besser.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Aufpas- sen! Augen auf! - Karl-Heinrich Lang- specht [CDU]: So fängt das an! - Christian Dürr [FDP]: Genauso sind Sie! - Weitere Zurufe von der CDU und der FDP)

- Herr Dürr, Herr Försterling, Herr Bode, warten Sie meine anderthalb Minuten doch erst einmal ab.

Bitte Ruhe! Herr Herzog möchte fortfahren. Herr Herzog, Sie haben jetzt noch eine Minute. Bitte schön!

Herr Bode, es freut mich, dass Sie da waren. Umso mehr hätten Sie mitbekommen müssen, dass das, was sich dort abspielte, so unerträglich war, dass der Kollege Oesterhelweg zu Recht und sehr

verärgert den Geschäftsführer des HelmholtzZentrums, der arrogant, uninformiert und unvorbereitet dort saß, darauf hinwies, dass er vor den Mitgliedern des Niedersächsischen Landtags redet.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Das ha- ben meine Kollegen auch so gese- hen!)

Das war ihm offensichtlich nicht klar, weil er nichts beitrug.