Protokoll der Sitzung vom 21.03.2012

(Stefan Schostok [SPD]: Das ist eine Überinterpretation!)

- Nein, Sie haben geschrieben, dass Sie Schulden machen dürfen, wenn ein Bundesgesetz Ausgaben vorschreibt. Dieses ist immerhin mit Zustimmung des Bundesrates, also mit der Mehrheit der Länderstimmen, zustande gekommen. In dem Fall, sagen Sie, können Kredite aufgenommen werden.

Zu Deutsch heißt das: Sie haben den Katastrophenfall mit einem Bundesgesetz gleichgesetzt. Das kann ja wohl nicht richtig sein. Deshalb müssen wir zum Sinkflug kommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie kritisieren unsere Finanzplanung. Die Mittelfristige Planung wird zurzeit neu aufgesetzt. Der entsprechende Erlass wurde herausgegeben. Diese wird im Juli beschlossen.

Außerdem sagen Sie, die Einnahmen würden falsch angesetzt. Was sollen wir denn machen? - Wir haben die Einnahmen genau nach den offiziellen Steuerschätzungen des Arbeitskreises Steuerschätzung gebucht.

(Christian Grascha [FDP]: Sogar we- niger!)

Bei uns wird eine Zunahme der Steuereinnahmen um 24 % ausgewiesen, in Hessen um 23,9 %, im Saarland um 26,2 %, in Schleswig-Holstein um 27,1 % und in Rheinland-Pfalz um 25 % bzw. 25,5 %. Wir haben also ganz normale Zahlen genommen, die auch die anderen Bundesländer haben. Wir sind allerdings bei den Ausgaben seriös vorgegangen. Ich gebe zu: Gehaltssteigerungen von 2 % sind sehr ambitioniert. Rheinland-Pfalz z. B. hat aber nur 1 % berücksichtigt. Da weiß man doch von vornherein, dass das nicht funktionieren kann. So viel Personal kann man gar nicht abbauen. Unsere Zahlen sind solide.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb fordere ich Sie auf, mit uns gemeinsam ein Verschuldungsverbot in die Verfassung aufzunehmen. Dann wissen zukünftige Regierungen, in welchem Maße sie sich verschulden dürfen. Dann wird nicht bis 2019 wie bisher weitergemacht, und danach - - -

(Johanne Modder [SPD]: Das will kei- ner! - Reinhold Hilbers [CDU]: Im Himmel ist Jahrmarkt!)

- Doch, das wollen Sie so; denn Sie weigern sich, ein Verschuldungsverbot in die Verfassung aufzunehmen. Wer sich dem verweigert, der will nichts anderes als Schulden machen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Grascha das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schostok, was Sie hier heute präsentiert haben, aber auch das, was Sie in der letzten Woche präsentiert haben, kann man im Prinzip mit nur einem Wort beschreiben: enttäuschend.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das ist enttäuschend in zweierlei Hinsicht. In den Gesprächen, die wir seit mittlerweile längerer Zeit fraktionsübergreifend führen, haben Sie uns immer vorgegaukelt, dass Sie ein ernsthaftes Interesse daran haben, die Schuldenbremse in die Verfassung zu schreiben.

(Johanne Modder [SPD]: Es bleibt dabei!)

Jetzt legen Sie einen Vorschlag vor, der im Prinzip den Weg in den Kompromiss nicht offenhält. Sie sind keinen einzigen Millimeter auf uns zugegangen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das ist enttäuschend für uns, die Kollegen von CDU und FDP. Aber für diese Enttäuschung werden wir zumindest bezahlt.

Aber die Menschen in Niedersachsen, meine Damen und Herren, erwarten doch von der Landespolitik, dass sie endlich die Lehren aus der Schuldenkrise in Europa zieht. Was Sie machen, ist aber das Gegenteil, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Neben diesen politischen Dingen ist der Finanzminister eben auch auf die rechtlichen Dinge eingegangen. Ich bezweifle, dass es rechtlich möglich ist, was Sie vorschlagen. Sie schlagen vor: Wenn es zu steuerlichen Gesetzesänderungen auf der Bundesebene kommt, dann soll das Land die Möglichkeit haben, neue Schulden aufzunehmen. Ich glaube, das ist mit dem Gedanken des Grundgesetzes überhaupt nicht vereinbar. Sie werden wie bei vielen anderen Fragen auch hiermit vor dem Verfassungsgericht scheitern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es ist nicht nur enttäuschend, sondern es ist vor allem auch abenteuerlich, was Sie dem Land hiermit zumuten. Mit der Haushaltspolitik - das macht dieser Vorschlag ganz klar deutlich - steht die SPD in diesem Land auf Kriegsfuß.

(Stefan Schostok [SPD]: Reden Sie einmal über die letzten zehn Jahre!)

Wer sich in dieser Frage auf die SPD verlässt, der ist verlassen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Haushalt und SPD - das passt einfach nicht zusammen. Das ist wie Feuer und Wasser, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie haben uns vor ein paar Monaten noch nicht einmal Änderungsvorschläge für den Landeshaushalt präsentiert. Sie reden hier davon, dass die Regierungskoalition von CDU und FDP bzw. die Landesregierung Finanzplanungsvorschläge vorstellen soll, aber an den Haushaltsberatungen hier im Landtag haben Sie sich 0,0 beteiligt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Stefan Schostok [SPD]: Das stimmt doch gar nicht!)

Sie schlagen nun eine Verfassungsänderung vor, die überhaupt nicht in die Geschichte und in das Grundgesetz passt. Ausgerechnet Sie haben bei einer Wahlkreisversammlung in meiner Heimat, in Northeim/Einbeck, davon gesprochen, wir bräuchten nun eine seriöse Finanz- und Haushaltspolitik.

(Zustimmung bei der SPD)

Da frage ich Sie, Herr Schostok, was Sie den Delegierten in dem Wahlkreis geraten haben. Sollen sie die CDU und die FDP wählen?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Bei allem Respekt, lieber Herr Schostok! Wer so mit dem Geld der Steuerzahler umgeht, der kann für sich Seriosität nicht in Anspruch nehmen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Johanne Modder [SPD]: Nennen Sie doch einmal Zahlen!)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Bund der Steuerzahler hat die Vorschläge der SPD in der Luft zerrissen. Ich zitiere aus einer Pressemitteilung vom vergangenen Montag:

„Der Bund der Steuerzahler hält den letzte Woche von der SPD-Landtagsfraktion vorgelegten Entwurf für eine neue Schuldenregelung in der Landesverfassung nicht für geeignet, die

für das Land bedrohliche Schuldenspirale zum Stillstand zu bringen.

(Stefan Schostok [SPD]: Immerhin werden Sie als bedrohlich gekenn- zeichnet!)

Weiter heißt es darin:

„Die SPD-Vorstellungen enthielten zu viele Schlupflöcher, um das Schuldenverbot zu unterlaufen.“

Ich stimme dem Bund der Steuerzahler aber ausdrücklich auch in einem anderen Punkt zu: Ein Schuldenverbot in der Landeshaushaltsordnung sei besser als ein schlechter Kompromiss in der Landesverfassung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn es mit Ihnen nicht geht, meine Damen und Herren, dann machen wir es ohne Sie. Sie sind in das Verlieren verliebt, wir sind ins Gelingen verliebt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Ha, ha! - Stefan Schostok [SPD]: Das steht doch schon in Ihrer Pressemitteilung! Welche Überraschung! - Weitere Zu- rufe von Stefan Wenzel [GRÜNE] und von Miriam Staudte [GRÜNE] - Glo- cke des Präsidenten)

Herr Kollege Wenzel, Sie sind noch auf der Liste. Sie können Ihre Argumente gleich von hier vorn einbringen. - Bitte, Herr Kollege!