Protokoll der Sitzung vom 21.03.2012

Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Geuter, ich werde Ihnen nicht mit einem Bibelzitat antworten, weil ich sonst wieder das sagen müsste, was ich im Haushaltsausschuss gesagt habe, und Sie mir dann antworten würden: Zu viel Weihrauch schwärzt die Heiligen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Verehrte Damen und Herren, die Schuldenentwicklung in Deutschland, in den Ländern, in den Kommunen, insgesamt, muss uns Anlass zur Sorge geben und damit Anlass zum Handeln sein.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Dafür haben Sie doch zehn Jahre Zeit ge- habt!)

Daher hat die Große Koalition die Schuldenbremse in das Grundgesetz aufgenommen. Seit der Ausgestaltung dieser Regelung diskutieren wir über die Frage, wie wir das hier in Niedersachsen bewerkstelligen. Durch die Vorlage Ihres Gesetzentwurfs, den die Grünen unterstützen, ist, glaube ich, klar geworden, dass auf dieser Seite diejenigen stehen, die solide Haushaltspolitik wollen, die keine neuen Schulden wollen, die Schulden begrenzen wollen und die eine strikte Schuldenbremse wollen, und auf dieser Seite sind diejenigen - - -

(Johanne Modder [SPD]: 20 Milliarden Euro, mein Lieber!)

- Darüber gibt es doch gar keinen Streit. Ihr Gesetzentwurf ermöglicht Ihnen 4 Milliarden Euro. Mit

dem Investitionsbegriff nach Artikel 71 sind nach oben keine Grenzen gesetzt, weiterhin neue Schulden zu machen.

(Stefan Schostok [SPD]: Da haben Sie auf einmal Zahlen, aber für das andere haben Sie keine Zahlen! - Le- gen Sie einmal Ihre Zahlen auf den Tisch!)

Hier sitzen diejenigen, die 4 Milliarden Euro mehr Schulden machen wollen, und dort sitzen die, die das begrenzen wollen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir wollen eine strikte Schuldenbremse für 2017. Das ist ein ehrgeiziges Ziel. Über den Zeitpunkt hätten wir immer diskutieren können. Den haben Sie nicht angemeldet.

(Johanne Modder [SPD]: Anschei- nend nicht! Ihr wollt es nicht! Sagt es doch!)

Sie diskutieren über diese Frage aber doch nicht mit uns.

(Stefan Schostok [SPD]: Sie wollen doch nur die Verfassung brechen!)

- Herr Schostok! - Schulden-Schostok.

(Stefan Schostok [SPD]: Das ist nicht zulässig! Ich habe Herrn Möllring auch nicht namentlich benannt!)

Herr Kollege, ich würde verbal doch ein wenig abrüsten. Das gilt aber für alle. Ich sage das jetzt ausdrücklich in diesem speziellen Fall. Ich meine, so etwas muss nicht sein. Insofern bitte ich, bei den Beiträgen darauf zu achten. - Bitte!

(Johanne Modder [SPD]: Das wäre ein Anlass, sich zu entschuldigen!)

Ich werde das jetzt ausführen. - Herr Schostok, Sie haben angeprangert, wir hätten in der Zeit Schulden gemacht, und gesagt, Sie hätten Überlegungen zur Eingrenzung der Schulden vermisst. Sie haben hier den Schuldenstand des Landes Niedersachsen darauf zurückgeführt, was wir in den letzten Jahren gemacht haben.

Ich will Ihnen sagen: Von 1990 bis 2003, also in der Zeit, in der Sie regiert haben,

(Johanne Modder [SPD]: Das war ei- ne Ausnahmesituation!)

haben Sie über 20 Milliarden Euro neue Schulden gemacht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Bleiben Sie doch einmal bei der Wahrheit!)

Wir haben 14 Milliarden Euro neue Schulden gemacht und hatten eine Weltwirtschaftskrise zu wuppen. Wir hatten schwierigste - - -

(Johanne Modder [SPD]: Bleiben Sie doch bei der Wahrheit! - Gegenruf von Jens Nacke [CDU]: Das ist die Wahr- heit! - Weitere Zurufe - Unruhe)

Jetzt unterbrechen wir einmal ganz kurz, weil es interne Fraktionsdiskussionen gibt, die nicht von hier vorne geführt werden.

(Heinz Rolfes [CDU]: Wieso kann Modder behaupten, was die Wahrheit ist? - Gegenrufe von der SPD: Frau Modder! - Weitere Zurufe - Unruhe)

- Herr Kollege, ich glaube, eine Botschaft ist gestern nicht angekommen. Ich verkünde sie hier noch einmal ausdrücklich: Wenn Zwischenrufe nicht wegen des eigentlichen Inhalts in den Raum geworfen werden, sondern als politische Störmanöver einzustufen sind, dann gibt es einen Ordnungsruf. Das will ich hier so deutlich sagen. Das gilt aber für alle.

Bitte, Herr Kollege!

Danke, Herr Präsident. - Wir haben in dieser Zeit 14 Milliarden Euro neue Schulden gemacht - Tendenz: sinkend - und hatten eine Weltwirtschaftskrise zu bewältigen. Hätten wir die Finanz- und Kapitalmarktkrise nicht gehabt, hätten wir 2011 einen Haushalt ohne neue Kredite gehabt

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das glau- ben Sie doch selber nicht!)

und hätten unser Ziel bereits zu jenem Zeitpunkt erreicht.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben gegen Ihren erbitterten Widerstand an jeder Einzelposition 1,8 Milliarden Euro dauerhafte Einsparungen im Haushalt etabliert, die sich jedes Jahr positiv auf die Konsolidierung auswirken. Die haben Sie alle bekämpft. Die haben wir alle mit unserer Mehrheit durchsetzen müssen. Wir haben gegen Ihren Widerstand eine Verwaltungsmodernisierung beschlossen, die über 6 700 Stellen eingespart hat.

(Johanne Modder [SPD]: Stimmt nicht! - Gegenruf von Heinz Rolfes [CDU]: Wohl!)

All das haben wir gemacht, um den Haushalt zu konsolidieren.

Bei Ihnen war Fehlanzeige. Sie haben nicht einmal einen Antrag zum Haushalt eingebracht, der Ihre Ideen deutlich macht. Absolute Fehlanzeige!

(Heinz Rolfes [CDU]: Weil Sie es nicht können!)

Ihr Gesetzentwurf ist ein Einfallstor für neue Schulden. Das ist keine Schuldenbremse. Das ist nicht einmal eine angezogene Handbremse. Das ist in der Tat ein Schuldenbeschleunigungsgesetz. Ich sage Ihnen auch, weshalb: weil Sie alle Türchen, die Sie finden, kreativ ausnutzen wollen, um wieder neue Schulden machen zu können.

Die rechte Seite des Hauses will eine strikte Schuldenbremse, die uns selbst die Leitplanke setzt, keine neuen Kredite aufnehmen zu dürfen.

(Stefan Schostok [SPD]: Das ist bei Ihnen auch nötig!)

Sie kommen, wenn Sie im Bundesrat überstimmt werden, was ein völlig demokratischer Vorgang ist - alle anderen Länder müssen damit zurechtkommen -, auf die aberwitzige Idee, das zur Naturkatastrophe zu erklären und dafür vier Jahre lang Kredite machen zu können, und das auch noch, anders als bei Naturkatastrophen, ohne einen Tilgungsplan. Das setzt all dem, was Sie an dieser Stelle machen, doch die Krone auf.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie führen an, wir wüssten nicht, wo wir das Geld einsparen sollten. Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Die Handlungsbedarfe, die in der Mipla ausgewiesen sind - - -

Im Übrigen haben Sie das strukturelle Defizit gar nicht richtig berechnet, weil Sie von alten Verschuldungszahlen ausgegangen sind.

(Stefan Schostok [SPD]: Das war ja nur der Landesrechnungshof!)

Sie haben nicht erkannt, dass wir jedes Jahr das strukturelle Defizit und auch den Handlungsbedarf in unseren Haushaltsberatungen gedeckt haben. Das ist Haushaltspolitik: sich nach den Einnahmen zu strecken. Der Staat muss mit dem auskommen, was er hat. Er kann es nicht anders machen.

(Stefan Schostok [SPD]: Machen Sie den Leuten nichts vor!)

Ich will noch einen Punkt anführen: Sie wollen den Sinkflug aussetzen. Artikel 143 d des Grundgesetzes besagt eindeutig, dass die Haushalte so aufzustellen sind, dass sie 2020 ohne Kredite auskommen.

(Stefan Schostok [SPD]: Richtig! Das gilt schon jetzt!)