Protokoll der Sitzung vom 21.03.2012

(Christian Dürr [FDP]: Das ist nicht der Unterschied!)

Deshalb hat Möllring an dem Punkt recht, und Herr Nacke hat völlig unrecht.

Wir haben hier jetzt viele Bibelzitate gehört: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen! - Man muss die Frage zu Ende denken: Was passiert denn bei der Kombination,

(Zuruf von Jens Nacke [CDU])

die Herr Nacke - jetzt wieder ein bisschen lautstark - will, nämlich Kreditverbot auf der einen Seite und keinerlei Steuermehrbelastung für die Reichen und die Unternehmer auf der anderen Seite?

Was ist denn das Ergebnis? - Um diese Frage mogeln Sie sich herum. Das Ergebnis kann nur ein sozialer Kahlschlag sein. Das Ergebnis kann nur eine Reduzierung der Bildungsgerechtigkeit in Niedersachsen sein. Das Ergebnis kann nur ein Aushungern der Kommunen sein. Das ist das, was Sie wollen. Das wird das Ergebnis dieser Kombination sein.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Das ist die mangelnde Flexibilität!)

Weil es eben, wie vorhin gesagt, eine Verteilungskrise gibt, brauchen wir tatsächlich eine Umkehr.

Um noch einmal die Bibel zu betonen: Ich glaube, im Matthäus-Evangelium steht auch - das ist ihr Prinzip -: Wer hat, dem wird gegeben. - Das werden wir ändern. Wir werden diese Tendenz zur Anhäufung des Reichtums auf der einen Seite und zur Anhäufung der Armut auf der anderen Seite brechen, weil sie gebrochen werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn es steht übrigens auch im unantastbaren Bereich des Grundgesetzes, dass dies ein sozialer Bundesstaat ist. Die Linke wird diesen Wesensbestandteil des Sozialen mit Händen und Füßen, mit

Zähnen und Klauen verteidigen. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb müssen wir umsteuern. Bei Herrn Klein und bei Herrn Wenzel vorhin war das ein bisschen schwammig.

In fünf Bereichen wollen wir umsteuern. Das sind die Erhöhung bzw. Wiederinkraftsetzung der Vermögensteuer, die Großerbensteuer und - Herr Möllring, da haben Sie sich in den letzten neun Jahren als Kahlschläger betätigt - der Wiederaufbau eines ordentlichen Steuervollzugs in Niedersachsen. Die Frage der Steuergerechtigkeit ist eine Frage der personellen Ausstattung des Steuervollzugs. Wenn Sie in Ihre Haushaltspläne sehen, werden Sie feststellen, dass darin vor allem die Differenz zwischen der notwendigen personellen Ausstattung und dem, was Sie gemacht haben, am meisten gewachsen ist. Sie haben die Steuergerechtigkeit in Niedersachsen bewusst auf den Hund gefahren. Das muss geändert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Des Weiteren sind es die Einführung von ordentlichen Gewinnsteuern und ein ordentlicher Einkommensspitzensteuersatz wenigstens in der Höhe, wie ihn Ludwig Erhard einmal eingeführt hat, nämlich 63 %.

Insofern kann man sagen: Unsere Schuldenbremse ist die Reichensteuer. Das muss der Kern einer sozial vernünftigen Politik sein.

(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von Reinhold Hilbers [CDU])

- Die Logik wird sich Ihnen, Herr Hilbers, wahrscheinlich nie erschließen, weil Sie den Grundfakt einfach verweigern. Der Grundfakt besteht darin, dass sich in diesem Lande durch Ihre Politik immer mehr Reichtum auf der einen Seite anhäuft. Ich hatte es schon gesagt, ich kann es für Sie wiederholen: Inzwischen besitzen 10 % der Bevölkerung fast zwei Drittel allen Vermögens, und die unteren 10 % besitzen überhaupt nichts. Das ist Ihre scheinbar christliche Politik. Wenn Sie das nicht ändern, dann werden Sie die Wirtschaft und den Staatshaushalt nicht in Ordnung bringen. An dieser Stelle muss man ansetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Übrigen kann ich auf einige Argumente verzichten - damit komme ich auf Ihre Lektüreempfehlung, Herr Nacke, zurück -, weil man das Rad nicht neu

erfinden muss. Denn der DGB in Niedersachsen hat eine vorzüglich Broschüre gemacht, die ich allen ans Herz lege, nämlich zum Thema: Zehn falsche Argumente für eine Schuldenbremse in Niedersachsen. Ich habe mir eben den Spaß gemacht - ich kann das jetzt leider nicht mehr ausführen -, Striche bei eben diesen Argumenten zu machen: Staatsausgaben, wir haben über die Verhältnisse gelebt, damit muss jetzt Schluss sein.

Ich zeige Ihnen einmal die Zahlen, die der DGB zusammengetragen hat: Wachstum der Staatsausgaben 1998 bis 2008 in Prozent pro Jahr. Deutschland real minus 0,2 %. - Da ist nichts von „ständig wuchernden Ausgaben“, „über die Verhältnisse gelebt“. Die realen Staatsausgaben sind in den letzten zehn Jahren gesunken - nicht gestiegen. Sie haben den Staat ausgehungert. Das ist das Ziel Ihrer Politik gewesen. Wir werden Sie daran hindern, das weiterhin zu machen.

Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, für mich erkennbar ist im Moment die letzte Wortmeldung zu den beiden ersten Tagesordnungspunkten der Aktuellen Stunde von Herrn Minister Bode. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Wenzel, ich mache mir jetzt schon ein wenig Sorgen um Sie persönlich.

(Zuruf von den GRÜNEN)

- Doch, wirklich. Das ist ernst gemeint.

Sie haben hier gerade vom Rednerpult aus zu dem Kollegen Grascha gesagt, er habe falsch gelegen und man dürfe seinen Dispositionskredit für eine Urlaubsreise überziehen. Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen: Gehen Sie lieber noch einmal zu dem Berater Ihrer Bank, Sparkasse oder Volksbank und fragen ihn noch einmal wirklich.

(Zuruf von der LINKEN: Vielleicht sind Sie das, Herr Wenzel!)

Wenn Sie einen Dispositionskredit haben, haben Sie einen Kreditvertrag. Wenn Sie diesen Kredit überziehen, haben Sie den Kreditvertrag gebrochen. Ich warne Sie nur: Falls Sie dann eine Rückfahrkarte aus dem Urlaub zurück buchen wollen,

könnte Ihre Karte gesperrt sein und müssten Sie dableiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man so wenig Verständnis davon hat, was ein Kredit ist und welche Verpflichtungen man eingeht, dann sollte man sich bei der Frage Schuldenbremse vielleicht doch ein wenig zurückhalten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ging in den letzten Redebeiträgen auch sehr intensiv um die Frage: Wie wollen wir es eigentlich schaffen, auch bei den Zahlen der mittelfristigen Finanzplanung Einnahmen und Ausgaben mit den wirklich ambitionierten Zeitvorgaben von CDU und FDP tatsächlich in Einklang zu bringen?

Liebe Frau Geuter, lieber Herr Schostok, ich finde es ja gut, dass Sie immer versuchen, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Aber Sie haben mit Herrn Weil jemanden, der Spitzenkandidat ist und bei der Landtagswahl antreten will. Ich finde es ganz interessant, welche Lösung er hat. Ich habe die Interviews in der Hannoverschen Allgemeinen und in der Nordwest-Zeitung sehr intensiv gelesen. Herr Weil sagt auch: Es ist ein Problem, wir müssen Personal im Land Niedersachsen abbauen.

(Zuruf von der SPD: Das hat er nicht gesagt!)

Das finde ich faszinierend. Er sagt auf der einen Seite, eine Möglichkeit wäre es, Aufgaben auf die Kommunen zu verlagern.

Dazu sage ich Ihnen: Das ist eine Milchmädchenrechnung. Wenn Sie eine Aufgabe auf die Kommune verlagern und die Aufgabe bezahlen, dann ist es völlig egal, ob Sie auf der einen Seite Personal oder auf der anderen Seite die Kommune bezahlen. Alle Arbeitsgruppen mit den Kommunen, die die Aufgaben geprüft haben, haben gezeigt, dass die Aufgabenwahrnehmung auf der Landesebene kostengünstiger ist als auf der kommunalen Ebene.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn sich Herr Weil einmal mit der Landespolitik der letzten Jahre auseinandergesetzt hätte, dann hätte er gemerkt, dass diese Landesregierung in der allgemeinen Verwaltung die Vorgaben des Landesrechnungshofes in der mittelfristigen Finanzplanung zum Personalabbau nicht nur erfüllt, sondern sogar übererfüllt hat. Es ist kein Personal mehr in der allgemeinen Verwaltung vorhanden, das wir reduzieren können, wenn wir die Verwal

tung handlungsfähig lassen wollen. Den einzigen Bereich, in dem es noch Möglichkeiten gibt - auch vom Landesrechnungshof ausgewiesen -, umschreibt man mit der demografischen Dividende. Das sind Lehrerinnen und Lehrer. Das ist der einzige Bereich, in dem Sie abbauen können.

Jetzt muss Herr Weil sagen: Will er die Verwaltung handlungsunfähig machen, oder will er Lehrerstellen abbauen? - Wir wollen das nicht. Bildung ist zu wichtig, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP

Nun zu der anderen Frage, weil auch von interessierten Journalisten immer wieder gefragt wird - - -

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich möchte jetzt am Stück vortragen.

Es wird auch von interessierten Journalisten immer wieder gefragt: Warum kürzen Sie nicht einfach ein? Warum streichen Sie nicht hart zusammen? Gibt es da nicht noch mehr? - Ich sage Ihnen ganz offen und ehrlich: CDU und FDP, diese Landesregierung, sind der sozialen Marktwirtschaft im Sinne von Erhard verpflichtet. Manchmal ist es ganz gut, nachzulesen, welche Empfehlung Erhard schon damals als wirklich erfolgreicher Politiker in Deutschland, der Wohlstand geschaffen hat, gegeben hat. Ich zitiere:

„[Es ist] ungleich sinnvoller …, alle einer Volkswirtschaft zur Verfügung stehenden Energien auf die Mehrung des Ertrages der Volkswirtschaft zu richten, als sich in Kämpfen um die Distribution des Ertrages zu zermürben und sich dadurch von dem allein fruchtbaren Weg der Steigerung des Sozialproduktes abdrängen zu lassen. Es ist sehr viel leichter, jedem einzelnen aus einem immer größer werdenden Kuchen ein größeres Stück zu gewähren, als einen Gewinn aus einer Auseinandersetzung um die Verteilung eines kleinen Kuchens ziehen zu wollen, weil auf solche Weise jeder Vorteil mit einem Nachteil bezahlt werden muss.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ja, genau so ist es. Wir wollen Wachstum, damit wir die Mipla