Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

Das ist auch keine Kleinigkeit, ein Minus von 6,6 %. Auch wenn es im letzten Jahr vermeintlich weniger geworden ist, gibt es doch keine Gewähr dafür, dass es so bleibt.

Ich fand es sehr gut, dass die Landesregierung in ihrer Antwort darauf hingewiesen hat - Christian

Meyer hat es in seinem Beitrag zitiert; ich will das gar nicht wiederholen -, dass bei vielen Vogelarten ein massiver Rückgang der Zahl der Brutpaare zu verzeichnen ist. Wenn man einen Allerweltsvogel wie den Kiebitz nimmt und feststellt,

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Das ist kein Allerweltsvogel! Das ist ein schöner Vogel!)

dass es bei diesem Vogel nur noch 25 000 Brutpaare gibt, dann weiß man doch, dass die Sache brennt und dass es allerhöchste Zeit ist, etwas energischer gegen den Lebensraumverlust und gegen die Nutzungsintensivierung in diesen Bereichen vorzugehen. Im Übrigen ist auch deutlich gesagt worden, woran es liegt.

(Björn Thümler [CDU]: Was will der Kiebitz denn?)

- Das ist die Antwort des Ministeriums.

Die Nutzungsintensivierung und die Entwässerungsmaßnahmen sind zwei der maßgeblichen Ursachen für den landesweiten Bestandsrückgang bei Wiesenvögeln.

Ich habe eingangs schon die Landwirte angesprochen, die berechtigterweise zunächst auf ihre betrieblichen Interessen schauen. Es ist doch klar, dass die Landwirte überlegen - Herr Minister Lindemann hat es ja auch gesagt -, Grünland umzubrechen und Mais für Biogasanlagen anzubauen. Der damit zu erzielende Gewinn ist einfach höher und deshalb gewissermaßen garantiert. Also muss es doch die Aufgabe der Politik sein, diesen Landwirten eine Alternative anzubieten, die es ihnen auch betriebswirtschaftlich ermöglicht, auf den Grünlandumbruch zu verzichten.

(Zuruf von Clemens Große Macke [CDU])

- In der Antwort ist ja deutlich geworden, dass das von der Rentabilität her nicht so unbedingt der Bringer ist.

(Clemens Große Macke [CDU]: Da stimmen wir überein!)

- Ich muss ja nicht Christian Meyer das Wort reden, sondern es geht ganz einfach darum, dass man das ökonomisch rechnet. Das hat dann in der Konsequenz zur Folge, dass die Landesregierung ein bisschen mehr in die Hand nehmen muss und nicht nur fromme Worte sprechen darf.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde, wir sollten nicht darauf warten, bis die EU mit dem Stichwort „Greening“ den Erhalt von Dauergrünland als besondere ökologische Voraussetzung vorschreibt. Niedersachsen als Agrarland Nummer eins muss doch aktiv vorangehen! „Augen zu und Grünland weg“ kann nicht der richtige Ansatz sein!

(Beifall bei der SPD - Ingrid Klopp [CDU]: Das ist doch Quatsch!)

Abschließend will ich den vielleicht nicht allen präsenten Artikel 20 a des Grundgesetzes zitieren:

“Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“

(Ingrid Klopp [CDU]: Aber auch die Grundeigentümer! - Lachen bei der SPD)

- Genau, Ingrid, das zeigt, dass du es nicht verstanden hast. Das ist nämlich Artikel 14. Es ist immer wieder schön.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Jetzt ist er fassungslos!)

Nur, damit ist Artikel 20 a des Grundgesetzes leider nicht ausgehebelt, Ingrid Klopp, und deshalb musst du ihn auch ernst nehmen und berücksichtigen.

Weil das so ist - das kann man dem Artikel wörtlich entnehmen, weil der Staat genannt ist -, ist das ein klarer Auftrag an die Exekutive, d. h. an die Landesregierung. Deshalb fordere ich Sie auf: Hören Sie endlich auf, nur Klientelpolitik zu betreiben! Hören Sie auf, Naturschutzbehörden überflüssig zu machen! Hören Sie auf, Klimaschutz und Biodiversität nur als Feigenblatt in Sonntagsreden anzusprechen! Und hören Sie auf, den Gegensatz zwischen Ökologie und Ökonomie zu konstruieren, der in Wirklichkeit doch gar nicht besteht! Und hören Sie auf, auch an dieser Stelle Landwirtschaft und Umweltschutz gegeneinander zu stellen!

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Das macht ihr doch immer!)

Sie werden die Konflikte nur überwinden, wenn Sie Lösungen organisieren, die nicht dazu führen,

dass wichtige Interessen unter die Räder kommen oder diskriminiert werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Da sind wir doch schon viel weiter!)

Danke schön, Herr Meyer. - Nun hat das Wort für die CDU-Fraktion Herr Kollege Große Macke. Bitte!

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Sicherheit für alle Kiebitze!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sehr dankbar für diese Große Anfrage - zum einen, weil mir dadurch die Möglichkeit gegeben wird, die besondere Bedeutung des Grünlandes für den Naturschutz, für Artenvielfalt, aber auch für die Wertschöpfung im ländlichen Raum herauszustellen, und zum anderen, weil mit der Beantwortung dieser Großen Anfrage die hervorragende Arbeit des Ministeriums auch im Bereich Grünland noch einmal deutlich gemacht werden kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die EU schützt das Grünland. Die EU hat verfügt, dass ein Grünlandumbruchverbot - anders, als die Opposition hier Glauben machen will - verhängt wird, wenn der Rückgang des Dauergrünlandes gegenüber dem Referenzjahr 2003 mehr als 10 % beträgt. Dort sind wir auch im Jahre 2011 bei Weitem nicht angelangt. Kollege Meyer hat die Zahl - ich glaube, 6,31 % - genannt.

(Andrea Schröder-Ehlers [SPD]: Im- merhin 53 000 ha!)

Deshalb gibt es ja auch kein Anlastungsverfahren der EU gegen das Land Niedersachsen. Das liegt aber auch daran, dass Niedersachsen eine zusätzliche Sicherheit eingebaut hat. Der damalige Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen hat bereits im Oktober 2009 eine Verordnung zur Erhaltung von Dauergrünland erlassen, wenn schon die Hälfte dieses Wertes, also 5 %, erreicht ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Stephan Siemer [CDU]: Sehr weit- sichtig!)

Dies war weitsichtig. Nach dieser Verordnung ist es verboten, Grünland umzubrechen. Es gibt natürlich Ausnahmegenehmigungen. Die muss es auch geben, wenn ein Landwirt sein Grünland neu ansäen möchte. Nur so können die Ertragskraft gesteigert und die Qualität des Futters verbessert werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ein wenig Nachhilfeunterricht für die Opposition, die ja keinen Landwirt mehr in ihren Reihen hat: Ein Landwirt muss vom Grünland auch leben können und sein Einkommen erwirtschaften können. Verstöße werden natürlich sanktioniert; das ist deutlich gemacht worden. Üblicherweise sind hier auch Vorschriften über Cross Compliance relevant. Dies gilt übrigens für alle Betriebe - für große und kleine, aber auch für konventionell oder ökologisch wirtschaftende. Ich sage das, weil Herr Meyer von den Grünen so unheimlich gerne auf die ökologische Vorbildfunktion Österreichs hinweist. Das haben wir oft genug gehört. Doch nur mit Heu und Stroh werden auch dort die Kühe nicht satt.

(Björn Thümler [CDU]: Wohl war!)

Ich war im Dezember als Referent beim Rinderzuchtverband im Salzburger Land. Es ist schon spannend, wenn ein Ökobauer dort ausgezeichnet wird, weil seine Produktion im Herdendurchschnitt über 10 000 kg Milch je Kuh beträgt. Das sind Zahlen, von denen wir hier träumen. Dafür braucht der Bauer Grundfutter mit einer super Verdaulichkeit, und dafür braucht der Bauer ein Futter mit einer hohen Energiedichte. Ich kann allen Kolleginnen und Kollegen nur raten: Hören Sie nicht mehr auf die Klischees von Herrn Meyer, dass Ökobetriebe kleiner und die Leistungen niedriger seien. Das ist scheinheilig und unglaubwürdig, Herr Meyer, und es ist von gestern!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Frank Oesterhelweg [CDU]: Das ist genau der richtige Ausdruck dafür!)

Herr Wenzel, ich hätte Ihnen, wenn Sie anwesend wären, gerne gesagt: Ihr Agrarsprecher hat, wie übrigens auch der Bund der Milchviehhalter, nach meinem Kenntnisstand den Konkurs von 80 % der Milchviehhalter in Deutschland für den Herbst 2010 prognostiziert. Das wäre auch passiert, lieber Herr Meyer von den Grünen, wenn unsere Landesregierung Ihrem Vorschlag nach völliger Abschottung des Milchmarktes gefolgt wäre.

(Rolf Meyer [SPD]: Erzähl doch mal etwas zum Grünland! - Andrea Schrö- der-Ehlers [SPD]: Alles nur Textbau- steine!)

Das ist sie aber nicht. Das ist auch besser so. Die Milchproduktion - das haben die Grünen in ihrem Antrag selber formuliert - ist dorthin gewandert, wo Milchbauern top ausgebildet sind und ihr Handwerk verstehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Milchproduktion ist dorthin gewandert, wo eine gute Infrastruktur vorhanden ist, und sie ist dorthin gewandert, wo Grünland ist. Laut dieser Großen Anfrage haben gegen den Bundestrend die niedersächsischen Milchbauern ihre Marktposition ausbauen können. Die Milch geht eben in diesen Grünlandregionen. Das ist nicht zuletzt auch ein Erfolg unserer einzelbetrieblichen Förderung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, spannend wird es, wenn die Grünen ihr Extensivierungsprogramm als ihre Zukunftsvision anpreisen. Regionale Weidefleischprogramme sind für die Grünen anscheinend der Hit. Doch die produzierten Mengen befinden sich im Vergleich zur Gesamtproduktion im Promillebereich. Viele extensive Weidefleischprogramme werden nach kurzer Zeit wegen Erfolglosigkeit wieder eingestampft. Ich möchte eines deutlich machen: Wenn jemand mit einem solchen Programm seine Marktnische findet, dann ist das okay.

(Andrea Schröder-Ehlers [SPD]: Was hat das mit Grünland zu tun? - Kres- zentia Flauger [LINKE]: Jetzt zur Sa- che!)

Wenn er Verbraucher findet, die 30 bis 40 Euro je Kilogramm Rindfleisch bezahlen wollen, dann ist das okay. Aber sozial ist das nicht! Welche Familie mit Kindern kann das bezahlen?