Protokoll der Sitzung vom 09.05.2012

Weitere 200 Partner aus Unternehmen, Forschung, Kammern, Wirtschaftseinrichtungen und Kommunen in 37 Einzelprojekten stehen geschlossen hinter dem Schaufenster E-Mobilität. Das bedeutet nicht nur eine hohe Kompetenz, sondern es sichert die meist genauso wichtige Akzeptanz.

Ich gehe sogar noch weiter und sage, es ist eine richtige Aufbruchstimmung zu erkennen. Auf allen Ebenen wird geforscht, entwickelt und geplant. Nicht weniger als bislang 120 Unternehmen bieten ein breites Netzwerk, um dieses Schaufenster mit

Kompetenz und Leidenschaft für die Technik zu füllen. So kommen 50 Kommunen in die Lage, daran teilzunehmen. Das ist in einem Flächenland wie Niedersachsen besonders wichtig. Nicht nur Großstädte profitieren somit von dieser immer schneller werdenden Entwicklung.

Dabei muss allerdings auch eingeräumt werden, dass die größte Verkehrsdichte in den Städten größere Effizienz in der Umsetzung verspricht, angefangen bei E-Bussen über E-Bikes, Hybridtaxen und Carsharing bis zur Rückeinspeisung aus den Speichereinheiten in Spitzenzeiten. Damit lassen sich nicht nur Grundlasten bewältigen. Es wird auch noch CO2 gespart und Lärmemissionen werden reduziert. Klimaschutz, Lärmschutz und Technologieführerschaft bedeutet das Schaufenster E-Mobilität. Das ist Niedersachsen. Es ist ein Gewinn auf der ganzen Linie für unser Land.

Unser Schaufenster wird darüber hinaus von 30 wissenschaftlichen Instituten begleitet. Hier befassen sich ca. 10 000 Studierende mit allen Themen, die eine Relevanz zur E-Mobilität besitzen. Gemeinsam mit den zahlreichen Auszubildenden wird Niedersachsen regelrecht zur Talentschmiede im Bereich Mobilität. Das ist unser Erfolg. Den lassen wir uns von niemandem kaputtreden.

(Beifall bei der FDP)

Auch in meiner Heimatstadt Osnabrück wird das Thema sehr vorangetrieben. VW hat früh erkannt, dass hier ein hohes Maß an Kompetenz in der technischen Entwicklung liegt. Wir reden über 400 versierte Mitarbeiter. Es ist also kein Wunder, dass auch hier mit Hochdruck an diesem Thema gearbeitet wird. Ergebnisse sind Prototypen wie ein XL1 mit einem Diesel-Elektro-Motor. Er verbraucht auf 100 km nur noch einen Liter. Die Kohlefaserkarosserie macht ihn extrem leicht. Das ist ein völlig neuer Fahrzeugtyp. Das ist die Zukunft des Automobils.

(Zuruf von der LINKEN: Das gab es schon Mitte der 90er Jahre!)

Es ist ein ganz neuer Trend in der Mobilität erkennbar. Jetzt gilt es, Mobilität völlig neu zu denken. Die Produktion dieses Prototypen wird sogar ausgeweitet. Endlich. Von ausgangs 60 bis 100 Exemplaren steigt die Produktion auf 600 bis 700 Neufahrzeuge im Jahr.

(Glocke der Präsidentin)

Das zeigt, wir sind beim Thema E-Mobilität auf dem richtigen Weg.

Meine Damen und Herren, wir sind auf dem richtigen Weg. Das zeigt auch die Ausrichtung der Energieanbieter. Vor zwei Wochen war ich noch zu Besuch bei den Stadtwerken in Osnabrück. Dort spielt das Thema E-Mobilität bereits eine große Rolle. Standorte für Tanksäulen entstehen und werden ausgeweitet. Unterschiedliche Fahrzeuge werden angeschafft und getestet.

Die ersten Schritte sind gemacht, weitere werden folgen. Ein Beispiel dafür sind die intelligenten Stromnetze, die sogenannten Smart Grids. Sie erlauben die intelligente Verknüpfung von Stromnachfrage und Stromerzeugung. Sie sind ein wesentlicher Faktor für eine erfolgreiche Umsetzung der gesamten E-Mobilität. E-Fahrzeuge können beispielsweise genau dann aufgeladen werden, wenn ohnehin zuviel Strom im Netz und der Strom günstig ist, beispielsweise nachts oder bei extrem viel Wind und Sonne.

(Glocke der Präsidentin)

Das ist auch das, was Herr Schneck gerade gefordert hat. Wir müssen das Gesamtbild sehen.

Einen letzten Satz, Frau Kollegin.

So kann E-Mobilität auch einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten, indem sie die starken Schwankungen der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auffängt. Sie ist somit ein großer zusätzlicher Faktor zu dem, was wir in Zukunft wünschen.

Danke schön!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zu diesem Tagesordnungspunkt spricht von der Fraktion DIE LINKE Frau Weisser-Roelle. Bitte!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es sind vor allem folgende Probleme, die die Diskussion um die Elektromobilität vorangetrieben haben: Lärm und Feinstaub sind vor allem in den großen Städten massiv angestiegen. Die CO2Emissionen sind deutlich angestiegen und mit ihr die Notwendigkeit nachhaltiger Senkung. Die Endlichkeit fossiler Rohstoffe wird immer sichtbarer.

Die Linksfraktion begrüßt die Entscheidung der Bundesregierung, die Metropolregion HannoverBraunschweig-Göttingen-Wolfsburg zum nationalen Schaufenster Elektromobilität zu küren. Damit besteht eine große Chance, Weichen in Richtung einer zukunftsfähigen Mobilität zu stellen. Zugleich können gute und sichere Arbeits- und Ausbildungsplätze in den beteiligten Industrie- und Verkehrsunternehmen sowie in Einrichtungen von Forschung und Entwicklung getroffen werden.

Allerdings möchte ich auch die Befürchtungen meiner Fraktion nicht unter den Tisch kehren. Es muss verhindert werden, dass sich wesentliche Vorhaben und Aktivitäten nicht vorrangig auf die Interessen möglicher Nutzer- und Käuferschichten von Elektroautos ausrichten. Die dringend zu lösenden Verkehrs- und Umweltprobleme wie zunehmende Verkehrsdichte, Staugefahr und Feinstaubbelastungen, aber auch das Thema Flächenversiegelung dürfen in dieser Diskussion nicht ausgespart werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Verkehr ist nun einmal mit Abstand das größte Sorgenkind im Umweltschutz. Nachhaltiger Umweltschutz im Verkehr ist daher wesentlich mehr als nur die Förderung von Elektroautos. Er ist mehr als der Austausch von Verbrennungsmotoren durch Elektroantriebe. Wir werden die Probleme nicht durch zunehmend elektrisch betriebene Autos lösen, zumal diese auch in zehn Jahren eine Minderheit unter den Autos bleiben werden.

Wir müssen uns ernsthaft mit der Zukunft des Individualverkehrs befassen. Dann sind wir zügig bei der Frage des Ausbaus eines bürgerfreundlichen, ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen öffentlichen Personennahverkehrs. Wenn der ÖPNV nach diesen Maßstäben organisiert wird, ist er stets sinnvoller als der motorisierte Individualverkehr, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich denke an Millionen von Menschen, die in Zeiten hoher und weiter steigender Spritpreise - wie jetzt - mit alten Spritfressern zur Arbeit und zurück fahren müssen. Ich spreche von Menschen, die wegen Streckenstilllegungen vor verschlossenen Bahnhöfen oder vor Bushäuschen in ländlichen Regionen stehen, die nicht mehr bedient werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, diese Probleme bewegen Millionen von Menschen, die von der Landesregierung, aber auch von Bürgermeistern und Landräten eine Antwort erwarten. Daher müs

sen wir gemeinsam diskutieren, wenn es um neue Formen der Mobilität geht.

Elektromobilität, Elektroautos - das kann eine dieser neuen Formen sein. Es wird aber immer darauf ankommen, Mobilität sozial gerecht zu gestalten und nicht Ökologie gegen Ökonomie und soziale Gerechtigkeit auszuspielen.

Meine Damen und Herren, reine Elektrofahrzeuge können in Ballungsräumen einen Beitrag zur lokalen Lärm- und Emissionsvermeidung leisten, besonders dann, wenn sie in innovativen Nutzformen wie Carsharing oder in Flotten eingesetzt werden, die mit erneuerbarem Strom betrieben werden. Allerdings muss im urbanen Umfeld nicht der private, sondern der unterfinanzierte öffentliche Personenverkehr gestärkt werden.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Die Linke setzt auf ein Gesamtkonzept für mehr Umweltschutz im Verkehr, das auch - aber nicht nur - elektrifizierte Antriebe fordert. Herr Minister Bode, ich stimme Ihnen zu, wenn Sie anlässlich der erfolgreichen Bewerbung der Metropolregion zum Schaufenster Elektromobilität darauf hingewiesen haben, dass die Region zeigen kann, welche Potenziale in der Elektromobilität stecken. Aber, sehr geehrter Herr Bode und liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Tat ist die Metropolregion eine Verkehrskompetenzregion. Verkehrskompetenzregion bedeutet mehr als VW und Elektroautos. Ich nenne auch Alstom, Siemens und Bombardier. Diese Mischung bietet große Stärken, die ausgenutzt werden müssen, um ein tragfähiges Verkehrsgesamtkonzept zu etablieren.

Vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung der Elektromobilität hält die Linke es für dringend geboten, dass die einzelnen Bereiche, die ich eben genannt habe, ständig und zielgerichtet zusammenarbeiten. Die Landesregierung muss koordinierenden Einfluss nehmen. Anstatt weiterhin den Individualverkehr anzukurbeln, sollte alle Energie in die Verkehrsvermeidung und in den Ausbau eines bürgerfreundlichen und bezahlbaren ÖPNV fließen.

Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Kollege Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich freuen sich auch die Grünen über den Zuschlag für die Metropolregion zu diesem Förderprojekt.

Dennoch möchte ich in diese Feierstunde auch ein wenig Nachdenklichkeit einführen. Denn die individuelle Mobilität steht an einem Scheidepunkt. Das postfossile Zeitalter wird sich mit dem Förderprojekt nicht über Nacht und von allein einstellen. Vor uns liegt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, deren Lösung ein bisschen mehr als Förderprojekte beinhalten muss. In der Vergangenheit haben wir uns die Führung bei Schlüsseltechnologien immer leichtfertig aus der Hand nehmen lassen. Das sollte in diesem Fall nicht passieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch zwei Jahre nach Beginn der Initiative „Nationale Plattform Elektromobilität“ haben wir erst 4 500 angemeldete Elektroautos in Deutschland. Das entspricht gerade einmal 0,01 % aller Pkw in diesem Land. Das ist keine gute Zwischenbilanz dieser Bundesregierung. Auch Herr Dudenhöfer von der Automobilindustrie beklagt das Schneckentempo, das derzeit in Deutschland bei diesem Thema herrscht. Deshalb halten wir Grüne die Förderanstrengungen des Bundes für deutlich zu gering.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Mit der Schaufensterförderung ist für die notwendigen Innovationen und Alltagsanwendungen der Elektromobilität zumindest ein Anfang gemacht worden. Aber wichtig ist vor allen Dingen, dass das Land und die Landespolitik dies nicht nur als willkommenen Hintergrund für eigene Profilierungen missverstehen. Es reicht nicht aus, sich erst einmal selber mit diesem Thema ins Schaufenster zu stellen, Herr Kollege Toepffer, sondern es geht darum, die Versprechen zur Unterstützung und Vernetzung der Projektbeteiligten, die die eigentliche Arbeit machen müssen, auch einzulösen.

Die Sorgen sind bei den kommunalen Akteuren besonders groß, bei der immer noch zu knappen eigenen Finanzlage bei den Schaufensterprojekten durch die Mitfinanzierung überfordert zu werden. Die vom Bund erwartete kommunale Mitfinanzierung belastet manchen kommunalen Haushälter, der zunächst die Daseinsvorsorge in seinem Zuständigkeitsbereich sicherstellen muss. Da müssen wir als Land Hilfestellungen bieten.

Wir müssen jetzt auch sehr konkret die laufenden EFRE-Programme und andere Fördermöglichkeiten des Landes prüfen, wo und wie hier zusätzliche finanzielle, administrative oder ordnungsrechtliche Unterstützung ermöglicht werden kann.

Auch eigene Landesprojekte zur Förderung der Elektromobilität auf zwei und vier Rädern sollten parallel aufgelegt werden. Hier sind Radschnellwege, neue, standardisierte Abstellanlagen für Elektrobikes an allen wichtigen Pendlerstationen des ÖPNV oder die stärkere Unterstützung von Forschungsprojekten bei Stromspeicherung, neuen Ladeverfahren und Batterietechnik beispielhaft zu nennen. Das alles sind Teile innerhalb des Gesamtprojektes. Ich weise nur darauf hin, dass wir hier auch als Land noch einiges zu leisten haben.

Die regionalen Projekte werden nur dann den erhofften Erfolg haben, wenn auch an den Rahmenbedingungen der individuellen Mobilität Veränderungen vorgenommen werden. Dabei geht es zum Beispiel darum, dass der Bund den bisherigen Schonraum für den herkömmlichen Verbrennungsmotor durch strengere Vorgaben deutlich einschränken muss, damit auch der Verbrauch und die Emissionen in diesem Bereich schneller sinken, als es bisher zu erwarten ist. Auch da ist noch einiges an Innovationen an unserem Technologiestandort möglich.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Eine rasche Verbreitung der häufig leicht gebauten Elektromobile braucht auch eine angepasste Verkehrsplanung und möglicherweise das eine oder andere Tempolimit auf kommunaler Ebene, damit man auch mit diesen leichten Elektromobilen sicher unterwegs ist. Für diese neue Technologie darf es keinen Sicherheitsabschlag geben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ebenso wichtig ist der Auf- und Ausbau eines intelligenten lokalen Energienetzes. Je mehr Elektroautos sich ohne zusätzlichen Aufwand in den Alltag einfügen, desto höher ist der Anreiz, auf Elektromobilität umzusteigen. Das betrifft z. B. die Standardisierung der Stecker. Es wäre wichtig, dass wir es hinbekommen, dass sie nicht nur von außen gleich aussehen, sondern auch innen kompatibel sind.