Protokoll der Sitzung vom 21.06.2012

Allerdings sind Ihre Wahrnehmung, Frau Korter, die Landesregierung habe etwas zu verbergen, und die Vermutung, die Umsetzung sei nicht machbar oder nicht finanzierbar, schlicht abwegig.

Vielmehr ist die Vorstudie bis Ende 2011 fertiggestellt und am 16. Januar 2012 den Verbänden der Wesermarsch vorgestellt worden. Danach wurde die vollständige Studie mit dem Erläuterungsband 1 und den Berechnungen und Anlagen der Bände 2 und 3 den Verbänden an die Hand gegeben und gebeten, bis März hierzu Stellung zu nehmen. Die Ergebnisse sind den Betroffenen also seit einem halben Jahr bekannt.

Mein Haus hat darüber hinaus den Landtag durch Übersendung des Erläuterungsbandes an die Fraktionen ebenfalls informiert. Allerdings haben wir auf die Übersendung der Materialienbände 2 und 3 verzichtet, da sie lediglich Berechnungen und Pläne enthalten. Damit sollten die Informationen auf einen angemessenen Umfang begrenzt werden. Der Bitte von Frau Korter, auch diese Informationen zu erhalten, sind wir ebenfalls nachgekommen und haben angeboten, die Bände 2 und 3 im MU einzusehen, wenn gewünscht, auch durch Fraktionsmitarbeiter.

Trotz all dieser Informationen behaupten Sie weiter, es entstehe der Eindruck, die Landesregierung wolle etwas unter Verschluss halten. Das ist für mich nicht zu verstehen und nicht nachvollziehbar. Das klingt für mich eher nach Vorwahlkampf.

(Zustimmung bei der CDU)

Einschlägig für Ihre Bitte um Kenntnisnahme von Umweltakten ist übrigens - natürlich jenseits Ihrer parlamentarischen Rechte, die dann insbesondere über den Ausschuss als Akteneinsichtsgesuche hätten geltend gemacht werden können - das Umweltinformationsgesetz mit den entsprechenden

Kostenfolgen. Aber das kennen Sie insbesondere aus den zahlreichen Vorlagebegehren und Einsichtnahmebegehren aus der Vergangenheit. Das hat eigentlich immer gut funktioniert, und davon ist auch Gebrauch gemacht worden.

Auch wenn es für mich nicht nachvollziehbar ist, weshalb Ihre Fraktion in diesem Fall unser Angebot nicht angenommen hat, spricht natürlich nichts dagegen, dass Sie auch die weiteren Informationen übersandt bekommen. Wir werden Ihnen dieser Tage die Bände 2 und 3 wie gewünscht als DVD übersenden.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Zur Beantwortung Ihrer Fragen möchte ich Folgendes sagen.

Zu 1: Darauf bin ich in der Einleitung bereits eingegangen.

Zu 2: Ziel des Generalplans Wesermarsch ist die Versorgung der Wesermarsch mit salzärmerem Wasser und eine Verbesserung der Entwässerungssituation. Hierfür gibt es den Beschluss der Landesregierung vom 28. Juni 2011 mit der darin enthaltenen Finanzierungszusage und Deckelung in Höhe von 50 Millionen Euro, wobei sich das verteilen soll mit 37,5 Millionen Euro auf das Land, 2,5 Millionen Euro auf den Bund, 5 Millionen Euro auf Bremen und 5 Millionen Euro auf die Verbände vor Ort.

Der mit der Vorstudie verfolgte weitergehende Ansatz einer vollständigen Entflechtung von Zu- und Entwässerung ist mit den verabschiedeten Mitteln voraussichtlich nicht umzusetzen. Die durch die Vorstudie ermittelten Investitionskosten in Höhe 86,7 Millionen Euro übersteigen den mit dem Kabinettsentscheid festgelegten Finanzrahmen. Der Kabinettsbeschluss ist aber weiterhin bindend und maßgeblich.

Träger der folgenden Arbeiten soll der Planungsverband sein, der sich derzeit in Gründung befindet und der von den Wasser- und Bodenverbänden der Wesermarsch gebildet wird. Die Gründung wird, wie gesagt, derzeit vorangetrieben. Der Antrag zum hierfür erforderlichen Errichtungsverfahren ist beim Landkreis Wesermarsch eingereicht worden.

Es bleibt jetzt der weiteren Diskussion mit den Verbänden vorbehalten, wie mit dem durch den Kabinettsbeschluss festgelegten Ansatz dem oben bereits genannten Ziel entsprochen werden kann. Hierzu gibt es Vorschläge, die im Rahmen der

vorgesehenen Ausschreibung konkretisiert werden sollen und durch die unseres Erachtens der Finanzrahmen einhaltbar sein dürfte.

Zu klären ist auch, ob der Planung eine Laserscanbefliegung der Wesermarsch vorausgehen kann, damit die weiteren Arbeiten auf verlässliche Gelände- und Gewässerhöhen gegründet werden. Die Ergebnisse könnten sich insbesondere auch reduzierend auf die Kosten auswirken.

Sobald der Verband handlungsfähig ist, die Gründung also abgeschlossen ist, können die weiteren Schritte erfolgen. Wir streben dabei eine mit allen Beteiligten einvernehmlich abgestimmte Lösung an. Danach folgt dann das Planfeststellungsverfahren.

Ich will es hier ganz deutlich machen: Wir bleiben dabei. Wir wollen diesen Generalplan Wesermarsch. Wir werden das auch im Rahmen der festgesetzten Kostendeckelung weiter vorantreiben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu 3: Nein, Bremen will die Klageverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die Weservertiefung zumindest in der Tendenz abwarten. Wann dies der Fall sein wird, ist nicht bekannt. Das Gericht hat nach Ortstermin im Mai dieses Jahres in einer Pressmitteilung informiert, dass ein Teilvergleich geschlossen wurde, im September eine nicht öffentliche Erörterung bestimmter Naturschutzbelange stattfinden wird und zuvor Vergleichsmöglichkeiten zu anderen Fragestellungen ausgelotet werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Korter stellt die erste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem Minister Birkner gerade ausgeführt hat, dass seit Januar den Verbandsspitzen - nicht dem Verband, sondern ausschließlich den Verbandsspitzen - in der Wesermarsch die Vorstudie vollständig mit allen drei Bänden zur Verfügung gestellt und dort erörtert wurde, frage ich die Landesregierung: Wie rechtfertigt sie eigentlich das Vorgehen des Umweltministers, Abgeordneten dieses Landtages diese Studie seit Monaten zu verweigern, uns diese wichtige Informationen erst auf Anfragen - Klei

ne Anfrage, heute Dringliche Anfrage - zugänglich zu machen und dann noch darauf hinzuweisen, wir als Abgeordnete und Haushaltsgesetzgeber dieses Landes, die die Landesregierung zu kontrollieren haben, könnten ja einen Antrag nach dem Umweltinformationsgesetz stellen?

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Unglaub- lich!)

Das ist ein unglaublicher Vorschlag. Wir sind ja Kontrolle der Landesregierung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, die Frage ist angekommen. Insofern bitte ich jetzt Minister Dr. Birkner zu antworten.

(Ina Korter [GRÜNE]: Ich habe die Landesregierung gefragt, wie sie das Vorgehen von Herrn Birkner beurteilt! Er beurteilt sich ja nicht selbst!)

Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Korter! Das ist überhaupt kein unglaublicher Vorgang. Ich empfehle Ihnen erstens einen Blick in die Verfassung und die Vorschriften bezüglich der Aufgabenverteilung zwischen Landesregierung und Parlament.

(Björn Thümler [CDU]: Das kann nie schaden! - Christian Meyer [GRÜNE]: Vollständige Antworten können wir erwarten!)

- Herr Meyer, dann müssen Sie auch die entsprechenden Verfahren wählen. Dann kriegen Sie selbstverständlich, wie z. B. hier in der parlamentarischen Debatte, eine vollständige Antwort. Sie kriegen selbstverständlich alle Akten, wenn Sie Ihre im Ausschuss gegebenen Möglichkeiten auf Akteneinsichtsgesuche wahrnehmen. Das ist doch selbstverständlich. - Das zum Grundsatz.

Frau Korter, zweitens haben Sie ganz konkret - das wissen Sie; insofern sollten Sie hier nicht wiederholt einen falschen Eindruck erwecken - diese Studie bekommen.

(Björn Thümler [CDU]: So ist das! - Widerspruch bei den GRÜNEN)

- So ist das. Sie haben ja die Informationen. Deshalb kann ich Ihren Vorhalt hier so nicht akzeptieren.

(Zuruf von den GRÜNEN: Das ist ja wohl lächerlich! - Weitere Zurufe - Glocke des Präsidenten)

- Wenn Sie eine Antwort haben wollen, lassen Sie mich ausreden!

Das Dritte ist, dass es auch so etwas wie eine Meinungsfindung der Landesregierung gibt. Es ist ein Verfahren, das die Landesregierung betreibt. Wir befinden uns in einer Phase, in der wir das weitere Vorgehen vorbereiten. Das heißt, wir bereiten die weiteren Regierungsentscheidungen vor, bereiten vor, wie damit umzugehen ist. Ich rate Ihnen an, sich auch damit einmal auseinanderzusetzen. Es gibt auch einen Bereich exekutiver Eigenverantwortung, den wir erst einmal voranbringen können, ohne dass wir permanent einer Informationspflicht unterliegen. Auch das zum Grundsatz.

Wir haben Sie aber informiert, weil wir ein Interesse haben, dies auf breite Basis zu stellen. Sie haben die Studie bekommen. Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass nichts dagegen spricht, wenn Sie nicht in der Lage und nicht willens sind, sich die Mühe zu machen, ins Ministerium zu kommen und dort Einsicht zu nehmen, dass wir Ihnen die Informationen zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung angesichts der Tatsache, dass es darum geht, dass die Landwirte Opfer der von der Landesregierung zugestimmten Weservertiefung sind, durch die Verlagerung der Salzzone Probleme mit ihrem Tränkewasser kriegen,

(Björn Thümler [CDU]: Die haben die Probleme doch schon, Herr Meyer!)

wofür der Generalplan ist, und Sie eben gesagt haben, dass es nach der Vorstudie 86 Millionen Euro kosten würde, um die Landwirte vollständig zu entschädigen, Sie aber bei dem Kostenrahmen des Kabinettsbeschlusses von 37,5 Millionen Euro bleiben: Bleiben die 51 Millionen Euro zur Entlastung der Landwirte sozusagen bei den Entwässerungs- oder Bodenverbänden hängen, zahlt also das Land als Mitverursacher der Weservertiefung

nicht, sondern ist ein großer Teil von den von der Weservertiefung unschuldig betroffenen Landwirten zu bezahlen?

(Björn Thümler [CDU]: Verschwö- rungstheoretische Ansätze!)

Herr Minister!

(Björn Thümler [CDU]: Das ist doch Quatsch, was Sie hier erzählen! Ein solcher Unfug! - Gegenruf von Chris- tian Meyer [GRÜNE]: Herr Thümler, dann dürfen Sie vor Ort nicht so viele Wahlversprechen machen! - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Es gibt kei- ne Wahlversprechen vor Ort!)

Herr Präsident! Es geht darum, eine Lösung dieser Problematik zu bekommen.