Unsere berufsbildenden Schulen sind auf dem Weg hin zu gut funktionierenden regionalen Kompetenzzentren. Lassen wir ihnen Zeit, sich weiterzuentwickeln. Wir sollten sie gemeinsam unterstützen, wir sollten gemeinsam für die Berufsbildung in Niedersachsen kämpfen. Hören Sie auf, so zu tun, als sei uns dieser Bereich nicht wichtig. Wenn man sich Ihre Bilanz anschaut, kann man nicht gerade davon ausgehen, dass Sie es anders oder besser gemacht hätten.
Unsere berufsbildenden Schulen genießen dank der vielen engagierten Lehrerinnen und Lehrer einen hervorragenden Ruf bei uns im Land und auch in Deutschland. Wir als CDU-Fraktion - das möchte ich an dieser Stelle besonders deutlich hervorheben - danken den Schulleiterinnen und Schulleitern und den Lehrerinnen und Lehrern, die sich aktiv für die Umsetzung des Prozesses engagieren.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Seefried. - Nun hat für die Faktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Korter das Wort. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Seefried, ein Blick in die Geschichte ist manchmal ganz hilfreich. Das Modellprojekt ProReKo wurde schon vor 2003 von den Grünen angestoßen, von der SPD aufgegriffen und durchgesetzt und nach 2003 von allen Fraktionen des Hauses - nicht von der CDU alleine - beschlossen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein Masterplan „berufliche Bildung“ - ihn fordert ja die SPD in ihrem Antrag - ist genau das, was Niedersachsen schon seit Langem fehlt, vor allem vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung. Das ist das zentrale Problem in der beruflichen Bildung. Die demografische Entwicklung und der Erhalt der beruflichen Bildung in der Fläche werden uns in den nächsten Jahren vor große Probleme stellen.
Die SPD hat in ihrem Antrag noch eine ganze Reihe von Problemen aufgeführt. Dazu ist zum Teil schon Stellung genommen worden. Ich kann nur sagen: Die meisten Probleme, die hier benannt sind, werden tatsächlich seit Jahren von der Landesregierung ausgesessen. Ich will nur wenige nennen.
Zu den IT-Administratoren hatte ich beispielsweise noch vor Kurzem in einer Kleinen Anfrage gefragt. Darauf hat Herr Althusmann geantwortet, dieses Problem solle bis zum Sommer 2011 mit den kommunalen Spitzenverbänden gelöst werden. Bisher ist nichts geregelt worden.
Bezüglich des Gemeinsamen Budgets nach § 112 a NSchG wurde mir schon vor einigen Monaten vom Ministerium zugesichert: Wir sind dran; das kommt. Ist das inzwischen umgesetzt?
Noch schlimmer: Die unnötige Erlassflut eindämmen. Da kann ich wirklich nur zustimmen. Letzter Höhepunkt in dieser Entwicklung: Zum Schulhalbjahreswechsel am 1. Februar sollten die Berufsschulleitungen einmal eben Hunderte von Computern daraufhin untersuchen, ob sich auf ihnen Plagiatssoftware findet. Dazu kann ich nur sagen: Das ist Gängelung und kein Steuern von Schulen. So etwas ist nicht nur in der Sache daneben, sondern das entlarvt auch eine kleinkarierte Regelungswut. Offenbar gibt es gar keine zentrale wichtige Steuerung, die aufzeigt, wohin man in Niedersachsen mit den berufsbildenden Schulen will. Diese Regelungswut kann nicht hierüber hinweg täuschen.
Die Aufsplittung in immer mehr verschiedene Klassen in den berufsbildenden Schulen mit der Abtrennung schwächerer Schüler von noch schwächeren durch BVJ, Berufseinstiegsklasse und einjährige Berufsfachschule erweist sich immer mehr als Fehlentscheidung. Zu wenige in den einjährigen Berufsfachschulen bekommen tatsächlich dieses eine Jahr in der dualen Ausbildung angerechnet. Ich kann nur sagen: Leider sind die berufsbildenden Schulen noch immer die Stiefkinder des Kultusministers. Offensichtlich hat er keine Vision, wohin es gehen soll.
Ich hätte mir jedoch auch gewünscht, in dem Antrag der SPD-Fraktion würde noch etwas Konkreteres stehen als nur: Die Regierung soll einen Masterplan vorlegen.
Ich bin gespannt, was die SPD in den Beratungen im Ausschuss noch Konkretes beisteuern wird. Vielleicht geschieht das ja auch erst in den Koaliti
(Beifall bei den GRÜNEN - Frauke Heiligenstadt [SPD]: Wir freuen uns auch auf die Koalitionsverhandlun- gen!)
Herzlichen Dank, Frau Kollegin Korter. - Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Kollegin Reichwaldt zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon der erste Satz dieses Antrages ist nicht richtig. Darin heißt es, dass der Landtag in großer Einmütigkeit der Übertragung der positiven Ergebnisse des ProReKo-Versuchs auf alle berufsbildenden Schulen zugestimmt habe. Ich möchte daran erinnern, dass meine Fraktion diesen Antrag damals abgelehnt hat. Es ist also falsch, von Einmütigkeit zu sprechen.
(Kai Seefried [CDU]: Sie sind damals schon stehen geblieben! - Frauke Hei- ligenstadt [SPD]: Große Einmütigkeit und nicht Einstimmigkeit!)
Warum haben wir abgelehnt? - Weil ProReKo am Kern des Problems vorbeigeht und innerhalb der Schulen neue Hierarchien und Abhängigkeiten aufbaut, anstatt sie abzubauen. Ich zitiere erneut aus der Evaluation der wissenschaftlichen Begleitgruppe des Modellversuches:
„Während sowohl in der Projektbeschreibung wie auch in der Projektausschreibung … eine Fokussierung auf die Lernleistungen der Schülerinnen und Schüler genannt und die Effektivität des Lernerfolges als eine zentrale Messgröße für die Qualität schulischer Arbeit dokumentiert wurde, wurden im Verlauf des Schulversuchs immer stärkere Aspekte der Steuerung und des Managements in den Mittelpunkt der Qualitätsbemü
Mit anderen Worten: Zur Verbesserung der Kernaufgaben der berufsbildenden Schulen innerhalb der beruflichen Ausbildung hat ProReKo eben keinen entscheidenden Beitrag geleistet.
Vor diesem Hintergrund kann ich einzelnen Punkten des Antrages, die nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit ProReKo stehen, durchaus zustimmen. Dass wir eine bessere Unterrichtsversorgung an den Schulen brauchen, halte ich für richtig. Es ist richtig, dass Lehrerinnen und Lehrer zu allererst Pädagoginnen und Pädagogen und keine Verwaltungsfachangestellten sind. Die Forderung, endlich für eine Entlastung bei Verwaltungstätigkeiten zu sorgen, ist notwendig.
Beim Punkt Weiterbildung ist es schon schwieriger. Der Landtag hat gegen unsere Stimmen beschlossen, dass diese neuen Produkte eine Art Kür seien und dass das Pflichtprogramm nicht wesentlich beeinflusst werden dürfe. Da sage ich: Erst die Pflicht, dann die Kür!
Ihre unkritische Haltung zur Budgethoheit der berufsbildenden Schulen kann ich ebenso nicht teilen. Nicht nur der Landesrechnungshof hat hieran wiederholt Kritik geäußert.
Die Schulleiterinnen und Schulleiter bleiben Pädagogin und Pädagogen und sind keine Verwaltungsexperten.
Danke schön, Frau Kollegin Reichwaldt. - Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Kollege Försterling zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Allein der Redebeitrag von der Kollegin Reichwaldt sollte uns schon genug motivieren, um zu beweisen, dass ProReKo funktionieren kann und dass es funktionieren kann, Verantwortung auch vor Ort wahrnehmbar zu machen, Verantwortung in die Schulleitungen zu geben und eben nicht alles zentral durchzusteuern, wie es solch staatsgläubige Menschen wie die Vertreter der Linken gerne haben möchten.
Ich glaube, dass wir in der Tat das gemeinsame Ziel haben, Verantwortung an die handelnden Personen vor Ort zu geben, an diejenigen, die alltäglich in der Schule sind und sich mit großer Hingabe - das muss man wirklich loben - dafür einsetzen, dass wir in Deutschland das bewährte System der dualen Ausbildung weiter vorantreiben, weiterentwickeln und gemeinsam mit der Wirtschaft einen Standortvorteil in ganz Europa haben. Die Frage ist, wie wir das weiterentwickeln können und wie die Herausforderungen lauten.
Natürlich ist eine Herausforderung die Umsetzung von ProReKo. Auch da würde ich mir manchmal wünschen, dass es an der einen oder anderen Stelle vielleicht mehr Tempo gibt. Klar ist es schwierig, wenn man mit dem Landesrechnungshof über gemeinsame Budgets reden muss, der sich schon in der Beratung zur Änderung des Schulgesetzes sehr kritisch gegen das gemeinsame Budget ausgesprochen hat. Natürlich ist es auch schwierig, mit den kommunalen Spitzenverbänden darüber zu reden, dass wir 5 Millionen Euro aus der allgemeinen Zuweisung herausnehmen und das Geld, das eigentlich für die Systemadministratoren gedacht gewesen ist, direkt in die Schulen für die Systemadministratoren hineingeben.
Aber ich glaube, wir müssen diesen Antrag zum Anlass nehmen, im Kultusausschuss grundsätzlich darüber zu reden, wie wir die berufsbildenden Schulen insgesamt weiterentwickeln und wie es uns gelingen kann, im Flächenland Niedersachsen trotz des demografischen Wandels die 134 Berufsschulstandorte zu sichern. Das wird die große Herausforderung sein, weil auf der einen Seite nicht nur die Zahl der Schüler zurückgeht, sondern auch die Ausbildungen vor Ort zurückgehen. Insbesondere Bündelschulen haben dort Probleme, wo Ausbildungsgänge nicht mehr so stark besetzt sind.
Deshalb ist es auch nicht richtig, im SPD-Antrag davon zu reden, dass man die berufsbildenden Schulen bei der Lehrerstundenzuweisung genauso wie die allgemeinbildenden Schulen behandeln sollte. Das hätte nämlich zur Folge, dass man nur volle Klassen unterstützt, wobei wir aber momentan dort schon - insbesondere an Bündelschulen oder an Schulen, die kleine Ausbildungsgänge
Unsere Aufgabe wird es sein, zu überlegen, wie wir das weiterentwickeln können, wie wir solche seltenen Ausbildungsgänge in Niedersachsen erhalten können. Wie können wir Ausbildungsgänge im ländlichen Raum erhalten, damit auch die Wirtschaft vor Ort weiterhin Nachwuchs finden kann?
Das wird die große Herausforderung für die niedersächsische Landespolitik im Hinblick auf die berufsbildenden Schulen sein. Ich bin mir ganz sicher, dass wir dann solche „Kleinigkeiten“ an Problemen wie Gelder für Systemadministratoren oder die Nachqualifizierung von Verwaltungskräften lösen. Aber das große Ziel müssen wir gemeinsam im Auge behalten. Deswegen freue ich mich auf die Beratungen.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Försterling. - Der SPD-Fraktion steht noch eine Restredezeit von 3:22 Minuten zur Verfügung. Herr Poppe hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Poppe!
Danke schön. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich ausdrücklich bei Herrn Försterling für diesen Beitrag.
Ich danke ihm dafür, dass er positiv anerkannt hat, dass hier eine Herausforderung gerade auch in Zeiten des demografischen Wandels vorliegt, auf die wir reagieren müssen und für die mithilfe dieses Antrages Lösungen gesucht werden können und müssen, nämlich die Beibehaltung der beruflichen Bildung in der Fläche und die Konzeptentwicklung dafür. Das liegt mir sehr am Herzen und ist etwas, was uns im Kultusausschuss weiterhin beschäftigen sollte. Da hat die FDP sehr viel positiver und auch sehr viel kompetenter reagiert als Herr Seefried für die CDU-Fraktion.