- Einen kleinen Moment, bitte, Frau König! - Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das geht nicht. Frau König hat noch gar nicht angefangen, und es gibt schon Zwischenrufe. - Frau König, bitte!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Sander, ich habe keine Landwirte beleidigt, sondern konkret vom Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft gesprochen.
Wir sind die Partei, die Mindestlöhne für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fordert. Dieses Recht haben unsere Landwirte, die mit ihrer Hände Arbeit für unsere tägliche Ernährung sorgen, erst recht, und dafür treten wir ein. Das lasse ich mir von Ihnen absolut nicht schlechtreden.
Ich sehe mir genügend Betriebe an, Herr Sander. Die Bauern kämpfen um ihre Existenz. Ich beleidige auch nicht die Menschen, die in vor- und nachgelagerten Betrieben arbeiten. Auch da sage ich: Sie haben das Recht, einen gerechten Lohn zu verdienen, und es kann nicht sein, dass sie ewig Aufstocker sein müssen.
Bei Ihrer Informationskampagne, mit der Sie der Öffentlichkeit die gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Bedeutung einer modernen Landwirt
schaft näher bringen wollen, müssen Sie gewaltig umsteuern. Die Menschen, die Verbraucherinnen und Verbraucher, wollen gesunde Lebensmittel, keine Überlebensmittel.
Hören Sie den Ruf ihrer Demonstrationen, wenn sie Seit’ an Seit’ kämpfen. „Wir haben es satt!“, rufen sie.
Mir liegt die nächste Wortmeldung vor, und zwar von Herrn Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie haben jetzt das Wort, Herr Meyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man merkt an der Debatte, die hier geführt wird, dass der Antrag eigentlich nichts hergibt. Er strotzt vor Allgemeinplätzen und besteht aus zweieinhalb Seiten Gerede über eine undefinierte unternehmerorientierte Landwirtschaft mit viel Funktion. Beispielsweise wird gefordert, die Landwirtschaft solle bei der Landesraumordnung berücksichtigt werden. Das sind alles Phrasen und unbestimmte Begriffen, das ist alles recht unklar.
Der eigentliche Kern Ihres Antrages ist, glaube ich, dass die Landwirtschaft - man muss präzise von der „Agrarindustrie“ sprechen -, wie wir eben gehört haben, an gesellschaftlicher Akzeptanz, an Image verliert. Deshalb fordern Sie unter den Nrn. 1 und 5 eigentlich dasselbe: Sie wollen eine Imagekampagne für Ihre Vorstellungen von Agrarindustrie und unternehmergeführter Landwirtschaft.
Da ist dann von bäuerlichen Betrieben nicht mehr die Rede. Da ist auch nicht die Rede davon, wie es den Milchbauern geht. Gerade ist Minister Lindemann diesen im Bundesrat wieder in den Rücken gefallen. Als die grünen Agrarminister die Senkung der Milchquote gefordert haben, haben nur die rotgrünen Länder zugestimmt. Niedersachsen hat wieder gesagt: Nein, wollen wir nicht; wir nehmen es weiter hin, dass der Milchpreis sinkt und dass immer mehr Betriebe und Höfe aufgeben.
Wir Grünen fordern, konkrete Schritte dafür zu tun, dass wir eine bäuerliche Landwirtschaft mit vielen Arbeitsplätzen und fairen Löhnen haben.
Heutigen Berichten über die Schlachthofzahlen ist zu entnehmen, dass 10 % bis 15 % der Tiere nicht betäubt werden und dann grausam sterben. Schauen Sie sich die Berichte von heute an! Dann wissen Sie, was Sie mit dieser Debatte über eine Idylle, die es gar nicht gibt, versuchen wegzudrücken.
Zu dem Beitrag von Herrn Meyer liegt der Wunsch zu einer Kurzintervention von Herrn Deppmeyer von der CDU-Fraktion vor. Sie haben jetzt eineinhalb Minuten Zeit. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Es ist interessant, aber auch wohltuend, dass es Herr Meyer so kurz gemacht hat. Aber was er in der kurzen Zeit gesagt, macht deutlich, dass er wahrhaftig nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist.
Wer heute noch mit Schlagworten wie „bäuerliche Landwirtschaft“ versucht, die Bauern zu spalten, macht deutlich, was er will. Ihm geht es nämlich nicht um das Interesse der Bauern und darum, dass im Sinne der gesamten Bevölkerung vernünftig Nahrungsmittel produziert werden, dass Rohstoffe produziert werden, dass Energie produziert wird, sondern ihm geht es nur darum, einen Keil zwischen die Bauern zu treiben und sie in unterschiedliche Gruppen zu teilen.
Das wollen die Bauern nicht. Dies wird nicht gelingen. Sie werden mit dieser Politik scheitern. Darum ist es auch gut, dass hier im Protokoll festgehalten wurde, wie wenig Sie zur Sache zu sagen hatten.
Meine Damen und Herren! Herr Kollege Deppmeyer, Sie kennen die aktuellen Debatten aus der Wissenschaft, gerade in Bezug auf Antibiotika und Keime. Insoweit spielt es sehr wohl eine Rolle, ob man ein Bild wie Sie haben will, mit einer Agrarindustrie, mit Betrieben von 100 000 Hühnern und 20 000 Schweinen, mit immer größeren Einheiten, mit immer weniger Betrieben, mit immer weniger Arbeitsplätzen.
Viele merken, dass das zulasten der Umwelt und der Natur geht. Es gibt ganz klare Zahlen des Robert-Koch-Instituts: Je größer der Betrieb, je enger die Tiere auf einem Haufen stehen - also Agrarindustrie pur -, desto schlimmer ist es mit dem Einsatz von Antibiotika, desto schlimmer ist es mit den Keimen.
(Clemens Große Macke [CDU]: Auch das stimmt nicht! Das wissen Sie ganz genau! Das haben wir ein paar Mal diskutiert! - Frank Oesterhelweg [CDU]: Sie haben nicht aufgepasst! Sie waren doch mit!)
Sie haben die Unterschiede zwischen konventionell und biologisch gesehen. Es ist interessant, dass Sie solche wissenschaftlichen Studien des Robert-Koch-Instituts und der TiHo Hannover immer abstreiten. Das war schon bei Frau Grotelüschen so. Damals wurde abgestritten, dass es bei den Puten etwas damit zu tun hat, dass sie auf so engem Raum stehen - bis die Studie endlich veröffentlicht wurde, was mit zu ihrem Rücktritt führte.
Immer mehr Bürgerinnen und Bürger sehen, dass wir massive Tierschutzprobleme haben. Ich dachte eigentlich, dass wir mit dem Amtsantritt von Herrn Lindemann weitergekommen sind und uns nun über den Weg hin zu mehr Tierschutz und mehr bäuerlicher Landwirtschaft streiten.
Aber mit Ihnen muss man ja wieder darüber streiten, ob es überhaupt ein Problem damit gibt, 25 Hühner auf einem Quadratmeter zu halten, ihnen den Schnabel zu kürzen, den Schweinen den Schwanz abzuschneiden, um sie an die Ställe anzupassen.
- 25 Hühner pro Quadratmeter! Ein Vertreter der Geflügelwirtschaft hat letztens sogar von 29 gesprochen. Sie kennen die Zahlen, Sie wissen, dass die Besatzdichten in Kilo sind.
Leugnen Sie weiter die Realität, und machen Sie doch eine Imagekampagne! Zeigen Sie doch einmal die Hähnchenmastställe und die Ställe in der Endmast. Beim „Tag des Hofes“ finde ich nicht einen davon. Sie zeigen immer nur die Idylle.
(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN - Frank Oesterhelweg [CDU]: Die kön- nen Sie sich überall anschauen! - Ge- genruf von Christian Meyer [GRÜNE]: Wo denn? Zeigen Sie sie mir einmal!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Weil ich es von einigen Abgeordneten in diesem Hause durchaus gewöhnt bin, dass sie permanent ein Zerrbild moderner Landwirtschaft zeichnen, hat es mich auch nicht überrascht, dass sie es auch bei diesem Tagesordnungspunkt getan haben. Das scheint bei ihnen zum Ritual zu gehören.
Was ich Ihnen, Frau Schröder-Ehlers und Frau König, allerdings nicht durchgehen lasse, ist, dass Sie hier den Eindruck erwecken wollen, die Qualität der Lebensmittel in unserem Land habe in den letzten Jahren permanent abgenommen. Es ist belegbar, auch mit den Berichten des Landesamts für Verbraucherschutz, dass genau das Gegenteil der Fall ist.
Insoweit habe ich auch im Interesse der vielen Personen, die sich darum bemühen, unseren Verbrauchern gesunde und vielfältige Nahrungsmittel auf den Tisch zu stellen, doch die höfliche Bitte, dies nicht schlechtzureden.
Es gibt - Sie haben es angesprochen, wobei ich auch insoweit Ihren Argumenten nicht folgen kann - natürlich immer wieder Hinweise darauf, dass es Belastungssituationen bei einzelnen Lebensmitteln gibt. Nur, Frau Schröder-Ehlers, lassen Sie mich ganz deutlich sagen: Die Tatsache, dass wir jetzt in einer ganzen Reihe von Geflügelställen - gerade bei Freilandhaltungen - Probleme haben aufdecken können, die mit dieser Haltungsform verbunden sind, weil es z. B. Bodenkontaminationen in diesen Bereichen gegeben hat, ist nicht der Beweis dafür, dass unsere Lebensmittel schlechter geworden sind. Das ist vielmehr der Beweis dafür, dass das klappt, was wir alle uns vorgenommen haben, nämlich die Lebensmittelüberwachung weiter zu verbessern.
Das ist positiv! Ich denke, das können Sie nicht ernsthaft bestreiten und nicht negativ sehen. Lassen Sie uns lieber weiter daran arbeiten, ein gutes System noch weiter zu perfektionieren, aber nicht über die Menschen herfallen, die in diesem Segment arbeiten. Ich glaube, das haben sie nicht verdient.
Meine Damen und Herren, der Antrag befasst sich mit der Agrarstrukturplanung. Für mich ist schon erstaunlich, was man nach all dem, was ich hier dazu gehört habe, darunter zusammenfassen kann.