Unglück - das klingt fast entschuldigend. Dabei ist der Streit um das Museumskonzept eine Geschichte von Pannen und Pleiten, von Fehlern und Versteckspielen, für die der Minister die volle Verantwortung trägt.
Obwohl die Diskussion bereits im Juli entfacht wurde, wissen wir und die Kulturschaffenden vor Ort bis heute nur ansatzweise, wohin die Grobkonzeption des MWK zur Optimierung der Museumslandschaft in Niedersachsen führen soll.
Ich kann nur hoffen, dass den Museen nicht das droht, was den Hochschulen in den letzten Jahren unter dem Topic des Konzeptes zur Optimierung der Hochschulen in Niedersachsen zugefügt wurde. Millionenschwere Kürzungen, die Verengung von Forschung und Lehre und Schließungen waren nur wenige Folgen.
Der bisherige Umgang mit den Beschäftigten und Museumsleitungen lässt nichts Gutes vermuten. Zuerst wurden mit einer einzigen Pressemitteilung aus dem Ministerium Grundzüge der Museumslandschaft infrage gestellt. Kurze Zeit später hören und lesen wir aus dem Ministerium, dass die Pläne durchaus in Zusammenhang mit den anstehenden Generationswechseln bei den Leitungen der Landesmuseen stehen.
Herr Stratmann, man muss nicht ansatzweise weise sein, um anzunehmen, dass Sie hier etwas durchziehen wollen, was nicht im Interesse der Beteiligten vor Ort ist. Ohne ersichtlichen Grund haben Sie auch noch bei der Urfehde zwischen Hannover und Braunschweig Öl ins Feuer gegossen. Die Degradierung des Braunschweigischen Landesmuseums zur „Abteilung einer Abteilung“ - wie es hieß - im neu zu gründenden Institut für Archäologie und Baudenkmalpflege soll, wenn man Ihnen folgt, zur Steigerung der Attraktivität beitragen. Herr Riese sprach davon, dass es um Braunschweiger Partikularismus ginge, wenn man dagegen protestiert. Das Problem, Herr Riese, ist doch, dass das Braunschweigische Landesmuseum als einziges Landesmuseum zukünftig nicht mehr direkt dem Ministerium unterstellt sein soll, sondern dass eine zusätzliche Behörde zwischengeschaltet wird.
Ich habe - wie die gesamte Öffentlichkeit im Braunschweiger Raum - deutliche Zweifel daran, dass es bei den angestrebten Veränderungen insbesondere in der Braunschweiger Region um eine Stärkung geht.
Dazu im Einzelnen: Punkt 1. Die Experten vor Ort werden nicht einbezogen. Das Handeln des Ministers findet vor allem im Verborgenen statt. Die beunruhigten Beschäftigten haben bereits jetzt jedes Vertrauen verloren und schreiben Briefe an den Ministerpräsidenten, in denen sie um ein Gespräch bitten.
Punkt 2. Die Kommunikationsmängel sind kein Versehen, sondern offensichtlich das Programm. Man hätte annehmen können, dass zwischenzeitlich die Wogen geglättet worden sind. Doch nichts da: Vor gerade einmal sechs Tagen - Herr Riese muss es wissen - beklagte sich der Oberkustos der Archäologischen Abteilung in Wolfenbüttel in der örtlichen Tageszeitung über den Mangel an Informationen. Zitat: „Ich weiß nur das, was in der Zeitung stand.“
Punkt 3. Seit Wochen weiß die Öffentlichkeit mehr über das Führungspersonal des neuen Instituts und die Besoldungsstufe als über die konkreten Vorhaben. Es besteht offenkundig die Vermutung, dass hier jemand mit viel Geld eingekauft werden soll, um im Auftrag des Ministers unangenehme Maßnahmen durchzusetzen. Wir wollen es nicht hoffen.
Abschließend: Die Linke ist interessiert an Museen, die sich zu Publikumsmagneten entwickeln. Das wird aber nicht gelingen, wenn man sich in einen künstlichen Wettbewerb um überregionale Kulturtouristen begibt. Die Folge wäre vor allem eine Zentralisierung. Durch den Verlust von Attraktivität an kleineren Standorten könnte das im Endeffekt zu weniger Besuchern führen.
Das überregionale Interesse an den Kultureinrichtungen in Niedersachsen ist nur ein Indikator für eine gute Kulturpolitik. Im Zentrum einer Stärkung der Museumslandschaft in Niedersachsen sollte deshalb stehen:
a) Ein möglichst vielfältiges und gleichermaßen bedeutendes Angebot sollte in allen Regionen des Landes vorhanden sein.
b) Ein besonderer Stellenwert sollte jeweils die Aufarbeitung der Regional-, Sozial-, Wirtschafts- und Kulturgeschichte sein.
c) Der Zugang für alle sozialen Schichten und hier insbesondere der sogenannten kultur- und bildungsfernen Schichten muss aktiv gefördert werden. Da gibt es nach wie vor riesiges Potenzial.
Wir bleiben dabei: Eine Stärkung der Museen in Niedersachsen geht nur mit den Beteiligten vor Ort. Wenn das Kind schon mit dem Bade ausgeschüttet wurde, dann richten Sie jetzt einen runden Tisch zur Stärkung der Museumslandschaft in Niedersachsen ein. Das bislang bekannte Grobkonzept gehört tatsächlich in den Papierkorb.
Meine Damen und Herren! Das Wort hat jetzt Herr Minister Stratmann. - Herr Minister, ich möchte Sie nur darauf hinweisen, dass die Landesregierung ihre Redezeit schon fast ausgeschöpft hat. Vielleicht können Sie das bei Ihrem Redebeitrag mit berücksichtigen. Sie haben das Wort.
Lieber Herr Präsident, 25 Sekunden werden mir, glaube ich, nicht reichen. Es tut mir leid. Man muss mir auch die Gelegenheit geben, das eine oder andere hier noch einmal aus Sicht der Regierung darzulegen, vielleicht auch den Sachverhalt richtigzustellen.
Zunächst einmal stelle ich fest, dass die SPD ihre Kulturpolitik quasi unter dem Satz zusammenfasst: Man muss die einfach nur machen lassen, und im Übrigen haben wir für alles zu wenig Geld. - Ich kann mich an keinen Antrag der SPD erinnern, seitdem ich diesem Landtag angehört habe - das war seit 1994 -, der darauf abgezielt hätte, irgendwann einmal auch nur einen einzigen Euro mehr für Kulturpolitik in Niedersachsen zur Verfügung zu stellen.
turminister bin. Genau das, was hier beschrieben worden ist, liebe Kollegen von der SPD, hat in den letzten Jahren zu massiven Problemen geführt, beispielsweise auch dazu, dass wir das Staatstheater Hannover nach der Regierungsübernahme kurz vor der Insolvenz vorfanden und wir durch drastische Maßnahmen gegensteuern mussten, die dazu geführt haben, dass das Haus heute schwarze Zahlen schreibt und immer noch zu den zwei oder drei besten Häusern des deutschsprachigen Raumes gehört.
Meine Damen und Herren, so kann man nicht Kulturpolitik machen. Als zuständiger Kulturminister bin ich auch verantwortlich für die Euros, die im staatlichen Bereich aus dem Säckel der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen für den Kulturbereich, auch für die staatlichen Museen - das sind rund 15 Millionen Euro -, ausgegeben werden. Da kann man nicht sagen: Ich ziehe mich darauf zurück, weil es so schrecklich bequem ist und keinen Ärger einbringt, und lasse die mal machen.
Da hier Herr Meyer-Arlt zitiert wurde, will ich auch gerne einmal aus einem Kommentar von Herrn Meyer-Arlt vom 16. September 2008 zitieren, in dem es um das Landesmuseum Hannover geht:
„Der neue Chef muss das Haus entrümpeln, um Platz zu schaffen für Neues, Spannendes, auch wenn es schwerfällt, Vorübergehendes.“
Das, was für das Landesmuseum Hannover gelten mag, gilt vielleicht auch für andere Häuser, und es spricht doch überhaupt nichts dagegen, sich das im Einzelnen einmal anzuschauen. Übrigens haben wir in Niedersachsen auch Benchmarks; auch das will ich an dieser Stelle erwähnen. Beispielsweise ist das, was Eske Nannen in der Kunsthalle Emden seit vielen Jahren betreibt, in jeder Beziehung vorbildlich. Daran kann sich der eine oder andere orientieren.
Es gibt auch andere Häuser, die vorbildliche Arbeit leisten, aber es gibt auch Häuser, bei denen wir das Gefühl haben, da müsste man vielleicht ein bisschen mehr machen.
Wenn hier auf die regionalen Besonderheiten Niedersachsens hingewiesen wird, ist das ja richtig. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren,
die Identität eines Landes, die Identität der Menschen dieses Landes mit diesem Land, hat immer auch etwas mit Leistungsfähigkeit zu tun. Sie hängt eben auch davon ab, ob diese Menschen stolz auf das sind, was das Land in seiner langen Geschichte zuwege gebracht hat. Diesen Stolz erzeugen Sie unter anderem dadurch, dass Sie das, was Niedersachsen hervorgebracht hat, in geeignetem Rahmen präsentieren, und zwar in Braunschweig, in Oldenburg, in Hannover, im Emsland, in Ostfriesland, wo auch immer. Es muss doch, verdammt noch mal, erlaubt sein, darüber nachzudenken, wie man das am besten macht.
Ich darf Ihnen sagen, dass wir bereits vor anderthalb Jahren mit Expertengesprächen begonnen haben. An den Gesprächen waren externe Experten und auch die Leiter der Häuser beteiligt, beispielsweise in Braunschweig, aber natürlich auch in Oldenburg, auch in Hannover jüngst in den letzten Tagen. Wir haben durch diese Experten die Situation jeweils vor Ort evaluieren lassen, und die Experten haben Positives, aber auch sehr viel Negatives von sich gegeben. Meine Damen und Herren, was, bitte, spricht dagegen, wenn der zuständige Minister diesen Expertenrat ernst nimmt und die Frage debattiert, wie man manches in Niedersachsen besser machen kann, übrigens unter der Maxime, dass keinem Haus etwas weggenommen werden soll? Ich wiederhole: Keinem Haus wird etwas weggenommen.
Wenn wir jetzt das machen, was in Göttingen, liebe Frau Andretta, seit vielen Jahren eben nicht gemacht wurde, wenn wir nämlich diese phantastische Cook-Forster-Sammlung endlich so präsentieren wollen, wie sie es verdient hat, dann zeigt das auch ein Versäumnis Ihrer alten Regierung auf, dann zeigt das auf, dass Sie das Thema nie wirklich in Angriff genommen haben.
Dass wir es nicht sofort oder morgen machen können, hängt damit zusammen - das wissen Sie doch viel besser als ich oder manch anderer Kollege hier -, dass erst das dafür vorgesehene Gebäude, in dem zurzeit die Zoologie untergebracht ist, freigeräumt werden und für die Zoologie ein anderes Gebäude entstehen muss. Wenn das Gebäude frei
ist, ziehen wir mit der Sammlung dort ein. Mittel dafür haben wir bereits reserviert. Seien Sie gespannt auf das, was in den nächsten Jahren, sobald die Voraussetzungen dafür gegeben sind, in Göttingen passieren wird.
Ich will auf drei Säulen hinweisen, die für die Entwicklungsplanung unserer Museen von Bedeutung sind.
Herr Minister, entschuldigen Sie. Sie haben jetzt auch die Redezeit von fünf Minuten überzogen, inzwischen sind es sechs. Ich weiß, Sie dürfen hier länger reden, aber ich möchte Sie zumindest darauf hinweisen.