Daran können Sie sehen, wo die Unterschiede liegen. Natürlich weiß ich, dass Sie, Herr Bachmann, sagen, die Aufklärungsquote sei kein Gradmesser für ein sicheres Land. Aber, meine Damen und Herren, ein Polizeigesetz ist schon wichtig, damit man tatsächlich der Polizei die Möglichkeit gibt, Straftäter dingfest zu machen. Jeder Straftäter, der dingfest gemacht worden ist, ist ein Erfolg der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Ich bin dankbar dafür, dass Niedersachsen dabei so erfolgreich ist.
Erstens. Der Ordnungsbegriff soll wieder gestrichen werden. In fast allen anderen Bundesländern ist der Ordnungsbegriff im Gesetz enthalten.
Darzustellen, dass Ordnung kein schützenswertes Rechtsgut sein soll, und den Begriff nicht einmal im Polizeigesetz deutlich zu machen, zeigt schon, in welche Richtung es bei Ihnen geht, wenn Sie ir
Zweitens will ich Ihnen einen konkreten Fall nennen. Das Hissen der Reichskriegsflagge aus dem Jahr 1935, auf der das Hakenkreuz noch nicht abgebildet war, ist nicht strafbar. Ich möchte aber nicht, dass sie geschwenkt wird. Wenn wir den Ordnungsbegriff haben, haben wir im Einzelfall die Möglichkeit, das auf der Grundlage dieses Gesetzes tatsächlich zu verbieten. Dies nur als ein Beispiel für das, was Sie eigentlich nicht wollen.
Herr Minister, vor dem Hintergrund Ihres Beispiels frage ich Sie: Wollen Sie ernsthaft sagen, dass das Hissen der Reichskriegsflagge in Niedersachsen aufgrund des Ordnungsbegriffs im Polizeigesetz verfolgt wird und nicht aufgrund des § 118 des Ordnungswidrigkeitengesetzes, der ja daneben besteht? Nach Antworten aus Ihrem Hause auf unsere Anfragen war immer das Ordnungswidrigkeitengesetz die Grundlage. Ich bin schon erstaunt, dass Sie das jetzt hier anders darstellen.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Ulf Thiele [CDU]: Hat Herr Limburg das wieder nicht verstan- den?)
Ich habe Ihnen erstens dargestellt, dass es um das Hissen der Reichskriegsflagge aus dem Jahr 1935 geht, was nicht strafbar ist. Wir können tatsächlich auf der Grundlage dieses Ordnungsbegriffs im Gesetz im Einzelfall die Störung der Ordnung feststellen und das auf dieser Grundlage verbieten.
Das ist nun einmal so. Insofern ist ganz klar, dass Sie dann, wenn Sie den Ordnungsbegriff streichen, das in Zukunft auf dieser Grundlage nicht mehr machen können. Das müssen Sie schon zur Kenntnis nehmen.
Meine Damen und Herren, genauso erstaunlich ist, dass Sie auch die Befugnis zur Durchführung lagebildabhängiger Kontrollen streichen wollen. Wir haben das Abkommen von Schengen. Wir haben die Grenzen Gott sei Dank nicht mehr. Wenn Sie diese Vorschrift nicht mehr haben, können Sie internationale Kriminalität so gut wie gar nicht mehr kontrollieren. Dann hilft eben fast nichts mehr. Dann müssen Sie wieder Grenzen aufbauen. Das ist genau das, was Sie hier fordern, meine Damen und Herren. Wer tatsächlich anlassabhängige Kontrollen nicht mehr durchführen will, gefährdet nun wirklich die Sicherheit und kann internationale Kriminalität nicht mehr ernsthaft bekämpfen. Das ist das, was Sie vorschlagen.
Dann geht es um den Bereich des Unterbindungsgewahrsams. Das wird hier immer als „Lex Gorleben“ dargestellt. Gorleben ist der Bereich, der davon am wenigsten betroffen ist. Wenn Sie sich genau anschauen, wann dieses Instrument eingesetzt wird und wann wir es brauchen, stellen Sie fest, dass das im Bereich der häuslichen Gewalt der Fall ist. Meine Damen und Herren, Unterbindungsgewahrsam ist dann, wenn jemand in der Familie Amok läuft, ein absolut wichtiges Mittel, um ihn vor sich selber zu schützen, aber auch die Familie zu schützen. Das ist doch ein wichtiger Punkt. Auch diese Möglichkeit wollen Sie den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten nehmen. Das ist ein Signal nach draußen. Ich bin Ihnen fast dankbar dafür, dass Sie so etwas auch noch einmal darstellen. Das macht doch alles keinen Sinn.
Insgesamt will ich in Bezug auf die Kennzeichnungspflicht noch einmal deutlich machen, dass jeder Zug gekennzeichnet ist - ich habe mich eben noch einmal erkundigt -, sodass zumindest dargestellt wird, aus welchem Bereich die Polizeibeamten oder die Polizeibeamtinnen kommen. Wir haben in der Vergangenheit auch überhaupt keine Probleme gehabt, sie dann, wenn etwas vorgefallen ist, tatsächlich zu identifizieren. Meine Damen und Herren, jede Gewerkschaft, die sich mit diesem Thema beschäftigt, weiß, dass das nicht das
Ganz zum Schluss: Den Kernbereichsschutz haben wir im Jahr 2007 nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hier neu geregelt. Er ist eindeutig nach den modernen Notwendigkeiten geregelt. Ganz interessant finde ich übrigens, dass Sie den Kernbereichsschutz auch für die Onlinedurchsuchung ins Gesetz schreiben wollen. Vielleicht wollen Sie ja tatsächlich die Onlinedurchsuchung mit uns gemeinsam ins Polizeigesetz aufnehmen. Damit hätte ich kein Problem. Im Moment ist das leider Gottes noch nicht geregelt. Sie wollen aber schon den Kernbereichsschutz dafür festschreiben. Das zeigt, dass Sie sich mit dem Thema wenig auseinandergesetzt haben.
Ich darf festhalten: Mit unserem SOG haben wir eine gute Grundlage, um Bürgerinnen und Bürger vor Verbrechen zu schützen. Das haben wir nachgewiesen. Mit Ihren Vorschlägen wird unser Land nicht sicherer, sondern unsicherer. Das müssen wir mit aller Kraft verhindern.
Meine Damen und Herren, es gibt zwei Wünsche auf zusätzliche Redezeit. Zunächst erhält Herr Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 90 Sekunden. Danach bekommt Herr Adler von der Fraktion DIE LINKE die gleiche zusätzliche Redezeit. Bitte!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister Schünemann, bei den verdachtsunabhängigen Kontrollen, die Sie insbesondere auch vor den Moscheen durchgeführt haben, haben Sie es so weit getrieben, dass es selbst Ihren eigenen Kollegen hier zu weit ging und der ehemalige Ministerpräsident Sie bremsen musste. Das ist der Grund, warum wir in diesem Bereich mehr Rechtssicherheit wollen und das klar geregelt haben wollen - auch zum Schutz der Polizeibeamten, die unter Umständen in Einsätze geschickt werden, die sich dann hinterher als rechtlich sehr fragwürdig herausstellen.
Vor diesem Hintergrund ist es meines Erachtens wirklich angesagt, das Polizeigesetz in verschiedenen Punkten zu ändern, wie wir es hier vorge
schlagen haben. Wer erlebt hat, wie die Ingewahrsamnahmen bei den Einsätzen um Gorleben gelaufen sind - mit über Stunden anhaltenden Unterbringungen unter freiem Himmel ohne die erforderlichen Rahmenbedingungen, ohne dass die entsprechenden rechtlichen Maßnahmen vor Ort in angemessener Zeit durchgeführt werden -, weiß genau, dass es hier Regelungsbedarf gibt, meine Damen und Herren.
Das gilt auch für das Ausufern bei den Gefährderansprachen - ohne jede rechtliche Grundlage, ohne jede klare Regelung für die Betroffenen. Da gibt es ganz klar rechtliche Grundsätze, die zu beachten sind. Das haben wir mit Vorschlägen hier eindeutig unterlegt, meine Damen und Herren.
Zum Thema der Kennzeichnung hat meine Kollegin alles gesagt. Eine Kennzeichnung dient auch der Deeskalation - und damit letztlich auch dem Schutz der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Schünemann, Sie haben eben am Gesetzentwurf der Grünen kritisiert, dass der Begriff „öffentliche Ordnung“ als Legitimation für polizeiliches Einschreiten nicht mehr vorkommt. Es geht dabei nicht um die Frage der Ordnung, sondern um die fehlende Abgrenzung und die Unschärfe dieses Begriffes,
die im Grunde der Willkür Tür und Tor öffnet. Das können Sie auch nicht damit widerlegen, dass Sie ein Beispiel bringen, das auf den ersten Beispiel plausibel erscheint und vielleicht auch plausibel ist; denn es wird doch für weitere Fälle, in denen es nicht so eindeutig ist, die Tür geöffnet.
angeführt worden ist. Daran kann ich mich noch gut erinnern. Damals wurde gesagt, öffentliche Damenboxkämpfe verstießen gegen die öffentliche Ordnung; deswegen müsse man polizeilich dagegen vorgehen. Dieses Beispiel zeigt, wie sehr solche Begriffe dem Wandel der Ansichten unterliegen und dass man im Sinne der Rechtsstaatlichkeit auf solche unbestimmten Rechtsbegriffe verzichten sollte.
(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Sie wollen auf unbestimmte Rechtsbegrif- fe verzichten? Was ist das denn für eine skurrile Einstellung? - Gegenruf von Hans-Henning Adler [LINKE]: Soweit es geht natürlich!)
Meine Damen und Herren! Der Begriff „öffentliche Ordnung“ hat sich in der Umsetzung und der Anwendung seit Jahrzehnten hervorragend bewährt.